Die Bedeutung psychologischer Reaktanz im Marketing


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Reaktanztheorie
2.1. Voraussetzungen für das Auftreten von Reaktanz
2.2. Arten von Freiheitsbeeinflussung
2.3. Reaktanzeffekte

3. Konsequenzen für das Marketing
3.1. Kommunikationspolitik
3.1.1. Konzeption der Werbebotschaft
3.1.2. Auswahl des Botschaftsträgers
3.2. Distributionspolitik

4. Reaktanz gegen Loyalitätsprogramme

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ein Student ist nach einer Vorlesung durstig und möchte sich aus einem Getränkeautomaten einen Softdrink kaufen. Wenn er seine Münzen in den Automaten einwirft, so würde es ihm nicht gefallen, wenn die Maschine mit einer bunten und auffälligen Coca-Cola Reklame beginnt und mit einem großen blinkenden Pfeil auf den Coca-Cola Auswahlknopf zeigt. Es würde ihm selbst dann nicht gefallen, wenn es seine Intention war, sich eine Cola zu kaufen (vgl. Brehm, 1989, S.72). Der Konsument, in diesem Beispiel der Student, könnte sich durch die aufdringliche Reklame in seiner Entscheidungsfreiheit beeinflusst fühlen und anstatt der Coca-Cola vielleicht zu einem Sodawasser greifen. Diese Motivation, auf eingeschränkte Entscheidungsfreiheit zu reagieren, wird als Reaktanz bezeichnet.

Die Theorie der Reaktanz geht zurück auf Jack W. Brehm (1966) und fand Einklang in diversen wissenschaftlichen Studien, insbesondere im Rahmen des Konsumentenverhaltens. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es die Bedeutung der psychologischen Reaktanz im Marketing darzustellen, im Rahmen der Grenzen und Möglichkeiten von Marketingtechniken in der Kommunikations- und Distributionspolitik und insbesondere der Berücksichtigung von Reaktanzeffekten im Kundenbeziehungsmanagement. Hierzu wird zunächst ein grundlegender Überblick über die Theorie der psychologischen Reaktanz gegeben, in dessen Rahmen dargestellt wird, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Reaktanz entsteht und welche Effekte diese hervorruft. Im dritten Abschnitt wird dargelegt, wie Reaktanz in Marketingtechniken berücksichtigt wird, vor allem in der Kommunikations- und Distributionspolitik, wobei neuere Erkenntnisse bezüglich Empfehlungsprogramme dargelegt werden. Abschließend soll die Bedeutung von Reaktanz in Techniken des Kundenbeziehungsmanagement, insbesondere im Rahmen von Loyalitätsprogrammen eingeordnet werden, da die Kundenpflege verstärkt in den Fokus unternehmerischer Marketingaktivitäten getreten ist. Da diese oft nicht wie erwünscht vom Konsumenten angenommen werden, sollen Gründe unter reaktanztheoretischem Wissen erörtert werden (vgl. Uncles et al., 2003, S.294).

2. Reaktanztheorie

„The theory of psychological reactance outlines a set of motivational consequences that can be expected to occur whenever freedoms are threatened or lost“ (Brehm/Brehm, 1981, S.3f). Reaktanz entsteht demnach, wenn ein Individuum eine Bedrohung, Einschränkung oder Eliminierung seines Freiheitsspielraums wahrnimmt (vgl. Brehm, 1966, S.8). Das Individuum wird motivational erregt. Konsequenz dieser kognitiven Erregung ist es, dass das Individuum versucht seine Freiheit wiederherzustellen, weitere Freiheitsverluste abzuwenden oder der Bedrohung seines Freiheitsspielraumes Widerstand zu leisten (vgl. Brehm, 1966, S.8ff). Reaktanz ist also kein durch Erregung hervorgerufenes Verhalten oder Effekt, sondern die Motivation, den bedrohten, eingeschränkten oder bedrohten Freiheitsspielraum wiederherzustellen bzw. zu bewahren. Der Freiheitsbegriff bezieht sich sowohl auf Meinungs-, sowie Verhaltensfreiheit (vgl. Clee/Wicklund, 1980, S.390) und umfasst eine Reihe an Entscheidungsalternativen. Jedoch ist es nicht von Bedeutung, ob dem Individuum diese Alternativen tatsächlich zu Verfügung stehen oder ob sie generell als Wahlalternative in Betracht gezogen wurden, denn Brehm definiert Freiheit als Erwartung, bzw. Vertrauen in die Möglichkeit, sich auf bestimmte Weise zu verhalten (vgl. Brehm/Brehm, 1981, S. 35). Entscheidend ist die subjektive Erwartung des Freiheitsspielraums und dass dieser als persönlich wichtig eingeordnet wird (vgl. Kroeber-Riel et al., 2009, S.261).

2.1. Voraussetzungen für das Auftreten von Reaktanz

Aus der Definition können somit 3 Faktoren, die als Voraussetzung für erlebte Reaktanz definiert werden können, abgeleitet werden. Zuerst ist Reaktanz davon abhängig, ob die Person, die der Beeinflussung ausgesetzt ist, erwartet oder davon überzeugt ist einen Freiheitsspielraum zu besitzen, in der sie zwischen Alternativen wählen kann. Zweitens muss das Individuum die Bedrohung wahrnehmen, dass ihr Freiheitsspielraum eingeschränkt wird oder von ihm erwartete Handlungsalternativen eliminiert werden und schlussendlich muss der bedrohte Freiheitsspielraum als persönlich wichtig eingeschätzt werden (vgl. Brehm/Brehm, 1981, S.37ff).

2.2. Arten von Freiheitsbeeinflussung

Reaktanz kann durch verschiedene Arten von Freiheitsbeeinflussung hervorgerufen werden. Im Folgenden werden diese Arten näher beschrieben:

1. Bedrohung durch sozialen Einfluss: Diese Art der Beeinflussung liegt vor, wenn eine Person oder Institution versucht ein Individuum mit der Absicht zu beeinflussen ein bestimmtes Verhalten zu zeigen oder eine bestimmte Meinung anzunehmen (vgl. Clee/Wicklund, 1980, S.389). Beispielhaft genannt werden kann hier der Versuch von Stromvertretern, Haushalte in den eigenen Wänden zu einem Anbieterwechsel zu bewegen. „Opfer“ dieser Abwerbeversuche fühlen sich oft belästigt und entwickeln Reaktanz.

2. Umweltbedingte Barrieren: Das Individuum wird durch physische, äußerliche Zustände in seiner Freiheit eingeschränkt. Durch Hindernisse kann eine Handlungsalternative des Individuums nicht realisiert werden. Hierzu zählen u.a. zu große Distanzen, Anstrengungen, zu großer Zeitaufwand oder finanzielle Verluste. Quelle dieser Barrieren können Personen sein, aber auch nichtkontrollierbare äußere Zustände. Die Abgrenzung von zwischenmenschlichem Einfluss und Barrieren liegt darin, dass Barrieren kein Überzeugungsversuch zu Grunde liegt (vgl. Wicklund, 1974, S.6ff). Eine Barriere im Konsumtext ist beispielsweise eine zu große Distanz zu einer Verkaufsstätte, die den Erwerb eines bestimmten Produkts unmöglich macht.

3. Eigene Entscheidungen: Eine Person hat vor einer Entscheidung mehrere Handlungsalternativen zur Auswahl, eliminiert jedoch im Entscheidungsprozess selbst einige davon und schränkt somit eigenverschuldet seinen Freiheitsspielraum ein. Folglich entsteht im finalen Entscheidungsprozess Reaktanz bezüglich der ausscheidenden Entscheidungsalternativen und eine Umbewertung der Alternativen findet statt (vgl. Clee/Wicklund, 1980, S.389).

2.3. Reaktanzeffekte

Wie unter 2.1. festgestellt wurde, ist Reaktanz die Motivation eliminierte oder bedrohte Freiheit wiederherzustellen und sich Freiheit sowohl auf Verhaltensfreiheit als auch auf Meinungsfreiheit bezieht. Nun soll näher beschrieben werden, in welchem Rahmen Reaktanz erlebende Individuen auf diese reagieren und wie sie Reaktanz abbauen. Dabei können sich die Folgen der Reaktanz in Handlungsenergie und in negativen Emotionen, wie Ärger oder Wut manifestieren (vgl. Miron/Brehm, 2006, S.10).

Der erfolgreichste Weg Reaktanz abzubauen ist die direkte Wiederherstellung der Freiheit, indem die bedrohte oder eliminierte Verhaltensweise trotzdem durchgeführt bzw. favorisiert wird oder das Individuum die freiheitseinengende Situation verlässt (vgl. Brehm/Brehm, 1981, S.98ff). Sind soziale Einflüsse der Ursprung der Reaktanz, wird das Individuum mit gegensätzlichem Verhalten reagieren (vgl. Clee/Wicklund, 1980, S.390). Die Empfänger des Beeinflussungsversuch reagieren also mit einer Trotzreaktion, auch Bumerang- Effekt genannt (vgl. Kroeber-Riel et al, 2009, S.262). In vielen Fällen ist es jedoch nicht möglich eine direkte Freiheitswiederherstellung zu erreichen, aufgrund unwiderruflicher Eliminierung, wie beispielsweise ausverkauften Gütern, oder durch zu hohe Kosten, die durch die direkte Freiheitswiederherstellung anfallen könnten. Die Person gibt der empfunden Bedrohung/Eliminierung zunächst nach, kann aber auch in indirektem Verhalten zur Freiheitswiederherstellung Reaktanz abbauen (vgl. Brehm/Brehm, 1981, S.99ff). Das Individuum weicht auf eine Verhaltensweise aus, welches dem, der bedrohten Alternative am ähnlichsten ist oder reagiert in zukünftigen Situationen mit Beeinflussungsdruck umso stärker entgegengesetzt (vgl. Brehm, 1966, S.9ff).

Neben den oben beschriebenen Verhaltenseffekten kommt es bei Reaktanz zu kognitiven bzw. emotionalen Reaktionen, die sich in Ärger bis Aggressionen manifestieren, oder zu einer Abwertung der verlorenen Alternative führen können (vgl. Wierich, 2008, S.77). Diese psychischen Reaktionen können vor den Verhaltenseffekten auftreten oder auch parallel zu diesen ablaufen (vgl. Brehm/Brehm, 1981, S.109ff).

3. Konsequenzen für das Marketing

Nach dem Lesen der ersten Abschnitte dieser Arbeit lässt sich erahnen, welch großen Einfluss die Theorie der psychologischen Reaktanz bezüglich des Konsumentenverhaltens hat. Besonders durch das Einstellungsänderungspotenzial aufgrund erlebter Reaktanz muss diese Handlungsmotivation im Marketing, insbesondere in der Kommunikations- und Distributionspolitik berücksichtigt werden. Die Grenzen und Möglichkeiten unter Beachtung dieser beiden genannten Schwerpunkte werden nun näher dargestellt.

3.1. Kommunikationspolitik

Kommunikationspolitik beschreibt alle unternehmerischen Maßnahmen und Strategien um mittels Kommunikation der relevanten Zielgruppe die unternehmerische Leistung näher zu bringen. Der Fokus, dieses Abschnittes soll auf der Erscheinungsform der externen Kommunikation, im Besonderen der Werbung, liegen, die die marktgerichtete, vom Unternehmen initiierte Interaktion zwischen eben diesem und dem Kunden beschreibt (vgl. Bruhn, 2012, S.199f).

„Werbung wird definiert als versuchte Einstellungs- und Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunikationsmittel“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S.605). Werbung ist also die gezielte Beeinflussung des Konsumenten, insbesondere mit dem Ziel eine Attraktivitätssteigerung der eigenen Produkte zu erreichen. Somit ist essentiell für Unternehmen die Theorie der Reaktanz in der Konzeption von Werbung zu beachten. Ist der Beeinflussungsversuch zu offensichtlich, fühlt sich der Konsument in seinem Freiheitsspielraum eingeengt und erlebt Reaktanz.

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Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung psychologischer Reaktanz im Marketing
Hochschule
Universität Osnabrück  (Fachbereich Marketing)
Veranstaltung
Proseminar
Note
2,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
16
Katalognummer
V323405
ISBN (eBook)
9783668224179
ISBN (Buch)
9783668224186
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsumentenverhalten, Reaktanz, Psychologie, Werbung
Arbeit zitieren
René Zdebel (Autor:in), 2015, Die Bedeutung psychologischer Reaktanz im Marketing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323405

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