Gottfried Kellers "Pankraz der Schmoller"


Seminararbeit, 2004

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Figurenkonstellation
2.1.1. Pankraz
2.1.2. Familie
2.1.3. Menschen auf Pankraz Reiseweg
2.1.4. Kommandeur
2.1.5. Lydia
2.1.6. Soldaten
2.1.7. Einwohner Seldwylas
2.2. Darstellungsstil
2.2.1. Szenerie
2.2.2. Handlung
2.2.3. Figuren
2.2.4. Gedankliches
2.3. Die Bedeutung des Schmollens

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Pankraz der Schmoller ist die erste Erzählung in Kellers erstem Band der Novellensammlung „Die Leute von Seldwyla“. Die Novelle ist 1855 als die wahrscheinlich erste dieser Sammlung entstanden. Wie im Nachwort zu lesen ist, knüpft die Erzählung an eine Thematik der ersten Vorrede an und behandelt eine typisch seldwylerische Eigenheit. Ein junger Mann geht in den fremden Kriegsdienst, um dort zu lernen, was er in der Heimat nicht zu lernen im Stande war.

In den folgenden Ausführungen zu diesem Werk versuche ich vor allem mittels der Analyse der Figurenkonstellation und des Darstellungsstils die zentralen Themen der Novelle heraus zu arbeiten. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, wie das Zusammenleben und die Interaktion von Menschen aus verschiedenen sozialen und kulturellen Schichten in der Novelle dargestellt werden. Dazu soll auch auf verschiedene Darstellungsmittel, wie z. Bsp. die Symbolik eingegangen werden. Es sollen dabei auch die Aspekte des menschlichen Zusammenlebens, wie Aggression, Liebe und Hass, die in der Erzählung vorkommen, untersucht werden. Schlussendlich soll bewiesen werden, dass die Darstellung der Figuren, sowie deren Charakterzüge und Verhaltensweisen eine direkte Verbindung zu den Essgewohnheiten der Protagonisten aufweisen. Dabei wird auch auf die Frage eingegangen, welche Rolle das bereits im Titel verwendete Schmollen der Hauptfigur spielt.

Schon beim ersten Lesen fällt auf, dass die Schilderung des Essens sehr häufig in der Novelle vorkommt.

Es stellt sich also die Frage, ob und wenn ja, welche Bedeutung dies für die Darstellung des menschlichen Miteinanders und der zwischenmenschlichen Beziehungen hat. Dies herauszufinden soll das Ziel der folgenden Ausführungen sein.

2. Hauptteil

2.1. Figurenkonstellation

2.1.1. Pankraz

Die Hauptfigur der Novelle „Pankraz der Schmoller“ ist ein seldwyler Junge namens Pankraz. Der Name stammt aus dem griechischen und bedeutet soviel, wie der alles Beherrschende. Zu Beginn der Erzählung war er 14 Jahre alt und wird vom Erzähler ausführlich beschrieben. „ Der Sohn war ein unansehnlicher Knabe von vierzehn Jahren, mit grauen Augen und ernsthaften Gesichtszügen, welcher des Morgens lang im Bette lag“[1]

Aus dem Text geht hervor, dass Pankraz den ganzen Tag über nichts arbeitete oder lernte und der Familie nicht bei der Beschaffung von Nahrungsmitteln half. Seine wichtigste Beschäftigung war es jeden Tag den Sonnenuntergang zu sehen. Dies wird zur Verdeutlichung mit dem Mittag an der Börse verglichen, der für die Geschäftleute den Höhepunkt eines jeden Tages darstellte. Den Rest des Tages verbrachte der Junge mit Träumereien. Es wird aufgezeigt, dass er eine sehr ausgeprägte Phantasie besitzt.

Dann und wann, jedoch nur selten, beschrieb er ein Blatt Papier mit seltsamen Listen und Zahlen, welches er dann zu einem kleinen Bündel legte, das durch ein Endchen alte Goldtresse zusammengehalten wurde. In diesem Bündelchen stak hauptsächlich ein kleines Heft aus einem zusammengefalteten Bogen Goldpapier gefertigt, dessen weiße Rückseite mit allerlei Linien, Figuren und aufgereihten Punkten, dazwischen Rauchwolken und fliegende Bomben, gefüllt und beschrieben waren.[2]

Im oben genannten Zitat werden einerseits die Träumereien und Phantasien Pankraz deutlich und andererseits wird auch sein Hang zur Aggressivität aufgezeigt, dies wird durch Bomben symbolisiert, die er auf ein Blatt Papier malt. „Im Übrigen war es ein eigensinniger und zum Schmollen geneigter Junge, welcher nie lachte und auf Gottes lieber Welt nichts tat noch lernte.“[3]

Pankraz lebte zu Beginn der Novelle zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester Esther.

2.1.2. Familie

Pankraz Vater ist zu dem Zeitpunkt als die Novelle beginnt schon tot. Über sein Leben erfährt der Leser nicht viel, außer dass ihn das typische Schicksal der Seldwyler ereilte. „Als seine Glanzzeit vorübergegangen war und er der Sitte gemäß abtreten musste von dem Schauplatze der Taten“[4] Schon hier haben wir ein Indiz dafür, dass es sich bei der hier behandelten Familie um typische Seldwyler handelt.

Pankraz Mutter ist dafür da die Kinder zu ernähren. Zum Mittag kochte die Mutter jeden Tag „einen dicken Kartoffelbrei, über welchen sie eine fette Milch oder eine Brühe von schöner brauner Butter goß.“[5] Da es diesen Brei jeden Mittag gab, lässt sich daraus schließen, dass die Familie sehr arm ist und sich nichts Besseres zu essen leisten kann. Die Kartoffel, die das Grundnahrungsmittel schlechthin darstellt, muss der Familie als einzige Nahrung dienen. Die Familie lebte von dem Kartoffelacker, den der Mann zusammen mit dem Häuschen und den Kindern der Mutter hinterlassen hatte.

Die Mutter begünstigte den Sohn in seinem Verhalten und seinem Wesen. Dies geschah aber nicht aus Stolz oder anderen natürlichen Gründen sondern nur daraus, „weil sie Erbarmen mit ihm hatte“[6] Sie hatte also Mitleid mit ihrem Sohn, da sie ahnte, dass aus ihm nichts werden könne und sie befürchtete, dass ihn ein ähnliches Schicksal wie seinen Vater und die meisten anderen Seldwylern ereilen würde.

Die Mutter war unzufrieden, da sie für ihre Kinder wollte, dass sie entweder mehr zu Essen bekämen, oder mehr Verstand, am besten aber beides zusammen. Daraus lässt sich schließen, dass sie um die Zukunft der Kinder besorgt war und ihnen gerne mehr geboten hätte, als Kartoffeln und Milch. Wobei die Milch hier auch einen symbolischen Wert hat. Milch ist das erste Nahrungsmittel, das ein Säugling von seiner Mutter erhält. Dieses Nahrungsmittel diente der Familie, auch als die Kinder schon größer waren, immer noch als eines der Wichtigsten. Es kann also gesagt werden, dass die Milch auch für die Abhängigkeit der Kinder ihrer Mutter gegenüber steht. „Die Kinder plagten ihre Mutter um besseres und reichlicheres Essen; denn sie hielten sie in ihrem Unverstande für mächtig genug dazu, weil sie ihr Ein und Alles, ihr einziger Schutz und ihre einzige Oberbehörde war.“[7] Das Zitat zeigt, dass die Kinder die Nahrungsbeschaffung als Zeichen von Macht ansehen und ihrer Meinung nach die Mutter in der Lage ist, diese Macht auszuüben. Die Mutter diente den Kindern als einziger Schutz und war gleichzeitig auch ihr einziger Vorgesetzter. Wenn die Kinder sich ums Essen stritten, gab die Mutter ihnen von ihrem Teil der Brühe etwas ab und zeigte so, dass sie ihre Kinder liebte und das Wenige, das ihr für sich selbst blieb noch mit den Kindern teilte.

Esther, die kleine Schwester von Pankraz war zum Beginn der Novelle 12 Jahre alt. Sie wird beschrieben als „ein bildschönes Kind mit langem und dickem braunem Haar, großen braunen Augen und der allerweißesten Hautfarbe.“[8] Schon im Aussehen sind demnach große Unterschiede zwischen den beiden Kindern zu erkennen. Im Gegensatz zu Pankraz musste Esther den ganzen Tag am Spinnrad sitzen, um mitzuhelfen die Familie und vor allem den Bruder zu ernähren. Den Bruder störte es nicht, dass er nichts für den Erhalt der Familie tat. Im Gegenteil, er „gebärdete sich wie ein kleiner Indianer, der die Weiber für sich arbeiten läßt, und auch seine Schwester empfand hievon keinen Verdruß und glaubte, das müsse so sein.“[9] Es wird zwar hier gesagt, dass die Schwester es als normal ansah, für den Bruder zu arbeiten, jedoch finden wir auch Anzeichen dafür, dass sie den Lebensstil des Bruders nicht für richtig befand und sich ungerecht behandelt fühlte. Es kommt dies vor allem bei der Einnahme der täglichen Mahlzeiten zum Ausdruck, bei denen sie sich mit „List oder Gewalt“[10] an ihrem Bruder rächte. Ihr gelang es dabei immer wieder, Pankraz etwas von seiner Brühe zu stehlen. Auch Pankraz versuchte, der Schwester das Essen streitig zu machen, jedoch gelang es ihm nicht. Dies zeigt auch, dass Esther intelligenter und gewandter als Pankraz war.

Zum Verhältnis der Mutter zu den Kindern wird nicht viel gesagt. Wir erfahren aber, dass Pankraz zumindest in seinen Jugendjahren kein herzliches Verhältnis zu seiner Mutter hatte, „Denn noch ehe das Bürschchen 7 Jahre alt geworden war, hatte es schon angefangen sich ihren Liebkosungen zu entziehen“[11]

Die Beziehung der Geschwister untereinander beschränkte sich zu Beginn des Buches auf den täglichen Kampf ums Essen. Man kann hier also nicht von einer innigen Geschwisterliebe sprechen.

Dies wird auch deutlich, wenn Keller den Grund angibt, warum Esther als Pankraz verschwunden war bei ihrer Mutter blieb. Ein Grund war Kindestreue, aber ein anderer nicht weniger Wichtiger war es darauf zu warten, dass Pankraz zurück käme und es etwas zum Auslachen für die Schwester gäbe. Nicht Sehnsucht nach dem Bruder war also ausschlaggebend, sondern reine Neugierde und Schadenfreude.

Erst nachdem Pankraz verschwunden war, wird deutlich, dass die Mutter, aber ebenso die Schwester, Pankraz vermissten. Explizit ausgedrückt wird dies im Buch in der Äußerung „wie lang wird nicht eine Woche, ja nur ein Tag, wenn man nicht weiß, wo diejenigen, die man liebt jetzt, stehn und gehen,“[12]

Während Pankraz Abwesenheit wird jedoch auch deutlich, wie Schwester und Mutter über ihn dachten und was sie von ihm hielten. An einem Sonntag Nachmittag geschah auf dem Platze vor dem Häuschen der Familie allerlei Seltsames. Unter anderem erschienen ein Kamel, das von mehreren Affen besetzt wurde und ein großer, böser Bär. Die Mutter hatte Erbarmen mit dem Bär und brachte ihn somit in Verbindung mit Pankraz und auch die Schwester musste beim Anblick der seltsamen Tiere an ihren verschollenen Bruder denken. Dies zeigt, dass sie Pankraz weniger als Mensch als ein wildes Tier betrachten. Er scheint für sie dieselben Eigenschaften zu haben, wie ein Geschöpf aus der Tierwelt. Wiederum wird aber auch die Beziehung zum Essen hergestellt, denn Mutter und Tochter lebten in Abwesenheit Pankraz sorgenlos und sogar mit ein wenig Wohlstand, da sie ja mit Pankraz einen Esser weniger hatten. Der Wohlstand der Familie wird also daran festgemacht, wie viel Nahrungsmittel der Familie zur Verfügung standen. Hier wird auch deutlich, dass die Familie keinen anderen Luxus kannte, als den sich satt essen zu können.

Erst als Pankraz als ein gemachter Mann mit Rang und Namen zurückkehrte, änderte sich die Beziehung zwischen den Familienmitgliedern. Seine Freundlichkeit und sein Anstand verblüfften Schwester und Mutter. „Hatte die Mutter erst vor dem martialischem und vermeintlich immer noch bösen Sohne gezittert, so zitterte sie jetzt erst recht in scheuer Seligkeit, da sie sich in den Armen des wiedergekehrten Sohnes fühlte.“[13]

Auch Esther dachte nicht daran, Pankraz, wie sie es so lange geplant hatte, auszulachen. Im Gegenteil, sie begann zu weinen. Dies zeigt, dass die Schwester schon nach der kurzen Anwesenheit ihres Bruders Achtung vor ihm gewonnen hatte.

[...]


[1] Gottfried Keller: Pankraz der Schmoller. In: Derselbe: Die Leute von Seldwyla Erzählungen. Hrsg. von Bernd Neumann. Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co. 1993 S.12

[2] Ebd. S.12

[3] Ebd. S.12

[4] ebd. S. 11

[5] ebd. S. 13

[6] ebd. S. 13

[7] ebd. S. 11

[8] ebd. S.12

[9] ebd. S. 13

[10] ebd. S. 13

[11] ebd. S. 20

[12] ebd. S. 15

[13] ebd. S. 20

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Gottfried Kellers "Pankraz der Schmoller"
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für germanistische Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
PS Realismus
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V32327
ISBN (eBook)
9783638330756
ISBN (Buch)
9783638651851
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gottfried, Kellers, Pankraz, Schmoller, Realismus
Arbeit zitieren
Marika Ziron (Autor:in), 2004, Gottfried Kellers "Pankraz der Schmoller", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32327

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