Das Chinesische Kaiserreich: Ein Vergleich in Hinblick auf die Periodisierung in zwei Geschichtsdarstellungen


Seminararbeit, 2001

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Zur Themenstellung und Vorgehensweise

2. Bemerkungen zur Debatte über die Periodisierung und Begriffserläuterung

3. Zwei Darstellungen der chinesischen Geschichte: „An Outline History of China“ und „Das Chinesische Kaiserreich“
3.1 Vorbemerkung
3.2 Vergleichende Betrachtung der beiden Werke
3.2.1 Die Zeit vor der Reichseinigung 221 v. Chr.
3.2.2 Die Zeit des Kaiserreichs: 221 v. Chr. bis 1911 n. Chr.

4. Zusammenfassung und Bewertung

5. Literaturverzeichnis

1. Zur Themenstellung und Vorgehensweise

Eine erschöpfende Darstellung der 2000-jährigen Geschichte des Chinesischen Kaiserreichs in all ihrer Komplexität, die sich für den außerhalb der „chinesischen Welt“[1] Stehenden in einer kaum fassbaren Flut geschichts- und kulturimmanenter Eigenarten zeigt, ist im Rahmen einer quantitativ begrenzten Hausarbeit nicht möglich. Daraus ergibt sich - wie bei der vorliegenden Arbeit erfolgt - die Beschränkung auf die nähere Betrachtung zweier allgemein gehaltener Geschichtswerke und vor allem der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede hinsichtlich des Aspekts der Periodisierung dieser 2000 Jahre.

Es handelt sich dabei um das 1982 von Bai Shouyi herausgegebene „An Outline History of China“[2], welches als Beispiel für die offizielle Geschichtsschreibung der Volksrepublik China dienen soll, sowie die erstmals 1968 erschienene Darstellung „Das Chinesische Kaiserreich“[3] der beiden deutschen Sinologen Herbert Franke und Rolf Trauzettel.

Ich werde im folgenden die unterschiedlichen Periodisierungsansätze der beiden Werke vergleichen und versuchen, die Unterschiede anhand einiger Beispiele zu verdeutlichen. Zuvor scheint es mir aber nötig, noch einige Begriffe im Zusammenhang mit der Periodisierung der chinesischen Geschichte zu erläutern, sowie einen kurzen Abriss über die sogenannte „Periodisierungsdebatte“ der fünfziger Jahre in der VR China zu geben.

2. Bemerkungen zur Debatte über die Periodisierung und Begriffserläuterung

Bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden von marxistisch-leninistisch orientierten Historikern Schritte in Richtung einer dieser Ideologie entsprechenden Periodisierung der chinesischen Geschichte unternommen. Doch erst mit der Gründung der VR China im Jahre 1949 erfolgte die Forcierung dieser Bestrebungen auch von staatlicher Seite. War man in der vorkommunistischen Zeit noch meist von Marx’ Werken selbst ausgegangen, so wurde nach 1949 das maßgeblich von Stalin entwickelte „Fünf-Stadien-Schema“ als Geschichtsbild zugrundegelegt. Danach folgt die ganze Geschichte in ihrer Entwicklung einem unilinearen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, allgemeingültigen Muster. Nacheinander werden die verschiedenen Zustände der Urgesellschaft, der Sklaverei, des Feudalismus, des Kapitalismus und des Kommunismus bzw. Sozialismus durchlaufen[4].

Im Verlauf der Debatte kam es zu unterschiedlichen Meinungen über die zeitliche Lokalisierung der vorkapitalistischen Stadien der Sklaverei und des Feudalismus, damit verbunden auch zu unterschiedlichen Definitionen dieser Begriffe. Auch der Terminus der „asiatischen Produktionsweise“ wurde diskutiert, da er, von Marx stammend, für manche Historiker die chinesische Gesellschaft passender charakterisierte als „Sklavenhaltergesellschaft“. In diesem Zusammenhang ist auch auf das von K.A. Wittfogel verfasste Buch „Die Orientalische Despotie“[5] hinzuweisen, in dem er sich intensiv auch mit der chinesischen Geschichte auseinandersetzt. Im Jahre 1956 wurde vom Erziehungsministerium erstmals eine Periodisierung als maßgeblich festgelegt, und zwar die Guo Moruos, wonach die frühe Zhou-Zeit eine Sklavenhaltergesellschaft gewesen und der Beginn des Feudalismus zur Zeit der Streitenden Reiche (zhan guo) anzusetzen sei. Die Verbindlichkeit bestand für den Geschichtsunterricht an den Pädagogischen Hochschulen[6]. Mit dieser Maßnahme zeichnet sich die Unterordnung der Wissenschaft unter das Dogma des Staates ab.

Bei der Periodisierung der Geschichte Chinas wurden und werden Begriffe verwendet, die zum Teil der europäischen Geschichte entstammen. Diese Begriffe lösen beim europäischen Betrachter oftmals Assoziationen aus, die mit dem Sachverhalt, für dessen Beschreibung sie verwendet werden, wenig oder nichts zu tun haben. Daraus resultiert dann Unklarheit und Verwirrung[7].

3. Zwei Darstellungen der chinesischen Geschichte: „An Outline History of China“ und „Das Chinesische Kaiserreich“

3.1 Vorbemerkung

Die beiden zum Vergleich herangezogenen Geschichtsdarstellungen unterscheiden sich nicht nur - wie im weiteren Verlauf zu zeigen - in ihrer Form der Periodisierung, sondern auch schlicht in der behandelten Zeitspanne. Wie bereits der Titel bei Franke und Trauzettel erkennen lässt, beschränkt man sich hier auf den Zeitraum bis 1911, dem endgültigen Ende des Kaiserreichs. Allerdings beginnen auch diese beiden Autoren mit den „Anfängen der chinesischen Kultur“, den „Mythen und Legenden“[8].

„An Outline History of China“ gibt, ebenfalls titelkonform, einen Abriss der chinesischen Geschichte von den „Traces of remote antiquity“[9] bis hin zur 4.-Mai-Bewegung des Jahres 1919, die den Beginn der „new-democratic revolution led by the proletariat“[10] markierte. In dieser Wertung zeigt sich die Bai Shouyis Periodisierung zugrundeliegende theoretische Basis.

3.2 Vergleichende Betrachtung der beiden Werke

3.2.1 Die Zeit vor der Reichseinigung 221 v. Chr.

Sieht man sich zunächst die Inhaltsverzeichnisse an, so stellt man relativ schnell Unterschiede, sowohl der verwendeten Begriffe als auch der Zusammenfassung bestimmter Abschnitte fest.

In „An Outline History“ werden die Staaten der Shang- und Zhou-Dynastie bis zur Östlichen Zhou-Dynastie als Sklavenhalterstaaten[11] bezeichnet. Im Unterschied dazu sprechen Franke und Trauzettel zwar von Feldzügen, „um Sklaven zu Haus- oder Feldarbeiten oder zu Menschenopfern einzubringen“[12], sehen die Shang-Dynastie jedoch nicht als Sklavenhaltergesellschaft, sondern als eine Form feudal-agrarischer Gesellschaft, in der „die Oberschicht selbst, (...) die vielen Amtsträger [stellte]“[13]. Das Königreich der Shang war in Domänen aufgeteilt, diese wurden von Adligen nach Vorbild der Zentrale verwaltet[14]. Die ganze Zeitspanne vom achten bis zum dritten vorchristlichen Jahrhundert und damit die Zeit der Zhou-Dynastie, der Frühlings- und Herbstperiode (chun-qiu) und der Streitenden Reiche (zhan guo) wird von Franke und Trauzettel als die Periode des feudalistischen Chinas bezeichnet. Mit dem Erstarken des Staates Qin und der Gründung des Kaiserreiches endet für sie die Zeit des Feudalismus in China.

[...]


[1] Ich verwende den Begriff „chinesische Welt“ entsprechend Jacques Gernet aus: Jacques Gernet, Die chinesische Welt , im Original: Le Monde chinois , Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1997.

[2] Bai Shouyi (Hg.), An Outline History of China , China knowledge series, Beijing: Foreign Languages Press, 1982.

[3] Herbert Franke und Rolf Trauzettel, Das Chinesische Kaiserreich , Fischer Weltgeschichte, Band 19, Frankfurt/Main: Fischer, 1999.

[4] Eine eingehende Untersuchung der Periodisierungsdebatte der fünfziger Jahre, allerdings schwerpunktmäßig beschränkt auf die frühe Zhou-Zeit, findet sich bei: Hans-Wilm Schütte, Marxistische Geschichtstheorie und neue chinesische Geschichtswissenschaft: Aspekte der Periodisierungsdebatte der fünfziger Jahre , Hamburg, 1980.

[5] Karl August Wittfogel, Die Orientalische Despotie: Eine vergleichende Untersuchung totaler Macht , Frankfurt/M.; Berlin; Wien: Ullstein, 1977.

[6] siehe: Schütte, Marxistische Geschichtstheorie , S. 70 f.

[7] Vgl. Bodo Wiethoff, Grundzüge der älteren chinesischen Geschichte , Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1971, S. 35-38.

[8] siehe: Franke/Trauzettel, Das Chinesische Kaiserreich , S. 18-26.

[9] Titel des zweiten Kapitels in: Bai, An Outline History , S. 30-51.

[10] ebd., S. 528.

[11] ebd., S. 62 ff.

[12] aus: Franke/Trauzettel, Das Chinesische Kaiserreich , S. 33.

[13] siehe: Franke/Trauzettel, Das Chinesische Kaiserreich , S.34.

[14] ebd.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Chinesische Kaiserreich: Ein Vergleich in Hinblick auf die Periodisierung in zwei Geschichtsdarstellungen
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Seminar für Sinologie und Koreanistik)
Veranstaltung
Proseminar Einführung in die Sinologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V3268
ISBN (eBook)
9783638119856
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chinesische, Kaiserreich, Vergleich, Hinblick, Periodisierung, Geschichtsdarstellungen, Proseminar, Einführung, Sinologie
Arbeit zitieren
Steffen Dyck (Autor:in), 2001, Das Chinesische Kaiserreich: Ein Vergleich in Hinblick auf die Periodisierung in zwei Geschichtsdarstellungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3268

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