Ökonomische Analyse der Schulbildung in Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ziele und Aufgaben der Schulbildung
2.1 Sozialisation
2.2 Ausbildung von Fähigkeiten & Fertigkeiten
2.3 Kompetenzerwerb zur Vorbereitung auf eine berufliche und gesellschaftliche Stellung

3. Volkswirtschaftliche Bedeutung von Schulbildung

4. Marktwirtschaftliche vs. staatliche Bereitstellung

5 Fazit

6. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grobdarstellung des deutschen Bildungssystems

Abbildung 2: Wohlwollende Eltern als Agenten für ihr schulpflichtiges Kind (hohe Schulbildungspräferenz, neutraler Fall)

Abbildung 3: Nichtwollende Eltern als Agenten für ihr schulpflichtiges Kind (Schulpflicht als Minderjährigenschutz vor Unwissenheit, Fall der Wohlfahrtsmehrung)

Abbildung 4: Wohlwollende Eltern als Agenten für ihr schulpflichtiges Kind (niedrige Schulbildungspräferenz, Fall der Wohlfahrtsminderung)

1. Einleitung

Schulbildung ist einzuordnen in den Bereich öffentlicher Güter, aufgrund bildungsbedingter externer Effekte, ist es die Aufgabe des Staates die quantitative und qualitative Ausstattung der Bevölkerung mit Bildung bereitzustellen.

Dies ist zumindest die überwiegend politische Argumentation in der Debatte um die Bedeutung der Schulbildung. Wie aber verhält es sich wirklich? Handelt es sich bei der Schulbildung tatsächlich um ein öffentliches Gut? Gehen von im wirklich externe Effekte aus, die sich eine Gesellschaft zu Nutze machen muss? Brauchen wir mehr oder weniger Staat im Bildungssystem? Oder kann das Bildungssystem auch ohne staatliche Intervention funktionieren?

Diese Fragen sollen im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass im Kern die Betrachtung der ökonomischen Argumentationen für ein staatliches Bildungssystem im Vordergrund stehen.

Im Verlauf der Arbeit sollen mit dem ersten Teil die Ziele und Aufgaben von Schulbildung erläutert werden. Hierbei stehen nicht nur vordergründig ökonomische Angelegenheiten im Fokus, sondern auch gesellschaftliche und soziale, um eine über wirtschaftliche Belange hinaus gehende Diskussionsbasis zu schaffen.

Im zweiten Teil der Arbeit wird die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schulbildung aufgezeigt. Hierbei wird eine Unterteilung in mikro- und makroökonomische Faktoren unternommen, um nicht in eine zu globale Betrachtungsweise zu verfallen. Im Laufe dieses Abschnitts wird, anhand der Theorie der Kollektivgüter, der These vom öffentlichen Gut nachgegangen.

Mit den gewonnen Erkenntnissen aus den ersten beiden Teilen wird im Folgenden den tatsächlichen Gründen für die öffentliche Bereitstellung von Bildungsleistungen nachgegangen. Hierbei werden sowohl externe Effekte, als auch Wohlfahrtseffekte der Schulbildung untersucht.

Im Anschluss wird ein Fazit Auskunft über mögliche Entwicklungen geben.

2. Ziele und Aufgaben der Schulbildung

Zur Vorbereitung einer Analyse der Schulbildung aus volkswirtschaftlicher Sicht, ist es sinnvoll die Ziele und Aufgaben der Schulbildung auch aus Sicht der Gesellschaft und der Individuen zu durchleuchten. Dies ist deshalb unumgänglich, da Ergebnisse dieser Arbeit nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern immer auch im Kanon von Gesellschaft und Staat. Auch kann eine rein ökonomische Betrachtung dazu verführen den Blick vom wesentlichen abzulenken, und weiterhin Wichtiges außer Acht zu lassen.

Aus diesem Grund sollen Anfangs die Ziele und Aufgaben der Schulbildung in allgemeiner Form Beachtung finden. Diese lassen sich in drei Kernaufgaben und –ziele katalogisieren:

1. der Sozialisation,
2. der Ausbildung von Fähigkeiten & Fertigkeiten,
3. sowie dem Kompetenzerwerb zur Vorbereitung auf eine berufliche und gesellschaftliche Stellung.[1]

2.1 Sozialisation

„Mit Sozialisation werden jene sozialen Prozesse bezeichnet, durch welche der Mensch die Normen, Werte, Regeln, Einstellungen, Denk- und Verhaltensmuster der Gruppe und Gesellschaft kennen- und übernehmen lernt, in die er hineingeboren wurde.“[2]

In Addition mit der politischen Sozialisation, hat die allgemeine Sozialisation die zentrale Aufgabe der Integration der Individuen in das Gemeinwesen und die Herstellung ihrer demokratischen Handlungsfähigkeit.[3]

Zentrale Sozialisationsinstanzen sind hierbei neben dem Elternhaus und der Familie, auch Kindergärten, Schulen und Freunde, aber auch Medien und andere Instanzen, die den Entwicklungsprozess begleiten.[4]

Die Sozialisation von Individuen ist niemals ein abgeschlossener Prozess sondern immer eine fortlaufende Entwicklung, obwohl sie besonders im Kindesalter außerordentlich prägend und intensiv ist. Auch deshalb kann die Sozialisation als Teil der Bildung, welche auch vom Schulsystem mit übernommen wird, nicht nur auf dieses beschränkt werden. „It’s clearly absurd to limit the term ,education’ to a person’s formal Schooling. He is learning all the time.”[5] „Bildung erfährt schon das Kleinkind in der Familie, indem es beispielsweise die Sprache oder soziale Verhaltensweisen lernt.“[6]

Die Sozialisation lässt sich im Kern in zwei Phasen einteilen: der primären und der sekundären Sozialisation. Die primäre Sozialisation verläuft in den frühen Lebensjahren mit der Weichenstellung für die weitere soziokulturelle Entwicklung des Individuums. Dem Prozess Soziabilisierung, also der Entwicklung von Fähigkeiten zum Überleben überhaupt, folgt in der sekundären Sozialisationsphase die Enkulturation (Vermittlung kultureller Wertmuster). In der ersten Sozialisationsphase wird das Individuum nur auf gesellschaftliche Rollen eingestimmt, wohingegen es in der sekundären Sozialisationsphase mit diesen Vertraut wird. Im Verlauf dieses Entwicklungsabschnitts wird der Umgang mit gesellschaftlichen Rollen und Leistungsanforderungen erlernt.[7]

Insgesamt verbindet die Sozialisation die Persönlichkeitsbildung, die Vermittlung gesamtgesellschaftlich bedeutenden Einstellungen und Fähigkeiten.[8] Auch wenn man unter Umständen dazu neigt die Sozialisation vorwiegend im familiären Bereich anzusiedeln, darf die Bedeutung der Schule hierbei nicht verkannt werden, besonders unter der Prämisse einer immer stärkeren Auflösung von familiären Bindungen. „Die Schule bestimmt den Alltag von Kindern und Jugendlichen zu erheblichen Anteilen und sorgt damit für gesellschaftliche […]“[9] Integrationsprozesse.

2.2 Ausbildung von Fähigkeiten & Fertigkeiten

Definiert auf den kleinsten Nenner, sind Schulen die Reproduktion kultureller Systeme, welche in der Regel charakterisiert sind als die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten. Diese reichen von der Beherrschung grundlegender Basiselemente, wie etwa Sprache oder Schrift, bis zum Erwerb spezifischer Berufsqualifikationen.[10]

Diese „[…] Basiskulturtechniken […]“[11] sind für das spätere Leben eine unentbehrliche Vorraussetzung und sollen schon in der frühen Lebensphase eines Kindes vermittelt werden.[12] Daher soll jedes Kind mit Abschluss der Grundschule

- „ […] lesen, schreiben und rechnen können,
- mit dem Erlernen einer Fremdsprache begonnen haben,
- erste Schritte zum Umgang mit den modernen Informations- und Kommunikations-Technologien zurückgelegt haben […]“ und
- „[…] über eine musisch-künstlerische und sportliche Grundausbildung verfügen […]“[13].

Diese Basiselemente der Bildung werden benötigt, um im zukünftigen Entwicklungsprozess das Erlernen weiterer Disziplinen zu ermöglichen.[14] Zudem müssen die noch brachliegenden Fähigkeiten des Kindes geweckt werden. „The need for formal instruction stems from the fact that child`s faculties are undeveloped and only potential, and that they need experience in order to develop.“[15]

2.3 Kompetenzerwerb zur Vorbereitung auf eine berufliche und gesellschaftliche Stellung

„Das allgemeinbildende Schulwesen gilt […]“ als Kern- und Schlüsselbereich des Bildungswesens und „[…] ist von strategischer Bedeutung für die anschließende Bildungs- und Berufskarriere […].“[16] Die Bedeutung ist somit nicht nur auf die spätere berufliche Stellung beschränkt, sondern wirkt sich gleichfalls auf die gesellschaftliche aus.

Abbildung 1: Grobdarstellung des deutschen Bildungssystems

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Hilfe dieser Abbildung sollen vor allem zwei Dinge verdeutlicht werden, zum einen die vielfältigen Bildungswege bis zum Berufsleben,

zum anderen aber auch die damit verbundenen unterschiedlichen sozialen Entwicklungen.

Die Grafik zeigt die in Deutschland stark aufgefächerten Bildungswege, welche sich in Bezug auf die gesellschaftliche und soziale Stellung ihrer Teilnehmer, deutlich auswirken. Dies ist zum einen damit verbunden, dass Schule nicht nur Bildungseinrichtung, sondern auch Ort sozialer Begegnung ist. Daher werden die Kinder und Jugendlichen nicht nur von ihren Lehrern, sondern auch von ihren Mitschülern sozialisiert und so auf ihre spätere Entwicklung und gesellschaftliche Rolle eingestimmt. Das jeweilige Umfeld der Schulform beeinflusst auch die gesellschaftliche Positionierung und Stellung des Betroffenen. Dies wir daran deutlich, dass Eltern in der Regel für ihr Kind die höchst mögliche Bildungsebene auswählen, unabhängig von der pädagogischen Empfehlung.[17] Dabei sind verschiedene gesellschaftliche Schichten (Akademiker, Beamten usw.) besonders aktiv, was häufig auch dazu führt, das bestimmte Schichten auf einer Schulform über- bzw. unterproportional repräsentiert sind.[18] Für manche Schichten stellt die Schule die einzige Möglichkeit zum sozialen Aufstieg dar.[19] Diese Teilhabe wird jedoch nicht immer optimal gewährleistet, was dazu führen kann, das bestimmte Schichten in ihren Milieus verbleiben. Dies zeigt sich häufig auch an der Schnittstelle von Bildungs- und Migrationspolitik, bei der die Schule zusätzlich eine gesellschaftliche Integrationsfunktion einnimmt.[20]

Der Primärbereich soll auf den Sekundarbereich vorbereiten,[21] ebenso soll dieser auf den Tertiärbereich vorbereiten. Am Ende jeder Stufe stehen aber zum Teil unterschiedliche Bildungsabschlüsse und Weiterbildungsmöglichkeiten. Dies führt zum einerseits dazu, dass die Schüler auf der jeweiligen Schulform, in Gruppen unterschiedlicher intellektueller Fähigkeiten und sozialer Stellung integriert werden, und andererseits auch vollkommen unterschiedliche Bildungsoptionen wahrnehmen, welche ihre berufliche Orientierung mit bestimmen.

[...]


[1] Vgl: Mickel, Wolfgang: Bildungspolitik; S. 32; In: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik; München; 2002; S. 32-35.

[2] Wasmuth, Ulrike: Politische Sozialisation; S. 395; In: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik; München; 2002; S. 395-396.

[3] Vgl: Wewer, Göttrik: Demokratie, Demokratisierung; S. 122; In: Schäfers, Bernhard und Wolfgang Zapf: Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands; Bonn; 2001; S. 115-126.

[4] Vgl: Ebenda.

[5] Rothbard, Murray: Education –Free & Compulsory-; Auburn; 1999; S. 2; Künftig zitiert: Rothbard – Education.

[6] Statistisches Bundesamt: Datenreport 2002; Bonn; 2002; S. 55; Künftig zitiert: Statistisches Bundesamt – Datenreport 2002.

[7] Vgl: Kevenhörster, Paul: Politikwissenschaft – Band 1: Entscheidungen und Strukturen der Politik; München; 1997; S. 60.

[8] Vgl: Gukenbiehl, Hermann: Bildung und Bildungssystem; S. 90; In: Schäfers, Bernhard und Wolfgang Zapf: Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands; Bonn; 2001; S. 89-103; Künftig zitiert: Gukenbiehl – Bildung und Bildungssystem.

[9] Faulstich-Wieland, Hannelore: Sozialisation in Schule und Unterricht; Neuwied; 2002; S. 11.

[10] Vgl: Fend, Helmut: Theorie der Schule; München; 1981; S. 15; Künftig zitiert: Fend – Theorie der Schule.

[11] Bohr, Kurt und Rüdiger Pernice: Absturz in die zweite Liga? Plädoyer für einen Kurswechsel in der deutschen Bildungspolitik; Baden-Baden; 2002; S. 56; Künftig zitiert: Bohr – Absturz in die zweite Liga?

[12] Vgl: Ebenda.

[13] Ebenda.

[14] Vgl: Rothbard – Education; S. 4.

[15] Ebenda; S. 3.

[16] Gukenbiehl – Bildung und Bildungssystem; S. 92.

[17] Vgl: Ebenda; S. 72f.

[18] Vgl: Fend – Theorie der Schule; S. 38.

[19] Vgl: Ebenda; S. 39.

[20] Vgl: Rürup, Bert und Werner Sesselmeier: Wirtschafts- und Arbeitswelt; S. 280f; In: Korte, Karl-Rudolf und Werner Weidenfeld: Deutschland Trendbuch – Fakten und Orientierungen; Bonn; 2001; S. 247-288.

[21] Vgl: Bohr – Absturz in die zweite Liga? S. 56.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Ökonomische Analyse der Schulbildung in Deutschland
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Finanzwissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
27
Katalognummer
V32285
ISBN (eBook)
9783638330435
ISBN (Buch)
9783638651424
Dateigröße
556 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ökonomische Analyse der Schulbildung in Deutschland Das Wesen der Schulbildung aus dem Blickwinkel der Volkswirtschaftslehre
Schlagworte
Analyse, Schulbildung, Deutschland
Arbeit zitieren
M.A. Eike Senger (Autor:in), 2004, Ökonomische Analyse der Schulbildung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32285

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