Die Rolle des Wirtschaftsprüfers während der Abschlussprüfung im Fall des Top-Management-Fraud


Hausarbeit, 2004

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. Der Fall Enron

2. Der Fall Worldcom

3. Hintergründe und Motive zur Bilanzmanipulation
3.1 Abhängigkeit des Wirtschaftsprüfers
3.2 Unternehmensinterne Aufsichtsgremien
3.3 Vergütungssysteme

4. Verantwortung der Wirtschaftsprüfung

5. Ansätze zur Überwindung des Vertrauensverlustes in die Abschlussprüfer
5.1 Qualitätssteigerung der Abschlussprüfung von „innen heraus“
5.2 Qualitätssteigerung der Abschlussprüfung mit äußerer Hilfe

6. Ergebnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Anzahl krimineller Vergehen in Wirtschaftsunternehmen nimmt stetig zu. Sowohl Unternehmer als auch Unternehmensgläubiger werden zunehmend durch Unterschlagung, Betrug, Diebstahl oder Bilanzfälschung finanziell geschädigt

Nach einer Studie der KPMG „Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2003/2004“ wurden 64 Prozent der Unternehmen nach eigenen Angaben in den letzten drei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen. Es wurden Einzelschäden von bis zu 85 Mio. Euro genannt. Die KPMG ermittelte die folgende an wirtschaftskriminellen Handlungen beteiligten Personenkreise:

Abb. 1: Beteiligte Personenkreise bei wirtschaftskriminellen Handlungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: verändert aus: Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2003/2004, Studie der KPMG

Danach werden wirtschaftskriminelle Handlungen überwiegend durch Mitarbeiter und Täter ohne Geschäftsbeziehungen begangen, wobei Kollusionen zwischen unternehmensinternen und –externen Personen eine große Rolle spielt. Trotz des relativen geringen prozentualen Anteils, ist der Betrug durch das Management („Top-Management-Fraud“) von besonderer Bedeutung, da die entstehenden Schäden sehr hoch sind und die Umgehung der Kontrollstrukturen aufgrund der Hierarchieebene einfacher vonstatten geht. Denn wirtschaftskriminelle Handlungen werden laut der o. g. Studie zum größten Teil durch interne Prüfungen und Funktionstests, aber auch durch Zufall aufgedeckt. Die Jahresabschlussprüfung der Wirtschaftsprüfer trug laut Angaben der Unternehmen nur zu 4 Prozent zur Aufklärung von dolosen Handlungen bei.[1]

Enron, Balsam/Procedo, Comroad und Worldcom sind nur einige der bekanntesten Fälle über die unter dem Thema Top-Management-Fraud in der Presse berichtet wurde. Top-Management-Fraud ist kein neues Phänomen und keineswegs auf einzelne Länder beschränkt, es stellt aber sehr wohl in den oben genannten Fällen eine ganz neue Dimension in Bezug auf das Ausmaß des verursachten Schadens dar. Geschädigte waren Dritte: Gläubiger, Kleinaktionäre und Angestellte des betreffenden Unternehmens. Handelnde Personen waren die der obersten Führungsetage und vielleicht sogar Spitzenpolitiker (siehe Enron). Es wurden mit höchster krimineller Energie Bilanzen gefälscht und somit das Vertrauen in das Kapital- und Aktienanlagewesen, die Rechnungslegungsstandards und nicht zuletzt die Integrität der Wirtschaftsprüfung grundlegend erschüttert. Der nachfolgenden Graphik sind die bisher weltweit größten Bilanzskandale zu entnehmen und deren geschätzter verursachter Schaden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Große internationale Bilanzskandale

Quelle: www.derstandard.at

In meiner vorliegenden Arbeit möchte ich zunächst die Bilanzmanipulationen der Firmen Enron und Worldcom darlegen und anschließend untersuchen, welche Faktoren Top-Management-Fraud in erster Linie begünstigen und welche Motive bestehen. Ich werde versuchen, die Verantwortlichkeiten zu dessen Aufdeckung zu klären. Außerdem werde ich Möglichkeiten zur besseren Kontrolle und Vermeidung von Bilanzbetrug aufzeigen. Dabei steht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in einem besonderem Fokus.

1.) Der Fall Enron

Enron wurde 1985 in Texas (USA) durch Kenneth Lay gegründet. Es entstand durch eine Fusion aus Natural Gas und Internorth und verstand sich als Anbieter, d.h. Ersteller, Verteiler und Händler von Energieformen aller Art. Während der 80er Jahre begann die Regierung den Energiemarkt zu deregulieren und liberalisieren. Das führte zu einer starken Preisvolatilität für Gas, Stahl, Kohle etc. (unter anderem bedingt durch klimatische Bedingungen), gegen die sich Energieproduzenten, Pipeline-Betreiber und Verbraucher gerne absichern würden. Hier sah Enron seine Chance und gewährte als „market maker“ durch Finanztermingeschäfte stabile Preise für Konsumenten und Produzenten. Im Jahr 2000 gehörte es mit 100 Mrd. Dollar Umsatz zur siebtgrößten Firma der USA und handelte Strom, Naturgas, Metalle, Zellstoff, Breitbandkapazitäten, Schuldforderungen und andere Derivate über eigene „Business-to-Business“ Märkte. 2001 hatte Enron eine Marktkapitalisierung von 63 Mrd. US-Dollar und wurde vom „Fortune“ als das innovativste Unternehmen der USA bezeichnet, welches den Wandel von der „Old-“ zur „New- Economy“ bravourös gemeistert hatte.[2]

Von 1989 bis 2001 spendete Enron lt. BBC 530.493 US Dollar an den Senat und 603.488 US Dollar an das Repräsentantenhaus und war somit eines der spendabelsten US-Unternehmen.[3] Kenneth Lay hatte sehr enge Verbindungen zur Regierung in Washington, insbesondere George W. Bush und den Vize-Präsidenten Richard Cheney. Der Handelsbeauftragte Robert Zoellick und auch Chefökonom Larry Lindsey waren vor Regierungsantritt bezahlte Berater bei Enron. Somit liegt die Vermutung nahe, dass Kenneth Lay massiven Einfluss auf die Gesetzesvorlagen zur Deregulierung der Energiewirtschaft hatte. Die Bush Regierung räumte unter öffentlichem Druck ein ein, dass Richard Cheney und seine Berater kurz vorm Konkurs im Jahr 2001 sechsmal zu Krisengesprächen mit Enron-Repräsentanten zusammentrafen.

Im Sommer 2000 stellte sich heraus, dass Enron nicht so erfolgreich war, wie es die Bilanzen vorgaben. Um den Aktienkurs zu steigern , der in den besten Zeiten bei 90 US Dollar lag, bis er auf 50 Cent fiel, versteckte Enron Verbindlichkeiten und Verluste in anderen Tochterfirmen und Partnerschaften, sogenannten Special-Purpose-Entities (SPE), welche nicht in die Konzernbilanz aufgenommen wurden. Enron mit seinen rund 20.000 Mitarbeitern unterhielt somit nahezu 1000 Off-shore-companies, viele davon lediglich Briefkastenfirmen. Die Folge nach Entdeckung war eine Gewinnrevision von 600 Mio. US Dollar und die Verringerung des Eigenkapitals in Höhe von 1,2 Mrd. US Dollar. Dies traf die Angestellten des Enron Konzerns besonders hart, da die Pensionsverpflichtungen hauptsächlich in Aktien des eigenen Unternehmens gehalten wurden.[4]

Angeblich mitgetragen wurde diese „kreative Bilanzierung“ von „Arthur Andersen & Partner“, einer der damals fünf größten Wirtschaftsprüfer. Im Zuge der Kooperation mit Enron, sowohl als Prüfer als auch als Unternehmens- und Börsenberater, erfand Andersen den Tausch (englisch: „swap“) von Netzwerkkapazität: Enron verleiht an seinen Geschäftspartner freie Kapazität und verbucht diesen „Verkauf“ als Barerlös, während sich der Kauf der Kapazitäten beim Geschäftspartner als Investition (Kapitalausgabe) niederschlägt. Diese Transaktion wirkt sich vermögensverbessernd auf die Situationen beider Geschäftspartner aus, wobei tatsächlich nur ein „Luftgeschäft“ stattgefunden hat. Gelder sind hierbei nicht geflossen. Eine derartige Bilanzierung stand voll im Einklang mit der US- Gesetzgebung, diese verlangte lediglich einen Vermerk „unterm Strich“ außerhalb der Bilanz. Andersen verkaufte seine Erfindung, den „capacity swap“, aggressiv an seine Kunden aus der Energiebranche und anderen kapazitätsintensiven Wirtschaftsbereichen.[5]

2.) Der Fall Worldcom

Der Bilanzbetrug des US-Telekommunikationsunternehmens Worldcom führte im Sommer 2002 zum größten Insolvenzfall der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte mit einem verursachten Schaden für Gläubiger und Investoren in Höhe von ca. elf Mrd. US Dollar (siehe Abb. 2). Die Fehlbilanzierungen waren im Gegensatz zu Enron erstaunlich einfach. Innerhalb von fünf Quartalen wurden laufende Kosten für Telefonleitungen in Höhe von 3,85 Mrd. US Dollar nicht erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht, sondern als Vermögenswert in der Bilanz aktiviert. Es handelte sich bei diesen Kosten um Leitungsgebühren, die Worldcom an andere Gesellschaften zur Nutzung dessen Telefonleitungen zu zahlen hatte, um die Gespräche der eigenen Kunden abzuwickeln. Die Manipulation hatte zur Folge, dass Worldcom im Jahr 2001 statt eines tatsächlichen Verlustes von ca. 0,7 Mrd. US Dollar einen fiktiven Gewinn von 1,38 Mrd. US Dollar auswies. Diese Beeinflussung des Ergebnisses machte nahezu 10 Prozent des gesamten Umsatzes aus, traf aber den Erwartungsbereich der Analysten, auch in diesem Fall Arthur Andersen & Partner, die vermutlich aus diesem Grund nicht misstrauisch wurden. Worlcom erhöhte seine Aktiva, was zwangsläufig zu vermehrten und zusätzlich zu verdienenden Abschreibungen führen würde, und hoffte, die Ergebnisminderung in spätere ertragreichere Jahre verlegen zu können. Dem Geschäftsführer Bernhard Ebbers gelang so zudem eine Verbesserung wichtiger Kennzahlen des Jahresabschlusses:

a) Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung, wie z.B. die Umsatz- und Eigenkapitalrentabilität
b) Bilanzkennzahlen aus der Finanzierungsanalyse, die auf dem Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital aufbauen, da durch die nicht erfolgswirksame Verbuchung der Leitungsgebühren der Gewinn und somit das Eigenkapital höher als tatsächlich ausgewiesen wurde. Solche Kennzahlen sind z.B. die Eigenkapitalquote und die Fremdkapitaldeckung, auch genannt Verschuldungskoeffizient. Das Unternehmen erscheint weniger verschuldet und somit kreditwürdiger.
c) Bilanzkennzahlen aus der Liquiditätsanalyse, da hier die aufgeblähten Aktiva ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt werden.
d) Cashflow-Kennzahlen, da mit den verminderten Kosten aus dem operativen Geschäft gleichzeitig der Cashflow aus operativer Tätigkeit steigt. Die falsch aktivierten Kosten wurden statt als operative Kosten als Geldabfluss für Investitionstätigkeit ausgewiesen, also verschoben: Dies signalisierte sogar ein erhöhtes Leistungspotential:

Abb. 3: Der Bilanzbetrug von Worldcom

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ZIR, Corporate Governance und IR, Heft 3, 2003, S. 91

e) Modekennzahl EBITDA (earnings before interests, taxes, depreciation and amortization), welche zunächst durch die nicht erfolgswirksam verbuchten Leitungsgebühren erhöht war und in den Folgejahren nicht einmal die vermehrten Abschreibungen erfasste. Somit tauchten Kosten aus 2001 von 3,2 Mrd. US Dollar nie im EBITDA auf. Für 2001 wies Worldcom einen EBITDA von 10,5 Mrd. US Dollar aus ,welcher nach Prüfung auf 6,3 Mrd. US Dollar gekürzt werden musste.

[...]


[1] Vgl. KPMG, Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2003/2004, S. 9,14-15

[2] Vgl. Lange u.a., Enronomics, WISU, Heft 2, 2002, S. 153

[3] Vgl. BBC news, http://news.bbc.co.uk

[4] Vgl. Baumann u.a., Mega Blamage, Wirtschaftswoche, Heft 5, 2002, S. 46

[5] Vgl. Matzner, Wie man Luft verkauft, www.diepresse.com

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des Wirtschaftsprüfers während der Abschlussprüfung im Fall des Top-Management-Fraud
Hochschule
Hochschule Bremen
Veranstaltung
Jahresabschlussprüfung
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V32075
ISBN (eBook)
9783638328982
ISBN (Buch)
9783638776738
Dateigröße
672 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Wirtschaftsprüfers, Abschlussprüfung, Fall, Top-Management-Fraud, Jahresabschlussprüfung
Arbeit zitieren
Silke Christmann (Autor:in), 2004, Die Rolle des Wirtschaftsprüfers während der Abschlussprüfung im Fall des Top-Management-Fraud, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32075

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