Empirische Analyse von Hedgefonds im Kontext der Portfoliooptimierung


Bachelorarbeit, 2015

92 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit

2. Hedgefonds
2.1. Definition von Hedgefonds und Abgrenzung zu klassischen Fonds
2.2. Historischer Überblick
2.3. Charakteristika von Hedgefonds
2.3.1. Charakterisierungskriterien
2.3.2. Renditequelle und Performanceziel
2.3.3. Regulatorische Anforderungen und Transparenz
2.3.4. Anlageinstrumente
2.3.5. Performancepersistenz
2.3.6. Besondere Vertragsbestandteile
2.4. Klassifizierung verschiedener Hedgefonds-Strategien
2.4.1. Hedgefonds-Stile
2.4.2. Equity Hedge
2.4.3. Event Driven
2.4.4. Tactical Trading
2.4.5. Relative Value
2.5. Verzerrungsproblematik von Hedgefonds-Indizes
2.5.1. Herkunft der Verzerrungen
2.5.2. Self-Selection Bias
2.5.3. Survivorship Bias
2.5.4. Backfill Bias
2.6. Alternative Investitionsmöglichkeiten für Privatanleger
2.6.1. Einordnung
2.6.2. UCITS-Hedgefonds
2.6.3. Funds of Hedge Funds
2.6.4. Indexfonds
2.6.5. Zertifikate
2.6.6. Anteilserwerb an Hedgefonds-Gesellschaften

3. Portfolio- und Kapitalmarkttheorie
3.1. Erwartungswert und Varianz
3.2. Portfolio Selection
3.3. Kapitalmarkteffizienz und Implikationen für das Fondsmanagement

4. Empirische Analyse
4.1. Vorgehensweise
4.2. Festlegung des traditionellen Portfolios
4.2.1. Eingrenzung des Anlegerkreises
4.2.2. Bestandteile des Portfolios und effiziente Gewichtungen
4.3. Hedgefonds im Portfoliokontext
4.3.1. Auswahl der Hedgefonds-Daten
4.3.2. Hedgefonds als eigenständige Assetklasse
4.3.3. Performance- und Korrelationsanalyse von Hedgefonds
4.3.4. Statistische Eigenschaften von Hedgefonds
4.4. Risiko-Rendite-basierte Portfoliooptimierung unter Berücksichtigung von Hedgefonds
4.4.1. Beurteilung der Investition in Hedgefonds im Mittelwert-Varianz-Ansatz
4.4.2. Beurteilung der Investition in Hedgefonds im Mittelwert-Semivarianz-Ansatz
4.4.3. Die Rolle des Anlagezeitraums
4.4.4. Kritische Würdigung der Praxisrelevanz
4.4.5. Beurteilung alternativer Investitionsmöglichkeiten im Mittelwert-Varianz-Ansatz

5. Fazit und Ausblick

Anhang
Anhang I: Portfoliooptimierung in Abhängigkeit des Anlagezeitraums
Anhang II: Wechselkursverzerrungen
Anhang IV: Berechnungsdurchführung
Anhang V: Einführung in Visual Basic

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Investmentvermögen nach dem KAGB

Abbildung 2: Klassifikation der Hedgefonds-Strategien

Abbildung 3: Anteil der Strategien am Gesamtmarkt

Abbildung 4: Typische Verläufe von Zinsstrukturkurven

Abbildung 5: Investitionsalternativen für Privatanleger

Abbildung 6: Diversifikationseffekt in Abhängigkeit vom Korrelationskoeffizienten

Abbildung 7: Effiziente und ineffiziente Portfolios im -Anlagen-Fall

Abbildung 8: Die drei Stufen der Informationseffizienz

Abbildung 9: Risiko-Rendite-Diagramm traditioneller Assets im 2-Anlagen-Fall

Abbildung 10: Effizienter Rand der traditionellen Assets

Abbildung 11: Wertentwicklung der Hedgefonds-Strategien

Abbildung 12: Symmetrieeigenschaften einer Verteilung

Abbildung 13: Wölbungseigenschaften einer Verteilung

Abbildung 14: Hedgefonds Composite-Index im 2-Anlagen-Fall

Abbildung 15: Effizienzlinien der Hedgefonds-Strategien

Abbildung 16: Effizienzlinie des Hedgefonds-Stils ED im Mittelwert-Semivarianz-Diagramm

Abbildung 17: Effizienzlinien der OGAW-Hedgefonds

Abbildung 18: Effizienzlinie für den Zeitraum 2004-2007

Abbildung 19: Effizienzlinie für den Zeitraum 2006-2009

Abbildung 20: Effizienzlinie für den Zeitraum 2008-2011

Abbildung 21: Effizienzlinie für den Zeitraum 2010-2013

Abbildung 22: Effizienzlinie für den Zeitraum 2012-2015

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Varianz-Kovarianz-Matrix für Anlagen

Tabelle 2: Performance der Bestandteile des traditionellen Portfolios

Tabelle 3: Exemplarische Ermittlung einer Effizienzlinie

Tabelle 4: Performance der Hedgefonds-Strategien

Tabelle 5: Korrelation zwischen Hedgefonds und traditionellen Assets

Tabelle 6: Höhere zentrale Verteilungsmomente

Tabelle 7: Performance der OGAW-Hedgefonds

Tabelle 8: Korrelation zwischen OGAW-Hedgefonds und traditionellen Assets

Tabelle 9: Performance des ETFs

Tabelle 10: Korrelation zwischen dem ETF und traditionellen Assets

Tabelle 11: Performance im Zeitraum 2004-2007

Tabelle 12: Korrelation im Zeitraum 2004-2007

Tabelle 13: Performance im Zeitraum 2006-2009

Tabelle 14: Korrelation im Zeitraum 2006-2009

Tabelle 15: Performance im Zeitraum 2008-2011

Tabelle 16: Korrelation im Zeitraum 2008-2011

Tabelle 17: Performance im Zeitraum 2010-2013

Tabelle 18: Korrelation im Zeitraum 2010-2013

Tabelle 19: Performance im Zeitraum 2012-2015

Tabelle 20: Korrelation im Zeitraum 2012-2015

Tabelle 21: Erwartungswert der Wechselkursrenditen

Tabelle 22: Berechnung der Wechselkursverzerrung

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

In Anbetracht des derzeit herrschenden Niedrigzinsniveaus ist die Frage nach ertragreichen und gleichzeitig verlässlichen Anlagen schwierig zu beantworten. Investitionen in vermeintlich sichere Häfen generieren Renditen nahe 0%, sodass das Streben nach auch in Zukunft ansehnlichen Erträgen im festverzinslichen Bereich mit der Inkaufnahme von Ausfallrisiken bonitätsschwacher Emittenten einhergeht. Eine reine Investition in Aktien bietet aufgrund der hohen Volatilitäten und damit verbundenen Risiken für die meisten Anleger ebenfalls keine überzeugende Antwort.

Daher gebührt der Diversifikation stets eine tragende Rolle in der Anlageentscheidung. Ferner werden über traditionelle Anlageklassen hinausgehende Investments interessant, nämlich alternative Investments mit einem abweichenden Risiko-Rendite-Profil. Neben Rohstoffen bilden Hedgefonds einen bedeutenden Teil dieser Anlageform. Ihnen werden attraktive Portfolioeigenschaften zugesprochen, wie eine geringe Verlustanfälligkeit in extremen Perioden sowie eine niedrige Korrelation zu herkömmlichen Assets.[1] Hedgefonds haben klassischerweise zum Ziel, einen Absolute Return zu erzielen und dadurch auch in schlechten Marktphasen einen marktunabhängigen, positiven Ertrag zu erwirtschaften. Hierfür können unter anderem Short-Positionen durch Leerverkäufe eingegangen werden.[2]

Dennoch spielen Hedgefonds in der deutschen Anlegerpraxis eine untergeordnete Rolle. Gründe sind einerseits die strikte Regulierung durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) oder interne Anlagerestriktionen. Andererseits liegt die Ursache aber auch in einem oft geringen Verständnis für die Funktionsweise der Hedgefonds-Strategien sowie für deren Wirkungsweise auf das Risiko-Rendite-Profil eines Portfolios. Etwaige Unklarheiten sollen daher im Laufe der Arbeit beseitigt werden, um Hedgefonds auch dem deutschen Anleger nahezubringen und deren Attraktivität gegebenenfalls zu steigern.

1.2. Ziel und Aufbau der Arbeit

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die Aufnahme von Hedgefonds ein bestehendes, bereits diversifiziertes Portfolio optimieren kann. Diesem Ziel wird mittels empirischer Analyse, basierend auf Harry M. Markowitz‘ Portfoliotheorie, Rechnung getragen. Ausgehend von einem konstruierten, aber typischen Portfolio, werden verschiedene Hedgefonds-Strategien in die Portfoliooptimierung aufgenommen. Unter Betrachtung von Risiko und Rendite entstehen neue effiziente Anlagegewichtungen. Eine potentielle Performanceverbesserung wird in einer Verschiebung der Effizienzlinie im Risiko-Rendite-Diagramm visualisiert.

Zunächst werden theoretische Grundlagen gelegt, die nötig sind, um anschließende Argumentationen nachzuvollziehen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich deshalb mit dem Thema Hedgefonds im Allgemeinen. Die Anlageklasse wird vorgestellt, indem der Begriff „Hedgefonds“ vom herkömmlichen Investmentfonds abgegrenzt wird und Charakteristika dargestellt werden. Außerdem wird dem Leser ein Einblick in die Anlagestrategien der Hedgefonds-Manager vermittelt. Das Kapitel wird durch eine Erläuterung der Investitionsmöglichkeiten für Privatanleger komplettiert.

Im dritten Kapitel wird Markowitz‘ Portfolio-Selection-Theorie umrissen, in deren Kontext auch auf Hedgefonds eingegangen wird. Dabei wird die eingangs erwähnte Diversifikation im Zusammenhang mit dem Begriff der Korrelation beleuchtet. Im Anschluss erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit drei Formen der Markteffizienz.

Das vierte Kapitel beinhaltet die empirische Analyse, die den Kern der Arbeit darstellt. Hierfür werden zunächst die soeben erwähnten Ausgangsportfoliobestandteile festgelegt, auf welchen anschließende Berechnungen aufbauen. Nach einer Eingrenzung der Hedgefonds-Datenbasis werden in Abhängigkeit der Anlagestrategie Performance- und Korrelationswerte der Hedgefonds ermittelt, um anschließend eine Portfoliooptimierung im Mittelwert-Varianz-Ansatz durchzuführen.

Vorausgesetzt, es ist eine Verbesserung des Risiko-Rendite-Verhältnisses in einem bereits diversifizierten Portfolio möglich, wird im Anschluss die praktische Relevanz beurteilt. Von besonderem Interesse ist hierbei die Frage, inwieweit ein Privatanleger von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren kann. Die Arbeit wird mit einem Fazit abgerundet. Im nun folgenden Kapitel wird die Anlageklasse der Hedgefonds vorgestellt.

2. Hedgefonds

2.1. Definition von Hedgefonds und Abgrenzung zu klassischen Fonds

Hedgefonds gehören aufgrund ihres breiten Strategie- und Anlagespektrums zur Familie der alternativen Investments, die sich dadurch auszeichnen, dass sie allesamt eine niedrige Korrelation zu traditionellen Anlagen haben.[3] Der Begriff „Hedge Fund“, ursprünglich „hedged fund“, wurde erstmals 1966 benutzt, um die Investmentvehikel von Alfred Winslow Jones zusammenzufassen, die durch Fremdkapitalaufnahme und Leerverkäufe stilisiert wurden.[4] Diese zwei Instrumente grenzen auch heutzutage noch, sowohl in Fachliteratur als auch in der Gesetzgebung, Hedgefonds von herkömmlichen Investmentfonds ab. Entgegen der anfänglichen Intention einer Absicherung („hedging“) führt die wörtliche Übersetzung inzwischen jedoch eher zu Missverständnissen, da das Absicherungsbedürfnis nicht der Primärfokus der Hedgefonds-Manager ist. Denn es existiert in ex ante Betrachtungen ein direkter ökonomischer Zusammenhang zwischen Risiko und erwarteter Rendite einer Anlage. Folglich impliziert eine Absicherung jeder Risikoquelle einen Erwartungswert in Höhe der risikolosen Verzinsung und wäre daher nicht sinnvoll. Ebenso falsch ist allerdings die verbreitete Annahme, Hedgefonds wären generell spekulativ.[5]

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur hat sich bisher keine allgemeingültige Definition für Hedgefonds durchsetzen können.[6] Bookstaber beschreibt Hedgefonds als das ganze Investmentuniversum abzüglich eines kleinen Stückes, das als traditionelles Investment bezeichnet wird.[7] Ein traditioneller Investmentfonds unterliegt demgemäß drei Restriktionen, nämlich einer Beschränkung der Aufnahme von Leverage, einem Verzicht auf Short-Positionen und einer ausschließlichen Anlage in traditionelle Assets.[8] Diese Negativdefinition lässt den Schluss zu, dass der Begriff Hedgefonds ein Synonym zu alternativen Investments darstellt. Angesichts der weiteren Arten alternativer Investments sollte die Unterscheidung allerdings präzisiert werden. Oftmals werden Hedgefonds anhand einer Aufzählung ihrer typischen Eigenschaften anstelle einer differenzierenden Begriffsbestimmung definiert.[9] Auf die spezifischen Charakteristika wird in Kapital 2.3. eingegangen. Sie sollen allerdings nicht als Definitionskriterium dienen. Vielmehr scheint es zweckgemäß, sich der inzwischen existenten Legaldefinition aus § 283 KAGB zu bedienen: Demnach sind Hedgefonds sogenannte Spezial-AIF[10], die erstens unter dem „Einsatz von Leverage“[11] agieren und/oder zweitens durch Leerverkäufe Short-Positionen eingehen.[12] Diese zwei maßgeblichen Kriterien werden im Verlauf dieser Arbeit Hedgefonds von traditionellen Investmentfonds abgrenzen. Dabei bezeichnet Leverage den Verschuldungsaufbau oder die Verwendung derivativer Hebelprodukte in der Absicht, den Investitionsgrad zu erhöhen.[13] Leerverkauf beschreibt den Verkauf von Vermögensgegenständen, die zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Sondervermögen des Hedgefonds gehören.[14]

2.2. Historischer Überblick

Obwohl Hedgefonds oft als Finanzinnovation der jüngeren Vergangenheit betrachtet werden, existieren sie in den USA bereits seit über 60 Jahren. Die Einführung des ersten Hedgefonds wird üblicherweise mit Alfred Winslow Jones im Jahre 1949 assoziiert.[15] Er bediente sich neben gewöhnlichen Long-Aktienstrategien einer Short-Strategie, die er durch Leerverkäufe überbewerteter Aktien praktizierte. Verkaufspositionen gewinnen an Wert, wenn der Kurs der zugrundeliegenden Anlage fällt. Dadurch begrenzte Jones das systematische Risiko seines Portfolios. Die Erträge hebelte er durch den Einsatz von Fremdkapital. Er verpflichtete sich, einen Teil seines Privatvermögens zu denselben Konditionen wie die Kunden seiner Limited Partnership[16] im Fonds anzulegen und dadurch Risiken und Erträge mit ihnen zu teilen. Außerdem führte er eine Performancegebühr von 20% ein und verzichtete im selben Zug auf die gewöhnliche jährliche Verwaltungsgebühr.[17] Diese Charakteristika sollten auch Jahrzehnte später die Hedgefondsbranche prägen. Der Erfolg seiner marktneutralen Strategie und der 1966 erschienene Zeitungsartikel „ The Jones Nobody Keeps Up With[18] führten zu großer Aufmerksamkeit und einer ersten Wachstumswelle der Hedgefonds. Viele der neu gegründeten Hedgefonds widerstanden allerdings der Versuchung nicht, aufgrund der Hausse am Aktienmarkt Ende der 1960-er Jahre Netto-Long-Positionen aufzubauen, sodass sie die anschließende Baisse der 1970-er Jahre nicht überstanden.[19]

Eine zweite Wachstumsphase ab 1986 wurde erneut von einem Zeitschriftartikel eingeläutet, in welchem die Investmentstrategie von Julian Robertson beschrieben wurde.[20] Er erreichte mit seinem Hedgefonds über einen Zeitraum von sechs Jahre eine durchschnittliche jährliche Rendite von 43%, indem er das ursprüngliche Modell von Jones um neue Finanzinstrumente, wie Optionen und Futures im Aktien-, Zins- und Währungsbereich, erweiterte. Damit begründet er die Strategie Global Macro. In dieser Zeit erregte George Soros Aufsehen, als er mit seinem Hedgefonds „Quantum Fund“ durch hohe Leerverkäufe des britischen Pfunds (GBP) eine Abwertung desselben sowie dessen Ausschluss aus dem Europäischen Währungssystem bezweckte.[21]

Danach folgte eine Krise der Hedgefondsbranche, die durch den viel zitierten Zusammenbruch des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) 1998 ausgelöst wurde.[22] Der Beinahe-Konkurs und die anschließende Abwicklung von LTCM wurden durch zu hohe Fremdfinanzierungen in Verbindung mit auf die russische Währungskrise folgenden Panikreaktionen herbeigeführt. Entgegen der Erwartung von LTCM, die Zinsdifferenzen zwischen Rentenpapieren bonitätsstarker und bonitätsschwacher Emittenten würden sich verringern, vergrößerten sie sich aufgrund von Kapitalumschichtungen in sichere Staatsanleihen und entsprechend steigenden Risikoprämien.[23]

Nachdem viele Hedgefonds-Manager die LTCM-Krise als Anlass sahen, ihre Fremdkapitalaufnahme einzuschränken und sich gleichzeitig stärker an der Marktneutralität zu orientieren, wuchs die Branche bis 2007 auf ein Vielfaches an. Während 1998 noch 3.300 Hedgefonds 375 Mrd. USD verwalteten, sind es 2007 10.000 Hedgefonds, die zusammen die Verantwortung über ein Anlagevermögen in Höhe von 1.868 Mrd. USD tragen. Interessanterweise schadete der Einbruch am Aktienmarkt in den frühen 2000-ern der Hedgefondsbranche nicht, was durch die in jener Zeit ausgeprägte Unabhängigkeit vom Aktienmarkt begründet werden kann.[24] Die Niederlassung deutscher sowie der Vertrieb in- und ausländischer Hedgefonds ist erst seit Inkrafttreten des Investmentmodernisierungsgesetzes 2004 zulässig, woraufhin die deutsche Hedgefondsbranche in den Folgejahren beständig wuchs.[25]

Das Jahr 2008, inmitten der weltweiten Finanzkrise, ist für Hedgefonds mit einem durchschnittlichen Wertverlust von 20% das bisher schlechteste Finanzjahr aller Zeiten. Lediglich die Strategie Global Macro konnte sich als krisenfest behaupten. Der Anspruch einer marktunabhängigen, stets positiven Rendite wurde klar verfehlt. Dies ist einerseits auf eine zu hohe Abhängigkeit vom Aktienmarkt, andererseits aber auch auf Liquiditäts- und Finanzierungsengpässe zurückzuführen, die mit der Insolvenz von Lehman Brothers und dem damit einhergehenden Misstrauen am Kapitalmarkt auftraten. In der Folge kündigten viele Investoren ihre Anlagen in Hedgefonds, woraufhin die Manager in dem ohnehin negativen Marktumfeld zu Notverkäufen ihrer Vermögensgegenstände gezwungen waren. Neben zahlreichen Fondsliquidationen führte die Krise aber auch zu Restrukturierungen und mit langen Kündigungssperrfristen zu neuen Vertragsbestandteilen.[26] Derzeit stagniert das Wachstum der Hedgefondsbranche, da durch die erfreulichen Kapitalmarktentwicklungen seit der Finanzkrise die traditionellen Assets relativ betrachtet an Attraktivität gewinnen.[27]

2.3. Charakteristika von Hedgefonds

2.3.1. Charakterisierungskriterien

Hedgefonds demonstrieren nach Hilpold / Kaiser (2013) ihren Mehrwert vor allem in schwierigen Marktlagen. Demzufolge sind Hedgefonds entweder in besonderem Maße unabhängig von herkömmlichen Anlagen, sie profitieren überproportional von einer Normalisierung einer prekären Marktlage, oder aber sie erzielen eine marktunabhängige Rendite.[28] Der Nutzen von Hedgefonds spiegelt sich in den spezifischen Eigenschaften wider. Hedgefonds im Allgemeinen werden anhand nachfolgender Kriterien charakterisiert: (1) Renditequelle und Performanceziel, (2) Regulatorische Anforderungen und Transparenz, (3) Anlageinstrumente, (4) Performancepersistenz und (5) besondere Vertragsbestandteile.

2.3.2. Renditequelle und Performanceziel

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen klassischen Investmentfonds und Hedgefonds ist die Vorgabe eines Ertragsziels, welches sich aus dem Anspruch ergibt, auch im negativen Marktumfeld eine positive Rendite in Höhe einer Mindestverzinsung zu generieren. Diese aktienmarktunabhängige Rendite wird Absolute Return genannt. Die Zielvorgabe kann dabei sowohl per festem Zins, als auch variabel, in Abhängigkeit eines Referenzzinssatzes, erfolgen.[29]

Traditionelle Fonds verfolgen hingegen relative, also von einer ausgewählten Benchmark abhängige, Performanceziele, die auch bei Verlusten erreicht werden, solange diese nur kleiner ausfallen als die der Benchmark im selben Betrachtungszeitraum. Der Nutzen des Absolute Return Ansatzes zeichnet sich vor allem in extremen Perioden aus, da die Verluste historisch betrachtet nur einem Bruchteil der Einbußen herkömmlicher Aktienstrategien entsprechen.[30]

Für den Erfolg eines Hedgefonds spielt die Fähigkeit des Managements eine bedeutende Rolle, da das Management eines Hedgefonds im Vergleich zu dem klassischer Investmentfonds aufgrund der geringen Anlageeinschränkungen deutlich flexibler ist und somit das Portfolio adäquater an die eigenen Vorstellungen anpassen kann. Infolgedessen ist auch die Wertentwicklung des Fonds in erster Linie vom Können des Managements und nicht vom Gesamtmarkt abhängig. Der Teil der Performance, der auf der Manager-Leistung beruht, wird durch das Alpha (α) definiert. Das Alpha ist als Residualgröße in der Realität schwierig zu beziffern. Hiervon zu unterscheiden ist die marktabhängige Rendite Beta (β).[31] Wird das Alpha durch Hedging erreicht, entspricht das einem Verzicht auf Beta.[32] Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die unterschiedliche Risikoauffassung. Während ein benchmark-orientierter Fonds dem Active Risk unterliegt, muss ein Hedgefonds-Manager das Total Risk beachten. Dies führt dazu, dass bei klassischen Fonds eine risikolose Anlage bspw. in den Geldmarkt aufgrund der gesteigerten Wahrscheinlichkeit einer Abweichung von der Benchmark paradoxerweise eine Risikoerhöhung darstellt. Im Gegensatz dazu entspricht dieselbe Anlage eines Hedgefonds einer Risikoreduzierung.[33]

2.3.3. Regulatorische Anforderungen und Transparenz

Um die Regulierung von Hedgefonds nachvollziehen zu können, müssen zwei Seiten des Anlegerschutzes betrachtet werden. Erstens sollen für klassische Privatkundenprodukte, sprich herkömmliche Investmentfonds, einheitliche und hohe Standards gelten. Zweitens sollen Privatanleger vor dem Erwerb von Produkten, die diese Standards nicht einhalten, geschützt werden. Eine Übersicht über die Begrifflichkeiten gemäß KAGB ist Abbildung 1 zu entnehmen. Hedgefonds sind in der Klasse der offenen Spezial-AIF einzuordnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Investmentvermögen nach dem KAGB

Quelle: eigene Darstellung. Begrifflichkeiten sind dem KAGB (2013), §1, Abs. 1ff. entnommen.

Die Investitionsmöglichkeiten im OGAW- oder auch UCITS34 -Mantel bewegen sich in einem engen Rahmen, der sich aus §§193 bis 198 des KAGB ergibt und detailliert regelt, welche Vermögensgegenstände zum Erwerb durch die OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zulässig sind und welche nicht.35 Leerverkäufe sind für OGAW untersagt, die Verschuldungsmöglichkeit ist ebenfalls stark eingeschränkt.36 Solche gesetzlichen Vorgaben existieren für Spezial-AIF nicht. Außerdem müssen für Publikumsfonds wesentliche Anlegerinformationen und der entsprechende Verkaufsprospekt öffentlich zugänglich gemacht werden, was für Spezial-AIF nicht gilt.37 Dies hat zur Folge, dass Hedgefonds, welche grundsätzlich nur als Spezialfonds angeboten werden dürfen, in der Regel wesentlich intransparenter für Außenstehende sind. Zusätzlich bevorzugen einige Hedgefonds einen Hauptsitz in Jurisdiktionen mit niedriger Regulierungsdichte, um Publizitätspflichten aufgrund der änderungsintensiven Gesetzgebung Europas bzw. der USA zu vermeiden. Typischerweise werden dazu Offshore-Standorte, wie die Cayman-Islands, die British Virgin Islands, Bermuda, die Bahamas und die Niederländischen Antillen gewählt.38 Die Zurückhaltung von Informationen beruht auf der Gefahr von Nachahmern der eigenen Hedgefonds-Strategie. Hedgefonds profitieren nämlich oftmals von Marktineffizienzen, die sich aus Informationslücken am Kapitalmarkt ergeben. Eine zu hohe Transparenz der eigenen Strategie würde das Geschäftsmodell gefährden.39 Der unbegrenzte Spielraum in der Anlage wie auch die Intransparenz bergen Risiken für den im Zweifel uninformierten Privatanleger. Deshalb dürfen Hedgefonds seit der Einführung des KAGB nur noch von professionellen und semi-professionellen Anlegern erworben werden.40 Nach der inzwischen überholten Regelung des Investmentgesetzes (InvG) war zwar ein aktiver Vertrieb der Produkte an Privatanleger ebenfalls verboten, ein bloßer Verkauf dagegen war rechtens.41

2.3.4. Anlageinstrumente

Die Anlageinstrumente der Hedgefonds können, wie erwähnt, vielfältig sein und mit der jeweiligen Strategie variieren. Das Anlagespektrum reicht von klassischen Investments, wie Wertpapieren, bis hin zu alternativen Investments, wie Rohstoffen, Derivaten oder auch anderen Hedgefonds. Bezüglich der Investitionspraktik herrscht ebenfalls hohe Flexibilität, die ein erweitertes Chancen-Risiko-Profil mit sich bringt.42 So ist die Kombination von Long- und Short-Positionen ebenso wie der Einsatz von Leverage möglich. Die Funktion der Derivate beschränkt sich nicht nur auf Absicherungsgeschäfte, sondern kann auch zu Spekulationszwecken dienen.43

2.3.5. Performancepersistenz

Die Hedgefondsbranche vereint ein Phänomen, das als Performancepersistenz bekannt ist. Nach dieser empirisch bekräftigten Theorie enttäuschen die in einem Jahr beobachteten Verlierer unter den Hedgefonds meist auch in den folgenden Monaten und Jahren, während die Gewinner auch in der Zukunft überdurchschnittliche Renditen erzielen.44 Aus dieser These folgt, dass die Performance keine zufällige Wertentwicklung (Random Walk45 ) ist, wodurch impliziert wird, dass die historische Kursentwicklung Informationen über die zukünftige Performance enthält.46 Daher können aus den untersuchten Performances unter Umständen Tendenzen für die zukünftige Wertentwicklung abgeleitet werden. Garantiert werden kann eine Fortsetzung der beobachteten Entwicklung jedoch selbstverständlich nicht. Diese Eigenschaft wird vor allem dadurch begründet, dass die Hedgefonds-Performance, mehr als die herkömmlicher Fonds und Exchange Traded Funds (ETF), aufgrund des Fokus auf Alpha stark auf Managerskills basiert. Außerdem wird eine positive Korrelation zwischen der Einzigartigkeit der angewandten Strategie und der Beständigkeit der Erträge festgestellt.47 Diese Erkenntnis untermauert das Bedürfnis der Geheimhaltung der Investmentstrategie sowie der damit einhergehenden und bereits oben erläuterten Intransparenz in der Hedgefondsbranche.

2.3.6. Besondere Vertragsbestandteile

Hedgefonds sind nicht nur in ihrer Anlagepolitik alternativ, sondern auch in der Vertragsgestaltung. Die Auffassung, dass der Erfolg direkt auf das Know-how des Managements zurückzuführen ist, zeichnet sich auch in der speziellen Gebührengestaltung ab. Hedgefonds-Manager beziehen traditionellerweise einen hohen Anteil ihres Entgelts als Performancegebühr, sodass ein großer Anreiz zu hohen Erträgen besteht. Laut Kaiser (2009), konform mit Brown et al. (1998), beträgt die erfolgsabhängige Gebühr durchschnittlich 20-25% des Gewinns zusätzlich zur jährlichen Verwaltungsgebühr von 1-2%.48

Da die Erfolgsvergütung den Hedgefonds-Managern nicht nur Anreize zu höherer Performance setzt, sondern unter Umständen auch die Risikobereitschaft steigert, muss einem opportunistischen Investitionsverhalten der Manager vorgebeugt werden. Deshalb ist die Fälligkeit der variablen Komponente oft an weitere Bedingungen geknüpft. Bei der High-Watermark muss ein neuer historischer Höchststand zum Stichtag erreicht sein, damit eine Erfolgsvergütung fällig ist. Bei der Hurdle Rate ist nur nach Übertreffen einer Mindestrendite eine Performancegebühr zu entrichten, die sich dann vertragsabhängig entweder auf die gesamte erwirtschaftete Rendite oder lediglich auf die Überrendite bemisst.49 Laut Bessler et al. (2005) muss diese Mindestrendite nicht in einem vertraglich definiertem Zinssatz bestehen, sondern kann auch variabel, in Abhängigkeit eines Referenzzinssatzes, vereinbart werden.50 Außerdem gehört es für Hedgefonds-Manager zum guten Ton, einen bedeutenden Teil ihres Privatvermögens in den eigenen Fonds zu investieren, wodurch die Gefahr von Moral Hazard weiter gesenkt wird.51 Wenngleich solche Vertragskomponenten keinen Einfluss auf die Transparenz eines Hedgefonds haben, nimmt das Vertrauen darauf, dass der Manager auch im Verborgenen das Richtige tut, zu.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der Vertragsgestaltung unter den offenen Fonds liegt in der Höhe ihrer Mindestanlagesumme. Sie beträgt je nach Fondsgesellschaft zwischen 10.000 und über einer Million USD, wobei 40% der KVG einen Mindestinvestitionsbetrag von über 500.000 USD von ihren Investoren verlangen.52 Daraus lässt sich schließen, dass auch ohne gesetzlicher Regulierung des Anlegerkreises nur die wenigsten Privatanleger in der Lage wären, in einen Hedgefonds zu investieren.

Hohe Anlagebeträge erhöhen für den Hedgefonds das Liquiditätsrisiko, da ein Mittelabzug von einem kleinen Teil des überschaubaren Investorenkreises zu erheblichen Finanzierungsengpässen führen kann. Diese Gefahr wird durch vertragliche Kündigungsfristen reduziert. Daneben sind Kündigungssperrfristen von einem Jahr üblich. Die Rückgabe der Fondsanteile erfolgt ebenfalls nur zu bestimmten Terminen, oft quartalsweise oder jährlich, während Zeichnungen in der Regel monatlich entgegengenommen werden.53 Durch diese einschränkenden Kündigungsvorschriften bleibt dem Hedgefonds-Management die nötige Flexibilität erhalten, auch in teils illiquide Vermögensgegenstände zu investieren.

2.4. Klassifizierung verschiedener Hedgefonds-Strategien

2.4.1. Hedgefonds-Stile

In Theorie und Praxis existieren viele Möglichkeiten, die Strategien der Hedgefonds zu gliedern. Nach Hilpold / Kaiser (2013) sind dies unter anderem Direktionalität, Anlageklassen oder geografische Ausrichtung. Für Investoren besonders geeignet ist die Klassifizierung der Hedgefonds-Arten nach ihrem Einfluss auf ein traditionelles, aus Aktien und Renten bestehendes Portfolio.54 Dabei unterscheidet man zwischen Renditeverstärker, Risikoreduzierer und Diversifizierer.55 Die bei Hedgefonds-Datenbanken am weitesten verbreitete Gliederungssystematik richtet sich allerdings nach dem Investmentprozess sowie der Investitionstechnik, was Hedgefonds in vier Stilrichtungen einteilt: Equity Hedge (EH), Event Driven (ED), Tactical Trading (TT) und Relative Value (RV).56 Jedem einzelnen Stil können wiederum mehrere spezifische Strategien zugeordnet werden, welche in Abbildung 2 illustriert werden. In der Praxis funktioniert eine Trennung der Strategien allerdings nicht so scharf wie in der Theorie. Eurekahedge, der Datenanbieter, auf dem die späteren Untersuchungen aufbauen, verwendet die Klassifizierungsmethodik nach Investmentprozess.57 Deshalb orientiert sich die Arbeit an dieser Aufgliederung. Die nächsten Kapitel gewähren einen Einblick in die Stile samt ihrer bedeutendsten Strategien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Klassifikation der Hedgefonds-Strategien

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kaiser (2009), S. 79.

Die jeweiligen Bedeutungen der vier genannten Strategierichtungen sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Anteil der Strategien am Gesamtmarkt

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an www.eurekahedge.com (2015 b).

Wie der Name bereits ausdrückt, bezeichnet der Stil Multi-Strategie einen Pool, der sich aus beliebigen Strategien zusammensetzt. Er besitzt in der Arbeit keine weitere Bedeutung. Der Posten „Rest“ begründet sich durch eine abweichende Gliederungssystematik von Eurekahedge. Unter anderem fallen hierunter die in dieser Arbeit nicht berücksichtigten Managed Futures. Auffällig sind die hohen Anteile der Stile EH und RV. Beide legen besonderen Fokus auf die Kernelemente von Hedgefonds: EH zeichnet sich durch Short Positionen aus, wohingegen RV üblicherweise viel Leverage einsetzt.

2.4.2. Equity Hedge

Der Investmentstil Equity Hedge umfasst sämtliche Aktienstrategien. Strategieübergreifend ist das Stock Picking der Schlüssel zum Erfolg, da es sowohl in der Hausse als auch in der Baisse darauf ankommt, die „richtigen“ Aktien im Portfolio zu besitzen bzw. verkauft zu haben.

Die Handelsstrategie Long-Short Equity beruht auf dem ursprünglichen, von A.W. Jones entwickelten Hedgefonds-Konzept und gehört auch heutzutage zu den gängigsten Strategien. Sie kombiniert Kauf und Leerverkauf von Aktien, um so von relativen Bewertungsänderungen zu profitieren. Aus der Fundamentalanalyse resultierende unterbewertete Titel werden gekauft (Long-Position), als überbewertet eingestufte Aktien werden leerverkauft (Short-Position).58 Ziel dieser Strategie ist, aus steigenden als auch fallenden Kursen Erträge zu generieren, was zu einer marktunabhängigen, relativ stetigen, positiven Rendite führen soll. Der Ertrag stammt also hauptsächlich aus den gegensätzlichen Wertentwicklungen der Long- und Short-Positionen, sprich aus dem jeweiligen Alpha.59 Dennoch konnten Fung / Hsieh (2004) feststellen, dass zwischen der Strategie Long-Short Equity und der Aktienmarktentwicklung ein relativ großer positiver Zusammenhang besteht, was auf einen positiven Nettoinvestitionsgrad, auch Long Bias genannt, hindeutet.60

Das Vorgehen in der aktienmarktneutralen Strategie Equity Market Neutral ist ähnlich. Ebenfalls werden Long- mit Short-Positionen kombiniert, die hier jedoch denselben Betrag aufweisen, sodass der Nettoinvestitionsgrad 0 beträgt. Die Auswahl der Käufe und Leerverkäufe der vermeintlich vorübergehend unter- respektive überbewerteten Aktien erfolgt ebenfalls fundamentalanalytisch, dabei allerdings unter einer recht kurzfristigen Ausrichtung.61 Das systematische Risiko des Portfolios wird eliminiert. Der marktneutrale Charakter kann darüber hinaus auf Währungs- oder Sektorneutralität basieren.62 Obwohl das Portfolio gegenüber dem Marktrisiko isoliert wird, ist es keinesfalls risikofrei. Das Hauptrisiko liegt in einer potentiellen Fehleinschätzung der Kursentwicklungen der entsprechenden Wertpapiere, was eine starke Abhängigkeit von den Fähigkeiten des Managers impliziert.

Daneben können mit den Strategien Equity Non-Hedge und Short Selling dem Stil EH zwei weitere Investmentmethoden zugeordnet werden, die aber mangels Relevanz in dieser Arbeit nicht vorgestellt werden.63

2.4.3. Event Driven

Event Driven beschreibt eine ereignisorientierte Handelsstrategie. Investoren spezialisieren sich auf Konkurse, Restrukturierungen, Zusammenschlüsse und Übernahmen von Unternehmen sowie Ausgliederungen von Unternehmensteilen. Obwohl die Ertragsquelle derartiger Ereignisse an sich auf unsystematischen Risiken, wie die richtige Abschätzung des Erfolgs einer Übernahme, basiert, gelten Strategien des Bereichs ED als positiv konjunkturabhängig. Dieser Zusammenhang begründet sich durch die Zyklizität von Übernahmeaktivitäten sowie Unternehmensinsolvenzen.64

Die Strategie Merger Arbitrage spekuliert auf die finanziellen Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen (Mergers) und -übernahmen (Acquisitions). Historisch betrachtet muss das übernehmende Unternehmen oft eine Übernahmeprämie zahlen, die die bisherigen Anteilseigner dazu bewegt, sich von ihren Aktien am Übernahmekandidaten zu trennen. Das Ziel der Investmentstrategie ist die Vereinnahmung dieses Aufschlags.65 Während die Wertentwicklung des zu übernehmenden Unternehmens oft durch Kursgewinne gekennzeichnet ist, fällt der Aktienkurs des übernehmenden Unternehmens während der Verhandlungsphase, sofern der Preis des Übernahmeangebots als zu hoch eingeschätzt wird oder erhoffte Synergieeffekte ausbleiben. Eine Spekulation auf das Scheitern einer Unternehmensübernahme ist durch entsprechende Verkaufspositionen gleichfalls denkbar.66

(Shareholder) Activists versuchen, über eine Minderheitsbeteiligung am Unternehmen aktiv auf ihr Investment einzuwirken, um durch Änderungsmaßnahmen Gewinne zu generieren. Dabei ist das Ziel meistens die Unternehmenswertmaximierung, von der auch die anderen Eigenkapitalgeber profitieren. Insbesondere wird das Prinzipal-Agenten-Problem bei nicht-inhabergeführten Unternehmen effizient bekämpft und die Corporate Governance verbessert.67 Allerdings werden Activists in der Öffentlichkeit vor allem für ihren kurzen Anlagehorizont kritisiert. Bravs Untersuchungen haben ergeben, dass bei feindlichen Activists die Haltedauer in 50% der Fälle maximal 319 Tage beträgt.68 Aufgrund dessen unterbleiben elementare, langfristig lohnende Investitionen. Stattdessen werden, zum Zwecke der kurzfristigen Steigerung des Unternehmenswerts und um die Ausschüttungen zu erhöhen, eine Reduzierung der Kosten durch Massenentlassungen und eine Realisierung von stillen Reserven69 vorgenommen. Darum haben Shareholder Activists in Politik und Populärmedien einen regelrecht vernichtenden Ruf, der teilweise auf die gesamte Hedgefondsbranche übertragen wird.70

Die weiteren Ausprägungen des Stils ED, Distressed Securities, High Yield, Special Situations, Regulation D / PIPEs und Asset Based Lending stellen aufgrund ihrer geringen praktischen Bedeutung keinen Teil der Arbeit dar.71

2.4.4. Tactical Trading

Der trendorientierte Stil Tactical Trading ist eine sehr heterogene Gruppe von Investmentstrategien. Ziel ist stets, ökonomische Trends frühzeitig zu erkennen und deren Einfluss auf die Finanzmärkte richtig abzuschätzen. Wichtige Vertreter sind Global Macro, Emerging Markets und Commodities.72 Die Strategie Global Macro wird häufig angesichts der Vielzahl an fundamentalen und systematischen Techniken anstelle von TT auf die Stufe der Stile gestellt.73 Global Macro Manager ziehen aus makroökonomischen Analysen Schlussfolgerungen, die zu Long- und Short-Positionen führen, wobei die Kaufpositionen in der Regel stärker ausgeprägt sind. Das Ziel ist, von langfristigen Trendwenden an Kapital-, Devisen- und Rohstoffmärkten zu profitieren.74 Prominente Vertreter dieser Strategie sind die auf den Seiten 5f. näher beschriebenen Hedgefonds LTCM sowie Quantum Fund. Im Hedgefonds-Universum nahm die Strategie Global Macro mit einem Anteil von rund 20%75 im Jahr 2010 eine bedeutende Stellung ein und zeichnete sich dabei durch eine starke Performance während der Finanzkrise aus.76 Aufgrund der niedrigen Korrelation zu den Wertentwicklungen am Aktienmarkt ging der relative Anteil der Strategie in den letzten Jahren, die von einem nahezu ständigen Aufwärtstrend am Aktienmarkt gekennzeichnet waren, etwas zurück.77 Aufgrund der Flexibilität des Managements hinsichtlich der eingesetzten Investmentinstrumente weisen Global Macro Funds traditionell eine niedrige Korrelation zum Kapitalmarkt auf.78

Hedgefonds der Strategie Emerging Markets investieren in Aktien und Renten in Schwellen- und Entwicklungsländern.79 Symptomatisch für solche Staaten sind unter anderem niedrigere Löhne und schlechtere Infrastruktur gegenüber westlichen Ländern. Investitionen in solchen Ländern sind mit hohem Wertsteigerungspotential aufgrund „fundamentale[r] Richtungsänderungen“80 sowie einem in der Regel sehr hohen jährlichen Wirtschaftswachstum verbunden. Außerdem versuchen Hedgefonds, die in Emerging Markets größeren Marktineffizienzen zu nutzen. Diese Chancen werden durch ein hohes Währungsrisiko, politische Unsicherheiten sowie intransparente und inkonsistente Bilanzierungsmethoden erkauft.81 Die Herausforderung besteht darin, die undurchsichtigen Gegebenheiten korrekt abzuschätzen, um daraus eine marktunabhängige Rendite zu erwirtschaften.

Commodity-Hedgefonds handeln vor allem mit Rohstoff-Futures und -Optionen, aber auch mit Aktien und gehen dabei sowohl Long- als auch Short-Positionen ein. Während durch Futures der direkte Handel mit Rohstoffen möglich ist, stellen Aktien lediglich eine indirekte Partizipation durch Beteiligung an den entsprechenden Unternehmen dar. Der Rohstoffhandel, insbesondere der Energiebereich, und damit auch die Bedeutung der Commodity-Hedgefonds haben in den letzten Jahren zugenommen.82

Die Global Tactical Asset Allocation (GTAA) besitzt für das Verständnis des Stils TT keine Relevanz.83

2.4.5. Relative Value

Sämtliche Relative Value Strategien sind darauf ausgerichtet, relative Bewertungsunterschiede zwischen Wertpapieren zu Arbitragezwecken84 zu nutzen, die darin bestehen, dass der aktuelle Preis eines Wertpapiers vom fairen Wert bzw. von der historischen Norm abweicht. Da die Höhe solcher Spreads nicht von der Stimmung am Markt abhängt, sind weitgehend marktunabhängige Renditen möglich, was sich in einer niedrigen Korrelation zu den Renditen klassischer Investments widerspiegelt.85 Um attraktive Erträge zu generieren, ist ein hoher Einsatz von Leverage nötig, da die Höhe der Spreads bedingt durch den zunehmenden Hochfrequenzhandel abnimmt.86

Bei der Fixed-Income-Arbitrage wird mit unterschiedlich bewerteten Zinstiteln mit ähnlichen Charakteristika, z.B. Kreditwürdigkeit, Laufzeit oder Zinszahlungsmodalität, gehandelt. Es wird darauf spekuliert, dass sich die Bewertungsdifferenzen im Zeitverlauf verringern, wodurch sodann Arbitragegewinne generiert werden.87 Die daraus resultierenden Renditen sind grundsätzlich schwankungsarm und unabhängig von Zinsänderungen. Die Strategie gibt es in zahlreichen Ausprägungen. Eine davon ist die Zinsstrukturkurven-Arbitrage (Yield Curve Arbitrage). Die Laufzeitdifferenzen von festverzinslichen Wertpapieren eines Emittenten, in der Regel Staatsanleihen, führen zu Zinsunterschieden. Diese Zinsdifferenzen stellen zwar eine Funktion der Gesamtlaufzeit dar, sind aber außerdem abhängig von der Bonität des Landes, der jeweiligen Zinspolitik der Zentralbank sowie letzten Endes vom Angebots- und Nachfrageverhalten am Kapitalmarkt. Grundsätzlich weist eine Zinsstrukturkurve aufgrund der Risikoprämie und der Liquiditätspräferenz einen positiven Verlauf in Relation zur Laufzeit auf.88 Während der Finanzkrise führte allerdings eine durch Misstrauen bedingte extreme Kreditknappheit zu einem Anstieg der Zinsen im kurzfristigen Bereich, woraus eine inverse Zinskurve resultierte.89 Zur Veranschaulichung der denkbaren Zinsstrukturen dient Abbildung 4. Ziel ist es, Fehlbewertungen auf ein und derselben Zinskurve mittels Long- und Short-Positionen auszunutzen. Hierfür hat der Hedgefonds-Manager abhängig von seiner Einschätzung des zukünftigen Verlaufs der Zinskurve folgende drei Optionen: Erwartet er ausgehend von einer normalen Zinsstruktur ein Abflachen (Yield Curve Flattener, Bewegung entlang Pfeil 1 in Abbildung 4), also eine Konvergenz der Zinsen für Anleihen langer und kurzer Laufzeit, so wird er Short-Positionen im kurzfristigen und Long-Positionen im langfristigen Bereich eingehen. Wenn der Manager dagegen auf ein Steilerwerden der Zinskurve (Yield Curve Steepener, Bewegung entlang Pfeil 2) spekuliert, geht er entgegengesetzte Positionen ein. Die dritte Möglichkeit ist der sogenannte Yield Curve Butterfly, mittels der der Manager durch entsprechende Long- oder Short- Positionen in der Mitte (z.B. im fünfjährigen Bereich) bzw. am Rand (also im ein- und zehnjährigen Bereich) von Mulden oder Hügel der Kurve profitiert.90 Die erläuterte Methodik offenbart, dass der Begriff „Arbitrage“ in diesem Zusammenhang durchaus weit ausgelegt wird, da die bloße Prognose der zukünftigen Zinsstruktur keinen risikolosen Gewinn verspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Typische Verläufe von Zinsstrukturkurven

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Becker / Peppmeier (2013), S. 23.

Neben der eben beschriebenen Strategie der Fixed-Income-Arbitrage gibt es noch die Convertible Arbitrage Strategie. Sie versucht, Bewertungsineffizienzen bei Wandelanleihen zu nutzen. Eine Wandelanleihe besteht einerseits aus der festverzinslichen Anleihe einer Aktiengesellschaft und andererseits aus einer eingebetteten Option auf den Umtausch in eine Aktie des Emittenten. Der Wert der Wandelanleihe ergibt sich folglich aus beiden Bestandteilen, sodass der Kurs sowohl von dem gerade geltenden Marktzins und von der Emittentenbonität als auch vom aktuellen Aktienkurs abhängt. Daraus resultiert ein asymmetrisches Risiko-Rendite-Verhältnis, dessen Auszahlungsprofil dem einer Call-Option91 ähnelt. Oft entspricht der Preis der Wandelanleihe als Summe der einzelnen Komponenten aufgrund komplexer Strukturen nicht ganz ihrem theoretischen Wert, sodass durch Kauf der Wandelanleihe und Leerverkauf der zugrunde liegenden Aktie Arbitragemöglichkeit besteht.92

Die Funktionsweise der Split-Strike Conversion und des Volatility Trading spielt im Bereich des RV nur eine untergeordnete Rolle.93

2.5. Verzerrungsproblematik von Hedgefonds-Indizes

2.5.1. Herkunft der Verzerrungen

Um ein möglichst umfassendes Bild der Hedgefondsbranche zu erlangen, werden in der wissenschaftlichen Literatur, so auch in dieser Arbeit, Hedgefonds-Indizes als Vergleichsmaßstab und Berechnungsgrundlage herangezogen.94 Dabei können Verzerrungen (Biases) auftreten, die zwar auf die Indexierung von Fonds allgemein zurückzuführen sind, aber ihre Wirkung in besonderem Maße in der Hedgefondsbranche entfalten. Deshalb ist die Verwendung von Hedgefonds-Indizes für eine strategische Asset Allocation nur sinnvoll, wenn mögliche Verzerrungen berücksichtigt werden.95 Sie rühren allesamt daher, dass die in den verschiedenen Datenbanken aufgenommenen Hedgefonds unvollständig sind, da es eben keinen zentralen Datenpool gibt, dem verpflichtend alle Performancegrößen gemeldet werden müssen. Infolgedessen bleibt der Gesamtmarkt an Hedgefonds sowie deren zugehörige Performance zu einem bestimmten Grad unbekannt.96 Die daraus resultierenden Probleme werden in Self-Selection, Survivorship und Backfill Bias unterschieden, die in den folgenden Kapiteln näher beschrieben werden.

2.5.2. Self-Selection Bias

Hedgefonds unterliegen keinerlei Regularien, die ihnen die Publizierung ihrer Wertentwicklung vorschreibt. Dennoch entscheiden sich einige Hedgefonds-Manager dazu, ihre historische Performance auf freiwilliger Basis regelmäßig an ausgewählte Datenbanken zu berichten. Um das Ausmaß der Self-Selection Bias einschätzen zu können, sollte man die Beweggründe für eine freiwillige Berichterstattung kennen. Das Motiv hinter einer Offenlegung der eigenen Performance ist im Marketing zu sehen, da die Reputation durch die Präsenz in mehreren Datenbanken aufgewertet wird.97 Einerseits dürften deshalb vor allem kleine und unbekannte Hedgefonds berichten, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Die großen, erfolgreichen Fonds dagegen benötigen diese Kommunikationspolitik nicht mehr, sodass die Indexrendite nach unten verfälscht wird.98 Andererseits werden Manager mit einer schwachen historischen Performance den Vergleich mit der Branche meiden und daher auf eine Berichterstattung verzichten. Der Nettoeffekt der Self-Selection Bias ist folglich als gering einzustufen.99

2.5.3. Survivorship Bias

Die Survivorship Bias entsteht, wenn eine Datenbank lediglich die zum Stichtag operativ tätigen, überlebenden Fonds in die Kalkulation mit einbezieht, während die gescheiterten Fonds von der Indexberechnung ausgeschlossen werden. Die abgebildeten Hedgefonds müssen demnach zunächst einmal bis zum Stichtag überlebt haben, um berücksichtigt zu werden, was von Haus aus die historisch inferioren Fonds außen vor lässt. Dieses Problem ist mit dem Eintritt des Hedgefonds in eine Datenbank verbunden.100 Auch bei Austritt besteht Verzerrungsgefahr, die in einem Abbruch der freiwilligen Berichterstattung begründet und daher eng mit der Self-Selection Bias verzahnt ist. In 60% der Fälle geht dem Verschwinden eines Hedgefonds dessen unterdurchschnittliche Wertentwicklung voraus.101 Der Hedgefonds stellt sodann die Publikation ein, obwohl bis zur Liquidation noch einige weitere erfolglose Monate vergehen. Dadurch repräsentiert der Index nicht das volle Ausmaß der Verluste, die die Investoren hinnehmen mussten. Die Exklusion dieser Fonds aus der Stichprobe führt im Vergleich zum tatsächlichen Hedgefondsmarkt zu einer positiven Verzerrung der Wertentwicklung. Außerdem werden Standardabweichung, Schiefe und Wölbung unterschätzt, da jeweils die schlechtesten Hedgefonds herausfallen, sodass insgesamt die Rendite überschätzt und das Risiko unterschätzt wird.102 Für eine Einschätzung der Survivorship Bias wäre die durchschnittliche Lebensdauer von Hedgefonds interessant. Hilpold / Kaiser (2013) kommen in einer Analyse auf eine strategieübergreifende, gemittelte Lebenserwartung von 5,84 Jahren, wobei einzelne Fonds bereits im ersten Monat untergehen.103 Der Grund für den hohen Schwund könnte unter anderem in der starken Betonung der alpha-lastigen Performance in Verbindung mit der Performancepersistenz liegen. Demzufolge werden die Ursachen enttäuschender Wertentwicklung in erster Linie im Missmanagement gesehen, sodass Zeichnungen unterbleiben und Kundengelder im Zweifel abgezogen werden. Aufgrund dessen werden enttäuschende Hedgefonds kurzerhand aus dem Index entfernt. Während in der Investmentfondsbranche die Underperformer den Index also für geraume Zeit nach unten korrigieren, werden in Hedgefonds-Indizes nur die dauerhaft stabilen Fonds abgebildet.104 Infolgedessen liegt der Effekt der Survivorship Bias, der bei Investmentfonds-Indizes auf 0,5% bis 1,4% beziffert wird, bei Hedgefonds signifikant höher.105 Die Wertverzerrung wird je nach zugrunde gelegter Untersuchung und ausgewerteter Datenbank mit 0,16% bis 6,22% bewertet, wobei sich der Mittelwert der Schätzungen auf 2,26% beläuft.106

Obwohl die Verzerrung gravierend scheint, kann sie mit einem einfachen Schachzug erheblich reduziert werden: Die ausgeschlossenen Fonds sollten nicht aus der Datenbasis entfernt werden, sondern mit dem zuletzt gemeldeten Kursstand fortgeführt werden.107 Diese Methodik wird inzwischen von Eurekahedge und auch anderen Datenanbietern angewandt.108

2.5.4. Backfill Bias

Wenn ein Hedgefonds in einem Index neu aufgenommen wird, werden in der Regel die vorhergegangenen historischen Renditen des Fonds nachgetragen, um eine vollständige Datenreihe zu erhalten, was die Backfill Bias hervorruft.109 Zum einen wird angenommen, dass die Kurshistorie erfolgreicher Fonds eher berücksichtigt wird, als die erfolgloser Fonds, da die schlecht abschneidenden Hedgefonds auf eine Preisgabe ihrer vergangenen Performance eher verzichten.110 Diese Ursache ist mit der Self-Selection Bias verwandt. Außerdem müssen im Index aufgenommene Hedgefonds zunächst bis zum Eintrag überlebt haben, um berücksichtigt zu werden. Folglich können auch nur die vergangenen Kursreihen der besseren Fonds berücksichtigt und in der Index-Kurshistorie nachgetragen werden, was in engem Zusammenhang zur Survivorship Bias steht.111

Zum anderen unterliegen die gemeldeten zurückreichenden Daten, wenngleich sie grundsätzlich testiert werden, innerhalb eines gewissen Spielraums der Willkür des Fondsmanagements. Es kann bspw. den Zeitraum des Reportings so anpassen, dass schlechte Perioden ausgeklammert werden.112

Die Backfill Bias führt zu einer Überschätzung der Wertentwicklung, deren Höhe quellenabhängig auf bis zu 1,48% beziffert wird.113 Das Ausmaß der Verzerrung kann wiederum deutlich reduziert werden. In der Literatur kursieren hierzu zwei Ansätze. Erstens kann man die ersten 12 oder 24 Monatsrenditen aller Datenreihen pauschal eliminieren. Die zweite Möglichkeit ist, sämtliche Performancewerte jedes Index, die weiter zurückliegen als die Gründung der Datenbank, unberücksichtigt zu lassen.114 In manchen Fällen führt das zu einem Datenverlust, der andere Probleme mit sich bringt. In dieser Arbeit werden beide Methoden zur Datenbereinigung angewandt ohne einen nennenswerten Informationsverlust hervorzurufen, da der Indexanbieter Eurekahedge 2002 gegründet wurde und die Dokumentation der Datensätze Anfang 2000 beginnt. Relevant ist jedoch der zugrundeliegende Untersuchungszeitraum, der erst im August 2003 beginnt. Es kann also in der vorliegenden Untersuchung von einer geringen Backfill Verzerrung ausgegangen werden.

2.6. Alternative Investitionsmöglichkeiten für Privatanleger

2.6.1. Einordnung

Aufgrund gesetzlicher Beschränkungen und hoher Mindestanlagesummen ist die bisherige Betrachtung für den Privatanleger eher theoretischer Natur. Es gibt allerdings eine Reihe für einen Privatanleger in Betracht kommender Möglichkeiten, auf Umwegen in Hedgefonds zu investieren, die im Folgenden beschrieben werden sollen. Abbildung 5 liefert einen Überblick.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 : Investitionsalternativen für Privatanleger

Quelle: eigene Darstellung.

2.6.2. UCITS-Hedgefonds

Die Verwendung des Akronyms „UCITS“ schließt sich in Verbindung mit der direkten Anlage in Hedgefonds grundsätzlich aus, allerdings gibt es Ausnahmen. Nicht alle Hedgefonds fallen in den Regulierungsbereich der Spezial-AIF. Insgesamt geht in Europa der Trend hin zu regulierten „Onshore-Produkten“.115 Einige jüngst gegründeten Hedgefonds bieten ihre Investmentstrategie mittlerweile als Sondervermögen in einer OGAW-Struktur an. Entsprechende Fonds bewegen sich zwar im Rahmen der OGAW-Richtlinie, nutzen aber mit Hedgefonds assoziierte Strategien. Dabei muss allerdings differenziert werden: Während liquide, auf Aktien oder Futures fußende Strategien, bspw. Global Macro, oft in einen OGAW umstrukturiert werden können, sind illiquide Strategien, wie Convertible Arbitrage ungeeignet, um als OGAW aufgesetzt zu werden.116

[...]


1 Vgl. Bruder, Benjamin et al. (2011), S. 1.

2 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 218ff.

3 Vgl. Ineichen (2003), S. 179.

4 Vgl. Loomis (1966), S. 237.

5 Vgl. Mader (2008), S. 7f.

6 Vgl. unter anderen Tomski (2011), S. 11.; Weinwurm (2005), S. 6f; Kaiser (2009), S. 18ff.

7 Vgl. Bookstaber (2007), S. 19.

8 Vgl. ebd. (2007), S. 19.

9 Vgl. Cottier (2000), S. 15ff., Kaiser (2009), S. 5f., Heidorn et al. (2007), S. 4.

10 AIF = Alternativer Investmentfonds. Ein Spezial-AIF ist ein Investmentvermögen, welches nicht die Bedingungen der OGAW-Richtlinie erfüllt, Vgl. KAGB, § 1, Abs. 3. OGAW = Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, Vgl. KAGB, § 1, Abs. 2.

11 KAGB (2013), § 283.

12 Vgl. ebd. (2013), § 283.

13 Vgl. ebd. (2013), § 1, Abs. 19.

14 Vgl. ebd. (2013), § 283, Abs. 1.

15 Vgl. Ineichen (2003), S. 6 und Brown et al. (1998), S. 3.

16 Die Limited Partnership ist eine amerikanische Rechtsform, die mit der deutschen Kommanditgesellschaft vergleichbar ist.

17 Vgl. Kaiser (2009), S. 6.

18 Loomis (1966), S. 237.

19 Vgl. Ineichen (2003), S. 7.

20 Vgl. Kaiser (2009), S. 10.

21 Vgl. ebd. (2009), S. 10f.

22 Vgl. Johanning / Werner (2005), S. 381.

23 Vgl. Wentrup (2009), S. 92f.

24 Vgl. Kaiser (2009), S. 14.

25 Vgl. Graef (2008), S. 102ff.

26 Vgl. Kaiser (2009), S. 17f.

27 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 255f.

28 Vgl. ebd. (2013), S. 255.

29 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 65ff.

30 Vgl. Cazalet / Zheng (2014), S. 5.

31 Vgl. Gülener (2012), S. 6f.

32 Vgl. Bruns / Meyer-Bullerdiek (2013), S. 65ff.

33 Vgl. Hornberg (2006), S. 51.

34 UCITS = Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities

35 Vgl. KAGB (2013), §§ 192ff.

36 Vgl. ebd. (2013), § 199 und § 205.

37 Vgl. ebd. (2013), §§ 164ff.

38 Vgl. Garbaravicius / Dierick (2005), S. 11f.

39 Vgl. Wentrup (2009), S. 46.

40 Vgl. KAGB (2013), § 1, Abs. 6. Ob diese Entwicklung im Sinne einer zu stärkenden Eigenverantwortlichkeit der richtige Weg ist, wird hier nicht erörtert, kann aber in einschlägigen Diskussionen verfolgt werden. Vgl. www.derivateverband.de (2014).

41 Vgl. BaFin (2014), S. 188.

42 Vgl. Weinwurm (2005), S. 8.

43 Vgl. Mader (2008), S. 9.

44 Vgl. Ammann et al. (2013), S. 248.

45 Die Random Walk Hypothese wird im dritten Kapitel ausführlich beleuchtet.

46 Vgl. Brown / Goetzmann (1995), S. 679.

47 Vgl. Ammann et al. (2013), S. 248.

48 Vgl. Kaiser (2009), S. 18ff. und Brown et al. (1998), S. 8.

49 Vgl. Kaiser (2009), S. 54. Eine High-Watermark-Mark wird zum Stand von 2007 von 92% aller Hedgefonds angewandt, während die Hurdle-Rate nur bei 14% Anwendung findet, was durch die Präferenzen der Investoren erklärbar ist. Vgl. Kaiser (2007), S. 92.

50 Vgl. Bessler et al. (2005), S. 23.

51 Vgl. Kaiser (2009), S. 18ff.

52 Vgl. ebd. (2009), S. 47.

53 Vgl. ebd. (2009), S. 18ff.

54 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 13.

55 Vgl. Kaiser (2009), S. 79.

56 Vgl. ebd. (2009), S. 79.

57 Dabei verwendet Eurekahedge für den Stil TT die Strategiebezeichnung Global Macro. Genau genommen ist Global Macro aber nur eine Substrategie des Stils TT, wenn auch die bedeutendste. Vgl. www.eurekahedge.com (2015 d).

58 Vgl. Fung / Hsieh (2006), S. 1.

59 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 14.

60 Vgl. Fung / Hsieh (2004), S. 70.

61 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 98.

62 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 97f.

63 Hinausgehende Informationen sind in Kaiser (2009), S. 84ff. zu finden.

64 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 233.

65 Vgl. ebd. (2013), S. 229f.

66 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 229f.

67 Vgl. Herter (2008), S. 14ff.

68 Vgl. Brav et al. (2008), S. 1747. Im Gegensatz dazu beschreibt Kaiser (2009) die Activist-Strategie als langfristige long-only Buy-and-Hold-Strategie. Vgl. Kaiser (2009), S. 99. Entsprechend kommen in der Praxis beide Investmenthorizonte vor.

69 Dies geschieht typischerweise durch Sale and Lease Back von noch zu Anschaffungskosten bilanzierten Immobilien. Vgl. Kaiser (2009), S. 98.

70 An dieser Stelle sei auf die von Franz Müntefering angestoßene und oft pauschalisierte Heuschreckendebatte verwiesen. Vgl. SPD (2005).

71 Diese Strategien können aber in Kaiser (2009), S 92ff. nachgelesen werden.

72 Im Kontrast zu Kaiser (2009) wird von der Eingliederung der Managed Futures unter TT abgesehen, da diese Art alternativer Investments sich zu sehr von Hedgefonds unterscheidet, um überhaupt als ein solcher deklariert zu werden. Diese Unterscheidung steht im Einklang mit der Fachliteratur, Vgl. Ineichen (2003), S. 180, Qureshi / Heiden (2010) und Schneeweis / Spurgin (1998).

73 Vgl. van der Zwan, Mark (2011), S. 47ff.

74 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 154.

75 Vgl. ebd. (2013), S. 155.

76 Vgl. www.eurekahedge.com (2015 d).

77 Vgl. www.eurekahedge.com (2015 b).

78 Vgl. van der Zwan, Mark (2011), S. 46.

79 Hierzu gehören gemäß der Definition der Weltbank 55 Länder mit einem Pro-Kopf-Bruttonationalprodukt zwischen 4.125 USD und 12.746 USD. Vgl. World Bank (2015).

80 Kaiser (2009), S. 110.

81 Vgl. Ineichen (2003), S. 349.

82 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 179ff.

83 Weiterführende Informationen können Kaiser (2009), S. 112 entnommen werden.

84 Als Arbitrage wird der Vorgang bezeichnet, der einen auf Bewertungsdifferenzen auf verschiedenen Märkten zurückzuführenden risikolosen Gewinn generiert. Vgl. Beike / Schlütz (2010), S. 492.

85 Vgl. Ineichen (2003), S. 212.

86 Vgl. Morgan (2013), S. 383ff.

87 Vgl. Ineichen (2003), S. 199f.

88 Vgl. Benesch / Schuch (2013), S. 79.

89 www.bundesbank.de (2008), S. 28.

90 vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 135.

91 Das Auszahlungsprofil einer Call-Option ergibt sich durch ein unbegrenztes Wertsteigerungspotential bei limitiertem Maximalverlust.

92 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 19.

93 Für den interessierten Leser wird wiederum auf Kaiser (2009), S. 121f. verwiesen.

94 Vgl. Fung / Hsieh (2009), S. 36.

95 Vgl. Kaiser / Haberfelner (2011), S. 39.

96 Vgl. ebd. (2011), S. 39.

97 Vgl. Kaiser (2009), S. 205.

98 Vgl. Fung / Hsieh (2009), S. 38.

99 Vgl. Fung / Hsieh (2000), S. 299.

100 Vgl. Bessler et al. (2005), S. 24f.

101 Vgl. Fung / Hsieh (2000), S. 294ff.

102 Vgl. Kaiser (2009), S. 208.

103 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 16.

104 Vgl. Bessler et al. (2005), S. 24f.

105 Vgl. Ineichen (2003), S. 110.

106 Vgl. Kaiser (2009), S. 209.

107 Vgl. Brown et al. (1998), S. 2f.

108 Vgl. www.eurekahedge.com (2015 c).

109 Vgl. Fung / Hsieh (2000), S. 298.

110 Vgl. Bessler et al. (2005), S. 27.

111 Vgl. Mader (2005), S. 133.

112 Vgl. ebd. (2005), S. 133.

113 Vgl. Bessler et al. (2005), S. 27 und Aggarwal / Jorion (2010), S. 71.

114 Vgl. González et al. (2014), S. 8 und Bessler et al. (2005), S. 27.

115 Hilpold / Kaiser (2013), S. 255f. Onshore bezeichnet dabei einen innereuropäischen Unternehmenssitz des Hedgefonds, mit welchem sich der Manager freiwillig der OGAW-Richtlinie unterwirft. Vgl. Kaiser (2009), S. 38.

116 Vgl. Hilpold / Kaiser (2013), S. 256.

Ende der Leseprobe aus 92 Seiten

Details

Titel
Empirische Analyse von Hedgefonds im Kontext der Portfoliooptimierung
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, früher: Berufsakademie Ravensburg  (BWL Bank)
Veranstaltung
Kapitalmarkttheorie
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
92
Katalognummer
V321494
ISBN (eBook)
9783668209107
ISBN (Buch)
9783668209114
Dateigröße
1728 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hedgefonds, Hedge Funds, hedge, funds, portfolio, optimierung, portfoliooptimierung, asset, allocation, asset allocation, markowitz, efficient frontier, efficient, frontier, effizienzlinie, fonds, investment, investmentfonds, performance, risiko, rendite, kapitalmarkttheorie, varianz, semivarianz, etf, exchange traded, diversifikation, empirisch
Arbeit zitieren
Patrick Beetz (Autor:in), 2015, Empirische Analyse von Hedgefonds im Kontext der Portfoliooptimierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321494

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