Martin Luther. Wie der junge Mönch und Professor zum Reformator wird


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 1,5

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Biografisches
2.1 Kindheit
2.2 Jugend
2.3 Studium
2.4 Die Zeit im Kloster
2.5 Die reformatorische Wende

3. Die Kritik am Ablasshandel
3.1 Grundlegendes zum Ablasshandel
3.2 Der Ablasshandel des Albrecht von Brandenburg
3.3 Luther tritt in Kontakt mit dem Ablass
3.4 Die 95 Thesen

4. Fazit

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Kaum eine andere Einzelperson dürfte die frühe Neuzeit so maßgeblich beeinflusst haben wie Martin Luther. Durch seinen zur Legende gewordenen Anschlag der 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche am 31. Oktober 1517 -wenn auch bis heute noch nicht endgültig geklärt ist, ob diese Tat überhaupt stattfand- markierte er den Beginn der Abspaltung der Evangelischen Kirche. Deshalb wird alljährlich am 31. Oktober in vielen Bundesländern der Reformationstag gefeiert, welcher sich 2017 zum 500. Mal jährt.

Luther legte damit den Grundstein für eine Reihe von Auseinandersetzungen. Als Beispiele seien an dieser Stelle die Bekanntesten, wie die Bauernkriege zwischen 1524 und 1526, der Schmalkaldische Krieg 1546-15471 sowie der Dreißigjährige Krieg zwischen 1618 und 1648 zu nennen.2 Aufgrund dieses immensen Einflusses auf die Zukunft Europas bleibt Martin Luther bis heute eine omnipräsente sowie viel diskutierte Persönlichkeit und bildet die Symbolfigur der Reformation. Ungebrochen scheint das Interesse an Martin Luther in Filmen, Bücher, Bildern, ja sogar in der Musik zu sein. Doch wie konnte es sein, dass ausgerechnet jener Wittenberger die gesamte katholische Kirche so in ihren Grundfesten erschüttern konnte?

Mit dieser Frage soll sich die folgende Arbeit beschäftigen: Wie wurde aus dem jungen Mönch und Professor der lautstarke Kritiker der Ablasspraxis und welche Gründe für diese Entwicklung lagen bereits in seiner Jugendzeit? Weiter wird hierzu der Frage nachgegangen, welche Mängel Martin Luther überhaupt am Ablasshandel sah, die ihn dazu bewegten, seine 95 Thesen zu verfassen.

Es haben sich bereits unzählige Werke auf mehr oder weniger wissenschaftliche Weise mit Luthers Biografie beschäftigt. Jedoch unternimmt keines dieser Werke, nach meiner Kenntnis, bisher den Versuch, Luthers biografische Entwicklung bis zu seiner Zeit als Universitätsprofessor unter dem Gesichtspunkt seiner späteren Kritik am Ablasshandel zu untersuchen. Einzig Otto Scheel stellt hier mit „Die Entwicklung Luthers bis zum Abschluss der Vorlesung über den Römerbrief“ aus dem Jahre 1910 eine erfreuliche Ausnahme dar, die allerdings aufgrund des hohen Alters wohl kaum als geeignet betrachtet werden kann. An exakt dieser Stelle soll diese Arbeit, die nach meinen Recherchen bisher also ein Forschungsdesiderat darstellt, somit nun ansetzen.

Bei meinen Recherchen taten sich Schilling mit seinem Werk „Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs“ (2014), Leppin mit „Martin Luther“ (2010) und Schorn-Schütte mit „Die Reformation: Vorgeschichte, Verlauf, Wirkung“ (2011) hervor, da diese ausführlich auf die Anfangsjahre Martin Luthers sowie auf seine Kritik am Ablasshandel eingehen und sehr verständlich geschrieben sind. Weiter stütze ich mich vor allem auf die Werke „Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel“(1982) von Obermann, „Martin Luther. Eine Einführung in sein Leben und Werk“ (1997) von Lohse und „Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang“ (1995), welches ebenfalls von Lohse verfasst wurde. In der Thematik zu Luthers Ablasshandel erweist sich dabei besonders das letzte Werk als hilfreich, da Lohse die 95 Thesen dort ausführlich thematisiert. Allerdings bleibt bei den Werken von Obermann und Lohse ein fader Beigeschmack, denn aufgrund ihres mittleren Alters sind sie wohl nicht mehr auf dem aktuellen Forschungsstand, auch haben sie einige fragwürdige Interpretationen zu Luthers Leben zu bieten und sind an einigen Stellen schwer verständlich.

Zu Beginn der Arbeit werden die biografischen Aspekte von Luthers Leben beleuchtet. Dabei werde ich mich zunächst mit Luthers Kindheit auseinandersetzen, um dann gleichsam auf seine Jugend- sowie Studienzeit einzugehen. Weiter wird von Luthers Gewittererlebnis berichtet, woran sich Luthers Weg ins Kloster anschließt. Abgeschlossen wird der biografische Überblick Luthers mit seinem Studium der Theologie und der sich daran anknüpfenden Professur in Wittenberg.

Im nächsten Abschnitt soll zuerst einmal geklärt werden, was der Ablasshandel überhaupt ist, wobei die Ablasspraxis des Albrecht von Brandenburg näher erläutert wird. Zudem beschäftigt sich der Abschnitt mit der eingehenden Frage, wie Luther auf den Ablasshandel in seinem Gebiet allgemein und damit auch auf die Person Tetzel aufmerksam wurde. Abgeschlossen wird mit der Frage, welche Mängel Luther an der Ablasspraxis sah und wie er schließlich in Form seiner 95 Thesen Kritik an dieser bewährten Kirchenpraxis übte.

Im Schlussteil werde ich die Erkenntnisse im Rahmen meiner eigenen Stellungnahme aufgreifen, indem ich die Frage kläre, worin die genauen Ursachen lagen, dass sich ausgerechnet Martin Luther zu jenem Kirchenkritiker entwickelte und was ihn zur Abfassung seiner 95 Thesen bewegte.

2. Biografisches

2.1 Kindheit

Martin Luther wurde am 10. November 1483 in der heutigen „Lutherstadt“ Eisleben geboren und am 11. November auf den Namen des Tagesheiligen getauft.3 Martin Luthers Eltern hießen ursprünglich Luder. Erst später, im Zuge seiner theologischen Entwicklungen, ließ Martin jedoch seinen Namen in Luther ändern. Das aus dem Griechischen stammende Wort lässt sich mit „Befreiter“ übersetzen.4 Deshalb werde ich im Folgenden der Hausarbeit die Schreibweise Luther mit „-th-“ verwenden.

Luthers Vater, Hans Luder, verdiente den Unterhalt für sich und seine Familie als Hüttenmeister im Kupferbergbau. Luthers Eltern waren beide fromme Leute und eng an die Kirche gebunden. Sein Vater galt als aufrichtige, aber auch strenge Person. Luthers Mutter Margarethe hingegen galt als sehr sittsame Frau, die ebenfalls scharfe Zucht gegen ihre Kinder geübt haben soll.5 Luther hatte einen Bruder und drei Schwestern, die das Erwachsenenalter erreichten. Des Weiteren wird noch von anderen Geschwistern berichtet, die jedoch im Kindesalter starben. Luther selbst beschrieb seine Kinderzeit als ernst und vielfach bitter und konnte sich später noch mancher Züchtigungen erinnern: „Meine Eltern haben mich hart gehalten, dass ich auch darüber gar schüchtern wurde; [...] Die Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuss willen, dass das Blut danach floss. Aber sie meinten`s herzlich gut.“6 Luthers Erlebnisse stellen nichts ungewöhnliches dar, da eine strenge Erziehung im 16. Jahrhundert als selbstverständlich galt. Einige Wissenschaftler stellten jedoch die These auf, dass Luther einen schweren Konflikt mit seinem Vater gehabt hätte. Aufgrund der begrenzten und sich wiedersprechenden Quellen zu diesem möglichen Konflikt werde ich auf diese Thematik jedoch nicht weiter eingehen.7

2.2 Jugend

Luthers Eltern, besonders sein Vater, achteten von Anfang an darauf, dass ihr Sohn eine gute schulische Bildung sowie auch eine Universitätsausbildung erhielt. Zunächst ging Luther auf die Schule in Mansfeld, wo er mit seiner Familie ansässig war. Luthers Eltern wurde jedoch schnell bewusst, dass die Mansfelder Schule nur eine begrenzte Bildung vermitteln konnte und schickten ihn folglich auf die höher qualifizierte Domschule in Magdeburg.8 Dort fand Luther bei den Brüdern Unterkunft und nahm entsprechend an ihrem Leben teil. Darauf verweist insbesondere Luthers spätere Aussage, er sei „zu den Nullbrüdern in die Schule“9 gegangen. Die von Luther benannten Nullbrüder stellten eine religiöse Lebensgemeinschaft dar, die in ihrer Strukturierung in vielem dem mönchischen Leben entsprach, jedoch nicht als strikter Orden organisiert war.10 Der Kontakt mit den Brüdern brachte Luther in nähere Bekanntschaft mit der wohl tiefsten Frömmigkeitsbewegung des ausgehenden Mittelalters. Insofern hatte er nicht nur Einblick in den normalen kirchlichen Alltag in Mansfeld, sondern auch in das Leben einer monastisch ausgerichteten Gemeinschaft. Für Luther bedeutete dies, dass er die Kirche des ausgehenden Mittelalters nicht nur von der Seite ihres Verfalls her kennengelernt hat.11

Die Gründe, die Luthers Eltern dazu veranlassten ihren Sohn nach einem Jahr aus der Schule in Magdeburg zu nehmen und ihn auf das Franziskanerstift nach Eisenach zu schicken, sind unbekannt.12 Die Eisenacher Jahre waren neben dem Unterricht an der Lateinschule durch spirituelle Erfahrungen geprägt, welche Luther in religiösen Zirkeln der Franziskaner und im Haus des Säkularpriesters Johannes Braun erhielt. Weiter erlangte er eine musikalisch-poetische Ausbildung und konnte durch sein Mitwirken in der Kurrende, einem Schülerchor, das Aufsehen und Wohlgefallen der Patrizierfamilien der Cottas und den Schalbes erwirken, in deren frommen und gebildeten Häuser er fortan Umgang genoss. Manche Freundschaften, die Luther in Eisenach schloss, hielten sein ganzes Leben lang.13

2.3 Studium

Da sich Luther als gebildeter Schüler erwies, durfte er 1501 die Universität in Erfurt besuchen, wo er auf Wunsch seines Vaters ein Jurastudium aufnehmen sollte.14 Der Wunsch des Vaters war zu dieser Zeit nichts ungewöhnliches, da ein Jurastudium den sozialen Aufstieg bis in den Beamtenadel ermöglichte.15 Luther selbst war mit der Entscheidung seines Vaters offenbar einverstanden. Zunächst hatte er aber, wie alle Studenten frühneuzeitlicher Universitäten, die „sieben freien Künste“ zu erlernen. Dazu gehörten Grammatik, Rhetorik, Mathematik/Logik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Im Jahr 1505, nach vier Studienjahren, legte Luther das Magisterexamen in der artischen Fakultät ab und hatte sich somit eine Gesamtübersicht über die Wissenschaften erarbeitet.16 Erst im Anschluss daran konnte er sich den höheren Fakultäten und damit seinen juristischen Vorlesungen widmen.

Es besteht kein Zweifel, dass Luther durch den Kontakt zu Personen wie Jodocus Trutfetter und Bartholomäus Arnoldi von Usingen, durchaus neben der klassischen Scholastik, auch mit den Grundzügen des humanistischen Gedankenguts vertraut wurde. Den Humanistischen Geist soll Luther dabei bereits in Eisenach bei seinen Wirtsfamilien Schalbe oder Cotta kennen gelernt haben.17 Des Weiteren waren für Luther auch andere Traditionen wichtig, wie beispielsweise die Richtung des Ockhamismus, die in Erfurt herrschte. In der Forschung wurde daher wiederholt die Frage gestellt, ob nicht der mittelalterliche Ockhamismus die negative Voraussetzung für Luthers allmählich heranreifende reformatorische Theologie dargestellt hat.18

Im Einzelnen ist hier vieles umstritten und unbekannt, sodass sich im Nachhinein nicht mit Sicherheit feststellen lässt, welche Traditionen Luther bekannt waren und auf welchem Hintergrund seine eigenen Aussagen verstanden werden müssen.19 Laut Obermann hat die philosophische Fakultät Luther jedoch nicht nur „Waffen seiner Verteidigung in die Hand gegeben, sondern auch verbleibende Inhalte vermittelt, die reformatorisch werden sollten.“20 Folglich lässt sich zusammenfassen, dass die Jahre in Magdeburg und Eisenach, mit Blick auf Luthers späteren Weg, von großer Bedeutung für ihn waren.

2.4 Die Zeit im Kloster

Der Plan Luthers, nach seinem abgeschlossenen Grundstudium in der artischen Fakultät schließlich Jura zu studieren, wurde bekanntermaßen dadurch zunichte gemacht, da er am 2.7.1505 nach dem Besuch seiner Eltern in Mannsheim in ein schweres Gewitter geriet. Auf dem Rückweg, in der Nähe bei Stotternheim, schlug dabei unerwartet ein Blitz neben Luther ein. Dieser versetzte ihn in solche Todesangst, dass er zu der Heiligen Anna rief und sie mit folgenden Worten um Hilfe bat: „Hilf du heilige Anna, ich will ein Mönch werden.“21 Die Autoren von Luthers Biografien sind sich einig, dass jenes Gelübde keinesfalls unterwartet in Luthers Leben einbrach, sondern vielmehr ein Ausdruck jener zeitgenössischen Frömmigkeit war. „In einer Grenzsituation hatte er sich gebunden“22, so urteilte der Kirchenhistoriker Martin Brecht darüber.

Luther kam aufgrund seines Gelübdes nicht zur Ruhe. In Erfurt wieder angekommen befasste er sich mit der Frage, ob ein solches Gelübde bindend sei. Die Meinungen seiner Lehrer hierzu waren sehr unterschiedlich. Luther jedoch gab den Strengeren Recht und klopfte folglich am 17.07.1505 an der Pforte des Augustinereremitenklosters in Erfurt und begehrte die Aufnahme in den Orden. 1506 legte er dort sein Mönchsgelübde ab und bereits 1507 folgte die Priesterweihe. Seine Wahl fiel auf dieses Kloster, da dort die gleiche philosophisch-theologische Richtung wie an der Artistenfakultät in Erfurt herrschte und Luther hoffte, dort seine Studien im gleichen Geist fortzusetzen können.23

Noch bevor Luther 22 Jahre alt wurde, hatte sich somit sein Leben radikal verändert und alle Zukunftspläne sowie die Hoffnung auf eine Karriere waren aufgegeben. Vergeblich versuchten Luthers Freunde und Familie ihn umzustimmen, welche offenbar sehr überrascht über seinen Entschluss waren. Vor allem Luthers Vater, der sich das Studium seines Sohnes einiges kosten lassen hatte, sah aufgrund des Klostereintritts seine Autorität missachtet und seine durchdachten Pläne zunichtewerden.24 Luther erklärte seinem Vater 1507, also knapp zwei Jahre nach seinem Gewittererlebnis, dass „nicht freiwillig, sondern vom Himmel berufen sei er Mönch geworden; nicht durch Sucht nach Wohlleben, sondern durch Schrecken und Angst vor einem plötzlichen Tod sei er ins Kloster gezwungen worden.“25

Das Mönchsleben war zur Zeit Luthers ein hartes Brot, welches durch Fasten, Beten und Arbeiten bestimmt wurde. Diese Zeit prägte Luther sehr. Vor allem fand er hier den engen Bezug zur Bibel, der sein späteres Arbeiten und seine Schriften kennzeichneten. Dennoch soll Luther in dieser Zeit unter großen Gewissensqualen gelitten haben. Im Vordergrund standen dabei die Fragen nach dem Sakrament der Buße und der göttlichen Gnade. Luther lebte in der Angst, dass er selbst durch sein Handeln und seine Frömmigkeit allein nicht vor Gott bestehen könne, der ihm stets als äußerst streng erschien.26 Er studierte daraufhin, mit noch größerem Eifer, die Schriften der angesehensten Theologen auf der Suche nach Antworten und war geradezu besessen, seine vermeintlichen Sünden stundenlang zu beichten. Schließlich geriet Luther unter den immer größer werdenden Einfluss seines Beichtvaters Johann von Staupitz, der ihn darauf hinwies, „dass die Liebe zu Gott nicht das Ziel, sondern der Beginn aller Buße sei“.27 Auch schlug er Luther ein Theologiestudium vor und riet ihm, seine Zuflucht in den Stunden der Gewissensbisse vor allem „in der Gnade und Liebe Gottes“28 zu suchen. Darüber hinaus war er ständig bemüht, Luther „das barmherzige, dem Menschen zugewandte Gesicht Christi nahe zu bringen.“29 Luther kam über diese Schwierigkeit jedoch erst hinweg, als er bei der Studie des Römerbriefes ein neues Verständnis der Gerechtigkeit Gottes gewonnen hatte (siehe Kapitel 2.5).

Staupitzs Rat folgend begann Luther noch im gleichen Jahr ein Theologiestudium in Erfurt. Damit hatte er die Möglichkeit, „die Fragen, welche ihm auch existentiell zu schaffen machten, zugleich wissenschaftlich zu untersuchen.“30 Neben der Scholastik beschäftigte er sich zusätzlich mit den Ideen der Humanisten und widmet sich der Lehre der griechischen und hebräischen Originale der Bibel. Im Jahr 1512, bereits als Doktor der Theologie, übernahm er die Bibelprofessur von Staupitz an der Wittenberger Universität „Leucorea“. Diese Zeit wurde durch ein starkes Ringen um religiöse Einsicht bestimmt, die vor allem der Auslegung der Bibel „lectura in biblia“ gewidmet war. Luther hielt Vorlesungen über die Psalmen, den Römerbrief, den Galaterbrief und den Hebräerbrief.31 Des Weiteren trat Luther ab dem Jahr 1514 als Prediger der Stadtkirche Wittenberg an die Öffentlichkeit.

Im Jahr 1510 unternahm Luther die längste Reise seines Lebens. Im Auftrag seines Ordens begab er sich nach Rom. Hierbei nahm er unter anderem an einer Generalbeichte teil und büßte auf der Heiligen Treppe, um Sündenvergebung zu erlangen. Luther zeigte sich entsetzt über die in Rom herrschende Bußpraxis, den dortigen Sittenverfall und die für ihn wenig an­dächtige religiöse Praxis. Diese Eindrücke prägten ihn nachhaltig und sollten sich in seiner späte­ren Kirchenkritik widerspiegeln.32

2.5 Die reformatorische Wende

Luther soll die für ihn entscheidende religiöse Erleuchtung, beim intensiven Studium über das Pauluswort im Bibelvers Röm.1,17 erlangt haben, indem er über die Gerechtigkeit Gottes nachdachte.33 Nach tagelangem Philosophieren über die Verbindung der Worte führte ihn dieser Bibelvers schließlich zu seinem neuen Schriftverständnis, welches Luther rückblickend im Jahre 1545 wie folgt beschrieb: „Da habe ich angefangen die Gerechtigkeit Gottes als die zu begreifen, durch die der Gerechte als durch Gottes Geschenk lebt, nämlich aus Glauben; ich begriff, dass dies der Sinn ist: Offenbart wird durch das Evangelium die Gerechtigkeit Gottes, nämlich die passive, durch die uns Gott, der Barmherzige, durch den Glauben rechtfertigt, wie geschrieben steht: ,Der Gerechte lebt aus dem Glauben‘.“34

Aufgrund dieser Kenntnis entwickelte Luther die These, dass der Mensch „simul iustus et peccator“, d.h. gleichzeitig Gerechter und Sünder ist. In Augustins „de spiritu et littera“ fand Luther später, dass Augustin die Gerechtigkeit Gottes ähnlich interpretierte und fühlte sich dadurch bestätigt.35

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, wann dieser reformatorische Wendepunkt in Luthers Leben stattgefunden haben soll. Wie Luther selbst berichtete, soll dieses Ereignis in einem Turm im Kloster stattgefunden haben, weshalb es oft auch als Turmerlebnis bezeichnet wird. Leppin charakterisiert dieses Turmerlebnis als höchst emotional, da „an einem Ort, in einem Moment und in einer Person schien der große Durchbruch festzumachen zu sein.“36

[...]


1 vgl. Schnell 2014

2 vgl. de Fenffe 2014

3 vgl. Schilling 2014, S.57

4 vgl. Lohse 1995, S.17

5 vgl. ebd. S.41

6 Fuchs 2014

7 vgl. Schilling 2014, S.63

8 vgl. Lohse 1997, S.36

9 Leppin 2010, S.23

10 vgl. ebd.

11 vgl. Lohse 1997, S.36

12 vgl. Lohse 1995, S.43

13 vgl. Lohse 1997, S.36

14 vgl. Lohse 1997, S.36

15 vgl. Schilling 2014, S.61

16 vgl. Obermann 1982, S.121

17 vgl. Schilling 2014, S.69

18 vgl. Schorn-Schütte 2011, S.35

19 vgl. Schilling 2014, S.71

20 Obermann 1982, S.126

21 Schorn-Schütte 2011, S.28

22 Schorn-Schütte 2011, zit. nach: Martin Brecht. Luther, Bd. I, S.57

23 vgl. Lohse 1997, S.38

24 vgl. Obermann 1982, S.132

25 Schilling 2014, S.78

26 vgl. ebd., S.90

27 Grane 2006, S.109

28 ebd.

29 Leppin 2010, S.79

30 Lohse 1997, S.42

31 Lohse 1997, S.44

32 vgl. Lohse 1995, S.43

33 Obermann 1982, S.160

34 Leppin 2010, S.108

35 vgl. ebd. S.45

36 Leppin 2010, S.109

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Martin Luther. Wie der junge Mönch und Professor zum Reformator wird
Hochschule
Pädagogische Hochschule Weingarten
Note
1,5
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V322517
ISBN (eBook)
9783668217041
ISBN (Buch)
9783668217058
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ablasshandel, Martin Luther, 95 Thesen, Kritik am Ablasshandel
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Martin Luther. Wie der junge Mönch und Professor zum Reformator wird, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322517

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