Die Deutsche Demokratische Republik. Zur Opposition von Ideologie der Frauenemanzipation und gesellschaftlicher Realität


Seminararbeit, 2015

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Die „ideale“ Frau in Opposition zwischen Politik und Gesellschaft
2.2. Der Einfluss der sozialistischen Frauenbewegungen
2.3. Frauen- und Familienpolitik
2.4. Die Entwicklung nach dem Mauerfall

3. Resumée

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Gleichberechtigung der Frauen mit den Männern gehörte in der DDR von Beginn an zu den offiziellen Zielen der sozialistischen Gesellschaftspolitik. Östlich der Berliner Mauer galt die Emanzipation der Frauen mit der Einbindung in den Arbeitsmarkt als gewährleistet. Grund für die Ermöglichung der Berufsausübung für Frauen war dabei in erster Linie die wirtschaftliche Lage des Staates.1 Offiziell wurde Frauen, insbesondere Müttern, die Gleichberechtigung garantiert. Allerdings hatten diese sich nicht mehr nur um die ehelichen und mütterlichen Pflichten zu kümmern, sondern auch noch um die berufliche Pflicht. Der Haushalt und die Kindererziehung war trotz propagierter Gleichberechtigung eine Angelegenheit der Frauen.2

In dieser Arbeit möchte ich die These beweisen, dass die Ideologie der Frauenemanzipation in starker Opposition zur gesellschaftlichen Realität stand. Dies basiert auf der Annahme, dass die Regierung der SED die Frauen zwar als Arbeitsressource gewinnen wollte, aber an der realistischen Durchsetzung der Emanzipation kein Interesse hatten.

Einerseits konnten Frauen im Normalfall weder beruflich aufsteigen, noch waren sie familiär dem Ehemann gleichgestellt. Andererseits aber war die Einbindung in den Arbeitsmarkt für die Frauenemanzipation, nach dem zweiten Weltkrieg ein bedeutungsvoller Schritt nach vorne.3

Im ersten Teil meiner Arbeit möchte ich mich der Rolle der „idealen“ Frau in der DDR widmen. Befassen werde ich mich ausschließlich mit der durchschnittlichen, berufstätigen Mutter aus der Mittelschicht. Ein Hauptaugenmerk wird hierbei auf die Doppelbelastung der Frauen gelegt und wie die politisch getroffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Frauen gesellschaftlich umgesetzt wurden – oder auch nicht.

Im zweiten Teil meiner Arbeit wird es einerseits um die Frauenbewegungen und die politischen Forderungen und Einflussnahme gehen. Besonders der Deutsche Frauenverband Deutschlands und die diversen Frauengruppen der 80er Jahre, werden für meine Arbeit von Bedeutung sein.

Um die Entwicklung der Situation sowie die Unterschiede zwischen der Emanzipation als politische Ideologie und der gesellschaftlichen Sozialisation erarbeiten zu können, werde ich andererseits Gesetzestexte vergleichen und analysieren. Aus Platzgründen werde ich mich hierbei zum Großteil auf die Verfassungstexte von 1949 und 1968 beschränken.4

Den dritten und letzten Teil meiner Arbeit möchte ich der Zeit nach 1989, also nach dem Fall der Berliner Mauer widmen. Das Hauptaugenmerk wird hierbei auf die Rückschläge der „Ost-Frauen“ und die Verbesserungen der „West-Frauen“, bezüglich der Emanzipation, gelegt.5

Die Aktualität dieses Themas ist ein sehr wichtiger Bestandteil meiner Motivation, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Zum einen war der 25-jährige Jahrestag des Falls der Berliner Mauer ausschlaggebend für meine Themenwahl, zum anderen ist die Frage der Frauenemanzipation ein Thema, das die Historikerinnen und Historiker in den nächsten Jahren noch sehr beschäftigen wird.

Da die DDR für die Deutsche Geschichte sehr prägend war, gibt es sehr viel Literatur darüber. Auch über Gleichberechtigung gibt es eine große Anzahl an Dokumentationen, Wahlplakaten, Zeitungsberichten und Interviews mit vielen Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Obwohl ich vermute, dass es in Österreich nur wenig Material gibt scheint der Forschungsstand sehr hoch zu dieser Thematik.

2. Hauptteil

2.1. Die „ideale“ Frau in Opposition zwischen Politik und Gesellschaft

Die Berufstätigkeit galt als einer der zentralsten Alltagsaspekte in der DDR. Die Verfassung garantierte jedem Bürger und jeder Bürgerin ein „Recht auf Arbeit […] entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen“.6 Dieses Recht schloss aber zugleich die Pflicht zur Arbeit ein. Widersetzte man sich dieser Pflicht, drohte § 249 des Strafgesetzbuches Anwendung zu kommen, demzufolge eine „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“ mit einer Geldstrafe geahndet wurde oder sogar eine Haftstrafe drohte. Der permanente Mangel an Arbeitskräften, welcher die Wirtschaftssituation vor allem in den Anfangsjahren der DDR bestimmte, war der Grund, warum es die Angst vor der Arbeitslosigkeit nicht gab. Die Sicherheit seinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren, wurde vom SED-Staat garantiert und politisch unterstützt.7 Frauen (mit und ohne Kindern) galten in der Berufswelt als vollständig integriert und trugen somit dazu bei, ein neues Bild der Gesellschaft zu bilden. Die Berufstätigkeit der Frauen in der DDR lag erzieherischen, ideologischen und ökonomischen Intentionen zu Grunde. Da viele Männer im Krieg gefallen waren und eine enorme Auswanderungswelle auf den neu gegründeten Staat erfolgte, war die Frauenarbeit ein wichtiger Teil des Wirtschaftsaufbaus der DDR. Ein wichtiger ideologischer Grundsatz der SED-Ideologie war, dass man Menschen am besten durch Arbeit erziehen könne.8

Neben der Arbeit war die Familie ein zweiter wichtiger Aspekt der DDR-Sozialisation. Eine Familie zu gründen brachte in der DDR große Vorteile mit sich. Zum einen erhielt jedes verheiratete Ehepaar ab 1972 einen zinsfreien Ehekredit, welcher nur bei einer kinderlosen Ehe vollständig zurückgezahlt werden musste und zum anderen war es als verheiratetes Paar leichter eine Wohnung und eine Arbeitsstelle im gleichen Ort zu bekommen.9

Obwohl 1949 bereits 40 % der Frauen erwerbstätig waren, war die Rollenverteilung innerhalb der Familie sehr klassisch und konservativ. Trotz der rechtlich gewährleisteten Gleichstellung zwischen Frauen und Männern, waren Frauen sowohl für den Haushalt als auch für die Kindererziehung weitgehend allein verantwortlich. Neu zu dieser Zeit war, dass sich Mütter nun zusätzlich auch der beruflichen Pflicht zu stellen hatten.10 Der Beruf der Hausfrau wurde erst ab dem dritten Kind akzeptiert. Bei weniger Kindern wurde die Mutterrolle zwar gefördert, wurde aber nicht als „sinnvoller Beitrag zur Gesellschaft“11 angesehen und galt als nicht-gesellschaftskonformes Verhalten. Um den Frauen die Vereinbarkeit der beruflichen, familiären und ehelichen Pflichten ermöglichen zu können, war die SED gezwungen, sie bei der alltäglichen Haus- und Reproduktionsarbeit möglichst adäquat zu unterstützen. Ziel war es, den Arbeitsplatz zum Zentrum des sozialen und gesellschaftlichen Lebens zu machen. Staatlich geförderte Ganztages-Kinderbetreuungseinrichtungen sowie gesetzliche Regelungen sollten Frauen, insbesondere den Müttern, ermöglichen, vollständig in die Berufswelt eingebunden zu werden.12 Textilreinigung sowie Kochen wurde Teil wirtschaftlicher Dienstleistungszweige.

Da das gesellschaftliche Leben nun zum Großteil am Arbeitsplatz oder in der Ausbildungsstätte sowie für Kinder in staatlich eingerichteten Betreuungs- und Freizeitanlagen stattfand, war eine gewisse „Entfremdung“ der Familie die logische Konsequenz. Gegessen wurde nur sehr selten gemeinsam mit der ganzen Familie. Dienstleistungsangebote ermöglichten es, dass die Kinder in der Krippe oder Ganztagesschule versorgt wurden und die berufstätigen Eltern konnten meist in sogenannten Gemeinschaftsküchen essen. Auch wenn solche Angebote geschaffen wurden, um Frauen die Haushaltsführung zu entlasten, war es für das Familienleben nicht förderlich.13

Obwohl aus den Quellen nicht eindeutig hervorgeht, inwiefern sich die Familienstruktur der DDR negativ auf das familiäre Zusammenspiel ausgewirkt hat, ist eine enorm hohe Scheidungsrate zu erkennen. Über 42% der geschlossenen Ehen wurden innerhalb der ersten 5 Jahre wieder geschieden. Das durchschnittliche Alter für eine Eheschließung lag bei Frauen zwischen 21 und 23 Jahren. Diese Doppelbelastung, die aus dem Familienleben und dem Beruf erwuchs, sei – so Klaus Schröder – ein oftmaliger Grund gewesen, warum so viele Ehen nicht gehalten haben.14 Aber auch eine Form von Minderwertigkeitskomplexen, welche die nunmehr finanziell „unabhängigen“ Frauen bei den Ehemännern auslösten war ein häufiger Scheidungsgrund. Berufstätigkeit von Frauen wurde häufig als Provokation empfunden. Zugleich galten alleinerziehende Mütter, ob geschieden oder durch den Krieg verwitwet, in der DDR in der Sozialisation als durchaus angesehen und wurden politisch sowie gesellschaftlich unterstützt.15

Zusammenfassend lässt über die theoretische und realistische Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen festhalten. Zwar forderte bereits die erste Verfassung der DDR von 1949 die Gleichheit der Geschlechter, dies bezog sich aber vor allem auf den Arbeitsmarkt und die demographische Entwicklung. Die familien-internen, gesellschaftlichen und beruflichen Rollenverteilungen zeigen allerdings, dass die gesellschaftliche Realität nicht der politischen Forderung entsprach.16 Obwohl die Frauenerwerbsquote in den 40 Jahren des Bestehens der DDR enorm anstieg (1949 arbeiteten 40% der Frauen, im Jahr 1967 ca. 70% und 1988 sogar über 90% der Frauen im arbeitsfähigen Alter) waren die Führungspositionen fast ausschließlich von Männern besetzt. Am besten lassen sich die Karrierechancen der Frauen mit einer Pyramide vergleichen: Ganz unten spielten die Frauen in der Arbeitsmarkt-Pyramide eine sehr große Rolle. Auch in mittleren Positionen waren sie zum Teil sehr gut vertreten. An der Spitze der Pyramide hatten sie allerdings nur einen sehr kleinen Prozentanteil.17

Aber auch im privaten Sektor lässt sich – folgt man den vorhandenen Studien – keine real bestehende Gleichberechtigung feststellen. Zwar wurde die Haushaltsführung durch diverse Dienstleistungsangebote erleichtert, trotzdem war es, gesellschaftlich und politisch gesehen, die Aufgabe der Ehefrauen und Mütter einzukaufen, den restlichen Haushalt zu versorgen und die Kinder von der Krippe abzuholen.18 Trotz aller politisch intensiven Propaganda und der offiziell verbreiteten SED-Ideologie waren die Frauen in der DDR Teil einer männlich dominierten Gesellschaft.19

2.2. Der Einfluss der sozialistischen Frauenbewegungen

Schon vor der Gründung der DDR schlossen sich mehrere politisch aktive Frauenausschüsse zum „Demokratischen Frauenbund Deutschlands“ (kurz: DFD) zusammen. Der DFD wurde zu einem Agitationsinstrument, welcher von Anfang an unter Obhut der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) stand.20

Auf eine breite Popularität dieser sogenannten „1. Frauenbewegung“ lässt sich der Umstand schließen, dass sich der DFD bereits am Anfang der 1950er Jahre als „Massenorganisation“ definierte, welcher die Millionengrenze mit 1,6 Millionen Mitgliedern weit überschritten habe. Aufgrund der Einflussnahme durch die SED konnten diverse Betriebsfrauenausschüsse, welche vom DFD gegründet wurden, zu einer Verbesserung der realen Arbeitsbedingungen und der praktischen Umsetzung der frauenspezifischen gesetzlichen Regelungen beitragen. Gleichzeitig sollte in enger Zusammenarbeit mit der SED die Massenorganisation in erster Linie von der „Richtigkeit der Frauenpolitik von Partei und Staat“ überzeugen. Den Höhepunkt der Einflussnahme erreichte der DFD mit der Verfassungsänderung im Jahr 1968. Mit den von ihr geforderten Maßnahmen – u.a. die berufliche Qualifizierung erwerbstätiger Frauen, die Verbesserung des Mutterschutzes sowie das bezahlte Babyjahr und der Ausbau der Kindereinrichtungen – hatten die Frauenpolitik am Ende der DDR-Zeit gemessen am europäischen Vergleich tatsächlich einen hohen Stand erreicht.21

Diese, auf den ersten Blick positiven, Forderungen des DFD konsolidierten ein prägendes Frauenleitbild, demzufolge die Frauen die Doppelbelastung ohne Probleme meistern könnten. Salopp formuliert wurde die allgemeine Frauenpolitik auf eine „Muttipolitik“ reduziert.

[...]


1 Vgl. SCHROEDER Klaus, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR 1949-1990. Köln 2013, p. 80.

2 Vgl. DROBNIG Ulrich, Ideologie, Recht und Wirklichkeit der Familie in der DDR, In: Jahrbuch für Ostrecht, München 1967, p. 157.

3 Vgl. GROSSEKATHÖFER David, Es ist ja jetzt Gleichberechtigung: die Stellung der Frau im nachehelichen Unterhaltsrecht der DDR, Köln / Wien 2003, p. 68.

4 Vgl. SCHROEDER, SED-Staat, p. 79, 176.

5 Vgl. ebda. p. 385.

6 Vgl. WANGERIN Claudia, Die DDR und ihre Töchter. Berlin 2010, p. 72.

7 Vgl. SCHROEDER, SED-Staat, p. 677.

8 Vgl. ebda. p. 692.

9 Vgl. WANGERIN, DDR, p. 91.

10 Vgl. WANGERIN, DDR. p. 75.

11 Vgl. KOCH Petra / KNÖBEL Hans Günther, Familienpolitik der DDR im Spannungsfeld zwischen Familie und Berufstätigkeit von Frauen. Band 7. Pfaffenweiler 1988, p. 58. (= Reihe Sozialwissenschaften).

12 Vgl. WANGERIN, DDR, p. 75.

13 Vgl. KUHRIG Herta / SPEIGNER Wulfram, Zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in der DDR. Leipzig 1978, p. 96f.

14 Vgl. SCHROEDER, SED-Staat. p. 694.

15 Vgl. WANGERIN, DDR, p. 156.

16 Vgl. SCHROEDER, SED-Staat, p. 692.

17 Vgl. LUDZ Peter C., Die DDR zwischen Ost und West. Politische Analysen 1961 bis 1976. München 1977, p. 58ff.

18 Vgl. KOCH / KNÖBEL, Familienpolitik, p. 58.

19 Vgl. ebda. p. 60.

20 Vgl. BOUILLOT Corinne, Auferstanden aus Ruinen, URL: http://www.bpb.de/gesellschaft/gender/frauenbewegung/35279/neuanfang-im-osten?p=0 [Abruf: 13.02.2015].

21 Vgl. WANGERIN, DDR, p. 76.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Deutsche Demokratische Republik. Zur Opposition von Ideologie der Frauenemanzipation und gesellschaftlicher Realität
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Geschichte)
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V321303
ISBN (eBook)
9783668204850
ISBN (Buch)
9783668204867
Dateigröße
619 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DDR, SED, Arbeitsressource, Gleichberechtigung, Emanzipation, Arbeitsmarkt, Sozialismus
Arbeit zitieren
Petra Wiesenhofer (Autor:in), 2015, Die Deutsche Demokratische Republik. Zur Opposition von Ideologie der Frauenemanzipation und gesellschaftlicher Realität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321303

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