Mensch und Menschenbild in Zuckmayer's "Der Hauptmann von Köpenick"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

15 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Menschenbild Militär
Schlettow als Repräsentant des militaristischen Menschenbildes
Uniform

Menschenbild der Industrie
Schuhfabrik Axolotl

Menschenbild von Behörde und Bürokratie
Behörden und Bürokratie 6 Hoprecht

Menschenbild Voigts

Die Menschlichkeit Zuckmayers am Beispiel des Hauptmann von Schlettow

Schluss

Einleitung

»Nein«, sagte der Zwerg“, laßt uns vom Menschen reden! Etwas Lebendiges ist mir lieber als alle Schätze dieser Welt!«

Dieses Zitat aus Rumpelstilzchen, das sich am Anfang von Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“ befindet und welches den „Mensch“ in den Mittelpunkt stellt, könnte als die Quintessenz dieses „Märchens in drei Akten“ bezeichnet werden. Auch wenn dieses Stück vordergründig von dem Militarismus und dem Uniformwahn im preußisch-wilhelminischen Kaiserreich handelt, so dienen diese Themen nur als Aufhänger, um die eigentliche Thematik, nämlich ein „Menschenbild“ zu „beschwören“, zu veranschaulichen: dem Menschenbild des Militarismus, welches von blindem Gerhorsam und rigorosem Gesetzesformalismus bis hin zur Unmenschlichkeit geprägt ist, stellt Zuckmayer das Menschenbild Wilhelm Voigts gegenüber, welches sich in erster Linie auf die grundlegenden Menschrechte und die Menschenwürde gründet. Durch den Kontrast dieser beiden entgegengesetzten Pole, kommt das eigentliche Menschenbild zum Tragen, - die Menschlichkeit selbst: denn „das Stück [...] ist ja schließlich gemeint als eine Auflehnung des Menschlichen gegen eine Verschwörung der Bürokratie in der ganzen Welt.“ Es ist der Kampf Wilhelm Voigts, „der arme Teufel, der - durch die Not helle geworden - einer Zeit und einem Volk die Wahrheit exemplifizierte“, gegen die Inhumanität der wilheminisch - militaristischen Staatsordnung. Aber es geht nicht nur um die Auflehnung in diesem konkreten Fall, sondern um die universelle Auflehnung gegen Unmenschlichkeit überhaupt; Voigt, wie alle Figuren im „Hauptmann von Köpenick“, steht repräsentativ für ein bestimmtes menschliches Konzept, d.h. Wilhelm Voigt verkörpert das Menschliche in der ganzen Welt, so wie Hauptmann von Schlettow, die Behörden oder Hoprecht stellvertretend sind für all jene Untertanen und Handlanger, welche ein unmenschliches System bedienen. Darüber hinaus wirken diese Menschenbilder deshalb besonders authentisch und menschlich, weil Zuckmayer seine Figuren scheinbar “autonom“, ohne sich einzumischen, ihr eigenes Menschenbild und ihre “eigene“ Moral vertreten lässt.

Schlettow und Militarismus

Hauptmann von Schlettows Auffassung von „Mensch und Menschenordnung“ ist nicht die einer Einzelperson, sondern sie ist vielmehr das Exemplum schlechthin für jenen Geist des preußisch - wilhelminischen Militarismus, der auch im ganzen Stück dominiert: „[...] die Ehre [ist] das höchste Kleinod [-]; dieselbe rein und fleckenlos zu erhalten, muß die heiligste Pflicht des gesamten Standes, wie des einzelnen bleiben. [...] Wahre Ehre kann ohne Treue bis in den Tod, ohne unerschütterlichen Mut, feste Entschlossenheit, selbstverleugnenden Gehorsam, [...] wie ohne aufopfernde Erfüllung selbst der anscheinend kleinsten Pflichten nicht bestehen.“ Dieses Wertesystem ist absolut mit dem Schlettows gleichzusetzen, dessen oberste Maxime mit den drei Worten, „Befehl is Befehl“, auf einen Nenner gebracht werden kann. Dieser Grundsatz hat die Entindividualisierung des Menschen zur Konsequenz, der seine eigene Persönlichkeit eliminiert, indem er mit blindem Gehorsam und Unterwürfigkeit ausführt, was ihm befohlen worden ist. Im Militär ist der Mensch nur ein kleines Rädchen unter vielen, das „haargenau“ zu funktionieren hat, um dann in Symbiose mit den anderen ein perfektes „Uhrwerk“ zu bilden. Alles muss minuziös stimmen, denn „darauf is alles aufgebaut, da steckt’n tieferer Sinn drin [...]“, weil so gewährleistet zu sein scheint, dass alles in ordentlichen Bahnen verläuft. Die eigene Identität und der eigene Wille sind da nicht nur belanglos, sondern sogar kontraproduktiv, weil sie dieses “perfekte Uhrwerk“ aus dem Rhythmus oder gar zum Stillstand bringen könnten.

“Erst die Menschenordnung, und dann? Dann was?“, so könnte man überspitzt das Wertesystem des Militarismus formulieren. Dass diese Frage gewissermaßen Teil des militaristischen Gedankenguts ist, dafür ist Hauptmann Schlettow das signifikanteste Beispiel. Er hat die Antwort auf diese Frage nicht gefunden, weil er nie danach gesucht hat, da im Militär absoluter Gehorsam an Stelle von eigenständigem Reflektieren getreten ist:

„Also ich hab schon im Kadettenkorps sehr viel nachgedacht. Aber was heißt das, man hat ja’n Dienst, nich? Das geht doch über alles, da wird man wieder ’n Mensch, nich wahr?“

Der Soldat gibt mit dem Dienstantritt sozusagen für immer sein “Selbst - Bewusstsein“ auf, um dann “Bewusstseins - los“ seine militärischen Aufgaben erfüllen zu können. Keine Spur von Meinungsfreiheit, Kreativität oder Persönlichkeit, im Militär hat man bloß eine Maschine zu sein, die auf Knopfdruck gehorcht und funktioniert. „Das geht doch über alles“, wie Schlettow so treffend formuliert. So ist es also erst in dieser militärischen Ordnung, in der Selbstaufgabe oberstes Gebot ist, möglich, ganz Mensch zu werden. In diesem Sinne, ist Schlettow ständig Mensch, weil er sich den Satz, der -„Offiziersberuf ist dauernde öffentliche Verantwortung“-, zu seiner Lebensgrundlage gemacht hat. Er ist nicht mehr in der Lage, den Privatmenschen vom Offiziersmenschen Schlettow zu trennen; eigentlich ist er nur noch Militärmensch und allein der Gedanke daran, sein Leben, wie ihm Wabschke nahelegt, als „richtiger Mensch“ fröhnen zu müssen, erfüllt ihn mit Abscheu: „Vielleicht - vielleicht hat er recht - Nee, pfui!“

Im selben Maße, wie Schlettow unfähig ist, sich selbst auf andere Weise als nach ausschließlich militärischen Kriterien zu betrachten, so ist er gleichsam unfähig die Welt und die Menschen von einem anderen als jenem Blickwinkel aus zu sehen. In Schlettows Augen ist ein “wahrer“ und vollständiger Mensch erst derjenige, der den richtigen „Schliff“ hat, - und den hat nur, wer „gedient“ hat. Der Mensch wird einfach auseinanderdividiert in Soldat und Nicht-Soldat, also in Mensch und Nicht-Mensch; andere Klassifizierungen sind in seinem Weltbild nicht existent. Da ist es auch unnötig, den Charakter und die Wesenszüge eines Menschen zu kennen, der Anblick einer Person allein genügt, um zu wissen, ob jemanden im Militär war, und ob es sich folglich um einen “ganzen“ Mensch handelt:

Sehnse, Wabschke, bei Ihnen merkt man auf Schritt und Tritt, daß Se nich gedient haben. [...] Das fehlt ihnen, Wabschke, das fehlt ihnen! Als Schneider sinse vielleicht tipptopp, aber als Mensch, da fehlt Ihnen der Schliff, der Schnick, der Benimm, die ganze bessere Haltung!

Das Urteil, das Schlettow hier über die Wertigkeit Wabschkes fällt, basiert ausschließlich auf dessen äußeren Erscheinungsbild. Obwohl Schlettow nur auf die Oberfläche Wabschkes schaut, sieht er sich dennoch befähigt, ihn als “Nicht-gedienten“ abzustempeln und ihn damit mit dem Etikett “makelhaft“ zu versehen. Er ist nicht mehr in der Lage, die Welt anders als durch die militaristische Brille zu sehen, welche das Wesen eines Menschen einfach ausblendet. Seine Sichtweise ist deckungsgleich mit dem militaristischen Weltbild: einfach nur “Mensch-sein“ gibt es dort schlichtweg nicht, bisschen “Mensch-sein“ aber auch nicht; es gibt nur Soldaten, also Funktionen, die ihre Pflicht unter Einbüßung ihres Willens und ihrer Persönlichkeit erfüllen. In diesem Sinne, sind die “Diener“ des Militärs keine “lebendigen“ Menschen mit Individualität und eigenem Charakter, sondern lediglich leblose, mechanisierte Abbilder des Menschen.

Uniform

Dieses militaristische Menschenbild, in welchem nicht der Mensch selbst, sondern nur seine Funktion und Hülle von Bedeutung ist, wird hier zusätzlich noch durch die Rolle der Uniform unterstrichen. Die Wichtigkeit, die sie innerhalb der militaristischen Gesellschaft spielt, wird bereits durch die Tatsache deutlich, dass sie neben Voigt, der einzige Protagonist dieses Stückes ist; dass nur Voigts und der “Lebenslauf“ der Uniform über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren dokumentiert wird, weist bereits auf die “Gleichwertigkeit“ der beiden hin.

Die Uniform ist insofern maßgebend für das militaristische Menschenbild, als dass sie für jeden sofort den Wert des Menschen ersichtlich macht. „Det is kein Rock mehr, det is ´n Stick vom Menschen“, ist deshalb nicht nur als Floskel, sondern wörtlich zu verstehen: erst die Uniform verleiht einem den vollendeten „Schliff“, sie ist der Pass und die Legitimierung des im militaristischen Sinne “vollwertigen“ Menschen. „Das heißt zugleich, daß der tatsächliche Wert des Menschen verdrängt wird vom Glanz und Rang der Uniform.“ Obwohl die Uniform de facto nur ein Kleidungsstück, eine leblose Sache ist, so hat sie dennoch den Status eines lebendigen Menschen, - ja mehr noch, ihr Status übertrifft den eines normalen Zivilisten um ein weites. „So ne Uniform hebt entschieden - es geht ein gewisser Zauber von ihr aus -“ In der Tat, ihre Zauberkraft ist kolossal: mit ihr steht und fällt das Ansehen und der Wert eines Menschen. Sie verzaubert nicht nur ihren Träger, sondern in erster Linie vor allem ihre Umwelt, welche sie nahezu zu einer “G-ttheit“ erhebt und vor ihr auf die Knie fällt: „Sone Uniform, die macht det meiste janz von alleene.“ [...] „Wenn die Uniform kennt allein spazierengehn, ohne dass einer drinsteckt, [...] jeder Soldat wirdse grießen, so echt isse!“ Die Uniform wird als unantastbare Autorität auf ein Podest gestellt, der ohne wenn und aber, absolute Ergebenheit und Respekt gezollt wird. Es ist völlig irrelevant, welcher Körper sich in der Uniform verbirgt, sei es der eines Hauptmanns oder aber der eines ehemaligen Häftlings; das Tragen der Uniform hat gleichermaßen die Macht einen “Abseitigen“ der Gesellschaft zum Menschen zu machen, so wie es auch die Abwesenheit der Uniform vermag, einen Hauptmann ins menschliche Aus zu katapultieren. Der Mensch selbst zählt nicht, seine Wertigkeit wird einzig durch die Uniform bestimmt. Deshalb wird selbst Schlettow, der fleischgewordene Militarismus in Person, „ohne Charge [...] [nur als]´n janz deemlicher Zivilist“ tituliert. Auch wenn er de facto Hauptmann ist, so geht ihm ohne seine Uniform gleichzeitig auch der untrennbar damit verkoppelte “Wert“ als „richtiger Mensch“ verloren. Er wird mit jenem oberflächlichen militaristischen Auge beurteilt, mit dem auch er selbst die Menschen bewertet: „wie der Mensch aussieht, so wird er anjesehn“, die Uniform, also der Militarismus, wird als der eigentliche Mensch angesehen, wobei der Mensch aus Fleisch und Blut lediglich als “Kleiderbügel“ dient.

Industrie

Das militaristische Weltbild ist nicht nur innerhalb des Militärs wiederzufinden, sondern es zieht seine Kreise durch alle Bereiche der Gesellschaft, so zum Beispiel auch in der Industrie. «Fest im Lebenskampfe steht, wer auf Axolotl geht!» - dieser militaristisch gefärbte Slogan der Schuhfabrik Axolotl, weist bereits auf den Einfluss des Militärs auf die Industrie. In der Tat, im Personalbüro der Schuhfabrik Axolotl weht ein ausschließlich “militärischer Wind“: so hat der Bürodiener beim Betreten des Raumes in „strammer Haltung“ vor dem Prokuristen zu verharren, und Arbeitssuchende haben hinter einer „ Holzschranke“ “anzutreten“, wenn sie vorsprechen wollen . Auch ein Einstellungsgespräch wird in militärischer Manier abgehandelt, in dem es sich allein auf die Fragen - „Wo hamse gedient? [...] Wann hamse gedient? “ - beschränkt. Andere Vorraussetzungen muss ein potenzieller Arbeitnehmer gar nicht erfüllen. Eine positive Antwort auf diese Fragen, qualifiziert den Arbeitssuchenden sofort für die Stelle: „gut der Mann [...], der Mann kann beschäftigt werden.“ Es ist das selbe Menschenbild wie beim Militär, das hier wieder zum Tragen kommt: für wertvoll und gut befunden wird nur derjenige, der im Militär gedient hat. Fachliche Kompetenz allein, wie sie beispielsweise Voigt vorweisen kann, sind Schall und Rauch, wenn man keinen Militärdienst geleistet hat. Einem Menschen, der nicht gedient hat, wird per se die Fähigkeit abgesprochen, ein verlässlicher und guter Arbeiter zu sein, denn er hat sich ja nie in „die Ordnung“ des Militärs eingefügt, welche absolute Selbstaufgabe und Disziplin verlangt. Es ist also das militärische Prinzip von Zucht und Ordnung, welches einem geeigneten Arbeiter in „Fleisch und Blut übergegangen“ sein muss, damit er als qualifiziert anerkannt wird, nicht aber seine tatsächliche berufliche Qualifikation. Ein Nicht - gedienter wird mit Querdenkertum und Komplikationen assoziiert: „Ich weiß genau, warum ich gediente Leute bevorzuge! Heutzutage, bei der Wühlarbeit der Sozialdemokraten - da muß man doch wissen, wen man im Haus hat! Wie soll man sich denn sonst auf seine Leute verlassen können!“ Nicht beim Militär gewesen zu sein, bedeutet also gleichzeitig auch „minder-wertig“ zu sein, nicht nur als Arbeiter, sondern auch als Mensch. Gemäß des militaristischen Menschenbildes wird auch in der Arbeitswelt, der Mensch weder ganzheitlich und schon gar nicht menschlich betrachtet. „Hier herrscht Ordnung!“, - das ist hier oberstes Gebot, welches über den individuellen Menschen gestellt wird.

Behörden und Beamte

Der Beamte im „Hauptmann von Köpenick“ ist nicht als Mensch, mit dem ihm eigenen Charaktermerkmalen gezeichnet, sondern er ist vielmehr eine Typisierung des Beamtentums schlechthin, welche die Mentalität des gesamten bürokratischen Systems veranschaulichen soll. Wie auch schon der Soldat im Militarismus, so ist auch der Beamte in der Bürokratie nur in seiner Funktion, nicht aber als Individuum von Bedeutung. Voigt trifft das Wesen und das Menschenbild der Bürokratie genau auf den Punkt, wenn er sagt: „[...]’n Papier, det is doch mehr wert als de janze menschliche Konstitution“. Der Mensch wird abstrahiert gesehen, als „Unbefugter“ und als eine Nummer unter vielen, „die dran kommt, wennse dran ist“. Nicht die Menschen stehen im Mittelpunkt, sondern die Bürokratie selbst: Menschen existieren nur in Form von „viel Papier“ und „Personalakten“ in Aktenschränken. Das passende Gesicht zur jeweiligen Akte ist belanglos, da sowieso alles, was in den „Personalakten steht, [...] so festgewachsen [ist] wie die Nase im Gesicht“. Menschen werden als Sachen behandelt, niemals aber als Lebewesen und schon gar nicht menschlich. Denn die Behörden sind überhaupt nicht mehr in der Lage menschlich zu agieren und zu fühlen, weil sie in ihrem Wahn die Ordnung zu sichern, ihre eigenen menschlichen Seiten eingebüßt haben und zu der personifizierten Ordnung selbst geworden sind. Im Namen dieser Ordnung beanspruchen sie für sich den Status einer “Allmacht“, die „nach unten tritt“, wann es ihr beliebt. Dem Bürger wird jegliches Recht auf Mündigkeit abgesprochen: „Jedacht! Sie haben nicht zu denken, merkense sich das!“. Der Mensch wird buchstäblich zu Unterordnung gemahnt - „setzense sich hin“ - falls er doch den Versuch wagt aus seiner ihm zugewiesenen bürokratischen Anonymität als “Papier“ auszubrechen. Bürokratie und Mensch sind zu zwei voneinander unabhängigen Konzepten geworden, die unvereinbar sind. Auf die selbe Weise, wie die „hölzerne Schranke“ in der Polizeibehörde die Polizeibeamten von den Menschen abgrenzt, so haben auch die Behörden mit ihren Regeln und Verordnungen nichts mehr mit den Menschen gemeinsam: „In einem Amtsraum hat ein Unbefugter so viel Abstand zur diensstuenden Behörde zu wahren, daß er die Aufschrift auf dem Aktendeckeln mit bloßem Auge nicht erkennen kann“, - hartnäckiges pochen auf Vorschriften wie diese, tragen dazu bei, den Menschen von der Bürokratie auszuschließen, statt ihn zu integrieren. „Is son Amt für die Menschen da - oder die Menschen fürs Amt?!“ ist in diesem Zusammenhang eine berechtigte Frage. Die Behörden scheinen nämlich in der Tat vergessen zu haben, dass sie nicht bloß mit Gesetzesparagraphen, sondern vor allem mit dem Leben von Menschen jonglieren. Dem Anliegen eines Menschen wird gar nicht oder „kaum zugehört“; anstatt dessen wird der Mensch, ohne Logik und Verstand, mit bürokratischer Fachsimpelei über „Zuständigkeitsgrenzen“ und Verordnungen, wieder in die Schranken seiner anonymen bürokratischen Existenz verwiesen. So scheitert beispielsweise Voigts soziale Existenz genau an dieser Borniertheit der Behörden, welche Bürokratie um ihrer selbst willen vollzieht, nicht aber weil es dem Staat und dem Volk von Nutzen ist. Auch der Ratschlag eines Beamten an Voigt, -„sehnse zu, daß Sie ´n ordentlicher Mensch werden“ - ist nicht menschlich gemeint, sondern wieder im ganz streng bürokratischen Sinne zu verstehen. „Ordentlicher Mensch“ will bei den Behörden nichts anderes heißen, als dass man die vorschriftsmäßigen Dokumente zu besitzen hat, die einen überhaupt erst als menschliche Existenz legitimieren. Denn ohne sie, wird der Mensch einfach aus dem Leben „abjehängt“ und „jestrichen“, und hat keine Daseinsberechtigung mehr. In dieser bürokratischen Ordnung besitzt ein Stück Papier die Macht, die Menschenrechte, also die „menschliche Konstitution“ auf einen Schlag null und nichtig werden zu lassen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Mensch und Menschenbild in Zuckmayer's "Der Hauptmann von Köpenick"
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V32850
ISBN (eBook)
9783638334679
ISBN (Buch)
9783656879329
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mensch, Menschenbild, Zuckmayer, Hauptmann, Köpenick, Hauptseminar, Thema Der Hauptmann von Köpenick
Arbeit zitieren
Shirley Ladkany (Autor:in), 2004, Mensch und Menschenbild in Zuckmayer's "Der Hauptmann von Köpenick", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32850

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