Polysemie in der strukturellen Semantik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung
„Polysemie...“
Das Problem der Abgrenzung Polysemie/Homonymie
„...in der Strukturellen Semantik“
Grundsätzliche Probleme mit der Polysemie
1. Die Prägung des Strukturalismus durch de Saussure
2.Die begriffliche Fassung der Polysemie im sprachlichen Zeichen

Theorien einiger Vertreter der Strukturellen Semantik
Coseriu/Geckeler
Methodische Voraussetzungen:
Untersuchung
Abgrenzung der Homonymie von der Polysemie
Zusammenfassung
Greimas
Methodische Voraussetzungen:
Untersuchung
Abgrenzung der Homonymie von der Polysemie
Zusammenfassung
Pottier
Methodische Voraussetzungen
Untersuchung
Abgrenzung der Homonymie von der Polysemie
Zusammenfassung:
Pottier Navarro:
Methodische Voraussetzung
Untersuchung
Abgrenzung der Homonymie von der Polysemie
Zusammenfassung
Wolf Dietrich
Methodische Voraussetzung
Untersuchung
Abgrenzung Homonymie/Polysemie
Zusammenfassung

Zusammenfassung

Bibliographie

Einleitung

In dieser Hausarbeit soll die Behandlung der Polysemie in der Strukturellen Semantik dargestellt werden. Um die mit diesem Thema verbundenen Probleme aufzuzeigen, soll zunächst der Begriff der „Polysemie“ bestimmt, und die Grundprinzipien des Strukturalismus aufgezeigt werden.

Vor diesem Hintergrund werden dann die Untersuchungsergebnisse verschiedener Vertreter der Strukturellen Semantik dargestellt, und in Hinblick auf die Grundprinzipien des Strukturalismus eingeordnet.

„Polysemie...“

Michel Bréal hat 1897 in seinem Essai de sémantique: Science des significations den Terminus der Polysemie eingeführt. Diese Bezeichnung stammt aus dem Griechischen (Poly - „viel“, sema: „Zeichen“).

Seit ihrer Behandlung in der Linguistik wurde die Erscheinung meist als ein signifiant mit mehreren signifiés verstanden[1].

So lautet beispielsweise die Definition des Funkkollegs Sprachwissenschaft[2]:

„Einem Ausdruck können mehrere voneinander verschiedene Inhalte zugeordnet werden.“

Da diese Definition jedoch sowohl verschiedene Inhalte einschließt, die etwas gemeinsam haben, als auch solche Inhalte, die in keinerlei Verbindung zueinander stehen, wurde zur Präzisierung häufig versucht, die Polysemie (erstgenannter Fall) von der Homonymie (letzterer Fall), abzugrenzen.

Das Problem der Abgrenzung Polysemie/Homonymie

Die Abgrenzung der beiden Fälle kann sehr vielfältig ausfallen, wie in dieser Hausarbeit deutlich werden soll. Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Unterscheidung: Diachronisch aus der Sprachentwicklung begründend, und synchronisch aus den Überschneidungen der verschiedenen Inhalte.

Eine diachronische Argumentation findet sich z.B. bei Stammerjohann im Handbuch der Linguistik ( 1975):

„.Die Erscheinung, dass ein Wort mehrere Bedeutungen hat, im Unterschied zur „Monosemie“ (eine Bedeutung) und gelegentlich auch zur „Bisemie“ (zwei Bedeutungen). Ein solches Wort heißt „polysem“. Beispiel: Birne (zum essen/in der Lampe).

Genauer spricht man von „Polysemie“ bei bedeutungsgeschichtlicher Divergenz eines etymologisch einzigen Wortes, bei lautgeschichtlicher Konvergenz etymologisch verschiedener Wörter dagegen von „Homonymie“.“[3]

Als synchronische Unterscheidung zwischen Polysemie und Homonymie wird häufig das Moment einer Gemeinsamkeit auf der Inhaltsseite des Lexems herangezogen. Verschiedene Ansätze dieser Richtung werden im Hauptteil der vorliegenden Hausarbeit behandelt werden.

„...in der Strukturellen Semantik“

Grundsätzliche Probleme mit der Polysemie

1. Die Prägung des Strukturalismus durch de Saussure

Wenn man von den Eigenheiten der verschiedenen Schulen und Richtungen, die sich im Strukturalismus gebildet haben, abstrahiert, und nach einer Gemeinsamkeit der Ansätze sucht, so ist diese wohl in den Hauptaussagen de Saussures zu finden.

Die terminologischen Unterscheidungen Saussures (parole/langue/langage , signifiant/signifié, und synchronie/diachronie[4]) wurden im Wesentlichen übernommen. Starke Auswirkungen auf den Strukturalismus hatte außerdem de Saussures Vorzug der langue gegenüber der parole und der synchronie gegenüber der diachronie (Vgl. Arens 1968:574).

Das System wird als Struktur aufgefasst, die durch die Beziehung zwischen ihren Elementen bestimmt ist. Dabei definieren die einzelnen Elemente sich aus der Tatsache, „dass sie etwas sind, was die anderen nicht sind“ (Arens 1968:574).

Strukturalisten, die sich auf Saussure berufen, untersuchen also synchronisch das System der langue und zwar mit sprachimmanenten Mitteln, also ohne Rückgriff auf irgend etwas Außerlinguistisches (Vgl. Arens 1968:576,577).

Bei Berufung auf de Saussure ergeben sich dem zufolge für die Untersuchung der Polysemie in der strukturellen Semantik folgende Probleme:

1.:Durch den Vorzug der Synchronie vor der Diachronie kann streng genommen die diachronische „nicht systembildende“ Unterscheidung zwischen Homonymie und Polysemie nicht anerkannt werden.
2.:Durch den Vorzug der langue gegenüber der parole ergibt sich das Problem, die Erscheinung der Polysemie auf Systemebene darzustellen, in Abgrenzung zu anderen sprachlichen Elementen[5].
3.:Ein weiteres entscheidendes Problem folgt aus der Definition eines sprachlichen Zeichens von de Saussure

2.Die begriffliche Fassung der Polysemie im sprachlichen Zeichen

Für Saussure besteht das typisch Sprachliche in der Zuordnungsrelation von Ausdrucks- und Inhaltsebene:

«...la langue...est un système de signes où il n’y a d’essentiel que l’union du sens et de l’image acoustique, et où les deux parties du signe sont également psychiques...Le signe linguistique est donc une entité psychique à deux faces...Ces deux éléments sont intimement unis et s’appellent l’un l’autre.»[6]

Die Definition, die das Handbuch der Linguistik für „Polysemie“ gibt (ein Wort / mehrere Bedeutungen), was in der Terminologie Saussures soviel heißen würde wie „un image acoustique / plusieurs sens“ kann also von Strukturalisten, die sich auf Saussures Zeichenbegriff berufen, so nicht akzeptiert werden.

Da der Zeichenbegriff also entscheidet, ob die Erscheinung in zwei sprachlichen Einheiten aufgelöst werden muss, oder ob sie mit einem modifizierten einheitlichen Zeichenmodell in Einklang zu bringen ist, wird die Frage der Zeichendefinition bei den hier behandelten Vertretern Strukturellen Semantik

in den einleitenden „methodischen Voraussetzungen“ in den Vordergrund gestellt werden.

Auf diese und gegebenenfalls weitere Voraussetzungen aufbauend, sollen die verschiedenen Untersuchungen und deren Ergebnisse zusammengefasst und eingeordnet werden.

Theorien einiger Vertreter der Strukturellen Semantik

Coseriu/Geckeler

Geckeler wird hier mit seinem Lehrer Coseriu zusammengefasst, da sich bei Geckelers grundlegenden Definitionen häufig Zitate von Coseriu finden, und die beiden durch ihre enge Zusammenarbeit schwer von einander abgrenzbar sind.

Methodische Voraussetzungen:

1. Durch die methodologische Reduktion (die sieben Vorunterscheidungen Coserius) sind dem Untersuchungsbereich Grenzen gesetzt. Entscheidend ist hier vor allem der Ausschluss der Diachronie, der außersprachlichen Wirklichkeit[7] und der Norm.
2. Geckeler schließt außerdem den „metaphorische(n) Gebrauch von lexikalischen Einheiten“ aus (Vgl. Geckeler 1971:131).
3. Den Begriff des „Lexems“ definiert Geckeler, in dem er Coseriu zusammenfasst:

“Lexeme“ nennen wir die Glieder eines Wortfeldes, d.h. die in einem Wortfeld funktionierenden lexikalischen Einheiten “ (Geckeler 1971:457)

Untersuchung

In ihren Untersuchung halten sich Coseriu und Geckeler also eng an die Postulate de Saussures, und beschränken ihr Feld auf die Synchronie und das sprachliche System.

Es muss also für den Versuch einer Klärung des „Polysemie“ –Begriffs von der Struktur der lexikalischen Solidaritäten in der langue ausgegangen werden, die

von Coseriu folgendermaßen präzisiert wird:

„Eine lexikalische Solidarität kann nunmehr als inhaltliche Bestimmung eines Wortes durch eine Klasse[8], ein Archilexem[9] oder ein Lexem[10] definiert werden, und zwar in der Hinsicht, dass eine bestimmte Klasse, ein bestimmtes Archilexem oder ein bestimmtes Lexem im Inhalt des betreffenden Wortes als unterscheidender Zug funktioniert. Mit anderen Worten: es handelt sich um die Tatsache, dass eine Klasse, ein Archilexem oder ein Lexem auf der Ebene der minimalen Bedeutungsunterschiede zur inhaltlichen Definition des betreffenden Wortes gehört.“[11]

Es wird also der Inhalt (nach Saussures Terminologie das Signifié) der lexikalischen Solidarität durch das Wortfeld bestimmt, in dem es funktioniert.

Im Fall der Polysemie funktionieren nun aber häufig verschiedene Bedeutungen in verschiedenen Wortfeldern. Das Beispiel „Birne“ aus dem Handbuch der Linguistik könnte man sowohl unter das Archilexem Obst als auch unter das Archilexem Elektrogeräte einordnen.

Das Archilexem stellt in diesem Fall den entscheidenden inhaltsunterscheidenden Zug dar.

Das Lexem, das sich durch sein Wortfeld definiert, bzw. in Abgrenzung zu den anderen Elementen seines Wortfeldes, kann definitionsgemäß nicht in unterschiedlichen Wortfeldern gleichzeitig funktionieren.

[...]


[1] Vgl.: Dietrich 1997: 227

[2] Funkkolleg 1971: Studenbegleitbriefe zum Funkkolleg Sprachwissenschaft Band I,II, Frankfurt/Main, S.96. Zitiert nach Abraham 1974:338.

[3] Diesen Ansatz vertritt u.a. auch Klaus Heger in seinem Aufsatz „Homographie, Homonymie und Polysemie “ in der Zeitschrift für rom. Philologie Nr.79, 1963, S.471-491.

[4] Die Saussure von G.v.d Gabelentz übernommen hat, wie Coseriu in seinem Aufsatz “G.v.d. Gabelentz et la linguistique synchronique” (in “G.v.d. Gabelentz ,Die Sprachwissenschaft“, Tübingen 1969 Hrsg.: G. Narr und U.Petersen, S.5-40) zeigt.

[5] Eine konsequente Untersuchung nach diesem Muster wird bei Coseriu/ Geckeler umgesetzt.

[6] Shann:1984:17

[7] Durch die Einführung der außersprachlichen Wirklichkeit in ein Zeichenmodell, wie Heger es mit dem „Noem“ tut, kann dieser sowohl im Falle der Homonymie als auch im Falle der Polysemie von einem sprachlichen Zeichen ausgehen (Heger 1969: Die Semantik und die Dichotomie von Langue und Parole. Neue Beiträge zur theoretischen Standortbestimmung von Semasiologie und Onomasiologie. Zeitschrift für romanische Philologie 179ff. Nach Kotschi:1974: 83). Dieses Modell wurde von Henne/Wiegand (Henne, H. und Wiegand, H.E.1969: Geometrische Modelle und das Problem der Bedeutung. Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 36: S.156. Nach Kotschi 1974:84) und von Kotschi (1974) weitergeführt.

[8] Klasse wird von Coseriu später definiert als: „Die Gesamtheit der Lexeme, die unabhängig von der Wortfeldstruktur durch einen gemeinsamen inhaltsunterscheidenden Zug zusammenhängen...die Lexeme, die zu derselben Klasse gehören...können grammatisch gleiche Funktionen übernehmen und erscheinen in grammatisch, bzw. lexikalisch analogen Kombinationen.“ (E.Coseriu, 1967: Lexikalische Solidaritäten, Poetica 1, SS. 294-295. Zitiert nach Geckeler 1973:22.)

[9] Archilexem wird von Coseriu definiert als „Eine Einheit, die dem ganzen Inhalt eines Wortfeldes entspricht“ (E. Coseriu, 1967:294). Zitiert nach Geckeler 1973:23.

[10] Zur Definition von Lexem s. Unterpunkt 3 der methodischen Voraussetzungen

[11] E.Coseriu 1967:.296, nach Geckeler 1973: 19

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Polysemie in der strukturellen Semantik
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
HS Lexikalische Semantik
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V32643
ISBN (eBook)
9783638333122
Dateigröße
824 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Polysemie, Semantik, Lexikalische, Semantik
Arbeit zitieren
Joanna Jaritz (Autor:in), 2004, Polysemie in der strukturellen Semantik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32643

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