Konsumkritische Thesen und ihre Weiterentwicklung


Hausarbeit, 2003

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Konsumkritische Thesen
1.1. Kulturoptimistische konsumkritische Thesen 1.1.1. Der „individuelle“ Konsum...
1.1.2. Der „demokratische“ Konsum
1.2. Kulturpessimistische konsumkritische Thesen...
1.2.1. Der „fremdbestimmte“ Konsum.
1.2.2. Der „totale“ Konsum..
1.2.3. Der „regressive“ Konsum...
1.3. Neuere konsumkritische Arbeiten..
1.3.1. Das Ende des Ausschlußprinzips und das Aufkommen neuer Konsumenten­typen...
1.3.2. Werbung, Beeinflussung und „falsche“ Bedürfnisse.
1.4. Fazit

0. Einleitung

Kennen sie „Lumumba“? – Auf diese Frage haben mir bis jetzt die meisten Menschen – falls sie nicht gerade Ethnologie oder Afrikanistik studieren oder in irgend einer anderen Hinsicht an Afrika interessiert sind – geantwortet, dies sei ein alkoholisches Getränk. In der Tat gibt es ein alkoholisches, (kakaohaltiges...) Getränk dieses Namens. Der, dem dieser Name „entliehen“ wurde, war jedoch eine wahre Person: Patrice E. Lumumba, erster Ministerpräsident der unabhängigen Demokratischen Republik Kongo (Ex-Zaïre) 1960, der inzwischen zu einer der beliebtesten und bekannstesten Figuren Schwarzafrikas zählt. Nur kurze Zeit nach der Unabhängigkeit wurde Lumumba jedoch 1961 ermordet, und dies, wie jetzt mehr und mehr ans Tageslicht kommt, unter tatkräftiger Mithilfe der ehemaligen britischen Kolonialmacht und des CIA, die dann Mobutu zur Macht verhalfen (siehe den sehr guten Dokumentarfilm dazu von Raoul Peck).

Was hat das nun aber mit unserem Thema zu tun? Nun, der Umstand, daß wohl viele oder sogar die meisten Menschen in Deutschland „Lumumba“ nur als alkoholisches Getränk kennen, und nicht als die historische Persönlichkeit, zeigt m. E., was für eine Auswirkung eine Konsumgesellschaft mit den dazugehörigen Konsumnormen und deren Ausweitung auf nahezu alle Lebensbereiche haben kann. Das Thema der Beeinflussung soll in dieser Hausarbeit also eine der zentralen Rollen spielen.

Zunächst sollen hierzu die konsumkritischen Theorien vorgestellt werden, die sich mit dem Thema der Konsumgesellschaft kritisch auseinandergesetzt haben. Da diese schon etwas älteren Datums sind, sollen ergänzend dazu noch drei weitere Texte neueren Datums vorgestellt werden, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Anhand letzterer soll analysiert werden, inwiefern sich Entwicklungen in der Konsumkritik ergeben haben. Wie weiter oben erwähnt wird hier dann verstärkt auf den Aspekt der Beeinflussung eingegangen, da dies mir der Punkt zu sein scheint, um den sich die Diskussion sowohl bei den negativen als auch bei den positiven konsumkritischen Thesen in letzter Instanz immer dreht.

1. Konsumkritische Thesen

Im folgenden sollen fünf konsumkritische Thesen vorgestellt werden. Ich stütze mich dabei auf die zusammenfassende Darstellung von Wiswede (Wiswede, 1972), der zwei kulturoptimistische und drei kulturpessimistische konsumkritische Thesen herauskristallisiert. Das bedeutet natürlich, daß die hier vorgestellten Thesen sozusagen von Wiswede herausgearbeitete „Idealtypen“ sind, die sich jedoch in der Realität aus verschiedenen Thesen von unterschiedlichen Autoren zusam­men­setzen. Ergänzend zu diesen konsum­kritischen Thesen soll zum einen versucht werden, die verschiedenen Konsumententypen, die Gabriel und Lang in ihrem Buch „The Unmanageable Consumer“ (1995) beschreiben, den Thesen zuzuordnen. Zum anderen soll auch ein Zusammenhang zu den drei Verbraucherleitbildern, die man bei Mitropoulos (Mitropoulos, 1997) herausfiltern kann, hergestellt werden.

1.1. Kulturoptimistische konsumkritische Thesen

1.1.1. Der „individuelle“ Konsum

Die Analysen, die Wiswede unter der These des „Individuellen Konsums“ zusammenfaßt, beschäftigen sich mit dem Zusammenhang zwischen Individualität, Freiheit und Konsum (Wiswede, 1972: 280ff.). Ihrer Meinung nach wirke sich Konsum, so wie er sich in unserer heutigen Gesellschaft abspielt, positiv auf Individualität und Freiheit der Individuen, bzw. Konsumenten aus. Zwei Faktoren spielen dafür eine wichtige Rolle: Die Verkürzung der Arbeitszeit und die Auffächerung des Güterangebots. Ersteres würde laut Wiswede von den Vertretern dieser These – im positiven Sinne – so interpretiert, „daß der Mensch nunmehr von der Umklammerung der Arbeitswelt weitgehend befreit worden sei und damit die Chance echter Daseinsverwirklichung und Sinngebung ... erhalten habe“ (1972: 280). Die Freiheit wird außerdem noch durch eine Wahl- und Entscheidungsfreiheit im Bereich des Konsums ergänzt. Im zweiten Faktor, der Auffächerung des Güterangebots, liege der „Keim der Individualisierung“. Der Konsum­differenzierung werden Fähigkeiten zuge­schrieben wie die Wider­spiegelung des Persönlichkeitsausdrucks, die Entwicklung des guten Geschmacks oder die Förderung des ästhetischen Bewußtseins. Alles in allem führe dies zu einem Individualismus neuer Art, „so daß dem Konsum mit seinen heutigen Gestaltungsmöglichkeiten eine Art schöpferischer Funktion zukomme“ (1972: 281).

Zu diesem Werturteil über Konsum passen die Konsumtypen des Konsumenten als „Identity-seeker“ und als „Artist“, die Gabriel und Lang vorstellen (Gabriel/Lang, 1995: 81ff.; 100ff.). Die beiden Typen greifen die Schlagwörter Individualität und schöpferische Kraft auf, die die These des individuellen Konsums vertritt. Außerdem finden wir in der These zum „individuellen Konsum“ auch noch die Wahlfreiheit, die auf den Konsumenten als „Chooser“ verweist (1995: 27ff.).

Ziehen wir noch die Verbraucherleitbilder hinzu, die Mitropoulos aufstellt (Mitropoulos, 1997: Kap. 3), so findet man in der These des „individuellen Konsums“ sowohl das Verbraucherleitbild der Konsumentensouveränität als auch das der Konsumfreiheit wieder. Beide Leitbilder werden hier als Tatsache dargestellt: der Konsument ist souverän und frei in seinen Kaufentscheidungen und in dem Nutzen, den er aus dem Konsum zieht.

1.1.2. Der „demokratische“ Konsum

Das, was Wiswede unter dem Begriff des „demokratischen“ Konsums zusammenfaßt, verweist auf den freien Zugang der Konsumenten auf alle Konsumgüter (Wiswede, 1972: 283f.). Manchmal wird hier auch der Begriff der „Demokratisierung des Luxus“ benutzt. Der freie Zugang zu Konsumgütern wird als positiver Fortschritt zu traditionellen Konsumregeln gesehen, die von rangmäßiger Zuordnung und gebührendem Bedarf ausgingen. Zwar besteht eine gewisse Einschränkung im Hinblick auf das zur Verfügung stehende Geld. Dies führe aber nur zu geringfügigen Varianten, wie zum Beispiel der Qualität des gekauften Gutes. Prinzipiell sei es aber so, daß selbst für Konsumenten an der untersten Einkommensgrenze der Konsum sich schon außerhalb des Bereichs des Lebensnotwendigen abspiele und die Tore zur Konsumwelt offenstünden.

Auch die These des „demokratischen“ Konsums sieht den Konsumenten in der Rolle des „Choosers“, wie Gabriel und Lang ihn darstellen. Die zugrundeliegenden Verbraucherleitbilder sind ebenfalls identisch mit denen des individuellen Konsums: Der Verbraucher erscheint souverän und frei in seinen Konsumentscheidungen.

1.2. Kulturpessimistische konsumkritische Thesen

1.2.1. Der „fremdbestimmte“ Konsum

Unter dem Begriff „fremdbestimmter Konsum“ faßt Wiswede die Theorien zusammen, die den Konsumenten einer Fremdbestimmung beim Konsumieren unterworfen sehen (Wiswede, 1972: 287ff.). Wiswede erläutert, daß der Begriff der Fremdbestimmung aus früheren Analysen zur Arbeitswelt entliehen wurde. Dort wurde Fremdbestimmung als Entfremdung von der eigenen Arbeitsleistung und als Verhinderung von schöpferischer und individueller Aktivität bei der Arbeit beschrieben. Die Thesen des „fremdbestimmten Konsums“ übertragen diese Verhältnisse, die bei der Arbeit herrsch(t)en (?), auf den Bereich des Konsums, bzw. der Freizeit (welche zunehmend synonym zur „Konsumzeit“ betrachtet wird). Hier wird also nicht wie bei den Thesen des „individuellen“ und „demokratischen“ Konsums die Konsumzeit als Gegensatz zur Arbeitszeit gesehen, als Freiraum im Gegensatz zum beengten Arbeitsfeld, sondern als Weiterführung der Fremdbestimmtheit vom Arbeitsplatz in der Frei-/Konsumzeit. Es wird also behauptet, der Mensch sei „von einem Abhängigkeitsverhältnis in ein anderes“ geraten (1972: 287).

Wiswede macht außerdem darauf aufmerksam, daß zwischen mindestens drei verschiedenen Bereichen der Fremdbestimmung unterschieden werden muß: dem Bereich der sozialen, der ökonomischen und der politischen Fremdbestimmung.

Zwei Hauptargumente führen die Vertreter der These des „fremdbestimmten Konsums“ laut Wiswede an: Zum einen werde der „Verbrauch ... in seinem heutigen Ausmaß künstlich hochgehalten und hochgetrieben“. Zum anderen sei dies möglich durch a) „sozialen Zwang, der dem Individuum die Einhaltung eines bestimmten Standards und die Akzeptierung von Konsumnormen aufnötige“ und b) „ökonomischen Zwang der Pro­duzenten, die den Markt im Griff haben und den Verbraucher mitsamt seinen wirklichen und eingebildeten Bedürfnissen manipulieren“ (1972: 287). Wiswede läßt hier den politischen Faktor außen vor, da er ihn später unter dem Thema Verbraucherpolitik behandeln will.

Als Schlagwörter dieser These können also neben „Fremdbestimmung“ auch „Konsumnormen“, „Konsumzwang“ und „falsche Bedürfnisse“ stehen. Als einer der Hauptschuldigen wird oft die Werbung identifiziert.

Wenn wir wieder einen Blick auf Gabriel und Langs Konsumtypen werfen, so spiegelt sich in dieser These der Konsument als „Victim“ wider (Gabriel/Lang, 1995: 117ff.): der Konsument als Opfer der Fremdbestimmung durch Produzenten, Werbung, Konsumnormen usw.

Das Verbraucherleitbild, das sich dafür eignet, ist das der Produzenten­souveränität.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Konsumkritische Thesen und ihre Weiterentwicklung
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Einführung in die Konsumsoziologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
22
Katalognummer
V32555
ISBN (eBook)
9783638332446
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsumkritische, Thesen, Weiterentwicklung, Einführung, Konsumsoziologie
Arbeit zitieren
Nadia Cohen (Autor:in), 2003, Konsumkritische Thesen und ihre Weiterentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32555

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