Der moralische Status des Embryo

Einführung in die Bioethik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

15 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Embryonendebatte

3. SKIP-Argumente
3.1. Das Speziesargument
3.2. Das Kontinuumsargument
3.3. Das Identitätsargument
3.4. Das Potentialitätsargument

4. Fazit

1. Einleitung

Bevor ich mich mit der Fachliteratur zu meinem Hausarbeitsthema „Der moralische Status des Embryos“ beschäftigt habe, war mir mein persönlicher Standpunkt ziemlich klar. Stammzellenforschung finde ich gut, da dadurch bestimmt irgendwann vielen kranken Menschen geholfen werden kann. Schließlich ist so ein Zellhaufen ja noch kein Mensch. Zumindest nicht vor der 12. Entwicklungswoche des Embryos. Die Thematik Schwangerschaftsabbruch empfand ich da eher als kritischer, und ich war der Meinung, dass dies nur in besonderen Fällen wie Vergewaltigung, Krankheit des Embryos, Lebensgefahr für die werdende Mutter oder anderen schweren sozialen oder gesundheitlichen Umstände erlaubt sein sollte. Je mehr ich über das Thema nachdachte, desto mehr Fragen kamen mir in den Kopf. Was genau ist eigentlich ein Embryo? Ist ein Embryo schon ein Mensch? Was genau ist eigentlich ein Mensch? Was ist Moral? Was ist Würde? Was ist Menschenwürde? Und was ist ein Status? Ausdrücke, die für mich subjektiv gesehen eigentlich klar sind, beginnen sich beim tieferen Nachdenken darüber zu verändern und werfen immer mehr Fragen auf. Immanuel Kants Definitionen über die Würde des Menschen und darüber, was ein Mensch ist bringen mich in einem ersten Schritt nicht wirklich an ein gedankliches Ziel. „Nach Kant besteht die Würde des Menschen in seiner sittlichen Autonomie. Dabei ist für Kant Sittlichkeit und die Menschheit, sofern sie derselben fähig ist, dasjenige, was allein Würde hat“1 Autonomie heißt meiner Meinung nach Freiheit. Und Sittlichkeit bedeutet, sich an vorgegebene gesellschaftliche Regeln und Normen zu halten. N. Hoerster zitiert in seinem Essay weiter „Der Mensch kann von keinem Menschen (weder von anderen noch sogar von sich selbst) bloß als Mittel, sondern muss jederzeit zugleich als Zwecke gebraucht werden, und darin besteht eben seine Würde.“2 In unseren Grundrechten der Bundesrepublik Deutschland sind die Würde des Menschen, das Recht auf Leben und die Unversehrtheit in den ersten zwei Artikeln fest verankert. Das heißt, jeder Mensch soll sich frei entfalten können und das Leben jedes einzelnen Menschen soll geschützt werden. Daher steht Tötung nach unserem Grundgesetz unter Strafe. Abweichend davon Delikte wie Notwehr, um das eigene Leben zu schützen. Die große Frage ist aber, ob diese Grundrechte auch auf einen Embryo anzuwenden sind. Ist ein Embryo ein Mensch mit den gleichen Rechten auf Schutz seines Lebens und freie Entfaltung, wie ein Mensch, der schon geboren ist. Eine ausfüllende eindeutige Antwort auf diese Frage kann weder die Forschung, noch die Philosophie noch das Gesetz geben. Es gibt viele unterschiedliche Standpunkte, die zu diesem Thema vertreten werden. Mein Standpunkt ist nach dem Studium ausgewählter Literatur zu diesem Thema nicht mehr ganz so gefestigt wie davor und einige Fragen sind auch mir offen geblieben. Trotzdem vertrete ich den Standpunkt, das Embryonen nicht zwingend der gleiche Schutz zugestanden werden muss, wie einem eigenständigen und schon geborenen Menschen. Ein Embryo besitzt Würde. Diese Würde ist allerdings in einer anderen Form, einer schwächeren Form zu schützen, als die Würde und das Recht auf Leben eines geborenen Menschen. Bestärkt hat mich in dieser Einstellung die von Reinhard Merkel dargestellte Triage-Situation.3 In einem Forschungslabor bricht ein Feuer aus und ein Überlebender hat die Wahl, entweder ein im Feuer eingeschlossenes Neugeborenes zu retten, oder zehn lebende in vitro gezeugte Embryonen. Die Entscheidung, dass Neugeborene zu retten ist für mich genauso überzeugend eindeutig, wie wohl für die meisten anderen Menschen auch. Dies spricht einem Embryo noch nicht das Recht auf Leben ab, zeigt allerdings, dass das Leben eines geborenen Menschen rein intuitiv über dem Leben oder der Existenz eines Embryos steht. Ich wähle hier bewusst den Ausdruck „Existenz“ da ich damit behaupten möchte, dass ein Embryo bis zu einem bestimmten Punkt in seiner Entwicklung ohne seine Mutter überhaupt nicht lebensfähig wäre. Und ich vertrete die Meinung, dass man einen Embryo erst ab diesem Stadium, wenn er unabhängig von seiner Mutter atmen und leben kann als eigenständiges Individuum bezeichnen sollte. Embryone, die in einem Reagenzglas erzeugt werden, können sich an diesem Ort auch nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entwickeln und sterben ohne Einnistung in einer menschlichen Gebärmutter ab. Insgesamt stellt sich zu meinen zu Beginn der Einleitung gestellten Fragen nach Menschenwürde und Recht auf Leben auch die Frage, ab wann ein Embryo als eigenständiges Individuum bezeichnet werden kann. Außerdem die Frage, wie ein Individuum definiert ist. Ich möchte mit meiner Arbeit versuchen, meine Behauptung, dass einem Embryo bis zu seiner Lebensfähigkeit außerhalb des Mutterleibs nicht die selben Grundrechte auf Leben und Unversehrtheit zustehen, wie einem geborenen Menschen, zu erklären. Dabei werde ich mich hauptsächlich auf die Contra-Stellungnahmen der SKIP-Argumente aus dem Beitrag von G. Damschen und D. Schönecker beziehen. Diese Argumente sollen zeigen, dass ich mit meiner persönlichen Meinung nicht gänzlich falsch liege, die Gegenläufigen Meinungen dies aber auch nicht tun. Rechtliche Aspekte zum moralischen Status des Embryos sind keine Betrachtungspunkte meiner Arbeit, da dies zu umfangreiche Formen annehmen würde. Zum Abschluss meiner Arbeit möchte ich nochmals explizit auf den moralischen Aspekt der Thematik eingehen. Abschließend zur Einleitung möchte ich allerdings nochmals bedauern, dass es mir, genauso wenig wie den Experten auf diesem Gebiet nicht gelingen wird, eine abschließende und eindeutige Antwort auf die Frage nach dem moralischen Status eines Embryos anbieten zu können.

2. Die Embryonendebatte

In der Debatte um den moralischen Staus des Embryos lassen sich drei unterschiedliche Positionen voneinander abtrennen. In ihren Argumenten überschneiden sie sich allerdings auch immer wieder.4 Zum einen gibt es verschiedene Varianten einer bioethisch liberalen Position. Diese sprechen dem ungeborenen menschlichen Lebewesen erst in unterschiedlichen Entwicklungsstadien Menschenrechte und Menschenwürde zu.5 “Sie impliziert daher eine Unterscheidung zwischen Menschsein im biologischen Sinn und Menschsein in einem ethisch und rechtlich relevanten Sinn.6 Fokussiert wird hier die Frage, ab wann ein menschliches Lebewesen als Person bezeichnet werden kann und ihm somit Menschenrechte und Grundrechte zustehen. Einmal ein empirisch feststellbares Bewusstsein und/oder Selbstbewusstsein. Hier wird zum Beispiel das Vorhandensein von messbaren Hirnströmen herangezogen. Zum anderen wird die leibliche Eigenständigkeit, also Lebensfähigkeit nach der Geburt als Fixpunkt der Personenwerdung herangezogen. Und als dritten Punkt wird der Zeitpunkt der Nidation angenommen, da ein Embryo ab diesem Zeitpunkt die Fähigkeit besitzt, sich aus sich selbst heraus zu entwickeln. Die gradualistische Position vertritt den Aspekt von einer Zunahme der Menschenrechte und Menschenwürde von der Zeugung, bis zur Geburt eines menschlichen Lebewesens.7 Die dritte und letzte Position ist die Lebensschutz-Position. Diese spricht dem ungeborenen menschlichen Lebewesen ab dem Moment seiner Zeugung den vollen Status eines Menschen zu. Somit auch die Menschenwürde und alle dazugehörigen Menschenrechte und Grundrechte, die für jeden Einzelnen Menschen in vollem Umfang zutreffen.8 Die Argumentationsgrundlagen der Vertreter der Lebensschutz-Position sind die sogenannten SKIP-Argumente, die ich nun im weiteren Verlauf meiner Arbeit skizzieren werde. Danach werde ich Contra-Argumente zu den Positionen der SKIP-Argumente anführen, um meine in der Einleitung geäußerte Behauptung zu untermauern.

[...]


1 Hoerster, Norbert: Ethik des Embryonenschutzes. Ein rechtsphilosophischer Essay, Stuttgart 2002, S. 13

2 Hoerster, Norbert: Ethik des Embryonenschutzes. Ein rechtsphilosophischer Essay, Stuttgart 2002, S. 13

3 G. Damschen & D. Schönecker (Hgg.). Der moralische Status menschlicher Embryonen. Pro und Contra Spezies-, Kontinuums, Identitäts- und Potentialitätsargument, Berlin 2003, S. 52 ff.

4 R. Stoecker et al. (Hgg.): Handbuch Angewandte Ethik, Stuttgart 2011, S. 425 ff.

5 R. Stoecker et al. (Hgg.): Handbuch Angewandte Ethik, Stuttgart 2011, S. 426

6 R. Stoecker et al. (Hgg.): Handbuch Angewandte Ethik, Stuttgart 2011, S. 426

7 R. Stoecker et al. (Hgg.): Handbuch Angewandte Ethik, Stuttgart 2011, S. 426

8 R. Stoecker et al. (Hgg.): Handbuch Angewandte Ethik, Stuttgart 2011, S. 426

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der moralische Status des Embryo
Untertitel
Einführung in die Bioethik
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Jahr
2016
Seiten
15
Katalognummer
V323981
ISBN (eBook)
9783668231030
ISBN (Buch)
9783668231047
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
status, embryo, einführung, bioethik
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Der moralische Status des Embryo, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323981

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