Klassen und Stände bei Weber und in der empirischen Sozialforschung


Referat (Ausarbeitung), 2004

16 Seiten, Note: ohne Note


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Klassen und Stände bei Max Weber
2.1 Klassenbegriff und Klassenlage bei Weber
2.2. Stand/soziale Ehre bei Weber

3. Die Klassenlagen des Klassenschemas nach Goldthorpe
3.1 Die theoretische Entwicklung der Klassenlagen
3.2 Anwendung des Klassenschemas nach Goldthorpe

4. Berufsklassifikation und Messung des beruflichen Status/Prestige
4.1. Sozioökonomischer Status und berufliches Prestige
4.2. „Beruf“ als Status-Variable
4.3. Die internationale Berufsprestige-Skala von Treiman (SIOPS)
4.4. Die internationale Skala des sozioökonomischen Status von Ganzeboom et al. (ISEI)
4.5. Die Magnitude-Prestige-Skala (MPS) von Wegener)
4.6. Skala „Autonomie des beruflichen Handelns“ von Hoffmeyer-Zlotnik

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit welchen Instrumenten kann heutzutage adäquat die Sozialstruktur unserer Gesellschaft erfasst werden?

Es ist unumstritten, dass Gesellschaften soziale Ungleichheiten aufweisen. Bevor man diese allerdings empirisch untersuchen kann, gilt es ein theoretisches Gebäude zu entwickeln, welches Kategorien für die faktische Untersuchung bereitstellt. Diese Kategorien werden mit spezifischen Methoden der empirischen Sozialforschung operationalisiert.

Gerade im Vergleich zu den ersten Untersuchungen sozialer Ungleichheit haben sich diese Methoden der Analyse radikal weiterentwickelt. Nicht zuletzt berührt dieser Komplex die Unterschiedlichkeit der Theorien, die auf die Gesellschaftsstrukturen ihrer eigenen Zeit reagieren. Das bedeutet, dass sie sich den Veränderungen gesellschaftlicher Umstände anpassen müssen.

Diese Arbeit soll nun alte und neue Ansätze der Sozialstrukturanalyse kontrastieren. Weiterhin wird erklärt, inwieweit die neuen Klassifizierungen auf mittlerweile überholte Differenzierungen speziell der Weberschen Theorie zurückgreifen.

Das Modell der Gesellschaftsstruktur nach Max Weber schließt gleichermaßen ökonomische Gesichtspunkte wie auch soziale Kriterien ein, um die Position eines Individuums im sozialen Gefüge zu bestimmen.

Beide Komplexe gehören immer noch zu den kontemporären Ansätzen der Gesellschaftstheorie, allerdings werden diese anders bewertet, operationalisiert und angewendet.

Das erste Kapitel stellt zunächst den Weberschen Ansatz der Sozialstrukturanalyse dar. Das zweite und dritte Kapitel greifen die beiden entscheidenden Aspekte dieser Theorie – Klasse und Stand – auf, indem sie ihre Verwendung in der heutigen empirischen Sozialforschung nachzeichnen.

2. Klassen und Stände bei Max Weber

Weber führt in seinem Buch „Wirtschaft und Gesellschaft“ die Unterschiede zwischen Klassen und Ständen aus. Er konstruiert eine mehrdimensionale Struktur der Gesellschaft. Weber bringt ein weiteres Merkmal in die Diskussion des sozialen Ungleichgewichts und deren Gründe ein. Neben den ökonomischen Aspekten einer gesellschaftlichen Strukturierung bezieht er nun die Lebensführung, die sich von den wirtschaftlichen Voraussetzungen unterscheiden kann, ein (Costas 1985, 90).

2.1 Klassenbegriff und Klassenlage bei Weber

Der Begriff der Klassenlage konstituiert er als die Chance, die sich aus den gegebenen Möglichkeiten der Güterversorgung, der äußeren Lebenseinstellung und des inneren Lebensschicksal ergibt (Weber 1980, 177). Die Klassenlage bezieht sich auf den Lebensunterhalt im ökonomischen Sinne und auf die Wirtschaftsordnung.

Klasse ist eine Gruppe von Menschen, die sich in der gleichen Klassenlage befinden. Weber unterteilt diese in drei Kategorien:

1. Besitzklasse
2. Erwerbsklasse
3. Soziale Klasse

Im ersten Fall sind der Besitz bzw. die Besitzunterschiede das entscheidende Kriterium der Klassenlage. Weber unterscheidet zwischen einer positiv privilegierten Besitzklasse und einer negativ privilegierten Besitzklasse. Als Beispiel für positiv privilegierte Klassen nennt er Gläubiger und „Rentner“; Menschenrentner und Anlagerentner. Anlagerentner sind Besitzer von Arbeitsanlagen und Apparaten. Dem gegenüber steht die Klasse der negativ Privilegierten; Verschuldete, Besitzobjekte/Unfreie und Arme (ebd., 177f.).

Zwischen diesen beiden Extremen gibt es die Mittelstandsklasse, die ihren Lebensunterhalt durch Besitz oder Erziehungsqualitäten erwerben.

Die Erwerbsklasse bezieht sich auf die Güterbeschaffung und Marktverwertung von Leistungen, im speziellen Arbeitsleistungen. Die Erwerbsklasse ist ebenfalls in eine positiv, eine negativ privilegierte und eine Mittelklasse gegliedert. Als Beispiel für eine positiv privilegierte Erwerbsklasse nennt Weber Unternehmer, Händler, Bankiers und Finanzierungsunternehmen, und so genannte „freie“ Berufe, die eine besondere Fähigkeit oder eine besondere Schulung voraussetzen (Anwälte, Ärzte, Künstler) (ebd., 178).

Die Klasse der Arbeiter zählt Weber zu der negativ privilegierten Erwerbsklasse. Er unterscheidet zwischen gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitern. Beamte und selbstständige Handwerker werden von Weber zu der Mittelklasse sortiert (ebd., 179).

Webers letzte Klasse - die soziale Klasse - umfasst die komplette Arbeiterschaft, das Kleinbürgertum, die „besitzlose Intelligenz“, hiermit sind fachgeschulte Techniker gemeint, die Klasse der Besitzenden und durch ihre Bildung, privilegierte Menschen (ebd., 179). Unterscheidungen wie in der Besitzklasse und der Erwerbsklasse werden nicht vorgenommen.

Weber führt in einem weiteren Kapitel aus, dass Klassen durch die ökonomischen Gegebenheiten gebildet werden. Der Güterbesitz und die Erwebsinteressen, die sich auf die Marktsituation beziehen und die dadurch entstehenden unterschiedlichen Klassenlagen lassen Separationen zu. Ähnliche oder gleiche Lebenslagen sind Voraussetzung dafür, Menschen in eine bestimmt Klassen zusammenfassen (ebd., 531).

2.2. Stand/soziale Ehre bei Weber

Den Klassen stellt Weber die Stände gegenüber. Die ständische Lage kann negativ und positiv privilegiert sein. Merkmale sind die Lebensführungsart, die formale Erziehungsweise, das Abstammung- oder Berufsprestige (Weber 1980, 179).

Die ständische Lage kann etwas mit der Klassenlage zu tun haben, also auf ökonomischen Gesichtspunkten beruhen, muss es aber nicht zwangsläufig (ebd., 180).

Der Stand ist für Weber eher als eine Gemeinschaft anzusehen als die Klasse. Die soziale Ehre impliziert Sonderschätzungen und Sondermonopole, im speziellen der Berufsstand wirkt auf die Lebensführung ein. Weiterhin gibt Weber den Geburtsstand, also die Abstammung als Abgrenzung gegenüber anderen Ständen an.

Die ständische Gesellschaft, d.h. eine Gesellschaft die eher nach Ständen gegliedert ist als nach Klassen, ist konventional, also durch Regeln in der Lebensführung geordnet. Sie dämpft den Markt und sein expansives Verhalten (ebd., 180).

Stände können sich weiter entwickeln zu Kasten. Kasten sind eher ritueller Natur und können Kulte und Götter entwickeln. Der Glaube an die eigene soziale Ehre kann soweit gehen, dass eine Berührung mit einem nicht standesgemäßen Menschen als „Verunreinigung“ angesehen werden kann (ebd., 536).

Stände unterscheiden sich durch eine Monopolisierung ideeller und materieller Güter. Exklusivität ist ein wichtiges Kriterium. So ist zum Beispiel das Vorrecht auf bestimmte Trachten oder das Verbot gewisser Speisen als Abgrenzung entscheidend (ebd., 537). Hier greift wieder die Dämpfung des Marktes, weil ein Stand Güter exklusiv für den Stand beansprucht und diese nicht für den freien Markt zur Verfügung stellt. Weiterhin gilt feilschen und handeln als nicht standesgemäß und somit wird ein typisches Merkmal von ökonomischen Handlungsprozessen ausgegrenzt (ebd., 538).

3. Die Klassenlagen des Klassenschemas nach Goldthorpe

Das Klassenschema nach Goldthorpe unterscheidet im Allgemeinen zwölf verschiedene Klassenlagen[1], die auf der Grundlage der Beschäftigungsverhältnisse einer Person entwickelt werden. Die nach der ISCO 1968 (International Standard Classification of Occupations) operationalisierten Variablen „berufliche Stellung“ und „berufliche Tätigkeit“ werden zu den im Folgenden dargestellten Klassenlagen kombiniert (Allbus, 387).

[...]


[1] In der Literatur finden sich eine Reihe modifizierter Schemata, die mit etwas anderen Klassenlagen arbeiten. So unterscheiden Goldthorpe/Llewellyn sieben Klassenlagen, Goldthorpe/Erikson verwenden dasselbe Schema, differenzieren allerdings einige Klassenlagen aus, wodurch sich faktisch eine Unterscheidung von elf verschiedenen Kategorien ergibt. Die hier gewählte Darstellung ist die im Allbus gebräuchliche.

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Details

Titel
Klassen und Stände bei Weber und in der empirischen Sozialforschung
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
ohne Note
Autoren
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V32354
ISBN (eBook)
9783638330985
ISBN (Buch)
9783656561040
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klassen, Stände, Weber, Sozialforschung
Arbeit zitieren
Mareike Schumacher (Autor:in)Meike Bährens (Autor:in)Nadine Köster (Autor:in), 2004, Klassen und Stände bei Weber und in der empirischen Sozialforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32354

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