Begriff und Varianten sozialen Handelns - Theorieansätze von Max Weber und Emile Durkheim


Seminararbeit, 1996

15 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

1. Lebensdaten und Zeitgeschichte

2. BEGRIFF UND VARIANTEN SOZIALEN HANDELNS
2.1 zweckrationales Handeln:
2.2 Wertrationales Handeln:
2.3 Affektuelles Handeln:
2.4 Traditionales Handeln:

3. Wissenschaftstheorie
3.1 Sinnhaftes-Sinnfremdes Handeln:
3.2 Der „Idealtypus“:
3.3 Zusammenfassung des Ansatzes:

4. Emile Durkheims Theorie der „faits sociaux“
4.1 Wichtige Studien von Durkheim:
4.2 Unterschiede in den Ansätzen von Weber und Durkheim:

5. Fazit

LITERATURLISTE

Max Weber

1. Lebensdaten und Zeitgeschichte

Max Weber wird am 21.April 1864 in Erfurt geboren und stirbt 1920 in München. Es ist die Zeit des Zweiten deutschen Kaiserreichs. Der Vater Max Weber (sen.) war in der Berliner Stadtverwaltung tätig. Die Mutter Helene, geb. Fallenstein, lernte im Alter von sechzehn Jahren ihren späteren Mann kennen, im Kreise ihrer Schwester Ida, die mit dem Wissenschaftler und Geschichtsprofessor Hermann Baumgarten verheiratet war.

Karl Emil Maximilian Weber, wie der Vater ´Max` gerufen, kommt als erstes Kind zur Welt.

Die Schule scheint ihm leicht zu fallen, er liest früh Werke deutscher Philosophen wie Schopenhauer, Kant und befasst sich mit antiken Klassikern wie Homer, Vergil, Cicero,...

Zu seiner Mutter hat er zeitlebens ein enges Verhältnis, von dem er sich später nur schwer, aber bewusst loslösen wird. In der Geschwisterreihe nimmt er die Rolle des besserwissenden Ältesten ein, worüber sich sein um vier Jahre jüngerer Bruder Alfred einmal bitter beklagt:

, Ich konnte nämlich gar nicht begreifen, wie Du stets in Gegenwart eines Dritten über alles, was ich sagte, so absprechend und nichtachtend hinweggehen und (...) mich auslachen konntest’ ( H.N.Fügen 1985, S.23)

1869 siedelt die Familie nach Berlin um. Der Vater hatte ein Landtagsmandat und erhielt 1872 auch einen Sitz im Reichstag; er gehörte zur Mehrheitsfraktion der Nationalliberalen. Es verkehrten damit viele Parteifreunde im Hause Weber, deren Gesprächen der kleine Max Weber gern lauschte.

1882 beginnt er das Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, später fortgesetzt in Straßburg, Berlin, Göttingen,... In Straßburg absolvierte er den Wehrdienst, indem er sich als einjährig-freiwilliger Soldat meldete. Im Juni 1886 legte er das Referendarexamen ab und kehrte für die nächsten sieben Jahre in das Elternhaus zurück. Dort hat er dann auch seine spätere Ehefrau, Marianne Schnittger, kennengelernt, die als entfernte Verwandte und Halbwaise in das Hause Weber aufgenommen worden war. 1893 ist die Heirat zwischen Max Weber und Marianne Schnittger. 1894 wird Weber an die Universität Freiburg berufen und das Paar übersiedelt dorthin, 1897 beruft man Weber nach Heidelberg. Dort kommt es zu einem schweren Streit mit dem Vater, der zu einem Besuch mit der Mutter mitgekommen war. Als Max Weber sen. kurze Zeit später stirbt, plagen Weber schwere Depressionen. Er verfällt in Apathie und ist zu keiner geistigen Arbeit mehr fähig, auch Lehrveranstaltungen kann er nicht mehr abhalten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Sanatorium reist das Ehepaar nach Italien, wo sie sich einige Zeit in Rom und Florenz aufhalten. Nach zwei Jahren kehren sie nach Heidelberg zurück. Webers Gesundheitszustand hat sich gebessert, er bittet dennoch um eine Entlassung aus dem Amt. Er plant, zusammen mit Edgar Jaffé, eine sozialwissenschaftliche Zeitschrift herauszugeben. Die erste Nummer wurde mit einem Erläuterungs- und Programmaufsatz eröffnet, den Max Weber schrieb, mit dem Titel: „ Die Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“. Weber definiert darin die Sozialwissenschaft als eine ‘Wirklichkeitswissenschaft’ und grenzt sie damit von den Naturwissenschaften ab. 1904 tritt das Ehepaar Weber eine Amerika-Reise an. Weber befasst sich mit der Entwicklung in Russland und schreibt sein wohl bekanntestes Werk ‘Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus’. 1909 wurde die Deutsche Gesellschaft für Soziologie gegründet, aus dessen Vorstand Weber aber 1912 zurücktritt, da er den ‘Ort wertfreier wissenschaftlicher Arbeit und Diskussion’ (H.N.Fügen 1985, S.90) durch dessen Vorsitzenden R.Goldscheidt angegriffen sieht. Weber beschäftigt sich in dieser Zeit mit der Neugestaltung des älteren Standartwerks „Grundriss der Nationalökonomie“. Der Verleger Paul Siebeck, der nach 1920 fast alle Schriften Webers in Druck nahm, hatte die Zeit von zwei Jahren veranschlagt, die jedoch überschritten wurde, da das Werk aus Artikeln von mehreren Autoren bestand. Webers Beitrag kam erst 1921 in ausführlicher Form als „Wirtschaft und Gesellschaft“ heraus.

Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs unternahm Max Weber viele Reisen. Seine Frau Marianne hatte 1907 selbst ein Buch herausgebracht: „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“. Außerdem hält sie einen Vortrag über „Sexualethische Prinzipienfragen“ auf dem evangelisch-sozialen Kongress.

In seinen letzten Lebensjahren verfasst Weber noch „Die Gesellschaftsethik der Weltreligionen“. Außerdem setzt er sich für deutsche Kriegszielforderungen ein. Sein Versuch, in der Politik zu kandidieren, scheitert allerdings.

Weber bekommt Lehrstuhlangebote an vielen deutschen Universitäten, entscheidet sich 1919 nach einem Probesemester für München. Im gleichen Jahr stirbt Webers Mutter Helene. Seine Frau Marianne wird Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine. 1920 stirbt Webers jüngste Schwester Lili am 1. April und kurze Zeit darauf erkrankt Max Weber an einer Lungenentzündung und stirbt am 14. Juni.

2. BEGRIFF UND VARIANTEN SOZIALEN HANDELNS

Max Weber beschäftigt sich in den `Soziologischen Grundbegriffen` mit einer der zentralen Fragen der Soziologie und des menschlichen Zusammenlebens überhaupt, dem Begriff des Sozialen Handelns.

Was ist Soziales Handeln - was versteht Weber darunter und inwiefern gibt es aktuelle Bezüge?

Weber definiert Handeln an sich als menschliches Verhalten, mit dem der oder die Handelnde einen subjektiven Sinn verbinden. Dazu gehört auch ein mögliches Unterlassen der Handlung, d.h. es kann „äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden“ beinhalten; also auch nur eine theoretische Handlung darstellen, die man sich nur ausdenkt. (vgl. Max Weber, 1984, S.19)

Soziales Handeln wird auf das „Verhalten anderer bezogen und (ist) darin in seinem Ablauf orientiert.“ Das kann Vergangenes, Gegenwärtiges oder künftig Erwartetes sein, z.B. Rache für frühere Angriffe, Abwehr eines gegenwärtigen Angriffs sowie Verteidigungsmaßnahmen gegen künftige Angriffe. Die ‘anderen’ können dabei Einzelne oder Viele, Bekannte oder Unbekannte sein. Hier ist anzuführen, dass bei unbekannten Personen das Phänomen der Übertragung nicht ausgeschlossen werden kann, dies heißt z.B., dass man sich, durch Erfahrungen oder Erlebnisse bedingt, in einer wiederkehrenden ähnlichen Situation in bestimmter Weise verhält, auch wenn es ganz andere Menschen sind. Die Grenze zum nicht- sozialen Handeln ist gegeben, wenn es sich um biologisch-natürliche Gegebenheiten handelt, wie z.B. der durch den Alterungsprozess entstehende Verlust des Gedächtnisses. Die ehemals „sinnhafte“ Handlung wird in diesem Fall als „sinnfremd“ erscheinen und bleibt unverständlich. (Begriffe v. M.W., 1984, S.19 und S.22 ff.)

„Sinnhaft muss jede Handlungsorientierung heißen, welche nicht nur bewusstseinsfähig, sondern durch bloße Bewusstmachung - und erst recht durch bewusste Kontrolle - grundsätzlich veränderbar ist. “Dieses Zitat von Johannes Weiß (1992, S.55) macht dies deutlich. Weber selbst bringt das Beispiel des Geldes als „Tauschgut, welches der Handelnde beim Tausch deshalb annimmt, weil er sein Handeln an der Erwartung orientiert, dass (...) unbestimmt viele Andere es ihrerseits künftig in Tausch zu nehmen bereit sein werden.“(M.W., 1984, S.41)

Wenn der Bezug zu anderen allerdings in der Handlung gänzlich fehlt, liegt kein Soziales Handeln nach der Definition vor. Weber liefert hierzu einige Beispiele:

a) wenn es sich nur an den Erwartungen des Verhaltens sachlicher Objekte, z.B. Maschinen, orientiert

b) wenn es ein religiöses Verhalten wie ein einsames Gebet bzw. Kontemplation darstellt

Individuelles Handeln kann dagegen sozialen Charakters sein, wenn der das Verhalten bestimmende Sinnzusammenhang gesellschaftlich vermittelt ist, wie z.B. rituell-traditionale Handlungen, z.B. Weihnachten. (vgl. Joh. Weiß, 1992, S.49)

c) nicht jede Art von Berührung von Menschen ist sozialen Charakters, sondern nur ein Wechselspiel von actio und reactio, was zufällig erfolgt, z.B. der Zusammenprall zweier Radfahrer ist ein bloßes Ereignis wie ein Naturgeschehen. Soziales Handeln tritt dann bei dem Versuch ein, dem anderen auszuweichen, oder bei einer auf dem Unfall folgende Schimpferei, Prügelei oder friedlicher Klärung des Vorgangs.

d) Massenbedingtes Handeln, d.h. gleiches Handeln mehrerer zur gleichen Zeit, wie z.B. das gleichzeitige Aufspannen eines Regenschirms in einer Menschenmenge, wenn es zu regnen anfängt, ist gewöhnlich nicht sozial, sondern am gleichartigen Bedürfnis aller nach Schutz gegen Nässe, orientiert. Es können dabei auch gemeinsame Empfindungen auftreten, eventuell Heiterkeit, Wut, Begeisterung oder Verzweiflung, was den Einzelnen als Teil der Masse fühlen lässt. Dennoch ist es kein soziales Handeln. Festzuhalten wäre also, dass Handeln in Gemeinschaft mit anderen nicht identisch sein muss mit dem Begriff des Sozialen Handelns. Wenn der Bezug zu anderen in der eigenen Handlung enthalten ist, kann sie als Soziales Handeln bezeichnet werden.

e) auch bloße Nachahmung fremden Handelns, ein reaktives Tun wie z.B. beim Entstehen einer Welle im Fußballstadion, gilt nicht als eigentliches soziales Handeln.

Weber selbst gibt zu, dass die „Grenze derart flüssig ist, dass eine Unterscheidung oft kaum möglich erscheint“. Eine Grenze zu ziehen ist deshalb schwierig, da dem Handelnden selbst ja oft nicht der Grund bzw. „der Sinn des eigenen Handelns (...) vollständig bewusst ist“, und auch von außen „keineswegs immer eindeutig feststellbar“ sein muss. (M.W., 1984, S. 43 )

Was sind nun aber die Bestimmungsgründe sozialen Handelns?

Weber gibt uns dazu folgende Erklärung, indem er den die Handlung motivierenden Sinn in vier Kategorien einteilt:

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Begriff und Varianten sozialen Handelns - Theorieansätze von Max Weber und Emile Durkheim
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Grundbegriffe der Soziologie
Note
1
Autor
Jahr
1996
Seiten
15
Katalognummer
V32069
ISBN (eBook)
9783638328944
ISBN (Buch)
9783638772143
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Klassiker der soziologischen Theorie Max Weber und Emile Durkheim werden gegenübergestellt und verglichen in Bezug auf Sozialem Handeln anhand der "Soziologische Grundbegriffe" und entsprechenden Sekundärliteratur. Außerdem wird auf die Wissenschaftstheorie Webers, den Rationalitätsbegriff und Idealtypus eingegangen.
Schlagworte
Begriff, Varianten, Handelns, Theorieansätze, Weber, Emile, Durkheim, Grundbegriffe, Soziologie
Arbeit zitieren
Marbel John (Autor:in), 1996, Begriff und Varianten sozialen Handelns - Theorieansätze von Max Weber und Emile Durkheim, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32069

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