Was ist Kunst? Kunst und Philosophie der Kunst bei Hegel, Kant, Heidegger und Adorno

Zu Georg Wilhelm Friedrich Hegels "Vorlesungen über die Ästhetik"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

Einleitung

1. Der Wert der Kunst

2. Der Zweck der Kunst

3. Ästhetische Selbstverständigung
3.1 Kant: Kunst als Erkenntnis
3.2 Hegel: Kunst als Geistiges
3.3 Heidegger: Kunst als Wahrheitsgeschehen
3.4 Adorno: Selbstverständigung als Infragestellung – Übergang von Kunst in Erkenntnis

4. Die Frage nach der Aktualität der Hegelschen Ästhetik

5. Schlussbemerkung

Literatur
Primärliteratur
Sekundärliteratur

Vorwort

Die Kunst ist seit Platon ein wichtiges Betätigungsfeld der Philosophie

Aus einem großen Komplex und sehr vielen philosophischen Werken, die sich mit der Philosophie der Kunst beschäftigen, kann hier natürlich nur ein sehr kleiner Teil angesprochen werden.

Selbst aus Hegels Ästhetik kann nur wenig herausgegriffen werden, hier steht die „Kunst als Geistiges“ als ein Gedanke Hegels im Mittelpunkt der Betrachtungen, die mit einzelnen Ideen zur Kunst der Philosophie bei Kant, Adorno und Heidegger in bezug gesetzt werden.

Als Vorgehensweise wurden von mir einige Fragestellungen ausgesucht, die in der Philosophie in bezug auf die Kunst behandelt wurden und werden:

1. Der Wert der Kunst

2. Der Zweck der Kunst

3. Ästhetische Selbstverständigung
3.1 Kant (1724-1804): Kunst als Erkenntnis (1792), in: Kritik der Urteilskraft-„Analytik des Schönen“
3.2 Hegel (1770-1831): Kunst als Geistiges (1818), in: Vorlesungen über die Ästhetik
3.3 Heidegger (1889-1976): Kunst als Wahrheitsgeschehen (1935), in: Der Ursprung des Kunstwerkes
3.4 Adorno (1903-1969): Selbstverständigung als Infragestellung (1971), in: Ästhetische Theorie

4. Die Aktualität der Hegelschen Ästhetik

Unter dem Punkt der Fragestellung nach der ästhetischen Selbstverständigung beginne ich mit Kant, weil Hegel sich vielfach auf ihn bezieht. Danach kommen Heidegger und Adorno zu Wort. Die chronologische Abfolge wurde in bezug auf die Erscheinungsjahre der jeweiligen philosophischen Abhandlungen gewählt.

Zu den Vorlesungen über die Ästhetik von Hegel muss man anmerken, dass sie nicht von Hegel selbst als Werk geschrieben wurden, insofern sie im wesentlichen nur bekannt sind in einer Form, die Hegel nicht selbst erarbeitet hat. Nach Hegels plötzlichem Tod 1831 wurden die Vorlesungsmitschriften seiner Studenten aufgearbeitet und publiziert.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man mit einer philosophischen Bestimmung, hier insbesondere Hegels, die Probleme lösen kann, die sich entweder prinzipiell, d.h. immer schon und immer wieder, oder gerade gegenwärtig aus einer reflektierten Betrachtung der Kunst ergeben.

Gethmann-Siefert geht in ihrer „ Einführung in Hegels Ästhetik“[1] davon aus, dass die Kunst ein wichtiges und unverzichtbares Element der menschlichen Kultur ist.

Die philosophische Ästhetik fasst die Rolle der Kunst für die menschliche Kultur genauer, indem eine begriffliche Bestimmung die Bedeutung der Kunst für uns alle plausibel darstellt, wodurch die notwendige und durch andere Elemente der Kultur nicht ersetzbare Funktion der Kunst begründet ist.

Aufgabe einer philosophischen Bestimmung der Kunst muss nach Gethmann-Siefert

1. die begriffliche Explikation sein,
2. eine methodische Stringenz und
3. zu einem Gesamtkonzept der Kunst führen.

Die Frage nach der Aktualität der Hegelschen Ästhetik würde demnach durch den Nachweis dieser drei Gesichtspunkte beantwortet, was unter dem Punkt der Aktualität Hegels Ästhetik aufgegriffen wird.

Einleitung

Die Philosophie der Kunst beschäftigt sich mit vielen Fragen und das schon seit der Antike.

Platon z.B. vertrat die Ansicht, und da war er mit Aristoteles einer Meinung, die Kunst wird bestimmt durch die mimesis. Als Nachahmung der Natur. Dass diese Bestimmung auch in der antiken Kunstpraxis verwurzelt war, zeigen Anekdoten wie die vom berühmten Malerstreit:

„Zeuxis hatte, so die Erzählung, Trauben in einer solchen Perfektion gemalt, dass die Vögel kamen, um sie wegzupicken. Dieser Erfolg stachelte seinen Widersacher Parrhasios an. Er malte einen Vorhang so, als würde dieser ein Bild bedecken. In diesem Fall ließen sich nicht Vögel, sondern sogar der Kollege Zeuxis täuschen. Zeuxis versuchte, den Vorhang wegzuziehen, und so war der Erfolg auf Parrhasios’ Seite“. [2]

Kunst wurde hier also als Nachahmung der Natur praktiziert.

Der Begriff der Darstellung der Natur wird wesentlich später erst durch den Begriff des Ausdrucks erweitert. Es bedurfte dazu der Entwicklung eines neuzeitlichen Begriffs von Subjektivität. Soweit wir wissen, wurden erstmals in der Renaissance Künstler als Künstler verehrt, zum Beispiel Michelangelo.

Zu Zeiten Goethes oder Wagners war der Künstler endgültig ein fester Bestandteil des Kunstgeschehens. Unter dieser Bedingung konnte der Gedanke entstehen, dass das Kunstwerk ein Ausdruck ist. Der Künstler hat eine besondere Erfahrung gemacht, die er im Kunstwerk kommuniziert.

Das Kunstwerk vermittelt die Erfahrung als Ausdruck an den Rezipienten.

Nun kann man sich grundsätzlich fragen, ob die Philosophie in Sachen Kunst ein guter Ratgeber sein kann.

Philosophie ist ja eine recht abstrakte Angelegenheit, dagegen sind Kunstwerke sinnlich und konkret. Sie bestehen beispielsweise aus Farbe oder aus Klängen. Trotz vieler Vorbehalte, die von Seiten der Kunst der Philosophie gegenüber entgegengebracht werden gibt es einen Zusammenhang von Kunst und Philosophie.

Laut Hegel ist die ästhetische Selbstverständigung an konkrete Verständnisse von der Welt gebunden und es bedarf vom Menschen gemachter Werke, also nicht der Natur, um zu einer solchen Selbstverständigung zu kommen.

Wenn Kunst Selbstverständigung ist, dann gehört zu ihr zumindest implizit immer auch das Nachdenken darüber, ob und wie sie als Selbstverständigung funktioniert. Die Philosophie der Kunst setzt genau bei dem Nachdenken ein, mit dem Kunst zwangsläufig verbunden ist.

Die Philosophie der Kunst hat so die Aufgabe, die mit der Kunst verbundene mangelnde Selbstverständigung explizit zu machen. Sie erweist sich damit möglicherweise als ein hilfreicher Partner in der Begegnung mit Kunst.

Zwei gegensätzliche Meinungen zur Philosophie der Kunst vertreten der amerikanische Philosoph Arthur Danto (geb.1924) mit seiner polemischen Aussage: “Die Philosophie der Kunst ist als einephilosophische Entmündigung der Kunst“ zu verstehen,[3] und Georg Bertram vom Philosophischen Institut dieser Universität in seinem Buch „Kunst – eine philosophische Einführung“ mit der These „Die Kunst wird überhaupt erst im Nachdenken über sich mündig.“[4]

In der Geschichte der Kunstphilosophie hat unter anderem Hegel betont, dass Kunst eine geistige Angelegenheit ist. Kunstwerke sind nicht nur Gegenstände der Wahrnehmung und der sinnlichen Auseinandersetzung, sondern auch in erster Linie des Verstehens.

Mitte des 18.Jahrhunderts kam es dazu, dass die Philosophie der Kunst als eine gesonderte Disziplin der Philosophie begründet wurde.[5]

Insbesondere seitdem ist die Kunst in der Philosophie immer wieder Gegenstand intensiver Debatten gewesen. Die Philosophie hat durch vielfältige Überlegungen Hilfsmittel und Einsichten die geistige Auseinandersetzung mit der Kunst entwickelt.

Kunst muss also in irgendeiner Weise verstanden werden.

Bertram schreibt „In bezug auf die Literatur ist dies nicht überraschend, aber bei z.B. einem schwarzen Quadrat von Kasimir Malewitsch kann es hingegen so scheinen, als gelte es allein, die Dichte der Farbe auf sich wirken zu lassen.[6]

Aber auch bei Erfahrungen, die man in dieser Weise als sinnlich intensiv beschreiben kann, handelt es sich um Prozesse des Verstehens, die mit einer gewissen geistigen Arbeit verbunden sind.

„Verstehen heißt u.a.: Unterscheidungen treffen, Strukturen erfassen. Solches Verstehen findet auch dann statt, wenn wir nicht zu sagen wissen, dass und was wir verstanden haben. Auch wenn ich nur Schwärze auf mich wirken lasse, impliziere ich die Tiefe der Schwärze im Gegensatz beispielsweise zur Seichtheit eines hellen Grau. Ich muss nicht sagen können, dass es die Tiefe der Schwärze ist, die die Intensität meines sinnlichen Erfahrens ausmacht. Ich muss aber meine Erfahrung als eine erleben, die genau diesen Inhalt, nämlich die Erfahrung einer sinnlichen Intensität schwarzer Farbe hat. In der Erfahrung steckt gewissermaßen eine Beherrschung des Unterschieds von Schwarz und Grau.“[7]

Da Hegel seine Philosophie der Kunst mit Ästhetik “ bezeichnet will ich kurz noch auf diesen Ausdruck eingehen.

Ästhetik ist die philosophische Disziplin, in welcher Fragen der Kunst zu Hause sind. Der Begriff Ästhetik stammt von dem griechischen Ausdruck aisthesis, von dem der lateinische Ausdruck aesthetica abgeleitet wurde. aisthesis heißt soviel wie Wahrnehmung.

So ist Ästhetik immer wieder als eine Theorie der sinnlichen Wahrnehmung, oder einer speziellen Form sinnlicher Wahrnehmung, des Schönen beschrieben worden. Hegel wollte Ästhetik als „Philosophie der schönen Kunst“ verstanden wissen.[8]

Man sprach zu Zeiten Hegels von „schöner“ Kunst, um nicht sonstige Künste wie z.B. die handwerklichen Dinge mit zu umfassen. Heute lassen wir das Attribut „schön“ weg, da wir als Kunst allein die Gesamtheit der Dinge verstehen, mit denen wir in der Auseinandersetzung mit ihnen ästhetische Erfahrungen machen.

1. Der Wert der Kunst

Den Wert der Kunst expliziert Hegel folgendermaßen: „Es muss sich um eine konkrete Idee, um ein konkretes Geistiges handeln – um etwas, das in einem konkreten historisch-kulturellen Kontext steht“. Kunst hat für Hegel den Wert, dass sie uns bestimmte Verständnisse in Form der sinnlichen Anschauung vermittelt.

In der Kunst geht es für Hegel genauso um ein Verstehen wie z.B. in der Religion und der Wissenschaft, also auch der Philosophie. Die Kunst unterscheidet sich aber von diesen anderen Formen des Verstehens dadurch, dass sie Verständnisse in sinnlicher Anschauung darbietet.

Die Kunst ist nach Hegels Auffassung genau in diesem Sinn von dem Zusammenspiel unserer Erkenntniskräfte her zu begreifen. Sie führt nicht zu einem freien Spiel der Erkenntniskräfte und damit zu Erkenntnis überhaupt, wie Kant[9] dies beschreibt. Sie zeigt vielmehr Verständnisse beziehungsweise Erkenntnisse in ihrem Entstehen in einer sinnlichen Gestalt.

Nach Hegel ist die wahre Meisterschaft der Kunst, Verständnisse zu präsentieren, die sich nicht anders als in sinnlicher Anschauung gewinnen lassen.

Der Wert der Kunst schließt ästhetische Formen der Natur nach Hegel nicht ein, im Gegensatz zu Kant. Sie bekommt so einen ausschließlichen Wert zugesprochen, nur durch Zeichen, deren Inhalte für Hegel mit ihrer konkreten sinnlich-materialen Realisierung zusammenhängen.[10]

Man könnte hiernach postulieren, dass es Kunst nur als etwas gibt, das einen bestimmten Wert für uns hat. Dieser Wert lässt sich mit dem Begriff der Selbstverständigung umreißen.

[...]


[1] Annemarie Gethmann-Siefert, Einführung in Hegels Ästhetik, Fink-Verlag, München 2005

[2] Vgl. dazu C.Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde. Buch XXXV: Farben, Malerei, Plastik, Zürich 1978, S.55

[3] Vgl. Arthur C. Danto, Die philosophische Entmündigung der Kunst, München 1993

[4] Vgl. Georg W. Bertram, Kunst, Eine philosophische Einführung, Philipp Reclam jun. Stuttgart, 2005

[5] Die Ae sthetica von Alexander Gottlieb Baumgarten gelten gängigerweise als Begründungstext der Philosophie der Kunst.

[6] siehe 4.

[7] Siehe 4.

[8] Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik I, Frankfurt a.M. 1977, S.13.

[9] Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, Frankfurt a.M. 1977

[10] Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik I, Frankfurt a.M. 1977

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Was ist Kunst? Kunst und Philosophie der Kunst bei Hegel, Kant, Heidegger und Adorno
Untertitel
Zu Georg Wilhelm Friedrich Hegels "Vorlesungen über die Ästhetik"
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für bildende Kunst und Kunstwissenschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar „Die Kunst und die Wissenschaft II“, Dozentin: Dr. habil. B. Nobis, WS 2005/06
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V321679
ISBN (eBook)
9783668210714
ISBN (Buch)
9783668210721
Dateigröße
611 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kunst, philosophie, hegel, kant, heidegger, adorno, wilhelm, hegels, vorlesungen, ästhetik, Kunstphilosopie, Philosophie der Kunst
Arbeit zitieren
Christina Hirschochs (Autor:in), 2006, Was ist Kunst? Kunst und Philosophie der Kunst bei Hegel, Kant, Heidegger und Adorno, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321679

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