Das Iran-Abkommen von 2015. Analyse eines politischen Ereignisses der internationalen Beziehungen anhand eines Medienartikels


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Institutionalismus
2.1 Grundannahmen des Institutionalismus
2.2 Die Regimetheorie
2.3 Anwendung auf Medienartikel

3 Neorealismus
3.1 Grundannahmen des Realismus
3.2 Der Neorealismus
3.3 Anwendung auf Medienartikel

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

"Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren." So lautet eines der bekanntesten Zitate von einem der populärsten und prägendsten Menschen des 20. Jahrhunderts: Albert Einstein. Der Satz impliziert nicht nur die Angst vor der von Menschenhand geschaffenen Zerstörungsgewalt nuklearer Waffen, sondern auch seine eigentlich grundsätzlich pazifistische Haltung. Es gibt aber ebenso eine Aussage Einsteins, die ziemlich konträr zu eben jener pazifistischen Einstellung interpretiert werden kann: "Bis 1933 habe ich mich für die Verweigerung des Militärdienstes eingesetzt. Als aber der Faschismus aufkam, erkannte ich, daß dieser Standpunkt nicht aufrechtzuerhalten war, wenn nicht die Macht der Welt in die Hände der schlimmsten Feinde der Menschheit geraten soll. Gegen organisierte Macht gibt es nur organisierte Macht; ich sehe kein anderes Mittel, so ich es auch bedaure"[1] Verfechter des Realismus, eine politischen Großtheorie, die im Laufe dieser Arbeit noch genauer betrachtet wird, werden in diesem Satz Indizien dafür finden, dass es einen Gegenpol zum genannten faschistischen Feind geben sollte, der für ein Machtgleichgewicht sorgt. Oder um es nach Edward Hallett Carr, einem der Mitbegründer dieser Denkschule, zu sagen: "Einem starken, der unlautere Ziele verfolgt, mit Moral in den Arm fallen zu wollen, hat keinen Sinn. Der Mächtige versteht nur eine Sprache: Gegenmacht!"[2]

Wie man am Beispiel der Überlegungen des theoretischen Physikers Albert Einstein, der sich Gedanken über die Welt, ihre Sicherheit sowie ihre Strukturen machte, erkennen kann, haben politisch-theoretische Überlegungen eine weitreichende Relevanz und betreffen direkt oder indirekt jedes Individuum, das auf der Erde lebt und eben nicht nur jene Personen, die unmittelbar mit der Materie "Politik" in Verbindung stehen. Um die Geschehnisse rund um die Politik einem breiten Spektrum an Menschen zugänglich zu machen, gibt es vor allem die mediale Berichterstattung, die es sich zum Ziel gemacht hat, möglichst objektiv und verständlich über sie zu berichten. Doch egal wie wertneutral eine Information auch rein intentionell wiedergegeben werden soll, es schwingen immer subjektive Komponenten in der Erstellung und der Interpretation mit, da auch konkrete Ereignisse verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zulassen. Dies ist auch der Grund, weshalb eine intensive Auseinandersetzung mit einem Medienartikel über politische Ereignisse nicht nur eine Abwechslung zum bloßen Aufsaugen von Informationen ist, sie ist auch essentiell um die Komplexität verschiedener sich gegenseitig beeinflussender Komponenten besser zu verstehen.

Diese Medienartikelanalyse beschäftigt sich mit dem Artikel "Trotz Iran-Abkommen: Eine Welt ohne Atombomben? Keine Chance!" aus dem Online-Angebot des Handelsblatts vom 15.Juli diesen Jahres. Autorin Kathrin Witsch nimmt das Abkommen zwischen der 5+1-Gruppe und dem Iran nach zehnjähriger – immer wieder unterbrochener – Verhandlung als aktuellen Aufhänger, beschäftigt sich aber mit der Entwicklung nuklearer Waffenprojekte und Abkommen im Allgemeinen. Die zerstörerische Gewalt, die von Atomwaffen ausgeht, ist aufgrund teils undurchsichtiger Aktivitäten verschiedener Staaten zwar unheimlich schwer einzukalkulieren, allerdings steht eines fest: Sie sind rein potentiell die größte Bedrohung für das gesamte Leben auf dem Erdball und haben, so lange noch auch nur eine einzige Atomwaffe existiert, eine genaue und kontinuierliche Betrachtung nicht nur verdient, sie ist aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas einfach notwendig. Das Duell der beiden Großmächte Russland und den USA nimmt nicht nur im Artikel den Hauptteil ein, sie ist auch geschichtlich gesehen der Konflikt mit der höchsten globalen Brisanz und soll im Folgenden anhand zweier politischer Theorien auf Grundlage der aktuellen Ereignisse rund um eine unwahrscheinliche atomwaffenfreie Zukunft analysiert werden.

2 Der Institutionalismus

2.1 Grundannahmen des Institutionalismus

Der in der angelsächsischen Literatur häufig gebrauchte Begriff des Neoliberalismus wird hierzulande zumeist als Institutionalismus bezeichnet und legt seinen Schwerpunkt auf Zusammenarbeit, die vor allem in internationalen Regimen und internationalen Organisationen eine dauerhafte Struktur bekommt. Konträr steht diese Theoriegattung vor allem zum Neorealismus, der später auch detailliert beschrieben wird, und dessen Machtkonkurrenzmodell.[3] Die beiden Theorien haben aber mit der Annahme, dass auf der Systemebene Anarchie herrscht und die Staaten die zentralen Akteure darstellen, auch ein gemeinsames und ähnliches Fundament.[4] Die Entstehung des Institutionalismus geht vor allem auf die Frühzeit des internationalen Staatensystems zurück und resultiert aus der Überlegung, den rechtlosen Zustand zwischen den Staaten zu beenden, ein geordnetes Miteinander zu erzeugen und Kooperation zu erleichtern.[5] Roberto O. Keohane und Joseph S. Nye waren die Verfasser der instiutionalistischen IB-Klassiker und vor allem von den Geschehnissen der siebziger Jahre, wie etwa die Abschwächung der amerikanischen Hegemonie, der Entspannung im Ost-West-Konflikt, wachsende wirtschaftliche Verflechtung sowie dem Aufkommen globaler Probleme wie etwa Energieknappheit, geprägt.[6] Resultierend aus diesen Begebenheiten etablierte sich bei Institutionalisten die Annahme, dass "das Wachstum der zwischenstaatlichen Interdependenz und - in einem zweiten Schritt - das Wachstum internationaler Institutionen, die strukturellen Wirkungen der Anarchie nachhaltig und dauerhaft dämpfen und den Akteuren einen größeren Handlungsspielraum bei der Verfolgung ihrer Interessen geben."[7] Interdependenz bedeutet dabei die gegenseitige Abhängigkeit der Akteure voneinander. Staaten können demnach ihre zentralen Funktionen ohne Kooperation mit anderen Staaten gar nicht, in hohem Maße unzureichend oder nur zu extrem hohen Kosten erfüllen.[8] Interventionsmöglichkeiten der Großmächte werden durch Interdependenz eingeschränkt, da multilaterale Verständigung zur Regulierung der internationalen Beziehungen eine immer gewichtigere Rolle einnimmt. Machtpolitik besteht aber weiterhin, denn eine asymmetrische Interdependenz führt dazu, dass Staaten, die weniger abhängig als andere sind, versuchen, das internationale System zu ihrem Vorteil hin zu manipulieren.[9] Allerdings geht der Institutionalismus davon aus, dass im anarchischen System eine Autarkie – also vollkommene Unabhängigkeit eines Staates – höchst unwahrscheinlich ist. So ist die Interdependenz nicht nur „ein Merkmal der Beziehungen zwischen den Staaten, sondern ein Strukturmerkmal des internationalen Systems.“[10] Unterschieden wird zwischen "vulnerability"-Interdependenz und "sensitivity"-Interdependenz. Die erstgenannte Form führt zu einer großen Verletzbarkeit eines Staates, beispielsweise existentielle Abhängigkeit von Rohstoffen, während die zweite zwar eine nennenswerte Wichtigkeit hat, allerdings nicht unbedingt notwendig ist.[11] Des Weiteren gehen Keohane und Nye davon aus, dass neben den Staaten auch andere Gruppierungen wie internationale Organisationen, aber vor allem gesellschaftliche und wirtschaftliche Akteure, grenzüberschreitend tätig werden. Aus dieser Tatsache ergeben sich Verflechtungen inter- bzw. transnationaler Interaktionsbeziehungen, was zur Folge hat, dass militärische Gewalt immer mehr an Bedeutung, Legitimation und auch Wirksamkeit verliert - der Einsatz von Gewalt spielt vor allem unter demokratischen Industriestaaten auch bei Konflikten eigentlich keine Rolle mehr.[12] Da dies der Fall ist, nimmt die Angst ab, Opfer von Zwangsgewalt anderer Staaten zu werden und Sicherheit hört auf, das vorrangige Ziel jeder Außenpolitik zu werden. Das hat zur Folge, dass Akteure andere Ziele genauso stark oder noch mehr verfolgen, weshalb Abhängigkeiten und relative Verluste in Kauf genommen werden können. Absolute Gewinne werden also immer wichtiger und durch internationale Kooperation sowie Arbeitsteilung erreicht.[13] Doch auch in einem System internationaler Kooperation bleibt für Staaten der Anreiz, sie zu ihrem eigenen Vorteil zu gestalten. Dies äußert sich im Freihandelsdilmma und im Dilemma der Gemeinschaftsgüter. Beide beschreiben das Dilemma, dass kooperatives Handeln zwar allgemein die besten Lösung eines Problems ist, für einzelne Staaten sich der Gewinn aber durchaus erhöht, wenn er diese Kooperation umgeht und eigennützige Ziele verfolgt.[14] Der "Schatten der Zukunft", der besagt, dass Staaten aufgrund der hohen Interdependenz in vielen Politikbereichen aufeinandertreffen, hilft bei der Überwindung dieser Dilemmata. Staaten können auch die Tit for tat-Strategie anwenden und kooperatives oder unkooperatives Verhalten jeweils mit kooperativem bzw. unkooperativem Verhalten ihrerseits beantworten. Es müssen vier Bedingungen erfüllt sein: Es muss klar definiert sein, welches Verhalten als kooperativ gilt und welches nicht (Interpretation). Jeder Akteur muss das Verhalten der anderen wirksam kontrollieren können (Kontrolle). Sie müssen auch in der Lage sein, wirksame Sanktionen zu verhängen. Auf unkooperatives Verhalten muss ein Staat auch unkooperativ und für den anderen Staat schädlich antworten können (Sanktion). All das verursacht sogenannte Transaktionskosten, welche mit den Gewinnen aus der Kooperation verrechnet werden müssen und so den Nutzen jeder Zusammenarbeit schmälern. Im schlimmsten Fall kann eine Kooperation sogar ineffizient sein.[15] Um hier Abhilfe und Ordnung zu schaffen, wurden Regime als übergeordnete Institutionen installiert.

[...]


[1] Melcher, Horst / Albert Einstein wider Vorurteile und Denkgewohnheiten (1979) / S. 84

[2] Hartmann, Jürgen / Internationale Beziehungen (2006) / S. 23

[3] vgl. Hartmann, Jürgen / Internationale Beziehungen (2006) / S. 49

[4] vgl. Krell, Gert / Weltbilder und Weltordnung: Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen / S. 234

[5] vgl. Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 89

[6] vgl. Krell, Gert / Weltbilder und Weltordnung: Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen / S. 236

[7] Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 92

[8] vgl. Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 93

[9] vgl. Krell, Gert / Weltbilder und Weltordnung: Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen / S. 238

[10] Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 93

[11] vgl.Lemke, Christian / Internationale Beziehungen: Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder (2000) / S. 31

[12] vgl. Krell, Gert / Weltbilder und Weltordnung: Einführung in die Theorie der internationalen Beziehungen / S. 239

[13] vgl. Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 97

[14] vgl. Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 98

[15] vgl. Schimmelfennig, Frank / Internationale Politik (2015) / S. 101

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Iran-Abkommen von 2015. Analyse eines politischen Ereignisses der internationalen Beziehungen anhand eines Medienartikels
Hochschule
Universität Augsburg  (Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V323979
ISBN (eBook)
9783668231726
ISBN (Buch)
9783668231733
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Iran-Abkommen, Medienanalyse, Neorealismus, Internationale Beziehungen
Arbeit zitieren
Thomas Hürner (Autor:in), 2015, Das Iran-Abkommen von 2015. Analyse eines politischen Ereignisses der internationalen Beziehungen anhand eines Medienartikels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323979

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