"Dutch Disease". Lässt sich die "holländische Krankheit" für Brasilien nachweisen?


Hausarbeit, 2013

12 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung

2. Die holländische Krankheit
2.1. Entstehung
2.2. Definition

3. Anwendung auf Brasilien

4. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einkommen infolge Brasilianischer Rohstoff-Exporte

Abbildung 2: Brasilianischer Handelsbilanzsaldo

Abbildung 3: realer Wechselkurs Brasilianischer Real – US-Dollar

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

"Ordem e progresso"

Ordnung und Fortschritt lautet die Inschrift der brasilianischen Nationalflagge.

Brasilien ist ein Land, welches sich auf dem Weg vom Schwellenland hin zum Industrieland befindet. Die wirtschaftliche Entwicklung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, der vergangenen Jahre und Jahrzehnte war positiv1, weshalb die ökonomische und politische Bedeutung Brasiliens weltweit zunimmt. Das deutsche Auswärtige Amt legt in seiner aktuellen Einschätzung dar, dass Wachstumsimpulse infolge der Fußball Weltmeisterschaft 2014, der Olympischen Spiele 2016 sowie der Erschließung neu entdeckter Rohöl- und Erdgasvorkommen zu erwarten sind. Durch die sportlichen Höhepunkte seien Investitionen geplant, welche in Rio de Janeiro bis zum Jahr 2014 auf ca. 88 Mrd. R$ geschätzt würden.2 Im Folgenden wird nun auf die Problematik der Holländischen Krankheit eingegangen, welche insbesondere für ressourcenreiche Volkswirtschaften relevant ist. Zu diesen an Ressourcen besonders reichen Volkswirtschaften gehört auch Brasilien, zugleich das fünftgrößte Land der Erde.

2. Die holländische Krankheit

2.1. Entstehung

Die Entstehung des Begriffes der holländischen Krankheit wird nun geschildert. Nachdem im Jahr 1959 in Holland erste große Gasvorkommen entdeckt wurden, wurde dieser Energieträger zur Hauptenergiequelle des Landes und darüber hinaus zu einem bedeutenden Exportgut. In Folge der aus den Exporten resultierenden Devisenzuflüsse, welche durch die beiden Ölkrisen 1973 und 1979/1980 mit einer erhöhten Nachfrage verstärkt wurden, kam es zu einer Aufwertung der einheimischen, holländischen Währung.3 Die Politik versäumte es in dieser Zeit sinnvoll zu intervenieren, um die betroffenen Unternehmen finanziell entsprechend zu entlasten. Dagegen wurden diese Unternehmen etwa durch strengere Umweltauflagen bzw. in Form höherer Lohnnebenkosten weiter belastet.4 Als Folge der Aufwertung stiegen sowohl die staatlichen Sozialausgaben als auch die Lohn-Forderungen der Gewerkschaften, da diese darum bemüht waren den Reallohnverlust ihrer Mitglieder auszugleichen. Mit den Forderungen der Gewerkschaften gingen höhere Lohnkosten für die Unternehmen einher. Als Folge der erhöhten Sozialaufwendungen des Staates erhöhte dieser die Steuern.5 In der Endkonsequenz gingen die holländischen Unternehmen aus diesen Maßnahmen mit einer erheblich geschwächten Wettbewerbsfähigkeit hervor, denn die traditionellen Export-Güter wurden zu teuer.6 Dies hatte wiederum negative Rückwirkungen auf die Unternehmensinvestitionen, die Beschäftigungszahl sowie die Industrieproduktion des Landes.7

2.2. Definition

Unter der sogenannten „Dutch Disease“ , welche als holländische Krankheit übersetzt wird, sind negative Effekte für die Exportindustrie eines Landes zu verstehen, welche durch „asymmetrische Technologie-, Angebots- und Nachfrageschocks“ 8 hervorgerufen werden. Damit gehen Einkommensanstiege und Kapitalzuflüsse zugunsten der Volkswirtschaft einher, welche die Konsummöglichkeiten erhöhen. Die erhöhte Nachfrage nach Dienstleistungen im Inland führt zu einer realen Aufwertung des Wechselkurses sowie einer höheren Konzentration der inländischen Wirtschaftspolitik auf jenen Sektor, welcher die genannten Schocks erfährt. Im Anschluss erfolgt ein Rückgang der heimischen Produktion sowie eine Beeinträchtigung des langfristigen Wachstumspfades. Dabei verzeichnet in der Theorie mindestens eine zweite exportgetriebene Industrie des Landes signifikante Produktionsrückgänge. Dies ist die unmittelbare Folge nachdem das Land oder die Industrie einen solchen, in der Regel eigentlich positiv zu betrachtenden, Schock erfahren hat.9 Eine derartige De-Industrialisierung wird häufig gleich gesetzt mit einem Strukturwandel, welcher mit sinkendem Wohlstand einhergeht, da bei einem vergleichbaren Ansteigen des Dienstleistungssektors die Produktivität weniger stark steige.10

Demnach kann „[e]ine von der Dutch Disease betroffene Ökonomie […] normalerweise durch ein Produkt oder eine eng definierte Gruppe von Produkten, die den Großteil der Exporte und des Exportwachstums ausmachen, identifiziert werden.“ 11

3. Anwendung auf Brasilien

Diese Identifikation kann im vorliegenden Fall nicht getroffen werden. Denn wie aus Abbildung 1 deutlich wird, sind in den Jahren von 2003 bis 2006 die Exporte von Landwirtschaftlichen Produkten, Agrarrohstoffen, Erzen und Metallen angestiegen. Darüber hinaus ebenso die Ausfuhren von höherwertig verarbeiteten Produkten. 12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Einkommen infolge Brasilianischer Rohstoff-Exporte13

Infolge der enormen Preissteigerungen im Rohstoffsektor, war Brasilien einer der Haupt-Profiteure des frühen 21. Jahrhunderts.14 Auch in Anbetracht der Exportstrukur 15 Brasiliens wird deutlich, dass insbesondere mineralische Treibstoffe dabei eine bedeutende Rolle spielen, allerdings im Jahr 2007 nur etwa 8% der gesamten brasilianischen Exporte ausmachten. Unterdessen sind etwa 30% der Ausfuhren auf Rohstoffexporte zurück zu führen. Da in dieser Statistik die doch deutlich diversifizierte Exportwirtschaft Brasiliens16 erkennbar ist, kann aufgrund jener Fakten vorerst nicht von einer starken Rohstoffabhängigkeit der Exporte im Jahr 2007 gesprochen werden.

In der Betrachtung zweier wesentlicher Bestandteile zur Beurteilung der Holländischen Krankheit, sowohl eines gestiegenen Handelsbilanzüberschusses als auch einer Aufwertung des realen Wechselkurses, wird nun folgend mit dem Handelsbilanzsaldo begonnen. Wie in Abbildung 2 deutlich wird, weist Brasilien beginnend mit dem Jahre 2002 und fortwährend bis zum Jahr 2006 einen stetig steigenden Handelsbilanzüberschuss von in der Spitze bis zu 41,97 Mrd. US-$ aus. Ein derartiger positiver Handelsbilanzsaldo sagt aus, dass das zu betrachtende Land wertmäßig mehr exportiert als importiert hat. In den folgenden Jahren schwächte sich dieser Überschuss ab und zeigt bis zum Jahr 2011 ein nunmehr uneinheitliches Bild. Dennoch bestehen weiterhin deutliche Handelsbilanzüberschüsse. Aufgrund dieser vorliegenden Daten ist eine wesentliche Voraussetzung der holländischen Krankheit, der gestiegene Handelsüberschuss, beginnend mit dem Jahr 2002 offensichtlich erfüllt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Brasilianischer Handelsbilanzsaldo 17

Ein zweites Kriterium, welches wesentliche Relevanz für eine Diagnose der holländischen Krankheit hat, ist die Aufwertung des realen Wechselkurses. Wie aus Abbildung 3 ersichtlich ist, erfolgte zwischen dem Jahr 2000 und 2003 eine massive Abwertung des brasilianischen Real. Dieser Abwertung folgte eine noch deutlichere Aufwertung der brasilianischen Währung bis ins Jahr 2008 hinein. Eine solche reale Aufwertung liegt in Brasilien zum einen darin begründet, dass durch die erhöhte Exporttätigkeit der Real eine erhöhte Nachfrage erfährt.18 Eine weitere Begründung ist, dass eine verstärkte Investitionstätigkeit aus dem Ausland, das sogenannte Foreign Direct Investment, zur Aufwertung der heimischen Währung beitrug.19 In der Folgezeit lässt sich eine Tendenz zur Stabilisierung mit geringfügigen Schwankungen um den Mittelwert von etwa 2 R$/US-$ erkennen. Daraus lässt sich ableiten, dass eine spürbare Aufwertung des brasilianischen Reals zum US-$ im Wesentlichen in den Jahren von 2003 bis 2009 erfolgte. Die holländische Krankheit kann also, wenn diese streng nach den genannten Kriterien bewertet wird, nur in diesem Zeitraum erfolgt sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: realer Wechselkurs Brasilianischer Real – US-Dollar20

4. Fazit

Die brasilianische Wettbewerbsfähigkeit hat im letzten Jahrzehnt besonders stark zugenommen. Vor dem Hintergrund eines weiter stark steigenden Energiehungers in der Welt ist davon auszugehen, dass die Rohstoffexporte Brasiliens in diesem Zusammenhang zunehmen werden. Da aber gleichzeitig auch Brasilien als sogenanntes BRIC-Land hohe Wachstumsraten aufweist, ist auch zu erwarten, dass die Importe stärker steigen werden als bisher. Steigende Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes könnten durchaus einen erhöhten Energiebedarf im Inland zur Folge haben. Dieser Umstand macht eine Prognose für die Tendenz der zukünftigen Handelsbilanz schwierig, da fraglich ist ob dieser durch heimische Ressourcen kompensiert werden würde und damit tendenziell die Öl-Exporte schrumpfen lässt. Oder ob beispielsweise verstärkt erneuerbare Energieträger zum Einsatz kommen, welche möglicherweise einen geringeren Einfluss auf den Handelsbilanzsaldo ausmachen.

Weiterhin sollte beachtet werden, dass für eine exakte Diagnose der holländischen Krankheit weitere Faktoren hinzu zu ziehen sind. Dazu gehören neben einem gestiegenen Handelsbilanzüberschuss, einer Aufwertung des realen Wechselkurses und einer rohstofflastigeren Exportstrukur auch ein Anstieg der terms of trade durch höhere Rohstoffpreise.21

[...]


1 Vgl. The World Bank 2012

2 Vgl. Auswärtiges Amt 2012

3 Vgl. Brezinski und Stephan 2010, S. 3-23

4 Ebd.

5 Vgl. Brezinski und Stephan 2010, S.3-23f.

6 Vgl. Morris, S.154

7 Vgl. Brezinski und Stephan 2010, S.3-23f.

8 Vgl. Ebd., S.3-21

9 Vgl. Ebd.

10 Vgl. Gabler 2012

11 Vgl. OECD 2007, S.157

12 Ebd., S.157

13 Geändert nach OECD 2007, S.158

14 Vgl. Ocampo und Ros, S.406

15 S. Anhang

16 Vgl. OECD 2007, S.157

17 Statista 2012

18 The World Bank 2008, S.27

19 Ebd.

20 Finanzen Verlag GmbH 2012

21 Vgl. Corden und Neary, S.840

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
"Dutch Disease". Lässt sich die "holländische Krankheit" für Brasilien nachweisen?
Hochschule
Technische Universität Bergakademie Freiberg
Autor
Jahr
2013
Seiten
12
Katalognummer
V320867
ISBN (eBook)
9783668201248
ISBN (Buch)
9783668201255
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Holländische Krankheit, Dutch Disease
Arbeit zitieren
Robert Patzig (Autor:in), 2013, "Dutch Disease". Lässt sich die "holländische Krankheit" für Brasilien nachweisen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320867

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