Ausländische Prostituierte - Die doppelte soziale Randgruppe


Hausarbeit, 2001

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

0. Einleitung

1. Rechtliche Lage

2. Wie geraten ausländische Frauen in die Prostitution?
2.1. Erzwungene Prostitution
2.2. „Freiwillige“ Prostitution

3. Das Verhältnis zu deutschen Bürgern
3.1. Das Verhältnis zu deutschen Männern
3.2. Das Verhältnis zu deutschen Frauen

4. Das Verhältnis der Prostituierten untereinander
4.1. Das Verhältnis unter Prostituierten gleicher Herkunftf
4.2. Das Verhältnis unter ausländischen Prostituierten verschiedener Herkunft
4.3. Das Verhältnis deutscher zu ausländischen Prostituierten

5. Alltag

6. Wie kommen die Frauen aus der Prostitution wieder heraus?

7. Migrantin = Prostituierte?

8. Fazit und Schlußfolgerung

0. Einleitung

„Der Weg in die Sexindustrie oder in Ehe mit einem Deutschen ist eine frauenspezifische Form der Migration, d.h. der Wande­rungs­bewegungen von den armen in die reichen Länder.“ (Weber, in: HWG e.V. (Hg.) 1994, S. 194)

Dieses Zitat von Christa-Maria Weber, die seit 1991 bei agisra (Arbeits­gemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung e.V.) arbeitet, ist in doppelter Hinsicht interessant. Sie nennt zum einen die Sexindustrie, d.h. die Prostitution, zum anderen die Migration, beides Kategorien, die wir in unserem Seminar mit zu den „sozialen Randgruppen“ gezählt haben, und stellt interessanterweise eine Verbindung zwischen beiden her.

Dies hat mich zu der Überlegung geführt, ob man im Falle ausländischer Frauen, die nach Deutschland migrieren und dann in die Prostitution geraten, von einer „doppelten sozialen Randgruppe“ sprechen kann, und wenn dies der Fall ist, inwiefern?

Hierzu sollen im folgenden verschiedene Faktoren rund um die Situation besagter Frauen untersucht werden. Dabei möchte ich betonen, daß ich bewußt auf die Vorgehensweise der Gegenüberstellung „Migrantin versus ausländische Prostituierte“ verzichtet habe. Im Laufe der verschiedenen Kapitel wird sehr schnell deutlich werden, wie schwer hier eine klare Trennung ist, was auch in der zu dieser Hausarbeit herangezogenen Literatur indirekt durch die ständige Vermischung beider Gruppen zum Ausdruck kam.

Wenn ich im folgenden die Ausdrücke „Migrantin“ und „ausländische Prostituierte“ abwechselnd und scheinbar synonym gebrauche, so möchte ich damit jedoch in keinem Fall implizieren, daß jede Migrantin auch gleichzeitig eine Prostituierte sei. Auf dieses spezielle Problem soll im 7. Kapitel, „Prostituierte = Migrantin“, noch einmal gesondert eingegangen werden.

In diesem Zusammenhang sollte noch etwas allgemein zur Begriffs­definition von „Migrantin“ und „ausländischer Prostituierter“ gesagt werden. Hinsichtlich des Begriffs der „Migrantin“ bzw. der „Migration“ möchte ich mich der im obigen Zitat von Weber gegebenen Definition der (frauenspezifischen) Migration als eine „Wanderungsbewegung von den armen

in die reichen Länder“ anschließen. Im Hinblick auf die Prostitution ausländischer Frauen erscheint eine Begriffsdefinition schwieriger. Diese Schwierigkeit möchte ich über den Umweg des Problems der Definition von „Frauenhandel“ deutlich machen:

„Innerhalb der Europäischen Union wird von Frauenhandel nur im Zusammenhang mit Zwangsprostitution oder anderen er­zwungenen Jobs im Sex-business gesprochen. Illegale Arbeit bei niedrigsten Löhnen, Heiratshandel, erzwungene Ehen mit Zu­hältern, durch die Prostituierte auch bei Razzien in Bordellen vor Ausweisung ‚geschützt’ sind - das alles sind im strafrechtlichen Sinne keine Menschenhandelsdelikte.“ (Friedrich Ebert Stiftung (Hg.), 1999, WWW-Dokument)

Wichtig erscheint es also im Kontext der Prostitution ausländischer Frauen, das Augenmerk vor allem auch auf die Ausbeutung deren schlechter (meist illegaler) Lage zu lenken, als nur auf eine engere Definition von Prostitution als „sexuelle Handlungen gegen Entgelt“ (Leo, 1994, S. 23f.). Man mag dagegen einwenden, daß die Frage, was nun unter Prostitution fällt, damit zu weit und zu schwammig gefaßt sei. Mir scheint diese weite Definition jedoch für mein Vorhaben, einen Vergleich bzw. eine Verbindung zwischen der Situation von Migrantinnen und der ausländischer Prostituierter herzustellen, besser geeignet.

1. Rechtliche Lage

Obwohl Prostitution in der Bundesrepublik nicht als Beruf anerkannt wird, so ist sie im Sinne des Ausländerrechts dennoch ein selbständiges Gewerbe. Um nun aber einem Gewerbe nachgehen zu können, brauchen Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung (Kreuzer, 1988, S. 131). Diese wird ihnen jedoch nicht gewährt, wenn es offensichtlich erscheint, daß sie damit der Prostitution nachgehen würden. Das kann verschiedene Möglichkeiten nach sich ziehen:

Zum einen kann dieses Problem durch eine sogenannte Scheinehe umgangen werden. Durch die Heirat mit einem deutschen Mann (oft der Zuhälter) kann eine ausländische Frau eine Aufenthaltsgenehmigung erlangen. Diese verfällt jedoch, falls die Ehe innerhalb der ersten vier Jahre geschieden wird – eine Ausnahme besteht, wenn aus der Ehe innerhalb dieser Zeit Kinder hervorgehen. Ansonsten ist das Aufenthaltsrecht der Frau vom Wohlwollen ihres Mannes abhängig (Weber, in: agisra, 12/1994, S. 6).

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, ein Scheinarbeitsverhältnis anzugeben, meist als Putzfrau, Spülfrau, Serviererin o.ä. (Kreuzer, 1988, S.133).

Außerdem gibt es noch die Variante des „Künstlerinnen-Visums“, mit dem Frauen als „Tänzerinnen“ ausgegeben werden (Amnesty for Women, in: agisra, 03/1995, S. 46).

Damit könnten die ausländischen Frauen nun zwar einem Gewerbe nachgehen, aber nicht dem der Prostitution, denn „das Ausländergesetz (AuslG) bestimmt nach § 10 Abs. 1 Ziff. 3, daß Ausländerinnen ausgewiesen werden können, wenn sie in der Bundesrepublik der Prostitution nachgehen“ (Kreuzer, 1988, S.131).

Unabhängig davon verfügen viele der ausländischen Prostituierten sowieso nur über ein Touristenvisum, mit dem sie sich zwar legal für drei Monate in der Bundesrepublik aufhalten können, jedoch keine Arbeit aufnehmen dürfen (Weber, in: agisra, 12/1994, S. 8).

Ein großes Problem ist bei diesen Regelungen, daß die ausländischen Prostituierten meist überhaupt nicht darüber Bescheid wissen (Thoma, 1999, WWW-Dokument).

Insgesamt betrachtet, werden vor allem die ausländischen Frauen selbst kriminalisiert bzw. „illegalisiert“ (Rosner, in: agisra, 01/1997, S. 5): „Es wird immer deutlicher, daß die Linie von Missetäterinnen sich immer mehr von den Prostituierten im allgemeinen hin zu den migrierten Prostituierten bewegt, (...)“ (Pheterson, in: agisra, 12/1994, S.47). Wenn sie – meist durch Razzien – aufgegriffen werden, droht ihnen die Abschiebung. Teilweise kommen sie dann sogar in Abschiebehaft, was für sie bedeutet: „Geld weg, Einreiseverbot, oft noch unbezahlte Schulden“. Zu einem Strafverfahren gegen die Zuhälter kommt es selten, denn den Frauen wird in der Regel kein Zeuginnenschutz angeboten (Weber, in: HWG e.V. (Hg.) 1994, S. 196) Da sie unmittelbar nach dem Strafverfahren dennoch abgeschoben würden, fürchten sich viele Frauen bei der Rückkehr in ihr Heimatland vor Repressalien durch die Schlepper-Organisationen gegen sich und Ihre Familien (Eritt/Meister, 1996, WWW-Dokument).

2. Wie geraten ausländische Frauen in die Prostitution?

Will man die verschiedenen Arten, wie ausländische Frauen nach Deutschland in die Prostitution kommen, grob zusammenfassen, so gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten: Entweder sie werden gezwungen oder sie gehen „freiwillig“. Dies ist natürlich eine sehr krasse Verallgemeinerung, denn in der Praxis sind beide Möglichkeiten kaum so voneinander zu trennen, sondern es herrschen zwischen ihnen fließende Übergänge.

Auffällig ist, daß besonders Organisationen, die sich für die Anerkennung der Prostitution als Beruf einsetzen, eher zu letztgenannter Möglichkeit als Erklärung tendieren. Ein Grund dafür könnte sein, daß man so die ausländischen Prostituierten besser in den Kampf der deutschen mit einbeziehen kann und sich so einen größeren Zusammenhalt unter den Prostituierten allgemein erhofft, gegen Vorurteile und Klischees auf beiden Seiten. Die vermeintliche Freiwilligkeit sollte jedoch im folgenden noch einmal genauer unter die Lupe genommen werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Ausländische Prostituierte - Die doppelte soziale Randgruppe
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziale Randgruppen
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V32604
ISBN (eBook)
9783638332811
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prostituierte, Randgruppe, Soziale Randgruppe, Gender, ausländische Prostituierte
Arbeit zitieren
Nadia Cohen (Autor:in), 2001, Ausländische Prostituierte - Die doppelte soziale Randgruppe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32604

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