Was.Wir.Wissen. Eine Untersuchung von Stuckrad-Barres neuem Lexikon als Beitrag zum Diskurs über die Kommunikation von Wissen


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wissen
2.1 Wissen in der Linguistik
2.2 Implizites und explizites Wissen
2.3 Wissenstypen als Vermittlungsmöglichkeit
2.4 Wissen als Konsensprodukt
2.5 Wissensproduktion
2.6 Fazit des Definitionsversuches von Wissen

3 Schemakonzeption der Wissensorganisation

4 Wissenskommunikation

5 Was.Wir.Wissen – ein Beitrag zur Transferwissenschaft?
5.1 Was ist Goethes „Faust“?
5.1.1 Objektiv und explizit
5.1.2 Objektiv und implizit
5.1.3 Subjektiv und explizit
5.1.4 Subjektiv und implizit
5.2 Resümee der Untersuchung

6 Fazit und Ausblick

Quellenverzeichnis

1 Einleitung

„Das mit Abstand schlechteste Buch, das mir in letzter Zeit in die Hände gefallen ist. Wozu ist das eigentlich gut?“[1] Genau diese Frage bezüglich Was.Wir.Wissen ist Ausgangspunkt dieser Arbeit. Der Kommentar ist dabei passender Spiegel der User-Rezensionen zu Stuckrad-Barres achtem Buch, das auf der Webseite Amazon.de gerade[2] mit 1,5 von 5 Sternen am untersten Rand der Buchlisten rangiert. Denn das Buch ist weniger Buch als Liste, zumindest werden auf den 270 Seiten lediglich Aufzählungen von Antworten zu verschiedenen Fragen gegeben: „Was hat sich so eingebürgert“ oder „Wie heißt es denn gleich noch so schön?“ Der Ursprung dieser Inhalte findet sich im Akronym des Titels: Dem W orld W ide W eb, dabei in erster Linie seine Suchmaschinen. Die Zusammenstellung der Wissensinhalte verläuft dabei allerdings entgegen wissenschaftlicher Normen, weder genaue Quellen noch Selektionskriterien, Zeitraum der Untersuchung etc. werden angeführt – trotzdem vertrete ich die These, dass Was.Wir.Wissen einen validen Beitrag zum Diskurs über die Kommunikation von Wissen darstellt. Wie genau und in welcher Form sich dieser Beitrag offenbart, soll in dieser Arbeit vorgestellt werden.

Zunächst versuche ich den Terminus Wissen zu definieren. Ich expliziere den Versuch, da sich bereits hier die Problematik dieses komplexen Themenbereichs offenbart. Daher wird in Kapitel 2 der Begriff auf Kriterien reduziert, die sich für die Untersuchung hilfreich bzw. notwendig beweisen. Zudem wird die Produktion von Wissen betrachtet und Wissen als gemeinschaftliches Konsensprodukt herausgestellt. Die Schematheorie der Wissensorganisation, die Kapitel 3 vorstellt, unterstreicht den sozialen und gesellschaftlichen Faktor bei der Wissenskonstitution. Kapitel 4 widmet sich der Kommunikation von Wissen und expliziert die Barrieren beim Transfer. Zuletzt untersucht Kapitel 5, inwieweit Was.Wir.Wissen als ein Beitrag zum Diskurs über Wissenstransfer verstanden werden kann. Hier dient der Untersuchung die Frage „Was ist Goethes Faust ?“, um beispielhaft die Art und Weise vorzustellen, wie das Buch mit dem Thema Wissen umgeht. Kapitel 6 resümiert die Ergebnisse, zieht ein Fazit und gibt einen Ausblick auf mögliche weiterführende Untersuchungen.

2 Wissen

Bevor die Frage beantwortet werden kann, inwieweit Was.Wir.Wissen einen Beitrag zum Themengebiet der Wissenskommunikation leistet, muss zunächst der zugrundeliegende Gegenstand definiert werden. Daher beschäftigt sich das folgende Kapitel mit der Frage: Was ist Wissen ?

Die Frage scheint zunächst banal, ist Wissen doch ein alltäglich verwendeter Begriff der Standardsprache. So verfügt umgangssprachlich jeder über ein Fach- und Allgemeinwissen – Teil dieses Allgemeinwissens ist es etwa, dass der Wissenserwerb Grundvoraussetzung für das eigene ökonomische Wohlergehen in unserer heutigen Gesellschaft darstellt. Nicht zuletzt ist diese Gesellschaft häufig als „Wissensgesellschaft“ (Konerding 2015: 57) beschrieben worden. Überhaupt gründet sich unsere gesamte westliche Kultur und Zivilisation auf den Ausbau von Wissen (vgl. ebd.: 57). Der Begriff avancierte zum „Leitwort unserer Zeit“ (ebd.: 57) und findet somit in den verschiedensten Kontexten Anwendung, dabei auch mit den verschiedensten Bedeutungsvariationen. Das paradoxe Ergebnis ist die zunehmende Prominenz des Begriffs Wissen bei gleichzeitiger Abnahme seiner Verständlichkeit im Gebrauch (vgl. ebd.: 58): Ebenso häufig wie der Terminus in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen angewandt wird, von der Sprachwissenschaft über die Neurobiologie bis hin zur Philosophie, variiert der Schwerpunkt seiner Definition. Zudem haben sich, neben dem umgangssprachlichen Allgemein - und Fachwissen, eine Unzahl neuer Lexeme gefunden, um verschiedene Wissenstypen zu unterscheiden:

Autoren- und disziplinabhängig werden […] Orientierungswissen, wissenschaftli­ches Wissen, Metawissen, implizites, explizites, individuelles, kollektives, narratives, diskursives, deklaratives, prozedurales und operatives Wissen […] oder aber Informationswissen, Handlungswissen, Verfügungswissen, Erfahrungswissen und weitere Formen mehr unterschieden. Zudem sind verschiedene Formen der Orga­nisation von Wissen möglich: Wissen kann medial-technisch (wie z.B. in Daten­banken), kommunikativ-pragmatisch (beispielsweise im Dialog), begrifflich-logisch (z.B. in Lexika) oder assoziativ (etwa im Gedächtnis) strukturiert sein. (Ballod 2007: 161ff)

Erschien die Frage nach dem Gegenstand Wissen zunächst banal, offenbart seine hier nur skizzierte Komplexität die Unmöglichkeit einer absoluten Beantwortung – zumindest im Rahmen dieser Arbeit. Um trotzdem einen für den Untersuchungsgegenstand adäquaten Definitionsversuch zu liefern, konkretisiere ich zunächst die eingangs sehr allgemein formulierte Fragestellung, um so den Einstieg in das komplexe Themenfeld zu ermöglichen. Da diese Arbeit eine sprachwissenschaftliche Untersuchung darstellt ist die naheliegende Frage: Was ist Wissen aus linguistischer Sicht?

2.1 Wissen in der Linguistik

Zur Beantwortung dient hier der Rückgriff auf Duden Online: Dieser definiert Wissen standartsprachlich als die „Gesamtheit der Kenntnisse, die jemand [auf einem bestimmten Gebiet] hat“ (Duden Online: Wissen). Kenntnis ist dabei „das Kennen einer (Tat)sache, das Wissen von etwas“ (ebd.: Kennen). Was ist nun der Unterschied zwischen Kenntnis und Wissen ? Etymologisch betrachtet sind beide Substantive Verbalabstrakte, die sich durch Nominalisierungs- sowie Lexikalisierungsprozesse gebildet haben. Zur Spezifizierung und Abgrenzung der Begriffe kann die Untersuchung ihrer Verbformen dienen, da diese Qualitäten über Prozesse und Zustände liefern, die in der Nominalisierung verloren gegangen sind (vgl. Konerding: 58). So bedeutet wissen laut Duden:

Durch eigene Erfahrung oder Mitteilung von außen Kenntnis von etwas, jemandem haben, sodass zuverlässige Aussagen gemacht werden können (Duden Online: wissen).

Etymologisch stammt das Verb vom mittelhochdeutschen wizzen ab, das so viel wie „gesehen haben, ursprünglich = erblickt, sehen“ (Duden Online: wissen) meint. Im Mittelpunkt der Bedeutung stehen somit der Moment des Erfahrens und die Gültigkeit der Aussage. Kenntnis gründet sich auf das Verb kennen, das wiederum seine sprachliche Herkunft in der Kausativbildung zu können bzw. vermögen findet (vgl. Konerding 2015: 59). Sprachhistorisch erhält kennen daher die „Bedeutungskontinuität einer passivischen Variante von wissen “ (ebd.: 58). Aus linguistischer Sicht ist Wissen somit das, „was man selbst sieht bzw. gesehen zu haben meint [und] man für gesichert bzw. rechtfertigungsfähig hinsichtlich seiner Geltung“ (ebd.: 59) betrachtet. Kenntnis bezeichnet das, was man erfahren hat bzw. mit dem man in Berührung gebracht worden und mit dem man vertraut im Umgang ist (vgl. ebd.: 59). Können ist die Fähigkeit, das „erworbene Vermögen, auf einem bestimmten Gebiet mit Sachverstand […] zu leisten“ (Duden Online: Können). Zusammenfassend ergibt sich folgendes Verhältnis: Wissen ist Kenntnis mit Geltungsanspruch, das durch Können präsentiert wird – etwa beweist meine Kenntnis von den 16 Bundesländern mein Wissen über Deutschland, das ich zudem durch mein Können, diese zu nennen, präsentieren kann. Bei diesem Beispiel gestaltet sich nicht allein die Präsentation, sondern aufgrund dessen der Transfer von Wissen als recht simpel – allerdings gibt es Typen von Wissen, die sich einer Vermittlung durch Sprache entziehen.

2.2 Implizites und explizites Wissen

Auf die Frage, was man tun müsste, um so gut Orgel spielen zu können wie er, antwortete Johann Sebastian Bach einer Anekdote zufolge: „Man muss nur die richtigen Tasten zur richtigen Zeit drücken“ (Antos 2009: 1). Die Virtuosität von Bach ist nach Ernst Pöppel als ein Beispiel einer spezifischen Art von Wissen zu klassifizieren: dem impliziten Wissen oder Handlungswissen.

Im impliziten Wissen drücken sich unsere Intuitionen aus, ohne die ein Künstler […] nicht wirken und nichts erreichen kann. Die Fülle und Reichtum des impliziten Wissens jedes Einzelnen sind explizit nicht berechenbar, weil zu viele Faktoren zu berücksichtigen wären (Pöppel 2000: 22).

Die Problematik der Wissenskommunikation von implizitem Wissen ist dabei offensichtlich, da wir „mehr wissen, als wir zu sagen wissen“ (Polanyi 1985: 14) – und somit unser „Tiefenwissen“ (ebd.: 36) nicht adäquat transferiert werden kann. Dieses Tiefenwissen bezieht sich etwa auf die Anwendung bzw. das Können von bestimmten Fähigkeiten, ein „Wissen wie“, und wird auch als prozedurales Wissen bezeichnet (vgl. ebd.: 37). Gegenüber diesem abstrakten Wissenstypen unterscheidet Pöppel das explizite, begriffliche Wissen:

Explizites Wissen bedeutet, Bescheid zu wissen, Auskunft erteilen zu können. Explizites Wissen ist Information mit Bedeutung. Explizites Wissen ist einem bewusst, und wenn man es vergessen hat, dann kann man es sich zurückholen. Explizites Wissen ist katalogisiert und katalogisierbar. Es ist jenes Wissen, das uns in der Geschichte der Neuzeit dominiert hat und das manche als das eigentliche Wissen ansehen (Pöppel 2000: 24).

Der Wissensträger kann dabei bewusst über das explizite Wissen verfügen und es kommunizieren. Dieser Wissenstyp folgt der Formel „Wissen was“ und bezieht sich auf das Kennen von bestimmten Sachverhalten – und wird auch als deklaratives Wissen bezeichnet (vgl. Mertins 2004: 36).

Als dritte Wissensklassifikation führt Pöppel das bildliche Wissen an, das auf ein neurobiologisches Verständnis von Wissen zentriert ist:

Die Welt stellt sich uns bildlich vor in Formen und Gegenständen, in ruhenden und bewegten Gestalten. Diese Konstruktion der visuellen Welt erfolgt mühelos, indem unser Auge die Umrisse von Objekten wahrnimmt und sie als Figuren und Muster vom Hintergrund abtrennt (Pöppel 2000: 25).

Diese drei „Wissenswelten“ (Antos 2009: 4) sind dabei Grundlage für die verschiedenen Differenzierungen von Wissensarten, wie sie im Zitat von Ballod skizziert wurden. Dabei finden sich im deutschen Sprachraum die ersten dokumentierten Unterscheidungen von Wissensformen bereits um das Jahr 1200, wie Jost Trier 1931 in Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes. Die Geschichte eines sprachlichen Feldes darstellt (vgl. ebd.: 2).

2.3 Wissenstypen als Vermittlungsmöglichkeit

Im Zuge der mittelalterlichen Kulturalisierung, die individuelle Persönlichkeit ausblendete und gesellschaftliche Funktionen betonte, entstand eine Zweiteilung der Wissenstermini. Einerseits kunst als Bezeichnung für den Wissensschatz und das Können des Adels – etwa Tuniertechniken oder die Falkenjagd– andererseits list als Sammelbegriff für handwerkliches Wissen und Können (vgl. Antos 2009: 2). Erst hundert Jahre später war kunst nicht mehr an den Stand des Adels gebunden, sondern bezeichnete ein allgemeines künstlerisches Wissen. Nun war wizzen als ein beruflich-technisches Wissen etabliert und wîsheit bezeichnete ein spirituell-abstraktes Wissen (vgl. ebd.: 2f). Die Termini ordneten somit den kulturellen Wissensschatz in Kategorien ein, nach Fachgebiet oder Expertengruppe. Zweck der Unterteilung war die Organisation von Wissen, Intention, die vereinfachte Weitergabe von Fähigkeiten an spätere Generationen. Somit bestand – und besteht heute immer noch – der Grund für die Vielzahl von Wissensbegriffen im „praktische[n] Bedürfnis nach angemessener Vermittlung“ (ebd.: 3). Wissen ist damit eine Ressource, die nicht alleine auf seine Produktion, sondern auf seinen Transfer ausgelegt ist.

2.4 Wissen als Konsensprodukt

Der Ursprung der Debatte über eine angemessene Vermittlung von Tatbeständen setzt dabei noch weitere tausend Jahre früher ein – in der Philosophie der griechischen Antike: Die Krise „traditionell mythisch-genealogischer Formen der Legitimation von Direktiven“ (Konerding 2015: 59) zusammen mit gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen führte in den ersten demokratischen Stadtstaaten zu der Suche nach neuer Legitimation für Behauptungen und soziale Macht. Wissen war das Gegenstück zur bloßen Meinung, eine rechtfertigungsfähige Aussage und die Grundlage von Persuasionsbemühungen im Rahmen aristotelischer Rhetoriktechniken (vgl. ebd.: 59). Ist Meinen lediglich ein „für-wahr-Halten“ bezieht Wissen seinen Geltungsanspruch aus einem Konsens über seinen Tatbestand, durch die auf objektiv und subjektiv zureichenden Gründen beruhende Überzeugung von tatsächlichem Bestehen von Gegenständen, Vorgängen oder Sachverhalten (Wahrheitsanspruch).Die Begründung des Wissens kann der Erfahrung, kritisch geprüften Berichten, Dokumenten, Zeugnissen, Denkmälern (historisches Wissen) oder der Einsicht in das Wesen und die Zusammenhänge ideeller Gegenstände (Logik, Mathematik, Ethik) entnommen werden (Wörterbuch der Philosophischen Begriffe 1999: 748).

Dieser „Konsens“ stellt dabei ein weiteres zentrales Merkmal für den hier dargestellten Wissensbegriff dar: „Wissen bezieht sich […] auf kollektive Meinungen und zugehörige sprachliche Darstellungen, […] über deren Akzeptanz ein relativer Konsens besteht“ (Konerding 2015: 60). Dabei hat in den letzten Jahren der soziokulturelle Faktor das Kriterium der Wahrheit für Wissensinhalte ersetzt (Fraas 2004: 80). Im Zentrum der Bedeutung von Wissen steht heute die „Tauglichkeit in Prozessen kultureller Selbstorganisation“ (ebd.: 80). Wissen ist damit ein gesellschaftliches und soziales Gemeinschaftsprodukt.

Wie entsteht nun also dieses Produkt Wissen ? Um diese Frage zu beantworten hilft erneut der Verweis auf Pöppel, der im Rahmen seiner neurobiologischen Arbeiten die Hirnstrukturen von Menschen untersucht hat.

2.5 Wissensproduktion

„Das Gehirn fragt alle drei Sekunden: Gibt es etwas Neues auf der Welt, und wenn ja, was ist es?“ (Pöppel 2000: 34) So werden sekündlich Daten gesammelt, die sich aus der Interpretation von Zeichen ergeben. Ein Konglomerat von Daten wird dabei als zusammengehörende Information vom Gehirn erfasst und ausgehend von Sendeneuronen an etwa 10.000 weitere Neuronen versandt (vgl. Becker 2013: 58). Dabei wird keine Information verarbeitet, ohne dass sie mit bereits bestehenden Informationskomplexen im Bewusstsein verglichen wurde. Ebenso, wie die Wahrnehmung eine ständige Aufnahme von Informationen ist, ist sie ebenso ein ständiger Abgleich bekannter Informationen mit Neuem. Wissen entsteht, indem das Gehirn zusammengehörende Informationen in Verbindung setzt, sie aufeinander bezieht, interpretiert, ordnet und katalogisiert. Auch hier ist die Aufnahme immer mit einem Abgleich verbunden, die Wissensgewinnung vollzieht sich immer auf Grundlage bereits existierender Wissensstrukturen (vgl. ebd.: 58). Der kognitive Prozess menschlicher Wahrnehmung wird in Abbildung 1 anhand der Wissenspyramide von Fuchs-Kittowski veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Wissenspyramide nach Fuchs-Kittowksi (Fuchs-Kittowski 2002: 25).

Die Aufnahme und Speicherung sowie die Möglichkeit zur Anwendung von Wissen stellt das menschliche Gedächtnis dar. Das Gedächtnis wird dabei in drei verschiedene Speichersysteme differenziert: Das Ultrakurzzeit-, Kurzzeit-, und Langzeitgedächtnis. Während im Ultrakurzzeitgedächtnis lediglich flüchtige Sinneseindrücke, etwa wahrgenommene Farben oder Töne, für maximal zwei Sekunden gespeichert werden, verwahrt das Kurzzeitgedächtnis bereits Informationen in Intervallen bis zu zwanzig Sekunden (vgl. ebd.: 58f). Allerdings können hier „nur bis zu sieben plus oder minus zwei Informationseinheiten gespeichert werden“ (ebd.: 59). Der Kapazität des Langzeitgedächtnisses sind allerdings theoretisch keine Grenzen gesetzt. Die tatsächliche Speicherung von Wissen geschieht nun durch die Übertragung von Wissensinhalten vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis. Hier werden diese Inhalte langfristig gesichert – um auf diese allerdings zugreifen zu können, muss erneut der Transfer zurück ins Kurzzeitgedächtnis vollzogen werden. Einzig hier kann Wissen bewusst verarbeitet und dabei aktiv verstanden und angewandt werden. Auch beschriebener Abgleich mit neuen Sinneswahrnehmungen findet auf der Ebene des Kurzzeitgedächtnisses statt, das dabei auf die Wissensstrukturen im Langzeitgedächtnis zurückgreift. Produkt dieses Abgleiches ist nun neues Wissen, das wiederum in die bestehende Struktur im Langzeitgedächtnis eingegliedert wird (vgl. Becker 2013: 58f). Das Procedere, wie diese Produktion von Wissen auf neurobiologischer Dimension abläuft, gibt dabei zudem die Grundlage für eine kommunikationswissenschaftliche Untersuchung von Wissenstransfer:

Der Neurologe Henry Head prägte 1920 den Begriff Schemakonzeption für die Speicherungsstruktur von Wissen im menschlichen Gehirn (vgl. ebd.: 61). Seine Überlegungen waren Ausgangspunkt für Theorien gleichen Namens im Fachbereich der kognitiven Linguistik. Diese Fachrichtung der Sprachwissenschaft erforscht, wie Menschen Sprache anwenden und erlenen. Abseits der Aneignung von Sprache gibt die kognitive Linguistik zudem Hinweise, wie generell Wissen vom Menschen erworben und transferiert werden kann. Nachdem dieses Kapitel zunächst den Gegenstand Wissen untersucht hat, stellt Kapitel 3 die genannte Schemakonzeption vor. Diese unterstreicht erneut den soziokulturellen Faktor bei der Wissensproduktion und leitet in die anschließende Behandlung des Begriffs Wissenskommunikation ein. Zunächst wird allerdings der Definitionsversuch von Wissen zusammengefasst.

[...]


[1] Rezension von User Lara Golowa zu Was.Wir.Wissen auf Amazon. Link zum Text: http://www.amazon.de/review/R1S1QFY68OYVBE/ref=cmcrdptitle?ie=UTF8&ASIN=B002TVZBXE&channel=detail-glance&nodeID=299956&store=audible [Stand: 28.02.2016].

[2] Letzter Stand: 06.03.2016.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Was.Wir.Wissen. Eine Untersuchung von Stuckrad-Barres neuem Lexikon als Beitrag zum Diskurs über die Kommunikation von Wissen
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Fach- und Wissenskommunikation
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V323637
ISBN (eBook)
9783668227873
ISBN (Buch)
9783668227880
Dateigröße
773 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wissen, Wissenstransfer, Stuckrad-Barre, Transferwissenschaft
Arbeit zitieren
Niklas Kunstleben (Autor:in), 2016, Was.Wir.Wissen. Eine Untersuchung von Stuckrad-Barres neuem Lexikon als Beitrag zum Diskurs über die Kommunikation von Wissen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323637

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