Der Unterricht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Individuelle Bezugsnormorientierung und ihre Auswirkungen auf die Schülermotivation


Examensarbeit, 2016

73 Seiten, Note: 8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Motiv und Motivation
1.1. Motiv
1.2. Motivation
1.2.1. Intrinsische Motivation
1.2.2. Extrinsische Motivation

2. Leistungs- und Lernmotivation
2.1 Leistungsmotivation
2.1.1. Risiko-Wahl-Modell
2.1.2. Attributionstheorie
2.1.3. Selbstbewertungsmodell
2.2 Lernmotivation
2.2.1. intrinsische Lernmotivation
2.2.2. Extrinsische Lernmotivation
2.2.3. Gegenüberstellung der extrinsischen und der intrinsischen Lernmotivation
2.2.4. Selbstbestimmungstheorie

3. Bezugsnormorientierung
3.1 Kriteriale bzw. sachliche Bezugsnorm
3.2 Soziale Bezugsnorm
3.3 Individuelle Bezugsnorm

4. Auswirkungen der individuellen Bezugsnormorientierung auf die Schülermotivation

5. Verbale Beurteilung
5.1. Lehrerkommentare zu Noten
5.2. Schülerselbstbewertung

6. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
6.1. Definition
6.2. Herkunftsland Afghanistan
6.3. Aufnahmeland Deutschland
6.4. Psychosoziale Entwicklung

7. Schlussbetrachtung

8. Anhang

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

0. Einleitung

Die Grundlage für jedes Lernen ist die Motivation. Der Mensch besitzt den Grundinstinkt, seine Umwelt zu verstehen und zu erforschen, um zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Dieser Grundinstinkt muss nicht etwa erst erlernt werden, sondern ist im Menschen von Anfang an angelegt. Dieser Grundinstinkt ist die Basis für die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten (vgl. Schneider & Schmalt, 2000, S. 11f.).

Besonders gut sichtbar ist die Motivation, wenn Kindergartenkinder über die Schule befragt werden.

Beobachtet man Schulkinder, so stellt man schnell fest, dass aus der anfänglichen Begeisterung für das Lernen im Laufe der Schulzeit ein Kampf um gute Noten wird. Denn Noten sind der Rückmeldungsmechanismus unseres gegenwärtigen Systems für das Erlernte und bestimmen den Erfolg oder Misserfolg der Schüler[1]. Wie sieht es jedoch mit Jugendlichen aus, die noch keine Regelschule besuchen? Dabei geht es um diejenigen, die die Sprache des Landes erst noch erlernen müssen. Welche Faktoren beeinflussen die Lernmotivation dieser Jugendlichen, sich die Sprache für die Schule anzueignen?

Lernstarke Schüler erleben die schulischen Anforderungen anders als sogenannte lernschwache Schüler. Die traditionelle Notenvergabe kann dann negative Auswirkungen auf die Motivation der Schüler in Bezug auf Schule und Schulaufgaben haben. Die derzeitige Benotungspraxis in den Schulen führt nicht nur für die Lehrenden, sondern auch für die Lernenden zu einer Kategorisierung ihrer selbst in gute und schlechte Schüler. Weiterhin stellt sich die Frage, inwieweit solche Schüler benotet werden können, die noch in einem sprachlichen Aneignungs­prozess sind. So wird auch in den ersten Jahren in der Grundschule keine herkömmliche Benotung mit Ziffernnoten zur Leistungsmessung herangezogen.

Herkömmliche Noten sind lediglich eine institutionalisierte Kodierungs­form, um das Ergebnis individueller Lernprozesse auf einer sechsstufi­gen Skala widerzuspiegeln. Inwieweit diese stark reduzierte Form der Kategorisierung den Leistungsstand oder den Leistungsfortschritt eines Schülers realistisch wiedergibt, ist fraglich. Die durch die Institution Schule oder die Lehrkraft geforderte Zielerreichung wird mittels der Note festgehalten, jedoch werden die persönlichen Leistungsprozesse des einzelnen Schülers dabei außer Acht gelassen. Die Benotung gibt somit keinerlei Auskunft über den Kompetenzzuwachs des Schülers, weshalb die Ziffernote kritisch zu bewerten ist. Dies gilt insbesondere für solche Schüler, die noch die Sprache des Ziellandes, in diesem Fall Deutsch, erlernen müssen.

Die herrschende Meinung zu den Gründen für einen Lernerfolg ist, dass die Lernmotivation dabei eine große Rolle spielt. Ist ein Schüler motiviert, so erzielt er auch bessere Lernergebnisse. Dies führt dann zu einem besseren Lernklima für den Lernenden und den Lehrenden. So ist eine gesteigerte Motivation nicht nur leistungsfördernd, sie steigert auch das Wohlbefinden aller Beteiligten.

So ergeben sich für diese Ausarbeitung nachstehende Fragen, die näher zu betrachten sind:

Welche Vergleichskategorien können für den Lehrenden bei Jugend­lichen von Bedeutung sein, die die Sprache erst erlernen?

Wie beeinflusst die individuelle Leistungsrückmeldung die Motivation von Jugendlichen mit Deutsch als Fremdsprache?

Sind alternative Leistungsrückmeldungen motivationsstärkender als herkömmliche Benotungen?

Um die vorangegangenen Fragen näher zu beleuchten und ggf. eine entsprechende Beantwortung zu finden, muss die Schülermotivation aus der Sicht der Motivationspsychologie kurz betrachtet werden.

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit werde ich speziell auf die Lernmotivation eingehen und deren Bedeutung im Bildungskontext durchleuchten. An dieser Stelle werden die Lern- und die Leistungsmotivation gegenübergestellt und erörtert und letztendlich wird untersucht, inwieweit sie sich gegenseitig beeinflussen. Anhand der Selbstbestimmungstheorie gehe ich auf den Stellenwert der intrinsischen Motivation näher ein.

Im dritten Kapitel wird die Bezugsnormorientierung näher erläutert. Dabei geht es darum, welche Bezugsnormen Lehrkräfte als Vergleichskategorie für die Bewertung heranziehen können und welche Bedeutung diese für die abschließende Beurteilung einer Schülerleistung haben. An dieser Stelle werde ich näher auf die individuelle Bezugsnormorientierung eingehen.

Die vorangegangen erarbeiteten Informationen werden sodann im vierten Kapitel miteinander verknüpft und es wird untersucht, welche Auswirkungen die individuelle Bezugsnormorientierung auf die Schülermotivation haben kann, insbesondere für Schüler, die sich in einem Aneignungsprozess in Bezug auf die Sprache befinden.

Im vorletzten Kapitel werde ich die Zielgruppe dieser Arbeit genauer definieren und vorstellen.

Als Resümee werde ich im letzten Kapitel der Arbeit die alternativen Beurteilungsmethoden diskutieren und der herkömmlichen Leistungsbeurteilung gegenüberstellen, sodass die Vor- und Nachteile im Hinblick auf die Motivation erarbeitet werden.

Ziel der Arbeit ist es, die besonderen schulischen Bedürfnisse der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge herauszukristallisieren und diese insbesondere im Hinblick auf die Leistungsbeurteilung zu durchleuchten und das zwingend notwendige Umdenken der Lehrkraft zu verdeutlichen, um die sogenannten Bildungsverlierer besser auffangen zu können.

Am Ende der Arbeit möchte ich aufzeigen, dass die individuelle Bezugsnormorientierung bei der Leistungsbeurteilung Lernleistungen besser widerspiegelt als die herkömmliche Benotung. Weiterhin möchte ich zeigen, dass diese Form der Leistungsbeurteilung, einher­gehend mit einer kommentierten Leistungsbeurteilung, erheblich zur Lernmotivation der Schüler beiträgt und zu einer Verbesserung des Lern- und Lehrklimas führt. Ich möchte mit dieser Arbeit zeigen, dass ein motiviertes und selbstbestimmtes Lernen nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Lehrkraft ein enormer Gewinn sein kann.

1. Motiv und Motivation

Der Mensch handelt in hohem Maße durch die Motivation, die ihn antreibt. Die Motivationspsychologie versucht, eine Erklärung dafür zu finden, welche Gründe für ein bestimmtes Verhalten ausschlaggebend sind.

Die Frage nach den Motiven und Gründen, die das menschliche Handeln antreiben, ist die zentrale Frage der wissenschaftlichen Psychologie. Jedoch ist das Phänomen Motivation nicht erst durch die Wissenschaft hervorgehoben worden, sondern sie ist ein im Alltag allgegenwärtiger Begriff, der jeden beschäftigt. Doch beide Blickwinkel haben das gleiche Ziel: Die Erklärung, warum ein Mensch sich so verhält, wie er sich verhält.

Vermutlich sind es etliche Faktoren, die das Verhalten einer Person beeinflussen und diese zum Handeln motivieren. Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass nicht nur die kognitiven Faktoren, sondern auch innere Faktoren, wie Instinkte oder Triebe, für ein Aktivwerden des Menschen ausschlaggebend sein können.

In der Wissenschaft stellen verschiedene Ansätze unterschiedliche Begebenheiten in den Vordergrund. Allerdings gehen neuere Forschun­gen von einer Wechselwirkung der Faktoren aus. Kognition und Affekte beeinflussen somit lt. der neuesten Wissenschaft das motivational-angeregte Verhalten eines Menschen im Wechsel. So beschäftigt sich die Motivationspsychologie der heutigen Zeit mit der Erklärung von Verhalten sowie dessen Ausdauer, Richtung und Intensität. Die Motivationspsychologie sucht also nach den „Prinzipien, die uns verstehen helfen, warum Menschen und Tiere Handlungen in jeweils spezifischen Situationen wählen, beginnen und aufrechterhalten“ (Mook, 1987, zit.n. Rudolph, 2003, S. 1).

Motivation genau zu erfassen und für die Praxis prüfbar zu machen, ist jedoch ein schier unmögliches Unterfangen. Die Komplexität der einzelnen Faktoren für ein motivierendes Verhalten oder für eine motivierende Handlung stellt den Praktizierenden vor eine schwierige Aufgabe. Jedoch ist es gerade in Bezug auf Bildung und Schule enorm wichtig, dies möglichst genau herauszukristallisieren. Aus motivationspsychologischer Schicht ist es interessant zu erfahren, warum sich ein Schüler auch nach der Stunde noch mit dem Thema beschäftigt, während ein anderer Schüler die Klasse fluchtartig verlässt, um das Thema hinter sich zu lassen.

Motivationspsychologisch betrachtet muss man zunächst einmal eine Differenzierung zwischen Motiv und Motivation herleiten (vgl. Schneider & Schmalt, 2000, S. 15). Verhalten und Handlung werden nach den motivationspsychologischen Erklärungssätzen durch die Wechselbeziehung zwischen Personen- und Situationsfaktoren beeinflusst.

1.1. Motiv

Ein Motiv ist demnach ein von außen nicht erkennbarer Grund für eine Handlung oder ein Verhalten. Motive aktivieren zielgerichtetes Verhalten. Die Gründe für ein Verhalten oder eine Handlung, das oder die ein bestimmtes Ziel anvisiert, nennt man laut der modernen Motivationspsychologie Motiv. Demnach sind Motive Personenfaktoren. Solche Personenfaktoren können Bedürfnisse, Beweggründe, Triebe, Neigungen, Interessen und weitere sein. Motive sind laut Heckhausen & Heckhausen (2010) „überdauernde und relativ konstante Bewertungsdispositionen für umschreibbare Inhaltsklassen von Handlungszielen“ (Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 9). Die Handlungsziele sind in der Motivationspsychologie für den Motivgedanken zentral. Das Motiv ermöglicht der Person unter vielen Zielen die für sie beste Variante zu wählen, um einen positiven Ausgang der Handlung zu erreichen (vgl. Schneider & Schmalt, 2000, S. 29 f.). Somit nimmt das Motiv Einfluss auf die Handlungsplanung von Personen und kann als Persönlichkeitsmerkmal angesehen werden (vgl. Heckhausen 2010 & Heckhausen, S. 306). McClelland definiert Motive als eine wiederkehrende Sorge um einen Zielzustand auf der Basis eines natürlichen Anreizes, also als ein Anliegen, das Verhalten erregt, Orientierung gibt und aus dem ein Verhalten resultiert (vgl. McClelland, 1985, S. 590). Die natürlichen Anreize können sowohl die angeborenen als auch erlernte Anreize sein, die das Individuum in eine Affekthandlung versetzen. Motive sind zum einen die Neigung bzw. die Art und Weise der Bewertung eines bestimmten Anreizes des Handelnden, zum anderen sorgen sie für die Fokussierung eines bestimmten Objektes in der Anreizsituation. Dadurch werden motivierte Handlungen ausgelöst (vgl. Schneider & Shmalt, 2000, S. 18).

Schneider und Schmalt (2000, S. 30) ergänzen die Definition von McClelland, indem sie die Individualität der Motive in den Vordergrund stellen. Sie bezeichnen Motive als so individuell wie die Person, die sie hat. So unterschiedlich die Motive sind, so unterschiedlich sind die Gründe des Aktivwerdens. In Anreizsituationen werden manche Personen aus Freude und Hoffnung agieren, während andere aus Furcht oder zur Abwendung einer negativen Folge tätig werden (vgl. Schneider & Schmalt, 2000, S. 19). Auch in der Bewertung des Stellenwerts der Motive sowie in der Verfolgung der Ziele unterscheiden sich die Individuen sehr. Während bei manchen einige Ziele einen hohen Stellenwert einnehmen, sind diese für andere eher nachrangig. Das Motiv ist die Grundlage der Motivation. Denn jedes Ziel hat ein Motiv, das den Impuls für das Aktivwerden und die Zielerreichung gibt (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 9).

1.2. Motivation

Motivation ist ein Prozess, in dem ein bestimmtes Motiv mit dem passenden Anreiz ein bestimmtes Verhalten hervorruft. Entscheidend ist, dass das Zusammenspiel beider Komponenten (Motiv und Anreiz) zu einem Verhalten führen. Das menschliche Handeln wird bestimmt und verursacht durch Motivation. Damit eine Person eine Handlung vornimmt, sind bestimmte Bedingungsfaktoren und bestimmte Motive zwingend notwendig (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 24). So wird jedes menschliche Verhalten durch bestimmte Situationen und Umwelteinflüsse bestimmt. Dieser Theorieansatz beruht auf Kurt Lewins Feldtheorie (ebd.). Hierbei ist zu beachten, dass der Anreiz sowohl negativ als auch positiv bewertet sein kann. So kann die Hausaufgabe, einen Text zu schreiben, für einen Schüler, der die Sprache noch nicht beherrscht, einen geringen Aufforderungscharakter besitzen, da er keine positive Erfahrung in dieser Hinsicht verzeichnen konnte, während ein anderer Schüler, der bereits fortgeschrittener ist, mit Freude an die Sache herangeht und einen Text schreibt.

Rheinberg definiert Motivation als eine aktive Lebensgestaltung des Individuums auf ein als positiv bewertetes Ziel hin. Jedoch ist Motivation nicht konkret, sondern abstrakt durch das Verhalten erschließbar. So können Merkmale des Verhaltens Rückschlüsse auf die Motivation zulassen (vgl. Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 13 f.). Dabei werden drei Komponenten als Indikator für Motivation genannt. Lt. Deci &Ryan (vgl. 1993, S. 223) ist Motivation ein Zusammenspiel von verschiedenen Fragen: 1. Wie sehr, 2. Auf welche Art und 3. warum sich eine Person motiviert verhält. Somit stellt sich die Frage, warum ein bestimmter Zielzustand überhaupt angestrebt wird und einen besonderen Anreizcharakter besitzt. Dafür müssen Rückschlüsse auf die Person gezogen werden.

Deci & Ryan nehmen an, dass es drei psychische Grundbedürfnisse gibt: 1. Das Bedürfnis nach Kompetenz, mit der die Kontrolle und Einflussnahme auf den Geschehensablauf gemeint ist, um das gewünschte Ziel zu erreichen. 2. Das Bedürfnis nach Autonomie, was die Freiwilligkeit eines Verhaltens bezeichnet. Mit Freiwilligkeit ist auch die Freiwilligkeit gemeint, sich Regularien zu unterwerfen. 3. Die soziale Einbindung, womit die Bedeutung, die ein Individuum gesellschaftlich einnimmt, aber auch die Bedeutung der Gesellschaft für das Individuum, beschrieben wird (vgl. Deci & Ryan, 2000, S. 74). Diese Grundbedürfnisse sind demnach verantwortlich dafür, dass Individuen „Situationen aufsuchen, die ihre Fähigkeiten herausfordern.“ (Köller, 1998, S. 24). Das Verhalten eines Individuums ist entweder von innen um seiner selbst willen oder von außen durch externe Faktoren beeinflusst.

1.2.1. Intrinsische Motivation

Bei der intrinsischen Motivation geht man davon aus, dass die Handlung um ihrer selbst willen ausgeführt wird. Anreize von außen, wie z.B. Erfolgsaussichten oder durch die Aufgabe selbst, sind in diesem Sinne zunächst irrelevant. Das Verhalten oder die Handlung wird ausschließlich aus der Freude oder Herausforderung des Handelns und nicht zum Vermeiden von negativen Folgen oder durch Außenerwartungen getätigt (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 225).

Zum einen wird die motivierende Handlung durch die Aktivität selbst angeregt, zum anderen durch das Interesse am Gegenstand der Handlung (vgl. Schiefele & Köller, 2001, S. 303).

Ein Schüler erledigt die Textaufgabe also nicht nur, weil er diese Auf­gabe als befriedigend empfindet, sondern auch, weil er diese Aufgabe als interessant ansieht. Intrinsisch motiviertes Handeln ist der Inbegriff des selbstbestimmten Handelns, denn das Individuum „fühlt sich frei in der Auswahl und Durchführung seines Tuns“ (Deci & Ryan, 1993, S. 226).

Die Forschung unterscheidet hierbei zwei unterschiedliche Indikatoren für die intrinsische Motivation. Einige Autoren, wie Rheinberg (1989), beschäftigen sich mit der Tätigkeit als motivierendem Indikator, während andere, wie z.B. Krapp (1992), den Gegenstand ins Zentrum ihrer Forschung stellen. Rheinberg (1989) bezeichnet die „tätigkeitsbezogene Form“ der intrinsischen Motivation als Flow. Wenn sich also ein Individuum ohne jegliche Anleitung oder Anreiz mit einem Lerngegenstand beschäftigt, weil die Tätigkeit des Lernens an sich befriedigend ist, so nennt Rheinberg diesen Zustand Flow (vgl. Schiefele & Köller, 2010, S. 304). Befasst sich das Individuum dagegen aufgrund seines Interesses mit dem Gegenstand, so handelt es sich um die von Krapp (1992) erwähnte „gegenstandszentrierte Form“ der intrinsischen Motivation. Hierbei wird das Interesse vom Lerngegenstand geweckt.

Die intrinsische Motivation hat einen sehr positiven Einfluss auf das Lernen in der Schule, wie viele empirische Studien nachgewiesen haben (vgl. Csikszentmihaly & Schiefele, 1993, S. 207). So ist es Ziel eines jeden Lehrers, das Bedürfnis von Autonomie und Kompetenzerweiterung der Schüler anzuregen bzw. zu fördern und sie somit für das Lernen an sich zu begeistern.

1.2.2. Extrinsische Motivation

Gerade in der Schule macht es den Anschein, dass das Lernen selten intrinsisch motiviert. Der Schüler lernt für eine Arbeit, weil er gute Noten bekommen oder versetzt werden möchte.

Die externen Anreize veranlassen den Handelnden zur Aktivität, um eine bestimmte Konsequenz zu erhalten oder zu vermeiden. So spielen positive wie auch negative Verstärkungen eine große Rolle für die extrinsische Motivation (Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 5).

Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass durch externe Motivationsanregungen die intrinsische Motivation abnimmt (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 372 f.). Also könnte man davon ausgehen, dass die intrinsische sowie die extrinsische Motivation Gegensätze sind. Demnach ist intrinsisch motiviertes Handeln per Definition selbstbestimmt und frei von äußeren Zwängen, während extrinsisch motivierte Handlungen nicht autonom stattfinden.

Allerdings zeigten spätere Studien, dass die beiden Motivationsarten oftmals miteinander korrelieren. Auch extrinsisch motiviertes Handeln kann autonom erfolgen (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 226 f.). Analysen der extrinsischen Motivation versuchten aufzuklären, wann genau ein solch motiviertes Verhalten als selbstbestimmt und autonom gelten kann. Die, durch die intrinsisch motivierten Verhalten gewonnenen Erkenntnisse, unterliegen einer Wertungsmatrix. Diese bildet die Basis für die Bewertung der externen Anreize und beeinflusst die Beurteilung dieser für die Zielerreichung (ebd.). Man unterscheidet zwischen vier Formen der extrinsischen Motivation.

Die erste und am wenigstens selbstbestimmte Art der extrinsischen Motivation geschieht durch die externale Regulation (vgl. Rakoczy, 2008, S. 27). Hierbei wird eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag gelegt bzw. es wird gehandelt, um eine Strafe zu vermeiden oder eine Belohnung zu erhalten (a.a.O., S. 33). Die Internalisation beschreibt den Prozess der Verinnerlichung der externen Faktoren. Hierbei nimmt der Handelnde die Faktoren an, sieht diese aber nicht als seine eigenen an (a.a.O., S. 27). Bei der dritten Form, der identifizierenden Regulation der extrinsischen Motivation, gliedert der Handelnde die externen Einflüsse in seine individuellen Ziele ein und identifiziert sich mit diesen Zielen (a.a.O., S. 28). Die letzte Form, die integrierte Handlungsregulierung, beschreibt die Theorie der Verhaltensregulation, in der die extrinsische und die intrinsische Motivation integriert werden. Der Handelnde identifiziert sich nicht nur mit den Zielen, die mit einer bestimmten Handlung einhergehen, sondern integriert sie auch vollständig in sein Selbstverständnis (ebd.).

Deci & Ryan (2002) sehen in dieser Art der Motivation die Basis des selbstbestimmten Handelns. Weiter führen Deci & Ryan aus, dass jedes Individuum das Bedürfnis hat, sich in seine soziale Umwelt einzufügen, und bezweckt dies durch die Internalisation bestimmter Verhaltensregularien. Durch die Integration des Wertesystems erfährt dieser dann das eigene Handeln als selbstbestimmt (vgl. Deci & Ryan, 2002, S. 24 f.).

2. Leistungs- und Lernmotivation

In diesem Kapitel gehe ich auf die Leistungs- und Lernmotivation ein. Zunächst wird eine Definition der Begrifflichkeit eingeführt, dann bezie­he ich mich auf die intrinsische Lernmotivation, es folgt eine Gegenüberstellung der extrinsischen Lernmotivation. Des Weiteren wird die Selbstbestimmungstheorie anhand von zwei Modellen beleuchtet.

2.1 Leistungsmotivation

Da die Leistungsmotivation im schulischen Alltag unabkömmlich ist, sollen im Folgenden die beiden zentralen Charakteristika der Leistungsmotivation aus der psychologischen Sicht behandelt werden. Eine Handlung eines Individuums kann nur zur Leistung werden, wenn ein Gütemaßstab erreicht oder übertroffen wurde und dieses Handeln eine Information über die eigene Tüchtigkeit bzw. Kompetenz ergibt (vgl. Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 59). Der Bedingung, einen bestimmten Gütemaßstab aus Eigeninitiative zu erreichen, schreibt man eine hohe Bedeutung zu, denn das Erreichen oder Nicht-Erreichen eines solchen Maßstabes ermöglicht die Selbsteinschätzung der eigenen Kompetenz (vgl. Heckhausen, 1965, S. 604). Allein das Bestreben nach einer Zielerreichung führt nicht automatisch zu einer hohen Leistungsmotivation. Ursachen bzw. der Auslöser (Leistungsmotiv) eines Handelns sind ebenso relevante Merkmale. Die aus dem Leistungsmotiv entstehenden Impulse für eine leistungsmotivierte Handlung nennt die Literatur die Leistungsmotivation im engeren Sinne (vgl. Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 24; Weiner, 1994, S. 171f.; Brunstein & Heckhausen, 2010, zit. n. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 145 f.). Weder das Tätigwerden, noch das Ziel oder die Konsequenzen (Erfolg oder Misserfolg) alleine sind relevant für die Leistungsmotivation, vielmehr ist es das Zusammenspiel dieser Komponenten. Die leistungsmotivierte Person handelt aus dem Wunsch nach Erfolg beim Erreichen des sich selbst gesetzten Ziels.

2.1.1. Risiko-Wahl-Modell

Das Risiko-Wahl-Modell nach Atkinson (1957/58) erklärt, warum manche Menschen erfolgreich sind und andere wiederum nicht. Atkinson nimmt an, dass der Erfolgsanreiz sowie die Erfolgswahrscheinlichkeit ausschlaggebend für die Zielsetzung sind (vgl. Edelmann, 2000, S. 253). Dabei ist die Leistungsmotivation das Resultat „eines Konfliktes zwischen Annäherung- und Vermeidungstendenzen“ (ebd). Ob eine Person eine leistungsmotivierte Handlung in Angriff nimmt, wird durch die „Hoffnung auf Erfolg“ oder die „Furcht vor Misserfolg“ entschieden (vgl. Rudolph, 2003, S. 124 f.). Die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt, je leichter die Aufgabe ist, der Erfolgsanreiz steigt jedoch mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe. Daraus zieht Atkinson die Konsequenz, dass Personen am stärksten von Aufgaben mittleren Schwierigkeitsgrades motiviert werden (vgl. von Grone & Petersen, 2002, S. 32 f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Kurve aufsuchender Leistungsmotivation (auch Risiko-Wahl-Modell) nach Atkinson Quelle: Rheinberg & Vollmeyer 2012, S. 72

Annäherungs- und Vermeidungstendenzen sind in motivations­psychologischem Sinne intrinsisch leistungsmotivierte Handlungen. Kommt ein extrinsischer Bestandteil der Motivation in Form von positiver oder negativer Verstärkung (Belohnung oder Zwang) hinzu, erreichen auch niedrig leistungsmotivierte Personen einen mittleren bis hohen Grad an Leistungshandeln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Komponenten der Leistungsmotivation, Quelle: Edelmann, 2000, S. 254

Die Fähigkeit, ein Erfolgserlebnis durch internale Faktoren zu erreichen, ist Leistungsmotivation. Für den Lehrer muss demnach die Konsequenz sein, Schüler vornehmlich intrinsisch zu motivieren und ihnen häufige Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Vor allem für weniger leistungsmoti­vierte Schüler bedeuten Erfolgserlebnisse auch eine Leistungs­steigerung, wohingegen Misserfolge das Gegenteil bewirken (vgl. Edelmann, 2000, S. 254).

2.1.2. Attributionstheorie

Welche Ursachen die handelnde Person einem Erfolg oder Misserfolg zuschreibt, hängt davon ab, welche Bedingung die Person für die Konsequenz annimmt. Diese können in der Person selbst (internal) oder in der Situation oder der Aufgabe (external) gesehen werden (Weiner, 1994 S. 220f.). Danach können die Gründe sowohl für die internale als auch für die externale Attribution dauerhaft oder variabel sein. Weiterhin ist eine ausschlaggebende Komponente die Kontrollierbarkeit, welche eine Information über den Einflussfaktor des Handelnden auf die Ursachen gibt (vgl. Rudolph, 2003, S. 170 f.).

Internale Faktoren bringen den Handelnden selbst in die Verantwortung für seinen Erfolg oder Misserfolg und wirken motivationsfördernd, während externale Faktoren eher motivationshemmend wirken (vlg. Schlag, 1995, S. 81). Fühlt sich der Handelnde selbst für die Zielerreichung verantwortlich, versucht er, die Konsequenz entweder zu erhalten oder zu vermeiden. Die Ursachenzuschreibung hängt immer von der handelnden Person ab. Diesen Zusammenhang stellt das Vier-Felder-Schema dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Dreidimensionale Taxonomie der Wahrgenommenen Ursachen von Erfolg und Misserfolg, Quelle: von Grone & Petersen, 2002, S. 43

Im schulischen Kontext führt eine Ursachenzuschreibung von Erfolg oder Misserfolg eher zu einem motivationalen Handeln, wenn die Konsequenzen auf die Anstrengungen des Schülers zurückzuführen sind (vgl. Edelmann, 2000, S. 255). Denn die Anstrengung liegt dann in der Hand des Schülers selbst. Dies ist besonders für niedrig leistungsmotivierte Schüler relevant, vor allem, weil der Schüler dann seine schlechten Resultate auf mangelnde Anstrengung und nicht auf mangelnde Fähigkeiten zurückführt, daher kann er den Ausgang der nächsten Zielsetzung selbst kontrollieren.

Eine solche Ursachenzuschreibung ist von hoher Bedeutung, wenn man verstehen will, weshalb zum Beispiel erfolgsmotivierte Schüler Misserfolge eher als Ansporn ansehen, während misserfolgsmotivierte Schüler eher resignieren. Denn mit der ständigen Rückmeldung in der Schule wird eine Selbsteinschätzung manifestiert, die das eigene Selbstkonzept fördert oder bedroht.

2.1.3. Selbstbewertungsmodell

Heckhausens Selbstbewertungsmodell integriert das Risiko-Wahl-Modell und die Annahmen der Attributionstheorie für das leistungs­motivierte Handeln (vgl. Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 84).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation, Quelle: Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 86

Heckhausen erweitert damit das Motivationsverständnis um eine weitere Komponente, nämlich die Selbstbewertung. Damit beschreibt er die Zufriedenheit oder die Unzufriedenheit eines Handelnden mit dem Resultat. Die drei Faktoren der Motivation (Anspruchsniveau, Ursachenzuschreibung sowie Selbstbewertung) beeinflussen sich gegenseitig (a.a.O., S. 84 f.).

Für leistungsmotivierte Schüler mit einer Erfolgszuversicht ergibt sich eine positive Selbstbilanz, da der Zusammenhang von Anstrengung und Ergebnis bzw. Konsequenz durch die realistische Zielsetzung erkannt wird (ebd.). Übung und Anstrengung erzeugt Erfolg. Solcher Erfolg macht Leistungssituationen anziehender, weshalb sich der Handelnde, in diesem Fall der Schüler, eher bereit sieht, eine weitere Hürde zu meistern (ebd.). Diese positive Herangehensweise ist jedoch bei Misserfolgsmeidenden nicht vorhanden. Gelingen wird von ihnen auf Glück und nicht auf die eigenen Fähigkeiten zurückgeführt, während Misserfolg auf Pech oder die eigene Unfähigkeit zurückgeführt wird. Auf Dauer wird so ein negatives Selbstbild erzeugt (ebd.)

Aufgrund der obigen Ausführung muss also der Lehrer die Ursachen­zuschreibung der Schüler positiv beeinflussen, um den Schülern eine positive Sicht auf ihr eigenes Können zu verschaffen.

2.2 Lernmotivation

Zum Lernen benötigt man Motivation. Heckhausen definiert diese durch den Einsatz einer Person, ihre motorischen, sensorischen und kognitiven Funktionen in der Schule einzusetzen (vgl. Knörzer, 1976, S. 139). Eine hohe Lernmotivation, so die allgemeine Annahme, sollte mit besseren Lernergebnissen einhergehen und den Lernprozess für Lernende und Lehrende angenehm gestalten. Insofern zielen Bemühungen zur Steigerung der Lernmotivation nicht allein auf verbesserte Leistungen, sondern auch auf die Steigerung des Wohlbefindens und der Selbstbestimmtheit von Lernenden. Ein wichtiges Ziel von Bildung ist die dauerhaft hohe Lernmotivation. Um die Qualität von Bildungsprozessen zu ermitteln, ist nicht nur der Wissensinhalt wichtig, sondern auch die daraus resultierende Motivation für eine weitere Beschäftigung mit diesem Inhalt.

Lernmotivation wird als Sammelbegriff für verschiedene Motivations­arten verwendet, die im Lernprozess eine wichtige Rolle spielen. Hier sind die intrinsische und die extrinsische Lernmotivation von Bedeutung, auf die ich im nächsten Teil des Kapitels genauer eingehen werde (a.a.O., S. 139f).

Der Begriff Lernmotivation bezeichnet also jene Strukturen, die das Zustandekommen und die Effekte des Lernens erklären (vgl. Krapp 1993, S. 188).

Lernmotivation in der Schule ist nicht nur von der Gruppe, dem Lehrer, der speziellen Unterrichtssituation und deren spezifischer oder allgemeiner Anregung bestimmter Motive abhängig, sondern ebenso von meist vor- und außerschulisch erworbenen, relativ überdauernden Motiven und Persönlichkeitsvariablen (vgl. Todt 1977, S. 201ff.). Folglich handelt es sich bei der Lernmotivation um ein Zusammenwirken von unterschiedlichen Motiven und situativen Anregungen. Die Probleme vieler Schüler und Studenten sind denn auch zuerst und vor allem Motivationsprobleme. Sie langweilen sich in der Schule, sie ziehen viele andere Aktivitäten dem Lernen und der Konzentration auf ihre Aufgaben vor. Die ihnen aufgetragenen Arbeiten werden als ich-fremd empfunden und nur unter Druck durchgeführt. Es ist empirisch nachgewiesen worden, dass die Lernmotivation, die Lernfreude und das schulische Interesse im Laufe der Schulzeit zurückgeht. Während Grundschüler die Schule noch sehr positiv aufnehmen, verschlechtert sich in den weiterführenden Schule das Schülerurteil zunehmend und kehrt sich in mittleren und höheren Schulen überwiegend ins Negative. Mit zunehmender Schuldauer sinkt fast durchgängig das positive Gesamturteil und die negative Bewertung steigt. Schüler der jeweiligen Abschlussklassen der weiterführenden Schulen geben die schlechtesten Bewertungen ab (vgl. Fend, 1997, S. 185, Krapp & Weidenmann, 2001, S. 212).

2.2.1. intrinsische Lernmotivation

Das menschliche Verhalten ist auf zweierlei Weisen motiviert, entweder von innen heraus oder von außen. In diesem Teil des Kapitels beziehe ich mich zunächst auf das Verhalten, welches von innen heraus motiviert ist.

Der intrinsische Lernmotivationsbegriff beinhaltet die Auseinandersetzung mit dem Problem der intrinsischen Motivationsverminderung durch externe Faktoren sowie die Frage, wie die intrinsische Motivation zu definieren sei (vgl. Schiefele & Streblow, 2005, S. 39 f.).

Intrinsische Lernmotivation behandelt die Struktur und den Prozess einer Lernhandlung, da diese von eigenen Lebenszuständen begleitet wird. Gründe der Durchführung einer Handlung sind zum einen, dass sie als interessant, und zum anderen, dass sie als spannend empfunden wird. Die Neugier eines Individuums spielt dabei die Hauptrolle (vgl. Heckhausen & Rheinberg, 1980, S. 20). In der Pädagogik ist die intrinsische Lernmotivation wünschenswert. Folglich wird in der Praxis nach entsprechenden Methoden zu ihrer Steigerung geforscht. In den letzten Jahren haben sich einige Forschungsgebiete für die Förderung intrinsischer Lernmotivation entwickeln können.

2.2.2. Extrinsische Lernmotivation

Nachgewiesen werden konnte in vielen empirischen Untersuchungen, dass die intrinsische Lernmotivation eine wichtige Position für das Lernen spielt (vgl. Schiefele & Schreyer, 1994, S. 10). Unter diesem Befund ist man zu dem Entschluss gekommen, dass Belohnungen entweder positive oder negative Auswirkungen auf die intrinsische Lernmotivation ausüben können (a.a.O., S. 11).

Neben der intrinsischen Lernmotivation gibt es verschiedene Formen der extrinsischen Lernmotivation. Wie schon erwähnt, geht es bei der extrinsischen Lernmotivation um Verhalten, welches von außen motiviert wird. Hierbei spielt der Belohnungsfaktor eine wichtige Rolle. Im Allgemeinen wird diese Form der Motivation als weniger wünschenswert betrachtet (siehe Kapitel 1.2.2. dieser Arbeit).

Extrinsisch motivierte Abläufe haben einen instrumentellen Charakter, sie sind so gesehen Mittel zum Zweck. Ein klassisches Beispiel aus der Praxis für extrinsische Lernmotivation wäre ein Schüler, der nur lernt, um eine gute Note zu erhalten, da er von den Eltern dafür belohnt wird. Dieses Beispiel liegt auf der Stufe der externalen Regulation. Festzuhalten ist, dass es sich dabei um eine fremdbestimmte Motivationsform handelt (vgl. Utman 1997, S. 171 f.). Die Introjektion wird als die unterste Stufe bezeichnet. Hierbei geht es um die Selbstdarstellung einer Handlung. Die Person möchte ein gutes Gefühl gegenüber sich selbst haben, um ein schlechtes Gewissen zu vermeiden (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 61). In Anbetracht der Selbstbestimmungstheorie ist an dieser Stelle der Zugehörigkeitsaspekt zu berücksichtigen. Durch die vom sozialen Umfeld vorgeschriebenen Standards möchte die Person Anerkennung und Zustimmung von außen finden und zeitgleich ihre Selbstachtung steigern. Ein Versagen kann unter Umständen das schlechte Gewissen aktivieren, welches zu Angst-, Scham- und Schuldgefühlen führt (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 62). Ein Paradebeispiel für eine introjizierte Handlungsregulation ist der Schüler, der die Leistungsanforderungen seiner Eltern akzeptiert und sich nur deshalb um seine Leistung bemüht. Wie bereits in Punkt 1.2.2. dieser Arbeit ausgeführt, finden sich weitere Formen der extrinsischen Motivation, die auf das Lernen Einfluss nehmen. Die Identifikation beschreibt eine Handlungsregulation aus freiem Willen und Autonomiegefühl. Hierbei geht es um das persönliche Interesse an einer Sache, das man zwar selbst bestimmt, das jedoch von außen vorgegeben wurde (ebd.). Die vorangegangenen Punkte der extrinsischen Lernmotivation sind zum großen Teil von außen gesteuert. Die am wenigsten von außen gesteuerte extrinsische Lernmotivation ist, wie bereits genannt, die Integration. Ein Schüler, der die von der Schule und dem Lehrer vorgegebenen Lerninhalte annimmt und in sein Interessensfeld eingliedert, handelt zwar aufgrund von äußeren Anreizen, hat jedoch durch die vollkommene Aufnahme in sein Interessensfeld diese Ziele als seine eigenen verinnerlicht (vgl. Rakoczy, 2008, S. 27ff.).

2.2.3. Gegenüberstellung der extrinsischen und der intrinsischen Lernmotivation

In einer Reihe empirischer Untersuchungen, konnte nachgewiesen werden, dass die intrinsische Lernmotivation abnimmt, wenn man Versuchspersonen z.B. mit Geld oder Auszeichnungen belohnt (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 372 f.). Nach und nach konnte bewiesen werden, dass die Versuchspersonen nicht mehr so viel Interesse zeigten, wenn es keine Belohnung gab.

Deci (1975), der die Ergebnisse nochmals darstellte, vertritt die Auffassung, dass die Einführung extrinsischer Motivatoren in den Handlungsablauf einer intrinsisch motivierten Beschäftigung das Gefühl der Selbstbestimmung zersetzt (a.a.O., S.372 ).

Festzuhalten ist, dass sich das wahrgenommene Umfeld der Handlungsverursachung von innen nach außen verschiebt (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 226). Daraus folgt eine Senkung der Neigung, die Aktivität allein wegen ihrer intrinsischen Befriedigung auszuführen.

Aufgrund der genannten Ergebnisse wurden die intrinsische sowie die extrinsische Lernmotivation als Gegensatzpaar empfunden. Extrinsische Lernmotivation wurde als nicht-selbstbestimmt, intrinsische Lernmotivation wurde dagegen als selbstbestimmt charakterisiert. Zusätzlich wurde die Zusammensetzung beider Lernmotivationstypen als negative Konsequenz für die intrinsische Lernmotivation angenommen. Spätere Studien weisen jedoch darauf hin, dass unter bestimmten Handlungen extrinsische Belohnungen die intrinsische Lernmotivation eher festigen als verringern (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 230). Dies führte zu der Annahme, dass die extrinsische und die intrinsische Lernmotivation keine Konkurrenten darstellen.

Angesichts dieses Standpunktes wurde die Selbstbestimmungstheorie erneut überarbeitet und ergänzt (a.a.O., S. 230 f.).

[...]


[1] A us Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit nur die männliche Form benutzt, auch wenn beide Geschlechter gemeint sind. Das Gleiche gilt für den Terminus Lehrer.

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Der Unterricht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Individuelle Bezugsnormorientierung und ihre Auswirkungen auf die Schülermotivation
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Pädagogische Psychologie)
Note
8
Autor
Jahr
2016
Seiten
73
Katalognummer
V321051
ISBN (eBook)
9783668203501
ISBN (Buch)
9783668203518
Dateigröße
1026 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bezugsnormorientierung, Motivation, Leistungsbewertung
Arbeit zitieren
Mahsa Haddadi (Autor:in), 2016, Der Unterricht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Individuelle Bezugsnormorientierung und ihre Auswirkungen auf die Schülermotivation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321051

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