Jugend im Holocaust. Wie Schüler den Holocaust durch Kinder- und Jugendliteratur verstehen lernen


Fachbuch, 2016

287 Seiten


Leseprobe


Jugend im Holocaust. Wie Schüler den Holocaust durch Kinder- und Jugendliteratur verstehen lernen

Inhaltsverzeichnis

Bleffert (2010): Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust ... 9

Einleitung ... 10
Analyse eine ausgewählten Beispiels: Ich bin ein Stern ... 29
Didaktische Aufbereitung in der Grundschule ... 38
Diskussion: Ist eine Thematisierung des Holocaust in der Grundschule sinnvoll? ... 61
Literaturverzeichnis ... 66

Kalaitzi (2006): Die Darstellung des Holocaust in der fiktionalen Kinder- und Jugendliteratur. Am Beispiel von Uri Orlevs Jugendroman „Lauf, Junge, lauf“

Einleitung ... 74
Grundlegende terminologische und literatur-historische Aspekte der Thematik ... 79
Theoretische Überlegungen zur Vermittlung des Themas „Holocaust“ ... 89
Didaktisch-methodisches Vorgehen bei der Umsetzung im Unterricht ... 113
Literaturtheoretische Betrachtungen ... 124
Narratologische Analyse des Jugendromans Lauf, Junge, lauf ... 145
Fachdidaktische Überlegungen und Vorschläge für die Umsetzung der Unterrichtseinheit im Deutschunterricht ... 165
Schlussbetrachtung und Ausblick ... 174
Bibliografie ... 177

Lenhart (2014): Das Tagebuch der Anne Frank. Eine Analyse der Tagebuchaufzeichnungen im Hinblick auf die Entwicklung von Jugendlichen in extrem Situationen

Abkürzungsverzeichnis ... 186
Einleitung ... 186
Der Historische Zusammenhang ... 190
Tagebuch und Literatur. Ein kurzer Entwicklungsbericht ... 196
Anne Frank ... 211
Die Beziehungen zu den Helfern ... 267
Der Verrat ... 275
Die Fälschungsdebatte um die Echtheit des Tagebuches ... 280
Schlussbemerkung ... 287
Literaturverzeichnis und Quellenverzeichnis ... 289

Einzelbände ... 293

Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust

Julia Bleffert, 2010

Einleitung

Gegenstand dieser Bachelorarbeit ist die Thematisierung des Holocausts in der Kinder- und Jugendliteratur (KJL) und dessen didaktische Aufbereitungspotentiale für die Grundschule. Kaum eine andere Materie bewegt und beschäftigt bis heute die deutsche Gesellschaft ähnlich intensiv wie die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes unter der Führung von Adolf Hitler. Aufklärung, Dialog und Diskussion sind bis heute unbedingt notwendig, um die Geschehnisse der einschneidenden deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Schule trägt als bedeutende Instanz der kindlichen Sozialisation maßgebliche Verantwortung bei der Vermittlung von demokratischen Werten und Normen. Schon lange gehört die Thematisierung des Dritten Reichs zum curricularen Unterrichtsstoff. Im Bereich der Primarstufe sparen die Lehrpläne benannte Inhalte jedoch stark aus. In der Grundschule findet der Holocaust in diesem Zusammenhang keine Erwähnung (vgl. Lehrplan 2008). Zurückgeführt wird dies auf scheinbar mangelhafte kognitive Fähigkeiten von Grundschülern (ich wähle in dieser Arbeit die männliche Form, um den Lesefluss nicht zu stören) sowie auf die unzureichenden Möglichkeiten einer kindgerechten Darstellung. Neben der generellen Verwendung des Themas in der Grundschule stehen auch Werke der KJL im Mittelpunkt einer kontroversen Diskussion in Bezug auf deren Verwendbarkeit, Angemessenheit und Adaption.

Die in meiner Heimat liegende Ordensburg Vogelsang verfügt als historischer Lernort seit einiger Zeit über didaktische Programme für die Grundschule. Diese beschäftigen sich explizit und vor allem erfolgreich mit der Aufbereitung des Holocausts. Das Interesse für das Thema wurde bei mir zudem in der Auseinandersetzung mit der politischen Bildung in der Grundschule geweckt. Bereits hier wurde mir deutlich, welche wichtige Verantwortung die Lehrkraft für die Entwicklung einer bewussten demokratischen Haltung der Schüler übernimmt bzw. welchen entscheidenden Teil sie dazu beiträgt, jene erst stattfinden zu lassen. Innerhalb dieser Bachelorarbeit möchte ich unter anderem herauszufinden, inwieweit sich eine adäquate und grundschulgerechte Holocausterziehung dazu eignet, dem Kind durch Aufklärung, Ordnung und Strukturierung der eigenen Meinungsbilder gerechtigkeitsbewusste, demokratische und vorurteilsfreie Verhaltensweisen aufzuzeigen.

Diese Arbeit ist in zwei Themenkomplexe unterteilt: Der erste Teil thematisiert den Holocaust in der KJL. Dazu wird zunächst der Terminus ‚Holocaust‘ konkretisiert, um im weiteren Verlauf eine historische Einordnung über die Etablierung des Themas vorzunehmen. Die literaturwissenschaftlichen Kontroversen, die es in der KJL gibt, werden im dritten Unterpunkt des ersten Themenkomplexes behandelt. Abschließend werden dann literaturwissenschaftliche Kriterien aufgestellt, die sich dazu eignen, eine ausgewählte Beispielanalyse durchzuführen. Das Buch ‚Ich bin ein Stern‘ habe ich auf Empfehlung von Frau Prof. Dr. Marci-Boehncke mit Interesse entgegengenommen und plane dieses im zweiten Kapitel meiner Arbeit zu betrachten und zu bewerten.

Der zweite Hauptteil meiner Bachelorthesis gibt die didaktische Aufbereitung des Holocausts in der Grundschule (oder Primarstufe bis 4 Klasse) wieder. Beginnend werden zunächst die Rahmenbedingungen (die Vorerfahrungen der Grundschüler, eine altersgerechte Abgrenzung und die curricularen Verankerungen) aufgegriffen, um dann den Diskurs um eine angebrachte didaktische Vermittlung einzuleiten. Hier möchte ich auch den Schwerpunkt meiner Arbeit ansetzen: Erste literatur- und fachdidaktische Meinungskontroversen werden gegenübergestellt, um im Speziellen substantielle didaktische Unterrichtskonzeptionen darzulegen. Gegenständlich soll dazu auch die Holocaust Education von der Konfrontationsdidaktik abgegrenzt werden, damit auch die prinzipiellen Grenzen zu den bereitstehenden Ausbereitungspotentialen zum Thema Holocaust aufgezeigt werden können. Im letzten Teil meines gewählten Schwerpunkts soll dann der Literaturunterricht der Grundschule in den Fokus meiner Arbeit rücken. Die Signifikanz des literarischen Lernens und im Besonderen von autobiographischen Erzählungen im Deutschunterricht der Grundschule soll konkret herausgearbeitet werden. Als weitere Zielsetzung strebe ich literaturdidaktische Hinweise zum Buch ‚Ich bin ein Stern‘ an und möchte diese näher spezifizieren. Zum Ende meiner Bachelorarbeit gilt es letztlich die heterogenen Meinungsbilder vergleichend innerhalb einer Diskussion zu erörtern und abschließend zu bewerten.

[…]

Die Darstellung des Holocaust in der fiktionalen Kinder- und Jugendliteratur. Am Beispiel von Uri Orlevs Jugendroman „Lauf, Junge, lauf“

Maria Kalaitzi, 2006

Einleitung

Aber es wurde nun einmal geschrieben, es musste geschrieben werden, und uns bleibt die schwere und unbarmherzige Aufgabe zu lesen (Sem Dresden)

Bei den Ereignissen des Nationalsozialismus handelt es sich keineswegs um Fußnoten der Weltgeschichte. Das grausame Kapitel der NS-Herrschaft verknüpft Vergangenes mit der Gegenwart in einer Weise, die jedem Menschen, vorrangig dem an der Erziehung beteiligten, eine Thematisierung und ständige Wachsamkeit abverlangt. Zum einen, weil Erkenntnisse und Erfahrungen der Menschen über geschichtliche Ereignisse wichtig für eigenes Denken und Handeln sind, um in der Vergangenheitserinnerung eine tragfähige Zukunftsperspektive zu entwickeln. Dies geschieht im Sinne einer politischen Bildung. Zum anderen – und dies dient einer ethischen Erziehung –, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und eine solche Barbarei nie wieder zuzulassen.

Viele Themen unserer Zeit waren schon früher gegenwärtig und haben die Menschen herausgefordert. Die Fragen nach Demokratie und Absolutismus, nach Gerechtigkeit und Toleranz, nach Gewalt und Frieden sind nicht neu. Daher überprüft jede Generation aufs Neue bestehende und erwünschte Werte auf ihre Tragfähigkeit und Aktualität, hinterfragt bestehende Zustände und entwirft gesellschaftliche Modelle.

Doch speziell bei den Lehren um die Geschehnisse des Nationalsozialismus muss festgestellt werden: „Allgemeine Lehren aus dem Holocaust, die für jeden und alle akzeptabel wären, gibt es nicht“ (Abram in Abram/Heyl 1996: 26). Es bleiben Unsicherheitsfaktoren, will man konkrete Verhaltensstrategien entwickeln, weil keine allgemeinen Handlungsanweisungen existieren und jede Situation von neuem entschieden werden muss.

Die Massenvernichtung Andersdenkender im Nationalsozialismus hat als Extrembeispiel die Verletzung der Menschenwürde demonstriert und erfahren lassen, wohin blinder Gehorsam, Rassismus und eine von allen ethischen Werten entfesselte Gefühllosigkeit führen kann. Daher hat das Grundgesetz in Artikel 1 die Würde des Menschen als unantastbar deklariert. Es trägt damit den Erfahrungen des Dritten Reiches und den Schwächen der Weimarer Verfassung Rechnung. Deswegen halte ich es für die Wertschätzung unserer bestehenden Demokratie unabdingbar, die Gründungszusammenhänge der Verfassung mit den Schülern zu diskutieren, da das, was man versteht, besser geschützt wird.

Ich werde in dieser Arbeit auf die Frage nach der Relevanz der Geschehnisse im Dritten Reich für die heutige Lebenswelt der Kinder und den Sinn der Thematisierung im Unterricht eingehen. Die schulische Vermittlung des Holocaust ist weitgehend das Produkt der gesellschaftlichen Diskussion während der letzten drei Jahrzehnte, angestoßen u.a. durch die Kritik der Achtundsechziger[1] an der verdrängten Thematisierung des Nationalsozialismus während der 50er- und 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts.

Mein persönlicher erster Kontakt mit der Thematik des Dritten Reiches wurde durch die Schilderungen meines Sachkundelehrers zu Beginn der 80er-Jahre in der dritten Grundschulklasse initiiert, der den Krieg in russischer Gefangenschaft überlebte und uns Schülern als Augenzeuge davon berichtete. Was damals noch wie eine gruselige Abenteuergeschichte erschien, fügte sich erst im Laufe der Jahre in das Bild eines realen historischen Gesamtzusammenhangs ein.

Neben dieser eigenen Erfahrung stellt sich grundsätzlich die Frage, ob und in welcher Form der Nationalsozialismus im Allgemeinen und der Holocaust im Speziellen als Schulthema behandelt werden kann – und das mit zunehmend früherem Zeitpunkt der Thematisierung. Zudem stellt sich die Frage hinsichtlich der Behandlung des Themas in ländlichen Gebieten, in denen – im Gegensatz zu Kindern in größeren Städten oder sozialen Brennpunkten – die Schüler manchmal keinerlei Bezug zu dieser Thematik haben, wenn ihnen weder Hakenkreuzschmierereien noch rechtsradikale Parolen oder ausländerfeindliche Übergriffe begegnen. Als ich mich in meinem Bekanntenkreis für einen frühen Moment der Thematisierung des Holocaust aussprach, stieß ich zum Teil auf große Vorbehalte und Bedenken gegenüber einer Frage, die für mich so selbstverständlich mit einem „Ja“ beantwortet schien. Auch in der Öffentlichkeit werden weitere Punkte aufgeführt, die gegen eine Thematisierung sprechen.

Es heißt beispielweise, dass die Kinder zu jung seien, um damit konfrontiert zu werden, die Thematik sei überfordernd und beängstigend oder es wird davon gesprochen, dass ein so belastendes Thema besser im Elternhaus diskutiert werden sollte und in den Medien bereits genug Raum einnehme. So weit zu den Gegenstimmen.

Obwohl dies nur vereinzelte Stellungnahmen sind, fordert es mich heraus, die Argumente ernst zu nehmen und meinen Standpunkt zu überprüfen. Ich stelle diese Bedenken einer völlig gegensätzlichen Haltung gegenüber, die eine Schonung der Kinder als „Herablassung“ (Schreier 1998: 34) ihnen gegenüber betrachtet.

Dass es tatsächlich immer mehr Bemühungen gibt, die Geschehnisse des Dritten Reiches auch von Kindern im Grundschulalter nicht fern zu halten, zeigen die vermehrten Auseinandersetzungen wie die Konferenz „Der Holocaust – ein Thema für Kindergarten und Grundschule?“[2] oder die zunehmende wissenschaftlich-didaktische Beschäftigung an Universitäten in Seminaren wie in dem Veranstaltungsangebot des Fritz-Bauer-Institutes mit der Veranstaltungsbezeichnung „Nationalsozialismus und Holocaust als Unterrichtsthema in der Grundschule“[3]. Es lässt sich im Laufe der Jahrzehnte nach dem Genozid eine Veränderung im Umgang mit diesem historischen Ereignis feststellen.

Die Form und die Grenzen der Vermittlung stellt sich selbstverständlich je nach Altersstufe unterschiedlich dar. Während ich im allgemeinen Teil grundsätzliche Fragen thematisiere, die auf die gesamte Kindheit und Jugend zutreffend sind, beziehe ich mich im literaturdidaktischen Teil auf die Altersstufe der frühen Jugend ab 12 Jahren.

Es existieren zahlreiche Publikationen zur Verfolgung und Ermordung Andersdenkender im Zweiten Weltkrieg. Geschichts- und Sozialwissenschaftler, Philosophen und Pädagogen und insbesondere Literaturdidaktiker sollen in der vorliegenden Arbeit zu Wort kommen. Ihre Positionen sollen dargestellt, erörtert und in ihrer Kontroverse gegenübergestellt und analysiert werden.

In den Auschwitz-Diskursen des jeweiligen wissenschaftlichen Kanons geht es neben der Benennung des Geschehens stets um dessen Deutung und um die Konsequenzen aus der Tatsache, dass Auschwitz möglich war.

Auch die Pädagogik muss sich die Frage stellen, was der mit Auschwitz verbundene geschichtliche Einschnitt für die aktuelle Erziehungsarbeit mit Kindern bedeutet.

Wie sieht der Umgang, die Einbettung und Sinnbildung dieses „Zivilisationsbruch[s]“ (Diner in Heyl 1997: 10) in der pädagogischen Praxis aus?

Ist es immer noch angesagt, 60 Jahre nach den grausamen Geschehnissen über dieses Vergangenheitskapitel zu sprechen und zwar mit einer Generation, die keine persönlichen Erinnerungen an das Dritte Reich hat?

Die zeitliche Distanz zu den Ereignissen des Nationalsozialismus hat Konsequenzen für die politische, aber auch für die literaturwissenschaftliche Perspektive. Als Beispiel für ein aktuelles Werk dient der vor zwei Jahren erschienene Jugendroman Lauf, Junge, lauf von Uri Orlev. Dieses literarische Werk fördert ein Hineinversetzen in die damalige Zeit mit ihren Problemen und Möglichkeiten.

Unter literaturdidaktischem Gesichtspunkt stellt sich daher die Frage, ob und mit welcher Zielsetzung das Buch nutzbringend in den Deutschunterricht integriert werden kann.

Um sich dieser Frage zu nähern, soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein Vorgehen in drei Schritten erfolgen.

Der erste Teil bildet den theoretischen Hintergrund. Definitionsschwierigkeiten sollen geklärt und auf die vielfach besprochene Problematik des Spannungsverhältnisses der erzählenden und berichtenden Literatur Bezug genommen werden. Darauffolgend wird im zweiten Teil der pädagogische und psychologische Forschungsstand dargestellt und erörtert.

So wird eine profunde Grundlage geschaffen, um im Verlauf des dritten literaturanalytischen Teils auf diese (literatur-)theoretischen Erkenntnisse zu rekurrieren. Erzähltheoretische Aspekte finden neben spezifischen Bewertungskriterien der Holocaustliteratur in der konkreten Auseinandersetzung mit dem Roman Lauf, Junge, lauf Anwendung, um zu einer kritischen Bewertung zu gelangen.

Schließlich soll die eingangs aufgeworfene Frage nach dem praktischen Nutzen der fiktionalen Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust in Zusammenhang mit dem Lehrplan für den Bildungsgang Realschule begründet werden. Der Theorieteil soll mit dem Analyseteil dieser Arbeit mit Unterrichtsideen abgerundet werden.

Die in der Literaturdidaktik gängige Abkürzung ‚KJL’ soll für den Terminus ‚Kinder- und Jugendliteratur’ stehen.

Die männliche Personenbezeichnung in meiner Arbeit richtet sich selbstverständlich an beiderlei Geschlecht und stellt keine Hierarchisierung dar.

[…]


[1] Die Studentenaufstände Ende der Sechzigerjahre richteten sich u.a. gegen die Tabuisierung der NS-Verbrechen und die fehlende Verantwortungsübernahme der Elterngeneration.

[2] Internationale Tagung in Hamburg 1997. Es fand eine Auseinandersetzung verschiedener Experten v.a. aus Israel, den USA, Deutschland und den Niederlanden statt, die sich mit der Frage beschäftigten, ob und wie der Holocaust thematisch für jüngere Kinder geeignet sei.

[3] Aktuelles Seminar im Sommersemester 2006 des Fritz-Bauer-Institutes / Frankfurt. Das Institut bezeichnet sich als „Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust“.

Das Tagebuch der Anne Frank. Eine Analyse der Tagebuchaufzeichnungen im Hinblick auf die Entwicklung von Jugendlichen in extrem Situationen

Anne-Maria Lenhart, 2014

Einleitung

„Oja, ich will nicht umsonst gelebt haben. […] Ich will fortleben, auch nach meinem Tod.“ Anne Frank [1]

Ist es möglich etwas Neues zu diesem Thema zu entdecken? Es ist schon so viel über Anne Frank geschrieben worden.

Anne Frank ist zu einer Botschafterin aller Diskriminierten auf der Welt, welche von Gewalt und Unfreiheit bedroht werden geworden. Sie steht für Toleranz, Humanität, Menschenrechte sowie Demokratie aber auch für einen ungebrochenen Lebenswillen und Optimismus. Anne führte ein kurzes Leben welches in einer gequälten, gewalttätigen Zeit, in welcher der Ausnahmezustand zur Alltäglichkeit geworden war, allerdings ohne die Chance zu Überleben.

Annes Leben und Sterben kann man als Exemplarisch für das Schicksal der ca. sechs Millionen Juden ansehen welche in Konzentrationslagern ermordet wurden. Es steht aber auch für das Schicksal der Menschen welche durch ihr Andersseins durch intolerante Machthaber diskriminiert, gequält und getötet wurden und immer noch werden. Es geht um die Menschenrechte, welche auf den christlich-biblischen Werten beruhen, also Achtung vor dem Individuum, Frieden und Gerechtigkeit, Toleranz sowie Leben in Freiheit. Ebenso geht es um den Teenager Anne, welche inmitten von Krieg, Existenzangst, den verliebten Gefühlen zu Peter sowie den alltäglichen Streitereien im Hinterhaus, sich selbst finden möchte. Die Aufzeichnungen von Anne zeigen eine Anregung zu einem ganz persönlichen Weg der Identitätssuche. Anne Frank ist nicht im moralischen Sinn ein Vorbild und eine Heldin sondern ein ganz normaler Teenager, welcher von den Mitbewohnern im Hinterhaus, sehr oft als launisch und schwierig empfunden wird. Gerade diese Normalität ist es was Anne und ihre Geschichte meiner Meinung nach so bedeutsam macht.

Wichtig erscheint mir zu erwähnen, dass alle Informationen welche zu den Personen zusammengetragen werden nur aus der Sicht von Anne Frank beschrieben werden, diese verändern sich mit der Zeit, so wie Anne sich auch verändert hat.

„[…]Es ist ein Wunder, dass ich nicht alle Erwartungen aufgegeben habe, denn sie scheinen absurd und unausführbar. Trotzdem halte ich an ihnen fest, trotz allem, weil ich noch immer an das innere Gute im Menschen glaube. Es ist mir nun mal unmöglich, alles auf der Basis von Tod, Elend und Verwirrung aufzubauen. Ich sehe, wie die Welt langsam immer mehr in eine Wüste verwandelt wird, ..., ich fühle das Leid von Millionen Menschen mit. Und doch, wenn ich zum Himmel schaue, denke ich, dass sich alles wieder zum Guten wenden wird, dass auch diese Härte aufhören wird, dass wieder Ruhe und Frieden in die Weltordnung kommen werden. Inzwischen muss ich meine Vorstellungen hochhalten, in den Zeiten, die kommen, sind sie vielleicht doch noch auszuführen. […]“[2]

Wahrscheinlich ist es die Mischung zwischen Angst und Zuversicht, welche Anne in ihrem Tagebuch ausstrahlt, und uns heute immer noch ermöglichen dieses Schicksal zu betrachten sowie die Auseinandersetzung damit. Wenn man sich mit dem Thema Anne Frank befasst, gehört unabdingbar auch die Auseinandersetzung mit der Zeit in der Anne lebte, das Dritte Reich, der Rassentheorie sowie der Auseinandersetzung mit den Konzentrationslagern dazu. Schaut man sich den Mut einiger Menschen an, welche versucht haben Juden sowie andere Verfolgte des Nazi Regimes zu retten aber auch Wiederstand zu leisten, so kann man dies nur als vorbildhaftes Verhalten ansehen.

Das erste Kapitel wird sich mit dem Historischen Zusammenhängen in Deutschland und den Niederlanden beschäftigen, da sie wesentlich dazu beigetragen haben, dass Anne Frank mit ihrer Familie untertauchen musste und schließlich mit nicht einmal 16 Jahren sterben musste.

Im zweiten Kapitel werde ich eine Beschreibung des Tagebuches geben, es wird zunächst eine kurze Sprach- und Erzählanalyse geben. Im zweiten Teil werde ich auf die Entstehung der Niederländischen wie auch deutschen Ausgabe näher eingehen.

Das dritte Kapitel wird sich mit Anne Frank an sich beschäftigen. Ich werde ihren Lebenslauf darstellen, welcher sowohl die Zeit im Versteck aber auch die Kindheit Annes sowie ihre letzten Monate darstellen soll. Auch soll die Persönlichkeit

Annes hier näher beleuchtet werden. Da Anne sehr Selbstreflektiert geschrieben hat, wird dies einen Unterpunkt des Kapitels stellen. Auch Annes versuche sich mit ihrem Jüdischen Glauben auseinandersetzen werde ich in einen Unterpunkt beschreiben.

Im fünften Kapitel werde ich darstellen wie, das Leben im Versteck verlaufen ist. Was ist eigentlich ein Versteck, wie sind Bedingungen, welche Hergestellt werden müssen, um dort leben zu können. Auch darf man bei dieser Darstellung nicht vergessen, dass die Familie Frank das Glück hatte sowohl über die Finanziellen Mittel zu verfügen, sehr komfortabel leben zu können und als Familie nicht auseinander gerissen zu werden, was nicht üblich war.

Das fünfte Kapitel wird die Untergetauchten welche in dem Versteck zusammen wohnten näher darstellen. Sowohl Annes Familie wie auch die Familie van Pels und der Zahnarzt Fritz Pfeffer lebten zwei Jahre von der Außenwelt abgeschottet in dem Hinterhaus, der Firma von Otto Frank.

Im sechsten Kapitel werde ich näher auf die Helfer eingehen, wer waren diese Menschen, welche sich mit großer Hingabe um die Untergetauchten bemühten.

Im siebten Kapitel werde ich den Verrat rekonstruieren. Gerade Informationen welche zum Verrat der Untergetauchten geführt haben sind sehr wenige zu finden. Wer war darin verstrickt oder waren es unglückliche Umstände welche dazu führten, es ist bis heute nicht wirklich herauszufinden, was sich 1943 abgespielt hat.

Das letzte Kapitel wird sich mit der Fälschungsdebatte welche um die Echtheit des Tagebuches geführt wurde, sowie ob dieses Thema noch heute lebt. Ist es nur ein Mythos welcher als Symbol für die Judenverfolgung sowie dem Holocaust steht oder lebt die Botschaft Anne Franks weiter.

[…]


[1] Frank, 2012, S. 238

[2] ebd. S.309.

Ende der Leseprobe aus 287 Seiten

Details

Titel
Jugend im Holocaust. Wie Schüler den Holocaust durch Kinder- und Jugendliteratur verstehen lernen
Autoren
Jahr
2016
Seiten
287
Katalognummer
V323725
ISBN (eBook)
9783668224230
ISBN (Buch)
9783956879203
Dateigröße
2969 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
jugend, holocaust, schüler, kinder-, jugendliteratur
Arbeit zitieren
Julia Bleffert (Autor:in)Maria Kalaitzi (Autor:in)Anne-Maria Lenhart (Autor:in), 2016, Jugend im Holocaust. Wie Schüler den Holocaust durch Kinder- und Jugendliteratur verstehen lernen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323725

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