Untersuchung physiologischer Kenngrößen bei stufenförmigen Fahrradergometerbelastungen unter Normoxie und normobarer Hypoxie


Diplomarbeit, 2011

121 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Atmung
2.1. Anatomie des Atmungsapparates
2.1.1. Lungen- und Atemvolumina
2.2. Physiologie der Atmung
2.2.1. Funktionen der Atmung
2.2.2. Grundlagen des Gasaustausches in der Lunge
2.2.2.1. Luftzusammensetzung – Luftdruck – Partialdruck
2.2.3. Details beim Gasaustausch in den Alveolen
2.2.4. Die Sauerstoffbindungskurve
2.2.4.1. Sauerstoffaufnahme in der Lunge
2.2.4.2. Sauerstoffabgabe im Gewebe
2.2.4.3. Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve
2.2.4.4. Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve
2.2.5. Regulation der Atmung

3. Die Spiroergometrie
3.1. Dreiphasigkeit der Energiebereitstellung
3.2. Gemessene Parameter und deren Verläufe
3.2.1. Leistung – P [W]
3.2.2. Herzfrequenz - HF [1/min]
3.2.2.1. Positives Knickverhalten der HFLK
3.2.2.2. Linearer Verlauf der HFLK
3.2.2.3. Negatives Knickverhalten der HFLK
3.2.2.4. Schlagvolumen – Herzminutenvolumen
3.2.3. Laktat – La [mmol/l]
3.2.4. Spirometrische Parameter
3.2.4.1. Atemfrequenz - AF [1/min]
3.2.4.2. Atemzugvolumen – VT [l]
3.2.4.4. Sauerstoffaufnahme – VO2 [l/min]
3.2.4.5. Kohlendioxidabgabe – VCO2 [l/min]
3.2.4.6. Respiratorischer Quotient – RQ [-]
3.2.4.7. Atemäquivalent für Sauerstoff – EqO2 [-]
3.2.4.8. Atemäquivalent für Kohlendioxid – EqCO2 [-]
3.2.4.9. Sauerstoffpuls - VO2/HF [ml]

4. Hypoxie – Sauerstoffmangelbedingungen
4.1.1. Luftzusammensetzung, Luftdruck und Partialdruck in der Höhe
4.1.2. Hypoxiebedingungen
4.1.2.1. Hypobare Hypoxie
4.1.2.2. Normobare Hypoxie
4.1.2.3. Prinzip einer normobaren Hypoxiekammer
4.1.2.4. Akute Hypoxie
4.1.2.5. Chronische Hypoxie
4.1.2.6. Höhenadaptation - Höhenakklimatisation
4.2. Einfluss akuter Hypoxie auf den menschlichen Organismus
4.2.1. Leistung
4.2.2. Herzfrequenz
4.2.3. Laktat
4.2.4. Spirometrische Parameter
4.2.4.1. Atemfrequenz
4.2.4.2. Atemzugvolumen
4.2.4.3. Atemminutenvolumen
4.2.4.4. Sauerstoffaufnahme
4.2.4.5. Sauerstoffsättigung
4.2.4.6. Kohlendioxidabgabe
4.2.4.7. Respiratorischer Quotient
4.2.4.8. Atemäquivalent für Sauerstoff
4.2.4.9. Atemäquivalent für Kohlendioxid
4.3. Zusammenfassender Überblick

5. Methodik der Studie
5.1. Probanden
5.2. Studiendesign
5.3. Auswertung und Analyse

6. Ergebnisse
6.1. Leistung
6.2. Herzfrequenz
6.3. Laktat
6.3.1. Laktat pro Watt
6.4. Atemfrequenz
6.5. Atemzugtiefe
6.6. Ventilation
6.7. Sauerstoffaufnahme
6.7.1. Sauerstoffverbrauch pro Watt
6.7.2. Sauerstoffpuls
6.8. Kohlendioxidabgabe
6.9. Respiratorischer Quotient
6.10. Atemäquivalent für Sauerstoff
6.11. Atemäquivalent für Kohlendioxid
6.12. Vergleich der Schwellen LTP2, HRTP, VTP
6.13. Zusammenfassender Überblick

7. Diskussion
7.1. Vergleich mit der Literatur
7.2. Physiologische Zusammenhänge zwischen den Parametern
7.3. Kritik an der eigenen Studie
7.4. Schlussfolgerung und weiterer Ausblick

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Tabellenverzeichnis

Vorwort

Im Laufe meines Sportstudiums wurde ich immer wieder mit der Thematik der Leistungsdiagnostik konfrontiert und dabei zeigte sich mein steigendes Interesse für dieses Themengebiet.

Im Zuge meiner Themensuche für die Diplomarbeit wurde ich von Herrn Univ.-Prof. Peter Hofmann auf eine mögliche Untersuchung des Stufentests unter Sauerstoffmangelbedingungen aufmerksam gemacht. Dabei wurde mein Interesse geweckt und nach anfänglicher Literaturrecherche und den dabei ersichtlich werdenden großen Diskrepanzen zwischen den einzelnen Meinungen bezüglich dieser Thematik stand mein Entschluss für dieses interessante Thema fest.

Meinen besonderen Dank möchte ich Herrn Univ.-Prof. Peter Hofmann für die Betreuung meiner Diplomarbeit aussprechen, der mir mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite gestanden ist.

Weiter möchte ich mich bei Dr. Werner Gröschl, Mag. Julia Kröpfl, und Peter Rohrer für die gute Zusammenarbeit bei der Testdurchführung bedanken.

Für die Korrekturarbeit möchte ich mich bei Mag. Andrea Obermüller und für die Hilfe bei der englischen Übersetzung bei Judith Maierhofer bedanken.

Abschließend gilt mein Dank vor allem noch meiner bezaubernden Frau Katrin Frei BEd, die mir in den letzten Monaten immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist und mich mit aufbauenden Worten immer wieder motiviert hat.

1.Einleitung

Wenn an Hypoxie, an Sauerstoffmangelbedingungen, gedacht wird, so hat die erste Assoziation meist etwas mit den Bergen oder mit „dünner Luft“ zu tun. Unter dem Aspekt der Trainingswissenschaften würde mit Hypoxie schnell Höhentraining zur Verbesserung der aeroben Ausdauerleistung verbunden werden. Doch wodurch werden Sauerstoffmangelbedingungen hervorgerufen, welche Auswirkungen haben diese auf den menschlichen Organismus bei sportlicher Betätigung und reagieren alle Menschen gleich auf diese Umgebungsbedingungen?

Aus trainingsmethodischen Maßnahmen wird immer öfter auf so genanntes Höhentraining zurückgegriffen. Aus diesem Grund wurden die physiologischen Anpassungen des Organismus bei einem Höhenaufenthalt und auch die Auswirkungen des Höhentrainings von vielen Autoren erforscht. Dadurch gibt es im Bereich der physiologischen Adaptationen auf länger andauernde – chronische – Höhenbedingungen viele Publikationen, die dieses Thema behandeln. Weiters kann davon gesprochen werden, dass verschiedenste Autoren sich bezüglich dieser Reaktionen ziemlich einig sind, wie von Benoit et al. (2003) berichtet wird.

In vielen Sportarten spielt jedoch auch ein kurzfristiger Aufstieg in große Höhen eine Rolle, wie bei alpinen Wanderungen oder auch im Wintersport. Mit welchen Reaktionen des Organismus muss der Sportler bei akuten Sauerstoffmangelbedingungen rechnen und was bedeutet das für die ausgeübte Sportart?

Ganz im Gegenteil zu den chronischen Adaptationen des Organismus wurde aus physiologischer Sicht im Bereich der akuten Reaktionen des Organismus durch akute Hypoxie noch relativ wenig publiziert. Darüber hinaus schreiben verschiedene Autoren von unterschiedlichen Beobachtungen während einer Spiroergometrie bei akutem Sauerstoffmangel. Aus diesem Grund gibt es in diesem Bereich noch ziemlich große Diskrepanzen zwischen den einzelnen Meinungen.

Wenn nun Personen Höhenbedingungen ausgesetzt werden – zum Beispiel durch das Überwinden großer Höhen mittels einer Seilbahn – so kann nicht genau gesagt werden, welche Anpassungserscheinungen im Detail auftreten. Somit können auch keine genauen Belastungsvorgaben gegeben werden, wenn diese Person ein präzise gesteuertes Training in der Höhe – unter akuten Sauerstoffmangelbedingungen – durchführen möchte.

So berichten beispielsweise Benoit et al. (1997) von Studien, die von geringerer, gleicher oder höherer Sauerstoffaufnahme bei gleicher absoluter submaximaler Leistung sprechen.

Ähnliche Diskrepanzen zwischen den einzelnen Beobachtungen können auch bei anderen physiologischen Kenngrößen verzeichnet werden, wie zum Beispiel bei der maximalen Herzfrequenz, welche unter Hypoxie einerseits als reduziert und andererseits als gleich bleibend beschrieben wird. Für ein herzfrequenzgesteuertes Training bei akuter Hypoxie wäre das Wissen über das genaue Verhalten der Herzfrequenz in diesen Umgebungsbedingungen jedoch sehr wichtig.

In einzelnen Studien wird des Weiteren berichtet, dass es auch unterschiedlich starke Veränderungen der Parameter zwischen den Testpersonen gibt, die auf individuelle Anpassungsreaktionen hinweisen.

Ausschlaggebend für diese divergierenden Beobachtungen könnten unterschiedliche Belastungsprotokolle zwischen den einzelnen durchgeführten Studien sein, wobei auch unterschiedliche Belastungsprotokolle innerhalb einer Studie zwischen Normoxie und Hypoxie beschrieben werden. Diese verschiedenen Protokolle zwischen beiden Milieus könnten Auswirkungen auf die maximale Leistung haben, sodass eine Leistungsreduzierung unter Sauerstoffmangelbedingungen durch unterschiedliche Protokolle zwischen beiden Umgebungsbedingungen beeinflusst werden kann.

Das Gleiche kann auch für die anderen Parameter gelten, sodass sich empfiehlt, identische Protokolle bei beiden Tests zu verwenden, um die absoluten Werte und vor allem den Verlauf vergleichen zu können, wie es auch von Benoit et al. (1997) und Angermann et al. (2005) beschrieben wird.

Des Weiteren legen die einzelnen Arbeitsgruppen auf unterschiedliche physiologische Parameter wert, wobei keine einzige Studie einen Gesamtüberblick über die einzelnen Kenngrößen und deren Verläufe während einer Spiroergometrie gibt.

Aus diesem Grund ist es Ziel dieser Arbeit, einzelne Studien zu betrachten, Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede aufzuzeigen und die Ergebnisse der eigenen Studie mit denen aus der Literatur zu vergleichen. Darüber hinaus sollen die Schwellen LTP1 und LTP2, sowie der Herzfrequenzknickpunkt – inklusive der Stärke und der Richtung des Knicks – und die ventilatorische Schwelle genauer untersucht werden, um daraus schließen zu können, ob diese Schwellen unter Hypoxie reproduzierbar sind. Als weiteres Ziel soll der Zusammenhang zwischen dem LTP2, dem Herzfrequenzknickpunkt und dem ventilatorischen Knickpunkt unter Hypoxie geprüft werden, um zu sehen, ob auch diese Verknüpfung der einzelnen Schwellen unter Sauerstoffmangelbedingungen bestehen bleibt.

In dieser Arbeit werden zunächst die Grundlagen für die nachfolgende Testreihe erörtert. Zu Beginn wird das Thema Atmung etwas genauer betrachtet, um die einzelnen Anpassungsreaktionen des Organismus unter Hypoxie besser verstehen zu können, da der Hauptparameter unter Sauerstoffmangelbedingungen die Sauerstoffaufnahme ist. Dabei werden einzelne Einflussfaktoren, welche die Atmung und den Gasaustausch in der Lunge beeinflussen, erläutert. In weiterer Folge werden die Spiroergometrie und die einzelnen Parameter inklusive deren Verläufe während des Tests unter Normoxie erklärt.

Der nächste Teil der Arbeit widmet sich dem Thema Hypoxie, wobei in diesem Kapitel einzelne Publikationen zusammengefasst werden, um eine Vorhersage für die nachfolgende Studie treffen zu können.

Anschließend wird die Methode der Untersuchung beschrieben und nachfolgend werden die Ergebnisse präsentiert. Abschließend folgen die Diskussion und der Vergleich der vorhergesagten und der selbst beobachteten Reaktionen durch akute Hypoxie. Dabei wird versucht, auf die Ursachen dieser Veränderungen zu schließen.

2. Die Atmung

Bekanntlich kann der Mensch ohne Sauerstoff nicht überleben, da die meisten Zellen des Körpers für die Energiegewinnung von Sauerstoff abhängig sind. Die Atmung sichert die Versorgung des Organismus mit dem lebenswichtigen Sauerstoff.

Durch den oxidativen Stoffwechsel entsteht Kohlendioxid, welches – bei zu hohen Konzentrationen – schädliche Auswirkungen auf den Organismus hat. Aus diesem Grund muss es aus dem Körper transportiert werden. Die Luft, die uns auf der Erde umgibt, ist somit Lieferant des Sauerstoffs und sogleich auch Aufnehmer des abgeatmeten Kohlendioxids. Wie funktioniert aber nun dieser Gasaustausch zwischen der Umgebungsluft und dem Organismus und welche Mechanismen stehen dahinter?

Die folgenden Kapitel geben Einblick in die Thematik „Atmung“ und sollen als Grundlage für die in Kapitel 4.2 beschriebenen Auswirkungen des akuten Sauerstoffmangels dienen.

2.1. Anatomie des Atmungsapparates

In diesem Kapitel wird kurz auf die anatomischen Gegebenheiten des Atemapparates eingegangen, um die nachfolgende Physiologie der Atmung besser verstehen zu können (siehe Kapitel 2.2).

Die Atemwege – in Abbildung 1 dargestellt – werden in obere und untere Atemwege eingeteilt. Nasenhöhlen, Rachen und Kehlkopf gehören zu den oberen, Luftröhre (Trachea), Luftröhrenäste (Bronchien) und Lungenbläschen (Alveolen) zu den unteren Atemwegen (Marées, 2003, S.217).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Schematische Darstellung der Atemwege eines Menschen (Marées 2003, S.217).

Dabei ist zu betonen, dass die oberen und auch die unteren Atemwege (bis auf die Alveolen) der Leitungsfunktion – einer Teilfunktion der gesamten Atmung – dienen, um die Luft zu der Respirationszone – den Alveolen – zu befördern. Anschließend wird die sauerstoffarme Luft auf dem gleichen Weg wieder abgeleitet. Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid findet ausschließlich in den Lungenbläschen statt – siehe Kapitel 2.2.2.

Weitere Funktionen der Atemwege sind die Reinigung, die Erwärmung und die Befeuchtung der eingeatmeten Luft (Thews & Vaupel 2005, S.233).

2.1.1. Lungen- und Atemvolumina

Die Lunge ist ein sehr dehnbares Organ und dementsprechend können verschiedene Lungenvolumina unterschieden werden (Thews & Vaupel, 2005, S.238-240).

- Atemzugvolumen

Das Atemzugvolumen ist das Volumen, das pro Atemzug ein- bzw. ausgeatmet wird.

- Inspiratorisches Reservevolumen

Das Luftvolumen, das nach normaler Einatmung noch zusätzlich eingeatmet werden kann, wird als inspiratorisches Reservevolumen bezeichnet.

- Expiratorisches Reservevolumen

Nach normaler Ausatmung in Ruhe könnte noch zusätzlich ein bestimmtes Luftvolumen, das expiratorische Reservevolumen, ausgeatmet werden.

- Residualvolumen

Nach maximaler Ausatmung bleibt immer ein gewisses Luftvolumen in der Lunge übrig, welches nicht abgeatmet werden kann. Dieses Restvolumen wird als Residualvolumen bezeichnet.

- Vitalkapazität

Die Vitalkapazität setzt sich aus Atemzugvolumen, inspiratorischem und expiratorischem Reservevolumen zusammen und ist das Luftvolumen, das nach maximaler Einatmung maximal ausgeatmet werden kann – dieser Parameter stellt ein Maß für die Dehnbarkeit der Lunge dar.

- Inspirationskapazität

Die Inspirationskapazität ist die Luftmenge, die bei vorheriger normaler Expiration maximal eingeatmet werden kann.

- Funktionelle Residualkapazität

Nach normaler Expiration bleibt ein gewisses Luftvolumen in der Lunge zurück, das als funktionelle Residualkapazität bezeichnet wird. Frisch eingeatmete Luft vermischt sich mit dieser „Restluft“ in der Lunge und dadurch wird eine gleichmäßige Sauerstoff- und Kohlendioxidfraktion im Alveolarraum gewährleistet.

- Totalkapazität

Die Totalkapazität stellt das Luftvolumen dar, das sich nach maximaler Einatmung in der Lunge befindet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Einteilung der Lungenvolumina; Darstellung einer maximalen Inspiration und Expiration zwischen einer Ruheatmung (Thews & Vaupel 2005, S.238).

Wie bereits beschrieben und in Abbildung 2 noch einmal grafisch dargestellt, gibt es verschiedene Lungenvolumina, wobei das Atemzugvolumen, die Vitalkapazität und die funktionelle Residualkapazität die wichtigsten Parameter darstellen. Die Vitalkapazität und das Atemzugvolumen spielen eine wichtige Rolle für das Atemzeitvolumen – in weiterer Folge auch für die Sauerstoffaufnahme – und die funktionelle Residualkapazität hat eine große Bedeutung für den Gasaustausch (Thews & Vaupel 2005; S.239-242). (Näheres siehe Kapitel 2.2.2.1).

Generell kann gesagt werden, dass die Lungenvolumina mit dem Geschlecht und der Körpergröße zusammenhängen, wobei größere Menschen ein größeres Lungenvolumen haben, sowie Männer eine größere Totalkapazität haben als Frauen (Brooks et al. 2005; S.263). Als Durchschnittswert für 20-30 Jahre alte Männer kann eine Vitalkapazität von 5,1 Liter und bei Frauen des gleichen Alters eine Vitalkapazität von 4,4 Liter angenommen werden (Thews & Vaupel 2005; S.238).

- Anatomischer Totraum

Es ist auch bedeutend, den so genannten „anatomischen Totraum“ kurz zu nennen. Dieser stellt das Volumen in den zuleitenden Atemwegen dar (obere Atemwege), welche zwar mit Luft gefüllt sind, dort aber kein Gasaustausch stattfindet. Dieses Totraumvolumen hat eine große Wirkung für den Gasaustausch im Alveolarraum, da im Falle einer sehr flachen Atmung mit hoher Atemfrequenz nur dieser Totraum mit Frischluft versorgt wird und nicht genügend sauerstoffreiche Luft zum Alveolarraum gelangt. Deswegen ist es wichtig, eine möglichst tiefe Atmung anzustreben, denn dadurch gelangt mehr Frischluft zu den Alveolen (Thews & Vaupel 2005; S.241).

2.2. Physiologie der Atmung

2.2.1. Funktionen der Atmung

Der Sauerstoff aus der Umgebungsluft hat einen langen Weg vor sich, bis er zu den sauerstoffbenötigenden Zellen des Organismus gelangt.

Dabei können verschiedene Teilfunktionen der Atmung unterschieden werden.

Die 2 Hauptfunktionen und deren Teilfunktionen sind:

I. Den Sauerstoff aus der Umgebungsluft zu den Körperzellen zu transportieren. Dieser Transportmechanismus kann in 4 weitere Teilfunktionen gegliedert werden (Thews & Vaupel (2005, S229):

a. Konvektiver Transport zu den Lungenalveolen

b. Diffusion in das Lungenkapillarblut

c. Konvektiver Transport zu den Gewebekapillaren durch das Blut

d. Diffusion von den Gewebekapillaren in die umgebenden Zellen

II. Die Beseitigung des Kohlendioxids von den Zellen durch Abtransport und Abgabe in die umgebende Atmosphäre (Marées; 2003, S.220).

Anhand dieser Einteilung kann auch zwischen einer so genannten „inneren Atmung“ und einer „äußeren Atmung“ unterschieden werden.

Die Punkte a. und b. gehören zur äußeren Atmung oder auch Lungenatmung genannt. Punkt c. wird als Atemgastransport des Blutes und d. als innere Atmung oder Gewebeatmung bezeichnet.

2.2.2. Grundlagen des Gasaustausches in der Lunge

Da in oben stehenden Kapiteln der Atemapparat und die Funktionen der Atmung im Überblick besprochen wurden, ergibt sich nun die Frage, wie der Gastransport bzw. der Gasaustausch nun im Speziellen aussieht. Diese Fragestellung gilt es in den kommenden Kapiteln zu beantworten.

In Abbildung 3 ist der Gasaustausch in den Alveolen schematisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Schematische Darstellung des Gasaustausches zwischen Lungenalveolen und Lungenkapillaren (Thews & Vaupel, 2005, S.264).

Durch die Einatmung (Inspiration) gelangt sauerstoffreiche Frischluft in die Lunge bis zu den Alveolen und zur so genannten „respiratory Membrane“, welche die Trennschicht zwischen den Lungenkapillaren und dem Alveolarraum darstellt. Die Lungenbläschen, in welche die Atemwege münden, sind in Abbildung 3 als helle Kreise dargestellt. Auf der anderen Seite gelangt sauerstoffarmes Blut (blau dargestellt) über den Blutkreislauf durch die Lungenkapillaren zu der Membran. Diese ist dick genug, um eine Blutung aus den Blutgefäßen in die Lunge zu verhindern, jedoch andererseits auch dünn genug, um den Gasaustausch zwischen der Alveolarluft und dem Blut zu ermöglichen (Silbernagel & Klinke 2001, S.218). Die Dicke der Membran beträgt laut Wonisch et al. (in Pokan et al. 2009, S.125) zwischen 0,2-0,3 µm und eine Alveole hat einen Durchmesser von ca. 0,2-0,3 mm (Thews & Vaupel 2005, S.236).

Doch wie kann ein Austausch von Gasen zu Stande kommen, wenn dazwischen eine Trennschicht liegt?

Der Austausch zwischen dem mit Luft gefüllten Raum (die Lunge) und einem mit Flüssigkeit gefüllten Raum (Lungenkapillaren) funktioniert über die so genannte Diffusion.

Das Diffunsionsprinzip beschreibt den Konzentrationsausgleich von Teilchen zwischen zwei Orten über einen Teilchentransport. Dabei bewegen sich z.B. Moleküle von dem Ort der höheren, zu dem Ort der niedrigeren Molekülkonzentration. Wenn genügend Zeit für diesen Augleich zur Verfügung steht erfolgt die Diffusion der Teilchen so lange, bis beide Orte die gleichen Konzentrationen aufweisen (Marées, 2003, S.724-725).

Doch was bestimmt den Konzentrationsunterschied von Sauerstoff zwischen Alveolarraum und Kapillarblut? Dieser Fragestellung wird im nächsten Kapitel nachgegangen, denn zuvor bedarf es noch weiterer Grundlagen.

Der nächste wichtige Punkt, um die nachfolgenden Vorgänge des Gasaustausches in der Lunge besser zu verstehen, ist, dass die Höhe der Konzentrationsdifferenz zwischen beiden Orten einen Einfluss auf die Schnelligkeit der Diffusion hat.

Dem kann hinzugefügt werden, dass der Konzentrationsausgleich auch schneller vonstatten geht, je größer die Diffusionsfläche und je kleiner die Strecke (die Dicke der Membran) zwischen den beiden Orten ist (Marées, 2003, S.725).

Wonisch et al. (in Pokan et al. 2009, S.125) beschreiben eine Diffusionsfläche von ca. 50-100 m2 bei rund 300 Millionen Alveolen. Da sich weder Membrandicke noch Diffusionsfläche bei akuten Sauerstoffmangelbedingungen ändern – diese Bedingungen herrschen in der nachfolgenden Studie in Kapitel 5.2 – sind diese Parameter als konstant anzusehen und die Diffusion ist folglich allein vom Konzentrationsunterschied abhängig.

2.2.2.1. Luftzusammensetzung – Luftdruck – Partialdruck

Nachdem die Ursache für die Diffusion – der Konzentrationsunterschied von O2 und CO2 zwischen Alveolarraum und Kapillarblut – geklärt ist, stellt sich nun die Frage, was dieser Konzentrationsunterschied denn genau ist und wodurch dieser hervorgerufen wird.

Die Luft, die uns umgibt, stellt ein Gasgemisch dar, welches aus verschiedenen Komponenten zu unterschiedlichen prozentualen Anteilen zusammengesetzt ist. 79,04% Stickstoff (N2), 20,93% Sauerstoff (O2) und 0,03% Kohlendioxid (CO2) sind die Hauptbestandteile der Umgebungsluft. Dieses Gasgemisch übt auch einen gewissen Druck, den so genannten Luftdruck aus. Dazu ist noch anzumerken, dass dieser sehr variabel ist und auch mit steigender Höhe über dem Meeresspiegel abnimmt (Wilmore et al. 2005, S.151).

Doch welchen Zusammenhang gibt es zwischen Luftzusammensetzung und Luftdruck?

Auf Meereshöhe beträgt der Gesamtluftdruck 760 mmHg. Wenn die Luft nur aus einem Gas bestehen würde, wäre auch der Druck dieses Gases genau 760 mmHg. Da die Luft in der Atmosphäre, wie beschrieben, ein Gemisch aus Stickstoff, Sauerstoff, Edelgasen und Kohlendioxid darstellt, üben diese Gase zusammen einen Gesamtdruck von 760 mmHg, jedes einzelne Gas aber nur einen gewissen Teildruck (Partialdruck) aus.

Laut Silbernagel und Klinke (2001) ist „der Partialdruck eines Gases x in einem Gasgemisch derjenige Druck, der allein von der Molekülart x ausgeübt wird, der also bei Entfernen aller anderen Gaskomponenten übrig bliebe“ (S.221).

Über die unten stehende Formel kann der Partialdruck eines Gases in einem Gasgemisch berechnet werden. Hierbei handelt es sich eine erweiterte Formel, um den alveolären Sauerstoffpartialdruck zu berechnen. Durch die Befeuchtung der Atemluft auf dem Weg zu den Alveolen muss der Wasserdampfdruck bei der Berechnung berücksichtigt werden (Silbernagel & Klinke 2001, S.221). Es ist zu erkennen, dass der Partialdruck nur von der Konzentration und dem Luftdruck abhängig ist

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Partialdruck spiegelt somit die Konzentration eines bestimmten Gases in einem Gasgemisch wider. Dasselbe gilt für Flüssigkeiten, denn auch hier hängt die Konzentration eines gelösten Moleküls mit dessen Partialdruck zusammen. Diese Verknüpfung wird durch das so genannte „Henry-Gesetz“ beschrieben (Silbernagel & Klinke 2001, S.222).

In Abbildung 4 ist die Zusammensetzung der Luft mit den dazugehörigen Partialdrücken der einzelnen Bestandteilen auf Meereshöhe dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Zusammensetzung der Luft mit den dazugehörigen Partialdrücken (Comroe, 1968, S.9).

Wie im letzten Kapitel bereits erklärt, ist die treibende Kraft bei der Diffusion der Konzentrationsunterschied welcher durch den Partialdruck widergespiegelt wird. Somit ist für die Diffusion von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen der Alveolarluft und dem Kapillarblut der Partialdruckunterschied zwischen beiden Seiten ausschlaggebend. Je größer die Partialdruckdifferenz, desto schneller können die Konzentrationen der beiden Gase zwischen Luft und Blut ausgeglichen werden – das Blut wird mit Sauerstoff angereichert und. das Kohlendioxid aus dem Blut in die Alveolarluft abgegeben.

In unten stehender Tabelle 1 sind die Partialdrücke der einzelnen Luftbestandteile im Verlauf des Gastransportes von der Umgebungsluft bis hin zum venösen, zur Lunge zurückfließenden, sauerstoffarmen Blut dargestellt.

Tabelle 1: Partialdrücke im Verlauf des Gastransports auf Meereshöhe (Wilmore et al. 2008, S.151)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die dargestellten Werte entsprechen den Werten auf Meereshöhe. Dazu ist anzumerken, dass sich der Gesamtluftdruck mit zunehmender Höhe ändert und dadurch auch die einzelnen Partialdrücke. Diese Druckveränderungen haben großen Einfluss auf die Diffusionsbedingungen und werden in Kapitel 4.2.5.4 genauer beschrieben.

Anhand Tabelle 1 ist zu erkennen, dass der Sauerstoffpartialdruck beim Einatmen auf dem Weg durch die Atemwege auf ca. 105 mmHG sinkt und der Wasserdampfdruck steigt. Dieser Effekt erklärt sich durch die Tatsache, dass die eingeatmete Luft in den Atemwegen befeuchtet und mit Wasserdampf gesättigt wird. Weiters steigt der Partialdruck für Kohlendioxid, da sich die Frischluft mit der Luft des Residualvolumens – das Volumen, das nach der Ausatmung noch in der Lunge übrig bleibt – vermischt und diese einen höheren Kohlendioxidanteil aufweist. Der Gesamtdruck bleibt jedoch immer konstant. Einzige Ausnahme ist der Gesamtdruck im venösen Mischblut. Dieser ist um 54 mmHg geringer als im arteriellen Blut. Diese Differenz kann durch den großen Sauerstoffpartialdruckabfall (-60 mmHg) aufgrund der Diffusion des Sauerstoffes aus dem Blut in die Zellen und dem verhältnismäßig nur gering ansteigenden Kohlendioxidpartialdruck von (+6 mmHg) durch die Kohlendioxidabgabe aus den Zellen in das Blut erklärt werden. Durch die unterschiedlichen Partialdrücke zwischen dem venösen, durch die Lungenkapillaren fließenden Blut und der Alveolarluft ergeben sich somit die Diffusionsgradienten, welche den Gasaustausch ermöglichen (Wilmore et al. 2008, S.151).

2.2.3. Details beim Gasaustausch in den Alveolen

Nachdem nun die Partialdruckdifferenz als Ursache für den Konzentrationsunterschied von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen Alveolarluft und Kapillarblut erklärt wurde, kann nun auf den Gasaustausch im Detail eingegangen werden.

Abbildung 5 zeigt schematisch den Ablauf des Gasaustausches in der Lunge und im Gewebe und die dabei auftretenden Veränderung der Partialdrücke PO2 und PCO2.

Frischluft gelangt über die Ventilation zu den Alveolen und weist dort PO2 = 105 mmHg und PCO2 = 40 mmHg auf. Das venöse Mischblut – sauerstoffarmes Blut – mit PO2 = 40 mmHg und PCO2 = 46 mmHg fließt durch die Lungenkapillaren. Dabei wird über Diffusion Sauerstoff aus der Alveolarluft in das venöse Blut transportiert und gleichzeitig, aufgrund des höheren PCO2 im Blut, Kohlendioxid in die Alveolarluft abgegeben. Über die linke Herzhälfte wird das arterielle Blut mit PO2 = 100 mmHg und PO2 = 40 mmHg durch den Körperkreislauf gepumpt und erreicht so die einzelnen Zellen des Organismus (Wilmore et al. 2008, S.149)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Verlauf der Partialdrücke für Sauerstoff und Kohlendioxid im Körperkreislauf (Wilmore et al. 2008, S.149).

Durch den Sauerstoffverbrauch in den Zellen des Körpers und dem damit verbundenen niedrigen Partialdruck für Sauerstoff in den Zellen und der gleichzeitigen Kohlendioxidproduktion, welche den PCO2 in den Zellen erhöht, diffundiert der Sauerstoff vom Blut in die Zellen und gleichzeitig das angefallene Kohlendioxid aus den Zellen in das Blut. Somit strömt das Blut aus der Peripherie mit geringerem PO2 = 40 mmHg und erhöhtem PCO2 = 46 mmHg durch die rechte Seite des Herzens und kommt in den Lungenkreislauf wieder zum Ausgangspunkt – die Lunge – wo der ganze Ablauf von neuem beginnt (Wilmore et al. 2008, S.150-151).

In unten stehender Abbildung 6 ist der Partialdruckausgleich von Sauerstoff und Kohlendioxid in den Lungenalveolen im Detail dargestellt. Der Partialdruckausgleich verläuft anfänglich sehr schnell und wird danach immer langsamer. Der Diffusionsgradient, die treibende Kraft bei der Diffusion, nimmt aufgrund des zunehmenden Ausgleichs immer mehr ab. Dieser anfängliche sehr rasche Anstieg des PO2 hat eine sehr große Bedeutung und wird im nachfolgenden Kapitel gemeinsam mit der Saurstoffbindungskurve näher beschrieben.

In Ruhe haben die einzelnen Erythrozyten im sauerstoffarmen Blut in den Lungenkapillaren ca. 0,75 Sekunden Kontakt mit dem Alveolarraum. Anhand Abbildung 6 ist zu erkennen, dass diese kurze Zeitspanne für einen vollständigen Partialdruckausgleich reicht (Brooks et al. 2005; S.268).

Der Konzentrationsausgleich von CO2 und O2 in der Lunge wird als sehr rascher Prozess beschrieben, bei dem der Partialdruckausgleich von CO2 nach rund 0,1 Sekunden und der Ausgleich der Drücke zwischen Alveolen und Kapillaren für O2 nach ca. 0,4-0,5 Sekunden beendet ist (Brooks et al. 2005, S.267 und Marées 2003, S.230). Dieser sehr rasche Kohlendioxidausgleich wird durch eine 20-fach bessere Diffusionskapazität des CO2 gegenüber dem O2 erklärt, denn eigentlich würde der Konzentrationsunterschied von 6mmHg für CO2 eine langsamere Diffusionsgeschwindigkeit bedeuten (Brooks et al. 2005, S.246).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Sauerstoff und Kohlendioxidaustausch in den Lungenalveolen (Brooks et al. 2005; S.268).

Durch Sport – sprich Muskelarbeit – kann sich die Kontaktzeit in den Lungenalveolen durch die größere Fließgeschwindigkeit des Blutes – aufgrund der gesteigerten Herzfrequenz und des erhöhten Herzminutenvolumens (siehe Kapitel 3.3.2.4) – auf 0,25 Sekunden verkürzen. Durch diese kurze Kontaktzeit kann ein vollständiger Ausgleich der Partialdrücke nicht mehr gewährleistet werden (Wonisch et al. in Pokan et al. 2009, S. 126).

Aus diesem Grund kann bei körperlichen Belastungen im Bereich der maximalen Leistungsfähigkeit der Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut absinken. Dazu kommt auch eine größere Sauerstoffausschöpfung im Gewebe, wodurch der PO2 im venösen Mischblut um 10-20 mmHG abnehmen kann. Dies stellt zwar einerseits eine Diffusionsbeschleunigung durch einen größeren Diffusionsgradienten dar, kann aber den negativen Effekt der kurzen Kontaktzeiten nicht kompensieren (Marées 2003; S.230).

Doch was hat nun dieser negative Effekt einer zu kurzen Kontaktzeit zwischen Blut und Alveolarraum und dem dadurch verbundenen niedrigeren Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut zu bedeuten? Diese Fragestellung wird im nächsten Kapitel behandelt.

2.2.4. Die Sauerstoffbindungskurve

In den vorhergehenden Kapiteln wurde beschrieben, wie der Sauerstoff in das Blut bzw. vom Blut ins umliegende Gewebe diffundiert und welche Mechanismen dabei ablaufen. Doch wie wird der Sauerstoff überhaupt transportiert?

Der überwiegende Teil des Sauerstoffes – rund 98,5% – wird am Hämoglobin (Hb) gebunden und in gebundener Form über den Blutkreislauf transportiert. Der Rest wird in physikalisch gelöster Form befördert und spielt beim Sauerstofftransport nur eine untergeordnete Rolle (Thews & Vaupel 2005, S.275-276). Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und besteht aus vier Polypeptidketten, welche jeweils eine Farbstoffkomponente, das sogenannte „Häm“, aufweisen. An diese Hämgruppe kann molekularer Sauerstoff reversibel angelagert werden, womit Hämoglobin ein Transportprotein für Sauerstoff darstellt. Des Weiteren ist Hämoglobin auch beim Kohlendioxidtransport beteiligt.

Wenn Sauerstoff angelagert ist, spricht man vom so genannten Oxyhämoglobin (HbO2) (Thews & Vaupel 2005, S. 47).

Der Konzentrationsanteil des Oxyhämoglobins an der Gesamthämoglobinkonzentration wird als Sauerstoffsättigung bezeichnet und in Prozent angegeben (Thews & Vaupel 2005, S.276). Die Sauerstoffsättigung gibt somit an, wie viel Prozent des Gesamthämoglobins mit Sauerstoff beladen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie in Kapitel 2.2.3 erläutert, hängt der Sauerstoffaustausch zwischen Alveolarraum und Kapillarblut mit der vorherrschenden Partialdruckdifferenz des Sauerstoffes zusammen. Der Partialdruck ist wiederum proportional zur Konzentration des gelösten Sauerstoffes im Blut. Diesen Zusammenhang stellt die so genannte Sauerstoffbindungskurve grafisch dar.

Die Sauerstoffbindungskurve, wie in Abbildung 7 dargestellt, zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Sauerstoffpartialdruck und der Sättigung des Hämoglobins keineswegs ein linearer ist, sondern sigmoid – das heißt S-Förmig. Dieser besondere Verlauf hat eine große physiologische Bedeutung für die Diffusionsbedingungen des Sauerstoffes von der Alveolarluft in das Kapillarblut, sowie aus dem Blut in das Gewebe und in die Zellen und somit für die Sauerstoffaufnahme und Abgabe.

2.2.4.1.Sauerstoffaufnahme in der Lunge

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Die Sauerstoffbindungskurve (Schobersberger in Pokan et al. 2004, S.254).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter Ruhebedingungen haben die Erythrozyten eine ausreichend lange Kontaktzeit mit dem Alveolarraum und können somit vollständig mit Sauerstoff beladen werden – der Partialdruck wird vollständig ausgeglichen. Dadurch ergibt sich eine „vollständige“ Sättigung von ca. 97% – die Sättigung kann nie 100% erreichen, da nicht alle Alveolen ständig mit Frischluft versorgt werden und so auch ein gewisses Blutvolumen an „unbelüfteten“ Alveolen vorbeifließt und somit nicht mit Sauerstoff angereichert wird (Brooks et al. 2005; S.268). Näheres zur Sättigung folgt in Kapitel 4.2.5.5.

Wenn sich der Partialdruck des Sauerstoffes im arteriellen Blut etwas verringert – durch Hypoxiebedingungen – siehe Kapitel 4.1.1 – oder durch eine zu kurze Kontaktzeit des Blutes mit dem Alveolarraum bei maximaler Belastung – siehe Kapitel 2.2.3 – so kann durch den flachen Verlauf der Kurve trotzdem eine sehr hohe Sauerstoffsättigung und dadurch eine hohe Sauerstoffaufnahme bis zu einem PO2 von rund 60 mmHg gewährleistet werden (Schobersberger in Pokan et al. 2004, S.255).

Andererseits muss dazu auch gesagt werden, dass die Sauerstoffsättigung durch Atmung von O2-angereicherter Luft kaum über die normale Sättigung hinweg gesteigert werden kann.

Eine ganz wichtige Anmerkung an dieser Stelle ist, dass die diffundierte Menge an Sauerstoff und die Sauerstoffaufnahme gleich sind und sich in der Sauerstoffsättigung widerspiegeln (Wonisch et al. in Pokan et al. 2009, S.129). Das heißt, je geringer die Sauerstoffsättigung des Blutes ist, desto geringer wird auch die Sauerstoffaufnahme sein. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 4.2.5.4 noch näher betrachtet.

2.2.4.2. Sauerstoffabgabe im Gewebe

Durch den steilen Verlauf bei geringeren Partialdrücken kann eine hohe Sauerstoffabgabe bei geringem Partialdruckabfall erreicht werden.

Thews & Vaupel (2005, S.278) beschreiben, dass dadurch in Ruhe noch immer eine relativ hohe O2-Sättigung von 73% im venösen Blut vorherrscht. Wenn durch körperliche Arbeit mehr Sauerstoff benötigt wird, so kann durch den steilen Verlauf der Sauerstoffbindungskurve eine große Menge an O2 bereitgestellt werden, ohne dass dabei der PO2 nennenswert absinkt, denn dies würde sich auf die Diffusion ins Gewebe negativ auswirken.

Bei ausdauertrainierten Personen ist die Sauerstoffausschöpfung im Gewebe höher als bei untrainierten, wie es von Mollard et al. (2007b) beschrieben wird.

2.2.4.3. Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve

Die Sauerstoffbindungskurve stellt auch eine sehr variable Kurve dar, welche durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden kann. Dies drückt sich aber nicht durch eine Formveränderung, sondern durch eine Lageveränderung – eine Rechts- oder Linksverschiebung der gesamten Kurve aus.

Diese Verschiebung nach beiden Seiten kann über den so genannten Halbsättigungsdruck P0,5 bestimmt werden. Dieser stellt den Partialdruck dar, bei dem eine Sauerstoffsättigung von 50% gewährleistet wird(Silbernagel & Klinke, 2005, S.246). In Abbildung 7 ist der Halbsättigungsdruck durch die vertikale Linie dargestellt.

Eine Rechtsverschiebung bedeutet eine Affinitätsabnahme und somit eine begünstigte Sauerstoffabgabe in der Peripherie, aber eine schlechtere O2 Aufnahme in der Lunge.

Die Verschiebung nach Rechts wird hervorgerufen durch einen Anstieg

- der H+- Konzentration (pH-Senkung)
- des CO2-Partialdrucks
- der Temperatur und
- der intraerythrozytären Konzentration von 2,3-Bisphosphoglyzerat (Thews & Vaupel 2004, S.279).

2.2.4.4. Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve

In diesem Fall ist die Sauerstoffabgabe im Gewebe aufgrund der Affinitätszunahme herabgesetzt, jedoch die O2 Aufnahme in der Lunge erhöht (Schobersberger in Pokan et al. 2004, S.256).

Die Verschiebung nach links bewirkt eine gegenteilige Änderung der beschriebenen Parameter bei der Rechtsverschiebung.

Die Wechselwirkung zwischen H+- Konzentration, CO2-Partialdruck und der Verschiebung der Kurve wird als Bohr-Effekt bezeichnet, wobei der Einfluss des PCO2 laut Silbernagel und Klinke (2005, S.247) darauf beruht, dass die Erhöhung des PCO2 zur Senkung des pH-Wertes führt und dadurch die Kurve verschoben wird.

Durch den Bohr-Effekt werden die Sauerstoffaufnahme in der Lunge und auch die Sauerstoffabgabe im Gewebe positiv beeinflusst:

In der Lunge wird Kohlendioxid abgeatmet, somit der PCO2 reduziert und gleichzeitig der pH-Wert erhöht. Dabei kommt es zu einer Linksverschiebung der Kurve und die O2-Bindungsfähigkeit wird erhöht.

Im Gewebe wird durch die Kohlendioxidaufnahme des Blutes der PCO2 erhöht und der pH-Wert gesenkt. Dadurch kommt es zu einer Rechtsverschiebung der Kurve und die O2-Abgabe ins Gewebe wird begünstigt (Silbernagel & Klinke, 2005, S.247).

Die Lageveränderung der Sauerstoffbindungskurve spielt auch bei geringeren Sauerstoffpartialdrücken in der Umgebungsluft eine große Rolle. Wenn die Kurve nach links verschoben wird, so kann eine höhere Sauerstoffsättigung und dadurch auch eine höhere Sauerstoffaufnahme gewährleistet werden.

2.2.5. Regulation der Atmung

Das Leben eines Organismus ist von der Energieversorgung abhängig, wie es Brooks et al. (2005, S.230) treffend beschreiben. Da die meisten Zellen des Körpers auf Sauerstoff angewiesen sind, hängt, diese Energieversorgung der Zellen von der Versorgung mit Sauerstoff ab. Damit der Organismus mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird, gibt es eine ganz präzise Atmungsregulation, welche von vielen unterschiedlichen Mechanismen geregelt und gesteuert wird.

Silbernagel & Klinke (2005) beschreiben die Atmungsregulation als „Anpassung der Lungenbelüftung an die Stoffwechselbedürfnisse des Organismus“ (S.258), um „im Dienste der Homöostase“ – wie es Thews und Vaupel bezeichnen (2005, S.268) – den Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdruck, sowie den pH-Wert aufrecht zu erhalten (Brooks et al. 2005, S.278).

Des Weiteren beschreiben Thews und Vaupel (2005, S.265) die Atmung als autonomen Ablauf, der von respiratorischen Neuronen in der Medulla Oblongata – dem so genannten Atemzentrum – gesteuert wird, welche von peripheren Sensoren Rückmeldung erhalten, um so die Atmung für die jeweiligen Bedürfnisse zu regeln. Für diese Regelung der Atmung sind mehrere verschiedene Systeme verantwortlich. So wird eine Vielzahl von chemischen neuralen Inputs für die Steuerung herangezogen. Brooks et al. (2005, S.274f) beschreiben einerseits zentrale Inputs vom Motor Cortex – das ist ein Bereich der Großhirnrinde, der unter anderem auch die willentlichen Bewegungen des Menschen steuert (Marées 2003, S.77) – und andererseits hormonelle Inputs. Des Weiteren werden periphere Signale an das Atemzentrum gesendet, bei denen auch so genannte Chemorezeptoren eine wichtige Rolle spielen.

Die genaue Beschreibung der Regelungsprozesse der Atmung soll nicht Aufgabe dieser Arbeit sein und so wird nur auf die für diese Arbeit ausschlaggebenden Faktoren eingegangen.

Thews und Vaupel (2005, S.268) beschreiben, dass der Partialdruck von Kohlendioxid und Sauerstoff und der ph-Wert des arteriellen Blutes, welche über periphere Chemorezeptoren gemessen werden, als Regelgrößen der Atmung dienen.

Steigerung der Ventilation bei:

- Zunahme des arteriellen Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2)

Dieser erhöhte PaCO2 hat laut Thews und Vaupel (2005, S.268) den größten Einfluss auf die Atemregulation. Hervorgerufen wird dieser entweder durch eine vermehrte Produktion von Kohlendioxid durch den anaeroben Stoffwechsel, oder aber auch durch eine erhöhte Kohlendioxidkonzentration in der Inspirationsluft.

- Absinken des arteriellen ph-Wertes unter 7,4
- Abnahme des arteriellen Sauerstoffpartialdruck (PaO2)

Silbernagel und Klinke (2005, S.260) weisen darauf hin, dass nur ein großer Abfall des PaO2 zu einer deutlichen Steigerung der Ventilation führt. Durch die somit hervorgerufene Ventilationssteigerung sinkt der PaCO2, was die Ventilation wiederum bremst. Die Atmungsregelung stellt somit einen Kompromiss von Antrieb und Bremse dar

Der Kohlendioxidpartialdruck stellt – wie schon zuvor genannt – die Regelgröße mit dem größten Einfluss auf die Atmung dar. Somit wird auch die Atmung so geregelt, dass der PCO2 wieder zu seinem Normwert zurückkehrt (Silbernagel & Klinke 2005, S.260).

Aufgrund dieser Tatsache schließen Wonisch et al. (in Pokan et al. 2009, S.131) darauf, dass die alveoläre Ventilationssteigerung im gleichen Maße wie die Kohlendioxidproduktion im Muskel während körperlicher Belastung steigen muss.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Atmungsregulation die Aufgabe hat, bei unterschiedlichsten Bedingungen (körperliche Belastungen, Sauerstoffmangelbedingungen etc.) die Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie den ph-Wert auf gleichem Niveau zu halten, um eine optimale Versorgung des Organismus mit Sauerstoff zu gewährleisten.

Da nun die grundlegenden Mechanismen der Atmung erklärt wurden, kann nun in weiterer Folge gezielt auf die Auswirkungen der Sauerstoffmangelbedingungen auf den Organismus und auch speziell auf die Atmung und die Sauerstoffaufnahme unter diesen Bedingungen eingegangen werden.

3. Die Spiroergometrie

Eine Spiroergometrie stellt eine Belastungsuntersuchung dar, um die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit des getesteten Probanden beurteilen zu können. Ausgehend von einer Ruhephase wird die Belastung gezielt laut eines vorgegebenen Protokolls bis zu einer zuvor definierten submaximalen Belastung, oder auch bis zur vollständigen willentlichen Ausbelastung, gesteigert. Dabei werden physiologische Parameter gemessen, um diese im Nachhinein auszuwerten und schlussendlich zu interpretieren. Der Fahrradergometer wird als Standardgerät für diese Untersuchung angesehen, wobei je nach Sportart auch Spezialergometer wie zum Beispiel das Laufband oder spezielle Ruderergometer verwendet werden können (Hofmann in Pokan et al. 2004, S.31-35). Anhand des Stufentests können einzelne Schwellen – aerobe und anaerobe Schwelle, sowie ein Herzfrequenzknickpunkt und ein ventilatorischer Knickpunkt – bestimmt werden. Wodurch sich diese Schwellen ergeben, wird in den nachfolgenden Kapiteln näher beschrieben.

Die durch den Belastungstest erhobenen Daten und bestimmten Schwellen dienen in weiterer Folge für den Vergleich der physiologischen Parameter zwischen Normoxie- und Hypoxiebedingungen in der eigenen Forschung. In den nächsten Kapiteln werden nun die Grundlagen für die in Kapitel 5.2 beschriebene Studie behandelt.

3.1. Dreiphasigkeit der Energiebereitstellung

Auf eine bestimmte Belastungsanforderung reagiert der Organismus mit einem ganz spezifischen metabolischen Response. Die Dreiphasigkeit der Energiebereitstellung besagt, dass es zwischen Ruhebedingungen und maximaler Ausbelastung drei unterschiedliche Phasen gibt. Diese Phasen werden im Laufe eines Stufentests hintereinander durchschritten und jede Phase weist dabei einen ganz charakteristischen Verlauf verschiedener physiologischer Parameter auf, die eine ganz spezifische Antwort des Organismus auf die jeweilige Belastungshöhe darstellt.

Bereits 1980 wurde diese Dreiphasigkeit von Skinner und MacLellan (in Pokan et al. in Pokan et al. 2009, S.116) beschrieben. Sie wird auch von Brooks „Laktat-Shuttle-Theorie“ unterstützt und kann als „state of the art“ angenommen werden (Brooks et al. 2005, S.83).

Dabei können diese 3 Phasen am einfachsten anhand der Laktatleistungskurve unterschieden und beschrieben werden.

Durch die immer höher werdende Belastung während einer stufenförmigen Ergometrie steigt die Blutlaktatkonzentration infolge eines erhöhten anaeroben Stoffwechsels, wodurch eine Laktatleistungskurve (LLK) erstellt werden kann. Auf der Abszisse werden die einzelnen Belastungsstufen in Watt, auf der Ordinate wird die Laktatkonzentration in mmol/Liter aufgetragen.

Phase I (aerobe Phase)

Diese Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass die gemessene Laktatkonzentration von Beginn des Tests an – trotz steigender Belastung – konstant bleibt und endet bei dem ersten Laktatumstellpunkt (LTP1 = Laktat Turn Point 1), der als erster Anstieg des Laktats über den Ruhewert definiert ist (Hofmann et al. in Pokan et al. 2004, S.106). Daraus könnte sich leicht die Schlussfolgerung ziehen lassen, dass in dieser Phase kein Laktat produziert wird. Würde die Laktatkonzentration jedoch direkt im arbeitenden Muskel gemessen werden, so wäre erkennbar, dass dort sehr wohl Laktat produziert wird. Über den von Brooks beschriebenen „Intracellular Lactate Shuttle“ wird jedoch das entstandene Laktat in die Mitochondrien der Muskelzelle transportiert, um dort weiter verstoffwechselt zu werden.

Weiters wird durch den „Cell to Cell Shuttle“ Laktat auch zu benachbarten Zellen transportiert und dort oxitativ verstoffwechselt (Brooks et al. 2005, S.84). Somit wird kein Laktat in den Kreislauf abgegeben und demnach wird, trotz steigender Belastung, auch nur die Ruhelaktatkonzentration gemessen. In Abbildung 8 ist dieser typische Verlauf grafisch dargestellt.

Die Laktateliminationsrate der arbeitenden Muskeln (EM) ist größer als die Laktatproduktion in den arbeitenden Muskeln (PM). Der Übertritt von Laktat von zellulärer Ebene in den Blutkreislauf (systemische Ebene) ist demnach nicht vorhanden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Schematische Darstellung der Laktatleistungskurve mit den dazugehörigen Laktat-Shuttle-Mechanismen (Hofmann et al. in Pokan et al. 2009, S.229).

Durch die steigende Belastung im Stufentest wird in weiterer Folge die maximale intramuskuläre oxitative Stoffwechselrate für Laktat überschritten, sodass dieses über spezielle Laktat-Transporter in den Kreislauf transportiert wird (Hofmann et al. in Pokan et al. 2009, S.228). Dies ist durch einen Knick der LLK beim LTP1 und einer ansteigenden Laktatkonzentration sichtbar (siehe Abbildung 8).

Phase II (aerob-anaerobe Übergangsphase)

Phase II beginnt beim LTP1 und endet mit der zweiten schlagartigen Änderung der Laktatkonzentration, welche als LTP2 – laktat turn point 2 – bezeichnet wird. Diese Phase definieren Hofmann et al. (in Pokan et al. 2004, S.106) auch zwischen ca. 45% und 75% der Maximalleistung. In diesem Bereich wird immer mehr Laktat aus dem Muskel in den Kreislauf gebracht, sodass die La-Konzentration kontinuierlich ansteigt, wie es aus Abbildung 8 ersichtlich ist. Die Produktion ist größer als die Laktatelimination in den Muskeln (EM < PM). Der gesamte Organismus ist jedoch in der Lage, über seine oxidative Kapazität das anfallende Laktat zu verstoffwechseln (ES = PM). Diese Tatsache zeigt sich dadurch, dass sich bei einem Dauertest – abhängig von der gefahrenen Belastung – ein „Laktat Steady State“ bilden würde (die Laktatkonzentration steigt bis zu einer gewissen Höhe an und bleibt in weiterer Folge konstant). Würde ein Dauertest mit der Belastungshöhe des LTP2 durchgeführt werden, so würde sich das so genannte „Maximale Laktat Steady State“ (MLSS) bilden. (Hofmann et al. in Pokan et al. 2004, S.106)

Phase III (anaerobe Phase)

In Phase III – ab dem LTP2 – wird durch die weiter ansteigende Belastung während der Ergometrie überschießend viel Laktat durch die hohe Rate der anaeroben Energiebereitstellung produziert, welches durch den gesamten Organismus nun auch nicht mehr verstoffwechselt werden kann. Diese Phase ist in der Laktatleistungskurve durch eine exponentiell ansteigende Laktatkonzentration gekennzeichnet, welche, bei anhaltender Belastung, auch der Grund für einen baldigen Belastungsabbruch ist (Hofmann et al. in Pokan et al. 2009, S.228). Somit ergeben sich in der LLK, wie in Abbildung 8 dargestellt, 2 Knickpunkte, welche die 3 Phasen voneinander trennen.

Diese 3 Phasen der Energiebereitstellung gelten für den gesamten Organismus und sind nicht nur im Laktatverlauf während des Stufentests zu erkennen, sondern lassen sich auch in anderen Parametern bestimmen und grafisch darstellen.

3.2. Gemessene Parameter und deren Verläufe

In den folgenden Kapiteln werden die Parameter, welche bei einer Spiroergometrie gemessen und auch für die nachfolgende Studie benötigt werden, beschrieben. Dabei wird kurz auf deren Messung sowie deren Verläufe während einer stufenförmigen Belastung eingegangen.

3.2.1. Leistung – P [W]

Für Stufentests gibt es verschiedene Protokolle mit unterschiedlich hohen Belastungsstufen. Dabei ist auch anzumerken, dass der zeitliche Verlauf der einzelnen Stufen von Protokoll zu Protokoll stark variieren kann. So beschreibt Hofmann (in Pokan et al. 2004, S.34) Belastungsstufen zwischen 5 und 50 Watt und eine Zeitdauer zwischen 1 und 8 Minuten. Ein wichtiger Aspekt für die Auswahl von Belastungsstufen und Stufendauer ist der Trainingszustand des Probanden. Es werden, je nach zu erwarteter Maximalleistung, verschiedene stufenförmige Belastungen empfohlen. Bei Maximalbelastungen von mindestens 240 Watt wird von Hofmann (in Pokan et al. 2009, S:193) eine Stufenhöhe von 20 Watt und eine Stufendauer von 1 Minute vorgeschlagen. In der nachfolgenden Studie – siehe Kapitel 5.2 – wurde aufgrund des Trainingsstatus der Probanden ein Belastungsprotokoll mit einminütigen Belastungsstufen und einer Stufenhöhe von 20 Watt gewählt.

Für einen Stufentest ergibt sich somit folgendes Belastungsschema (Hofmann in Pokan et al. 2009, S.192):

- Ruhephase (3 Minuten)
- Aufwärmphase (3 Minuten bei max. 10% der erwarteten Maximalleistung)
- Belastungsphase bis zur maximalen willentlichen Ausbelastung (definiert durch Stufendauer und Stufenhöhe)
- Abwärmphase (3 Minuten bei gleicher Belastung wie in der Aufwärmphase)
- Ruhephase (3 Minuten)

3.2.2. Herzfrequenz - HF [1/min]

Die Herzfrequenz reagiert auf Belastungen, die auf den Organismus wirken – im Falle der Spiroergometrie auf den steigenden Trittwiderstand. Demnach wird sich die Herzfrequenz mit zunehmender Belastung erhöhen.

Diese Steigerung der Herzfrequenz steht aber nicht im linearen Zusammenhang mit der steigenden Belastung, sondern weist einen S-förmigen Verlauf auf (Pokan et al. in Pokan et al. 2004, S.50). Conconi et al. (1982) konnte einen Zusammenhang zwischen der Abflachung der Herzfrequenzleistungskurve und der aneroben Schwelle finden. Dieser Knickpunkt – der so genannte Heart Rate Turn Point (HRTP) – soll laut genannter Arbeitsgruppe in 100% der Fälle bestimmbar sein. Diese Aussage steht im Gegensatz zu einer Studie von Hofman et al (1997), in welcher die eben genannte Abflachung der Herzfrequenzleistungskurve in nur ca. 86% der Fälle bestimmt werden konnte. Weiters wird in dieser Publikation beschrieben, dass es in ca. 6% der Kurven einen linearen Verlauf, und in ca. 8 % einen Aufwärtsknick des Herzfrequenzverlaufes gibt. Hofmann et al. (1997) können somit in nur 94% aller HFLK einen Knickpunkt finden. Dieser hängt aber definitiv mit der anaeroben Schwelle, dem LTP2, zusammen.

Die Analyse der Herzfrequenzkurven erfolgt computerunterstützt und wird „zwischen 50% der maximalen Leistung im Bereich der aeroben Schwelle und der maximalen Leistung (Pmax) durch Anpassung eines Polynoms zweiten Grades mit kleinstem Fehlerquadrat berechnet“ (Pokan et al. in Pokan et al. 2004, S.50). In weiterer Folge werden Tangenten in den Punkten LTP1 und Pmax bestimmt, deren Steigung k berechnet und die Differenz der Winkel bestimmt (Hofmann et al. 1997).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Pokan et al. (in Pokan et al. 2004, S.52) teilen die unterschiedlichen Kurvenverläufe folgendermaßen ein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein weiterer interessanter Aspekt bezüglich der verschiedenen HFLK wird von Hofmann et al. (2001), beschrieben, nämlich, dass beim Betrachten der Herzfrequenzen am LTP1 zwischen den unterschiedlichen Herzfrequenzverläufen kein Unterschied festzustellen ist. Ebenso sind gleiche maximale Herzfrequenzen zu beobachten. Der Verlauf der Herzfrequenz vom Start des Stufentests bis zum LTP1 wird als beinahe einheitlich beschrieben. In den Phasen 2 und 3 unterscheiden sich die Verläufe jedoch signifikant voneinander und am LTP2 gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen den Herzfrequenzen. Wenn die Kurve linear bzw. der HF-Anstieg in Phase 2 gering ist, ist die Zunahme der HF in Phase 3 größer.

Wenn jedoch die Leistung an den Knickpunkten betrachtet wird, so zeigen Hofmann et al (2001), dass die relative Leistung (%Pmax) an den einzelnen Schwellen (LTP1, LTP2) unabhängig des Herzfrequenzverlaufs gleich ist.

Hofmann et al. (2005) betonen, dass Unterschiede in der linksventrikulären Auswurffunktion des Herzens die Ursache für die verschiedenen Herzfrequenzverläufe sind, welche sich durch die personenspezifische Sensitivität für Katecholamine der so genannten Beta-Rezeptoren ergeben.

3.2.2.1. Positives Knickverhalten der HFLK

Wie schon im vorhergehenden Kapitel erwähnt, weisen ca. 86% aller HFLK ein positives Knickverhalten auf. Der antizipatorische Phase folgt die lineare Phase, welche im HRTP „Heart Rate Turn Point“ abflacht. Die Steigung k1 des linearen Verlaufs ist größer als die Steigung k2 in Phase 3. Deswegen ergibt sich für k ein positiver Wert, weshalb dieser Verlauf als „positives Knicken“ bezeichnet wird. Hofmann et al. (1997) zeigten, dass dieser Knickpunkt bei 90% der HFmax liegt.

3.2.2.2. Linearer Verlauf der HFLK

Laut Hofmann et al. (1997) weisen ca. 6% der von dieser Arbeitsgruppe untersuchten HFLK einen linearen Verlauf auf. Diese Kurve zeichnet sich dadurch aus, dass kein Knickpunkt im Herzfrequenzverlauf bestimmbar ist. Für die nicht invasive Bestimmung der anaeroben Schwelle kann ein Prozentsatz der maximalen Herzfrequenz herangezogen werden, denn Pokan und Hofmann (in Pokan et al. 2009, S.248) berichten, dass in diesen Fällen der Übergang zwischen Phase II und Phase III bei ca. 86% der HFmax liegt.

3.2.2.3. Negatives Knickverhalten der HFLK

Das negative Knickverhalten unterscheidet sich von dem regulären „positiven“ Verlauf der HFLK dadurch, dass die Steigung der Herzfrequenz in Phase 3 größer ist als die Steigung in Phase 2. Daraus ergibt sich eine negative Differenz der Steigungen. Aufgrund dieser Tatsache wird dieser spezielle HF-Verlauf als negatives Knickverhalten bezeichnet. Hofmann et al. (1997) berichten, dass ca. 8% der Kurven dieses Verhalten aufweisen. Des Weiteren ist anzumerken, dass laut Hofman et al. (1997) der Knick in der HFLK bei 83% der maximalen Herzfrequenz liegt. Das bedeutet, dass bei Probanden mit negativem Knickverhalten die anaerobe Schwelle bei 83% der HFmax liegt – für ein herzfrequenzgesteuertes Training ist diese Tatsache von großer Bedeutung.

Für ein herzfrequenzgesteuertes Training ist es deshalb sehr wichtig, dass der individuelle Verlauf der Herzfrequenz über einen Stufentest bestimmt wird und die daraus abgeleiteten Herzfrequenzen für die Belastungssteuerung im Training verwendet werden. Im Gegensatz dazu wird oft auf einen fixen Prozentsatz einer berechneten maximalen Herzfrequenz zurückgegriffen, welcher – aufgrund dieser 3 unterschiedlichen Verläufe – leicht zu einer Unter- aber auch zu einer Überforderung führen kann.

3.2.2.4. Schlagvolumen – Herzminutenvolumen

Wenn nun von der Herzfrequenz gesprochen wird, so soll auch kurz das Schlagvolumen und das Herzzeitvolumen erklärt werden. Diese beiden Parameter werden zwar in der eigenen Studie nicht gemessen, sollen aber aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Sauerstofftransport – näheres siehe Kapitel 2.2.3 – kurz genannt werden.

Das Schlagvolumen ist das Blutvolumen, das pro Herzkontraktion vom linken Ventrikel des Herzens in den Organismus befördert wird. In Kombination mit der Herzfrequenz ergibt sich das so genannte Herzminutenvolumen oder auch Cardiac Output genannt (Herzfrequenz mal Schlagvolumen).

Das Schlagvolumen steigt proportional zur Belastung, und bildet ein Plateau. Es kann auch sein, dass das Schlagvolumen bei maximaler Belastung und maximaler Herzfrequenz etwas niedriger wird, da die Zeit für die Füllung des Herzens mit Blut eventuell zu gering wird und somit das Schlagvolumen sinkt (Brooks et al. 2005, S.346).

Ruhewerte des Cardiac Output befinden sich bei 5-6 l/min, welcher durch sportliche Belastung auf bis zu 20 l/min ansteigt (Brooks et al. 2005, S.297).

3.2.3. Laktat – La [mmol/l]

Marées (2003, S.346) bezeichnet Laktat fälschlicherweise als „Stoffwechselendprodukt“, da er davon ausgeht, dass dieses durch den anaeroben Stoffwechsel produziert wird, aber nicht weiter verstoffwechselt werden kann. Diese Theorie wird jedoch von Brooks widerlegt und somit wird von einem so genannten „Stoffwechselzwischenprodukt“ gesprochen, das weiter als Energieträger für die Energieproduktion verwendet wird (Brooks et al. 2005, S.83).

Messung:

Es gibt verschiedene Arten der Laktatmessung, wobei zwischen arterieller und venöser Probennahme unterschieden werden kann. Hofmann et al. (in Pokan et al. 2004, S.103) gehen davon aus, dass die gemessenen Laktatkonzentrationen vom Ort der Probennahme (es empfiehlt sich das Ohr als Ort der Messung) und von der Probenart abhängig sind, wobei die Laktatverläufe abgesehen von den Absolutwerten nicht beeinflusst werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Untersuchung physiologischer Kenngrößen bei stufenförmigen Fahrradergometerbelastungen unter Normoxie und normobarer Hypoxie
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Sportwissenschaft)
Note
1
Autor
Jahr
2011
Seiten
121
Katalognummer
V323910
ISBN (eBook)
9783668234291
ISBN (Buch)
9783668234307
Dateigröße
10997 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spiroergometrie, Leistungsdiagnostik, Laktatstufentest, Laktat, Stufentest, Trainingswissenschaften, Hypoxie, Höhentraining, Training, Höhenbedingungen, Leistungsverlust in der Höhe, Atmung, Sauerstoffaufahme, Herzfrequenzkurve, Atemequivalent, Sauerstoffpuls, Respiratorischer Quotient
Arbeit zitieren
Mario Frei (Autor:in), 2011, Untersuchung physiologischer Kenngrößen bei stufenförmigen Fahrradergometerbelastungen unter Normoxie und normobarer Hypoxie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323910

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