Übungsmöglichkeiten im Anfangsunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

20 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Geschichtlicher Überblick zum Thema „Üben“

2 Auffassungen vom Lernen
2.1 Entdeckendes Lernen
2.2 Rezeptives Lernen

3 Übungsformen verschiedener Autoren
3.1 Übungsformen nach Karl Odenbach
3.2 Übungsformen nach H. Winter
3.2.1 Zielorientiertes Üben
3.2.2 Merkmalorientiertes Üben
3.2.3 Anwendung- und Strukturorientiertes Üben
3.3 Übungsformen nach Abele und Kalmbach
3.3.1 Operatives Üben
3.3.2 Automatisierendes Üben
3.3.3 Spielerisches Üben

4 Übungsformen nach Lauter
4.1 Operatorisches Üben
4.1.1 Operation als Begriff
4.1.2 Operatives Prinzip
4.1.3 Konsequenzen für den Unterricht
4.1.4 Vorteile des operativen Übens
4.2 Vormechanisches Üben
4.3 Mechanisches Üben
4.4 Das Zehnminutenrechnen

5 Übungsschwerpunkte
5.1 Übungsschwerpunkte im 1. Schuljahr
5.2 Übungsschwerpunkte im zweiten Schuljahr

6 Übungsmöglichkeiten
6.1 Operatorische Übungsmöglichkeiten
6.2 Vormechanische Übungsmöglichkeiten
6.3 Mechanische Übungsmöglichkeiten
6.4 Übungsmöglichkeiten zum Zehnminutenrechnen

7 Weitere Übungen
7.1 Förderung von Wahrnehmungsleistungen
7.2 Förderung von Zahlbegriffsentwicklung und Zahlverständnis

8 Literaturverzeichnis

1 Geschichtlicher Überblick zum Thema „Üben“

Üben wird heutzutage als unverzichtbarer Bestandteil des Lernens angesehen, durch welchen bereits Erlerntes vertieft und besser verstanden werden kann. Dies war allerdings nicht immer der Fall! In der Geschichte änderte sich die Auffassung gegenüber der Notwendigkeit des Übens mehrmals.

Abele und Kalmbach schreiben dazu in ihrem „Handbuch zur Grundschulmathematik“ (Abele, A.; Kalmbach, H.; Handbuch zur Grundschulmathematik; Stuttgart 1994), dass noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts die „alte Schule“ vor allem durch ihre Klassengröße geprägt war. Klassen mit bis zu 80 Schülern waren keine Seltenheit. Dadurch stand insbesondere eine Mechanisierung der Übung im Vordergrund. Das Ziel war eine automatische Sicherheit auch Auswendiglernen oder Gedächtnisdrill genannt.

Dem entgegen setzten die Reformpädagogen die Erlebnispädagogik, d.h. eine Bewegung „vom Kinde aus“, wobei Aspekte wie der Arbeitsschulgedanke oder der Gesamtunterricht eine entscheidende Rolle einnahmen. Die Übung trat dabei allerdings in den Hintergrund.

Erst in den fünfziger Jahren wurde die Übung aufgrund zahlreicher Untersuchungen und durch Ergebnisse der Lernpsychologie als bedeutsam anerkannt.

Ab Schuljahresbeginn 1972 wurde die „Neue Mathematik“ verbindlich eingeführt, damit verbunden waren neue Unterrichtsinhalte welche das altbekannte Üben nahezu verdrängten, das Üben war zur „vergessenen Selbstverständlichkeit“ (Bärmann, F., Üben - eine vergessene Selbstverständlichkeit, Grundschule, 1981, S. 4 ff.) geworden.

Mit dem Lehrplan 1984 setzte eine Trendwende in Baden-Württemberg ein.

Sinnvolles Üben vermittelt Erfolgserlebnisse und bietet Ausdrucksmöglichkeiten für die verschiedenen Begabungen (vgl. BP, 1984, S. 14).

Im noch aktuellen Lehrplan von 1994 wird das Üben im Erziehungs- und Bildungsauftrag folgendermaßen beschrieben:

In allen Unterrichtsbereichen trägt Üben dazu bei, dass Gelerntes sich einprägen und auf neue Zusammenhänge übertragen werden kann. (BP, 1994, S. 13).

Eine weitere wichtige Definition stellt der Lehrplan im Hinblick auf das Übende und Entdeckende Lernen auf:

Sinnvolles Üben ist aber nie nur formal, sondern hat vertiefte Einsicht in Strukturen zum Ziel.

(BP, 1994, S. 24).

Mit dem Lehrplan 1984 wurde das Üben wieder als sinnvoller und wichtiger Bestandteil des Mathematikunterrichts anerkannt.

Lauter beschreibt die Mathematik sogar als das „Übungsfach par excellence“, da

…der sukzessive Aufbau der Mathematik, speziell der der Arithmetik, eine ständige Festigung der Grundlagen im elementaren Rechnen erfordert, andererseits darin, dass sich der Stoff des Mathematikunterrichts gut in Übungsformen aufbereiten lässt.

(Lauter, Josef, Fundament der Grundschulmathematik, Donauwörth 1997)

Weiter beschreibt Lauter, dass unter „Übung“ im Mathematikunterricht meist ein mechanisches Üben von Rechensätzen und –regeln verstanden wird. Diese nehmen zwar durchaus einen bedeutenden Platz im Mathematikunterricht ein, allerdings darf man sie nicht als einzige Übungsform anwenden. Daher sollen im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung einige Lern- und Übungsformen beschrieben werden.

2 Auffassungen vom Lernen

2.1 Entdeckendes Lernen

Josef Lauter ([1] Lauter, S.169 f.) beschreibt das entdeckende Lernen als „Hochform“ des schulischen Lernens. Er sagt, dass in dieser Lernform davon ausgehe, dass der Schüler sich selbstständig mit dem zu lernenden Inhalt auseinandersetzt und die Zusammenhänge, Regeln und Strukturen selbstständig erarbeite.

Aufgabe des Lehrers sei es, geeignete Lernsituationen bereitzustellen und durch sorgfältig geplante Lernhilfen, die Suche nach der richtigen Lösung zu lenken und zu beeinflussen.

Entdeckendes Lernen gehe davon aus, dass Erkenntnis unter stetiger Ausschaltung möglicher Irrwege gesucht und gefunden wird, dann aber „zum bleibenden Besitzstand des Individuums“ werde, weshalb ein ständiges Üben und Wiederholen unnötig und sinnlos sei.

Er nennt die Vorteile des entdeckenden Lernens:

- der Schüler wird befähigt, nicht nur spezielle Aufgaben, sondern eine ganze Klasse von Problemen zu lösen
- Anpassung an die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Schülers
- Geringere Abhängigkeit von äußeren Lernbedingungen
- Steigerung der Selbstsicherheit des Schülers
- Bestätigung seiner Tüchtigkeit
- Intellektuelle Befriedigung
- Intrinsische Motivation als Motor für Lernbereitschaft und Lernausdauer,

weist jedoch auch auf Kritikpunkte am entdeckenden Lernen hin:

- größerer Zeitaufwand und
- große Fehlerwahrscheinlichkeit und Verstärkung von Fehlern.

Lauter schreibt, dass die Effektivität des Lernens in hohem Maße von der Persönlichkeit des Schülers abhängig sei und somit nicht für alle Schüler gleich geeignet.

2.2 Rezeptives Lernen

Rezeptives Lernen besteht nach Lauter darin, „daß der Lehrer dem Schüler den gesamten oder fast den gesamten Lerninhalt einschließlich der Lösung anbietet und von diesem verlangt, das Wissen zu verstehen. Er sagt, dass die Aneignungsphase deutlicher von der Speicherungsphase getrennt sei und sich eine deutlichere und intensivere Phase der Speicherung ergäbe. Diese sei vor allem durch Übung geprägt. Ferner sei diese Form des Lernens durch größere Klarheit und Strukturierung des Lernguts geprägt

Als Vorteile rezeptiven Lernens sieht er:

- den weitaus geringeren Zeitaufwand (vor allem in Anbetracht der teilweisen Überfrachtung der Lehrpläne)
- schnellerer Lernerfolg und
- Selbstverstärkung durch schnelles Auftreten der gewünschten Reaktion.

Lauter weist darauf hin, dass rezeptives Lernen nicht mit sinnlosem mechanischen Lernen gleichzusetzen ist. Auch dieses müsse in sinnvollen Zusammenhängen gelernt werden.

Lauter nennt, aber bewertet nicht ersichtlich negativ (doch halte ich es für einen Nachteil), dass diese Form des Lernens:

- stark extrinsische Motivationsformen benötigt (auch in der Übungsphase).

3 Übungsformen verschiedener Autoren

In der fachdidaktischen Literatur wird der Begriff „Übung“ differenziert betrachtet, d.h. man versucht seine Erscheinungsformen zu erschließen. Dies geschieht durch die Benennung und Unterscheidung nach Übungsformen, welche allerdings nicht einheitlich gehandhabt werden.

In folgenden soll nun auf einige exemplarische Einteilungen der Übungsformen verschiedener Autoren Bezug genommen werden.

3.1 Übungsformen nach Karl Odenbach

Odenbach unterscheidet in mechanisierendes (zu monotones) und in variierendes Üben. Das Verständnis des mechanisierenden Übens orientiert sich stark am „mechanischen Üben“ nach Lauter (s. 4.2).Variierendes Üben bedeutet das Anknüpfen neuer Lerninhalte an bereits Bekanntem oder an Assoziationen. Variierendes Üben unterliegt dabei fünf Übungsgesetzen:

1. Das Üben unter Assoziationen fördert des bessere Verstehen und Behalten.
2. Üben und Lernen sollte strukturiert erfolgen, d.h. ein „roter Faden“ sollte erkennbar sein. Außerdem sollte man stets „vom Leichten zum Schweren“ übergehen und eventuell mittels „Eselbrücken“ für ein besseres Verständnis sorgen.
3. Üben hat auch die Voraussetzung der Übungsbereitschaft, d.h. der Schüler sollte durch didaktisch mathematische Lernspiele und/oder durch aktuellen Sachbezug motiviert sein bzw. werden.
4. Üben sollte Vielfältig angeboten werden, um den verschiedenen Lerntypen gerecht zu werden.
5. Üben sollte Handlungsorientiert sein, um auch dem haptischen Lerntyp gerecht zu werden.

3.2 Übungsformen nach H. Winter

3.2.1 Zielorientiertes Üben

Zielorientiertes Üben bedeutet, das Ziel muss vor der Übung klar sein und bezieht sich dabei auf drei Zielsetzungen:

1. Das Üben von Fertigkeiten, wie z.B. die Festigung der Algorithmen
2. Das Einschleifen von Wissen mittels Wiederholung bestimmter Informationen (siehe 4.2 „mechanisches Üben“)
3. Schulen von Fähigkeiten, z.B. durch Sachaufgaben mit Umweltbezug und Transfermöglichkeit

3.2.2 Merkmalorientiertes Üben

Merkmalorientiertes Üben bezieht sich auf vier Merkmale:

1. Die methodische Gestaltung des Unterrichts sollte an einem konkreten Problem orientiert sein. Üben erfolgt dabei unter unterschiedlichen Gesichtspunkten und Sichtweisen
2. Durch die Operativität sollen Einsichten und Zusammenhänge vertieft werden
3. Durch die Produktivität sollen die Schüler selbständig in der Lage sein Fragen zu stellen
4. Üben sollte eine Lebensorientierung besitzen und einen Nutzen für den Alltag bieten

3.2.3 Anwendung- und Strukturorientiertes Üben

Anwendung- und Strukturorientiertes Üben bezieht sich auf Anwendungen in anderen Kontexten. Außerdem sollten die Strukturen erkennbar sein (vgl. 3.2 Odenbach 2.).

3.3 Übungsformen nach Abele und Kalmbach

Abele und Kalmbach unterteilen in „Handbuch zur Grundschulmathematik“ auf S.178 ff. in drei Übungsformen, wobei sie die beiden ersten, operatives und automatisierendes Üben, als Grundformen des Übens ansehen:

3.3.1 Operatives Üben

Das operative Üben nach Abele und Kalmbach ist nahezu identisch mit dem Verständnis des „operatorischen Übens“ unter 4.1 nach Lauter. Daher wird an dieser Stelle mit Verweis auf folgende Erklärung unter 4.1 auf eine Darstellung verzichtet

[...]


[1] Lauter, Josef: Fundament der Grundschulmathematik: Pädagogisch-didaktische Aspekte des Mathematikunterrichts in der Grundschule. Donauwörth : Auer Verlag, 1997

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Übungsmöglichkeiten im Anfangsunterricht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Veranstaltung
Fachdidaktisches Hauptseminar
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V32332
ISBN (eBook)
9783638330800
ISBN (Buch)
9783638789653
Dateigröße
766 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschreibt verschiedene Übungsformen bekannter Autoren und gibt Übungsbeispiele.
Schlagworte
Anfangsunterricht, Fachdidaktisches, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Marc Häfner (Autor:in), 2004, Übungsmöglichkeiten im Anfangsunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32332

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