Der weltweite Kampf gegen Steueroasen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

43 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

2 Was ist eine Steueroase?
2.1 Steueroase – Begriff ohne Konturen
2.2 Versuch einer qualitativen Definition
2.3 Definitionen auf quantitativer Basis
2.4 Instrumentarium einer Steueroase

3 Geschichte der Steueroasen
3.1 Vorbemerkungen
3.2 1869 bis 1918 - Entstehung des Phänomens
3.3 1920 bis 1960 – Etablierung der klassischen Steueroasen
3.4 1960 bis 1998 – Die goldene Ära

4 Wer nutzt die Steueroasen?
4.1 Vorbemerkung
4.2 Reiche Privatpersonen
4.3 Multinationale Konzerne
4.4 Banken
4.5 Versicherungen
4.6 Investmentfonds
4.7 Rechts- und Steuerexperten
4.8 Kriminelle
4.9 Große Industrienationen
4.10 Staaten und Nationen

5 Wirtschaftliche Risiken
5.1 Externe Kosten
5.2 Steueroasen und finanzielle Stabilität

6 Lösungsansätze
6.1 Politik ohne Überzeugung bis 1998
6.2 Institutionelle Attacken gegen Steueroasen ab 1998
6.3 Die Finanzkrise ab 2007 als Wendepunkt

7 Zusammenfassung und Fazit

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

Steueroasen sind oftmals ein medial allseits präsentes Phänomen. Vor allem die Tatsache, dass kaum ein größeres internationales Unternehmen findet, das nicht auf irgendeine Weise die Vorzüge von Steueroasen in Anspruch nimmt, indiziert eine hohe Prävalenz des Phänomens und bringt das Problem regelmäßig ins öffentliche Bewusstsein. Die 50 größten Unternehmen Europas sind allesamt durch Tochtergesellschaften in den Steueroasen vertreten. Erfolgreiche US-Unternehmen wie Apple, Google, Amazon sind häufig wegen ihrer außerordentlich niedrigen Steuerbelastung der Kritik. Zudem nimmt eine Vielzahl wohlhabender Personen die Vorzüge von Steueroasen in Anspruch, sei es über die illegale Steuerhinterziehung von prominenten Personen des Sports wie im Extremfall des FC Bayern Präsidenten Ulrich „Uli“ Hoeneß 2013 oder ganz legal über Steueroptimierung mit freundlicher Unterstützung des eigenen Steuerberaters. Die Rolle der Banken im Geflecht der Steueroasen findet dagegen weniger häufig Erwähnung. Schätzungen zufolge gehen 50 % der weltweiten Finanztransaktionen über oder in Steueroasen.

Der Thematik enthält Gegensätze: So einleuchtend der Begriff „Steueroase“ auf den ersten Blick erscheint, so komplex ist hingegen der Versuch seiner Erfassung nach wissenschaftlichen Maßstäben. So medial allgegenwärtig und aktuell, das Ausmaß der Problematik ist, so vergleichsweise wenig kritische Beachtung wird ihr aber in der Wissenschaft geschenkt. Symptomatisch dafür ist, dass sich die meisten deutschsprachigen Publikationen zu Steueroasen sich auf das Gebiet der kreativen Nutzung legaler Vorzüge ebendieser beschränken, ohne das Phänomen im Kontext der Globalisierung einer ausführlichen kritischen Betrachtung zu unterziehen. Während der „Goldenen Ära“ der Steueroasen waren Werktitel wie „Geldanlagen über Steueroasen“ (Winteler 1980) oder Kapitelüberschriften im Sinne von „Renditechancen“ oder „Vermögenssicherung“ (Seidl/Winteler 1995) üblich. Seitdem entwickelt sich die Wortwahl jedoch etwas subtiler in Richtung politische Korrektheit.

Nichtsdestotrotz gab es Vorstöße in diese Nische der Wissenschaft, hauptsächlich durch Ökonom und Wirtschaftsjournalisten Christian Chavagneux und den Professor der University of London Ronen Palan, die genau zu diesem Thema einige Werke publiziert haben. Erschwerend der Recherche für vorliegende Arbeit leider in französischer und englischer Sprache; beides nicht Muttersprachen des Autors. Noch ein weiterer Gegensatz besteht in der Diskussion um die Problematik der Steueroasen, die in zwei Lager gespalten ist. Es gibt die Befürworter und Unterstützer des Kampfes gegen Steueroasen (wesentlich größer und mächtiger) und die Gruppe derer, die gegen den Kampf gegen Steueroasen ankämpfen. Letztere Gruppe ist hauptsächlich aufgestellt durch Interessenvertreter der Steueroasen und Nutznießer, sehr wohlhabende, mächtige Personen und Steuerberater auf dem Spezialgebiet der Gestaltung der legalen Steuerflucht.

Vorliegende Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf die Argumentation der ersten Gruppe, also derer, die in Steueroasen ein Problem sehen und versucht so einen deutschsprachigen wissenschaftlichen Überblick der Problematik zu liefern. Sie teilt sich in fünf Hauptkapitel. Kapitel zwei behandelt die Grundlagen, versucht eine Definition zu bilden und beschreibt die Instrumente und Methoden, die Steueroasen bieten. Kapitel drei gibt einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Steueroasen. Kapitel vier benennt und beschreibt die Nutzer der Steueroasen. Anschließend behandelt Kapitel fünf die wirtschaftlichen Schäden durch Steueroasen. Ausgehend von den in Kapitel fünf beschriebenen wirtschaftlichen Problemen handelt das letzte Kapitel von den Lösungsansätzen um die Nutzung von Steueroasen einzudämmen.

2 Was ist eine Steueroase?

2.1 Steueroase – Begriff ohne Konturen

Der Begriff der „Steueroase“ wurde und wird seit den 1970er Jahren großflächig auf eine Vielzahl von Sachverhalten angewendet, ohne jedoch über dessen genaue Bedeutung ausreichend Klarheit zu haben (Zeromé 2007, 4). Bei der eingehenden Auseinandersetzung mit der Thematik zeigt sich, dass die Komplexität des Sachverhaltes eine objektive Definition unmöglich macht. Einige Arbeiten zu gegebener Thematik übergehen gar den Versuch der Definition im Großen und Ganzen und behandeln das Thema ohne den Versuch, zu klären, was eine Steueroase ist. Trotzdem sind die Bemühungen zur Klärung der Frage „Was ist eine Steueroase o.Ä.?“ so vielfältig wie die Anzahl an bedeutungsähnlichen Bezeichnungen des Sachverhaltes. Es gibt es im deutschen Sprachgebrauch Begriffe wie „Steuerparadise“ oder „Finanzparadise“, angelehnt an den im Französischen gebräuchlichen Begriff der „paradis fiscaux“, sowie im Zusammenhang genannte Anglizismen wie „Offshore Finanzplätze“, angelehnt an den englischen Begriff „Offshore Financial Centers“. Hier wird sich auf die Nutzung des Kofferworts „Steueroase“ beschränkt.

Richtet sich eine Begriffsgruppe nur auf die Steuerproblematik, so gibt es weiter gefasste Begriffe, die sie allgemein als souveräne, unabhängige Finanzplätze oder Netzwerke bezeichnen. Eine genaue Abgrenzung der beiden ist schwierig. Steueroasen werden primär, aber nicht ausschließlich zur Steuerhinterziehung oder Steueroptimierung genutzt, wobei z.B. Offshore Financial Centers eher einen zentralen, intransparenten und nicht regulierten Markt für weltweite Finanztransaktionen darstellen. Beide Begriffe werden hingegen häufig synonym verwendet. Nach dieser Definition sind Beispiele für Letztere der Finanzplatz London oder die International Banking Facilities (IBF) in den USA. Da die Absichten der Nutzung einer Steueroase häufig über die reine Steueroptimierung oder Steuerhinterziehung hinausgehen, scheint sich auf internationaler Ebene die allgemeine Begriffsgruppe „Offshore Financial Centers“ durchzusetzen (Chavagneux/Murphy/Palan 2010, 33-34).

2.2 Versuch einer qualitativen Definition

Die Erarbeitung einer praxistauglichen, operativen und möglichst objektiven Definition einer Steueroase ist als Grundlage für weltweiten Kampf gegen ebendiese von hoher Wichtigkeit. So hat nahezu jede Institution, die Steueroasen bekämpft, eine offizielle Definition um abgrenzen zu können gegen wen sie kämpft und gegen wen nicht. Die Definitionen der Institutionen ähneln in Grundlagen und Teilaspekten Definitionen anderer Institutionen.

Nach der offiziellen Definition der Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD) ist der Kernfaktor, der einen Ort oder einen Staat als Steueroase auszeichnet, ein nicht vorhandenes oder sehr geringes Steuerniveau. Weiterführend muss mindestens eine der folgenden drei Eigenschaften gegeben sein: Ein genereller Mangel an Transparenz, fehlende Bereitschaft zum Informationsaustausch oder die Möglichkeit der Einrichtung von nicht substanziellen Unternehmungen (OECD 1998, 23-27). Die Kriterien, die den vielen verschiedenen offiziellen Definitionsversuchen zugrunde liegen sind hingegen weitgehend unvollständig. Christian Chavagneux und Ronen Palan wählen daher einen holistischen Ansatz in dem sie zehn Kriterien aufstellen, anhand derer man Steueroasen erkennen kann, die sich wie folgt zusammensetzen (Chavagneux/Palan 2012, 11-12):

1) Marginale oder nicht vorhandene Besteuerung für Nicht-Staatsangehörige

2) Striktes, ausgeweitetes Bankgeheimnis

Im Falle einer Steueroase bedeutet dies die Geheimhaltung von Informationen zu Name, Herkunft und Kontoinformationen an ihre zuständigen Heimatregierungen

3) Ausgeweitetes Berufsgeheimnis, professionelle Geheimhaltung

Kontrolle der betreffenden Berufsgruppen, dass diese das Berufsgeheimnis einhalten.

4) Ein gelockertes Registrierungsverfahren

Die Unternehmen, die sich in den betreffenden Gebieten handelsrechtlich registrieren möchten, haben eine große Freiheit was die Publizitätspflichten betrifft.

5) Möglichkeit der freien, internationalen Kapitalbewegung

6) Schnelle, unkomplizierte Unternehmensgründung

7) Bestehende Verbindung zu einem Offshore-Finanzzentrum

8) Stabile wirtschaftliche und politische Situation

9) Gute Reputation am Markt der Steueroasen

Die Steueroase sollte kein zu starkes Image eines Ortes für Geldwäsche und Korruptionsgelder haben.

10) Ein Netz bilateraler Abkommen

In der Regel haben die Steueroasen mit den größeren Staaten Abkommen unterzeichnet, die eine Doppelbesteuerung von Tochterunternehmen verhindern sollen.

Die Komplexität des Begriffes verdeutlicht sich in der vielseitigen Betrachtung von Chavagneux und Palan (2012) und ist damit nach Einschätzung des Autors umfassend erfasst worden.

2.3 Definitionen auf quantitativer Basis

Abseits der qualitativen Definitionen, die in vielen Fällen nicht ausreichend greifen, da die Bewertungsspielräume der einzelnen Kriterien groß sind, werden in diesem Kapitel Ansätze aufgezeigt wie man Steueroasen aufgrund messbarer (makroökonomischer) Größen identifizieren kann. Neben den Motivationen für Nicht-Staatsangehörige, Finanztransaktionen mit Steueroasen zu tätigen und den dazugehörigen Instrumenten und Methoden, ist die zu Grunde liegende Motivation aus Sicht der Steueroase die Ermöglichung des Imports von Kapital bzw. Exports von Finanzdienstleistungen, um Einnahmen zu generieren, die im Fall einer hochgradigen Steueroase einen signifikanten Anteil des Bruttonationaleinkommens aufstellen können. Es wird an dieser Stelle angenommen, dass die in Kap. 2.2 dargestellten Instrumente als Finanzdienstleistungen i.w.S. angesehen werden können. Nach dem Prinzip der doppelten Buchführung ist jeder grenzüberschreitende Kapitalstrom mit einer Veränderung der Aktiva und Passiva der beteiligten Staaten gleichzusetzen. Diese Positionen in den Bilanzen sind also das Ergebnis von Kapitalströmen, die zu aktuellen Marktpreisen bewertet werden und in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung abgebildet sind.

So bemühte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) einer Definition einer Steueroase auf quantitativer Basis, indem er Sie als einen Staat definierte, in dem das Auslandsvermögen nahezu 50% des BIP, mehr als 50% des BIP oder in absoluten Werten mehr als eine Milliarde Dollar beträgt (Zeromé 2007, 6). Folgt man der Argumentation der quantitativen Betrachtung und sieht die makroökonomischen Größen einer Steueroase, so bietet sich das Verhältnis zwischen Aktivvermögen, also der Export von Finanzdienstleistungen i.w.S, zum BIP als Kennzahl einer Steueroase an. Theoretisch könnte der Betrag des Kapitalimportes aus den entsprechenden Beständen in Kapitalbilanz erhoben werden (Woeckener 2013, 187-188). Praktisch ist diese Erhebung um einiges komplizierter, da die benötigten Daten, der Geheimniskrämerei der oft winzigen Staaten geschuldet, uneinheitlich oder oft unvollständig vorliegen. Betrachtet man einige Staaten von denen die statistischen Daten vorliegen, darunter renommierte Steueroasen, kommt man zu signifikanten Ausschlägen u.a. bei den Bahamas, den Kaimaininseln, der Isle of Man und Luxemburg wobei „Steuerwüsten“ wie Deutschland und Frankreich ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis aufweisen (Zeromé 2007, 16).

Quantitative Definitionen können aber, wie im Folgenden dargestellt, auch abseits makroökonomischer Größen stattfinden. Als Beispiel gibt es im deutschen Außensteuergesetz den Begriff des Niedrigsteuerlandes, das über quantitative Größen definiert ist. Nach diesem gilt ein Staat am Beispiel der Einkommenssteuer als Niedrigsteuerland, wenn „die Belastung durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer [...] bei einer in diesem Gebiet ansässigen unverheirateten natürlichen Person, die ein steuerpflichtiges Einkommen von 77.000 Euro bezieht, um mehr als ein Drittel geringer ist als die Belastung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen natürlichen Person durch die deutsche Einkommensteuer.“ (§2 Abs. 1 Nr. 1, AStG) An dieser Stelle ist ergänzend anzumerken, dass im Sinne der Definition der OECD ein niedrigeres Steuerniveau zwar eine Kerneigenschaft darstellt, aber nicht ausreicht, um ein Land als Steueroase zu identifizieren. Der Begriff Steueroase und Niedrigsteuerland sind zu unterscheiden. Dennoch kann das im Außensteuergesetz geregelte Verhältnis dazu herangezogen werden, diese Kerneigenschaft mit quantitativen Erhebungen zu untermauern. Der zweiten Kerneigenschaft, der Grad der Intransparenz bzw. der Grad des Bankgeheimnisses, liegen keine Kapitalströme zugrunde und sind somit auch nicht messbar.

2.4 Instrumentarium einer Steueroase

Es gibt eine Vielzahl von Finanzprodukten – genannt Special Purpose Vehicle (SPV) oder Special Purpose Entity (SPE), in Deutsch Zweckgesellschaften -, auf die die Nutzer von Steueroasen zurückgreifen. Diese Gesellschaften sind Tochterunternehmen von großen Konzernen, die ursprünglich als Risikomanagementinstrument dienen sollten, wie z.B. bei der Finanzierung von Großprojekten. Für Ökonomen haben sie zwar hauptsächlich den Zweck, die Kosten von Insolvenzen zu minimieren. Dennoch haben gewisse Schwachstellen in ihrer buchhalterischen Regulation weitere Nutzungsmöglichkeiten zugelassen. Ihre Hauptcharakteristika bestehen darin, drei wesentliche Funktionen zu erfüllen: den Wohnsitz der betreffenden Person oder des betreffenden Unternehmens zu ändern, die geographische Herkunft seiner Einkünfte zu ändern sowie ein komplexes Netz der Verschleierung zu schaffen. Das Endziel ist dabei immer das gleiche: die Legalität von Geschäften vorzutäuschen, die es in der Regel nicht sind. Aus der langen Liste der zur Verfügung stehenden Instrumente, kann man die vier Bedeutendsten festhalten (OECD 2001, 21):

Die International Business Corporation (IBC): Gegründet werden diese Gesellschaften für rund 100 Dollar in den preisgünstigsten Steueroasen und kosten im Allgemeinen ca. 500 Dollar. Die IBC sind Unternehmen, die die Kapitalbeschaffung ermöglichen (darunter auch die Ausgabe von Aktien und Obligationen auf den großen internationalen Finanzmärkten). Gewöhnlich werden sie von jeglicher Art der Besteuerung von Gewinnen und Kapitalerträgen befreit und haben keine Pflicht zur regelmäßigen Offenlegung ihrer Rechnungslegung. Jedes Hoheitsgebiet bietet in diesem Zusammenhang seine eigenen Besonderheiten. Im Allgemeinen sind die Gesellschaften für ein Verbot, Geschäfte mit den Ansässigen der Gebiete einzugehen, in denen sie selbst registriert sind. Die IBC werden aber auch für legale Transaktionen genutzt wie für den Besitz von Eigentumsrechten oder für die Organisation Trading-Aktivitäten auf den Finanzmärkten,

Die Stiftung: eine Stiftung hat keinen Eigentümer oder Aktionär. Sie wird gegründet, um Vermögen zu verwalten, deren Erträge einem bestimmten Ziel, das die Stiftung selbst festlegt, dienen müssen. In Dänemark, in den Niederlanden, auf den Niederländischen Antillen, in Österreich, Panama, in der Schweiz, etc. ist die Gründung von privaten Stiftungen erlaubt. In den Niederlanden gegründete Stiftungen werden nach behördlichen Angaben zufolge zunehmend für kriminelle Zwecke genutzt. In Panama ist gar keine Genehmigung erforderlich, um eine Stiftung zu gründen.

Der Trust: das ist ein Vertrag zwischen zwei Privatpersonen, der es ermöglicht, eine Trennung zwischen dem legalen Besitzer eines Aktivvermögens und seinem tatsächlichen Begünstigten einzurichten. Dieses juristische Instrument ermöglicht es, das Eigentum an Gütern oder finanziellem Aktivvermögen an eine andere natürliche oder juristische Person zu übertragen, die dieses hält oder die Verwaltung von Konten Dritter. Anders als bei den IBC gibt es kein Registrierungsverfahren als solches und damit kein zentrales Register für Trusts. Der Trust ist eines der bevorzugten Instrumente für Steuerhinterziehung und die Verschleierung von Aktivvermögen vor Steuerbehörden, Gläubigern oder ehemaligen Ehegattinnen. Eine Praktik, die bereits seit den 1920er Jahren auf den Ärmelkanalinseln und in der Schweiz angewendet wird und sich seit den 1960er Jahren verstärkt entwickelt hat. Wurde ein Aktivvermögen erst einmal in einen Offshore-Trust transferiert, ist es sehr schwierig zurückzuverfolgen. Selbst wenn die Aktiva ausfinden gemacht werden konnten, erfordert ihre Rückführung viel Zeit und Geld. Auf den Cook-Inseln Nevis und Niue erlaubt das Gesetz, bei der Unterzeichnung des Vertrages auf die Nennung der Namen der Vertragspartner zu verzichten.

Die Anstalt: sie ist als Hybrid zwischen der Stiftung und dem Trust ein besonderes Instrumentarium des Fürstentums Liechtenstein. In den 1920er Jahren erfunden, wurde sie vor allem von vermögenden Familien genutzt, um die gesetzliche Erbfolge zu vermeiden (Chavagneux/Palan 2012, 53). Die Anstalt bietet den Gründern einen sehr hohen Anonymitätsschutz, den Mitgliedern, genannt Benutzer, tatsächliche Kontrolle über die juristische Person und den Mandaten geringe Publizitätsanforderungen. Offensichtlich wird sie regelmäßig für gesetzeswidrige Zwecke missbraucht, einschließlich um Gelder korrupter Staats- und Regierungschefs zu verstecken.

Obwohl der Trust oder die Anstalt bereits in hohem Maß die Verschleierung der Identität ermöglichen, gibt es eine ganze Reihe weiterer Mechanismen, die den Grad der Geheimhaltung von Transaktionen weiter erhöhen. Dazu zählen bspw. die Inhaberaktien (diejenige Person, die sie z.B. in ihrem Tresor aufbewahrt, gilt als legaler Eigentümer der Gesellschaft, ganz gleich, wer der tatsächliche Eigentümer ist) oder die Strohmänner (Unternehmensleiter, deren Name auf allen offiziellen Dokumenten erscheint, die aber de facto keine Macht ausüben, da die Entscheidungen von den tatsächlichen Eigentümern getroffen werden). Im Allgemeinen kombinieren die Kunden der Steueroasen mehrere dieser Methoden. Einige Trusts beinhalten ebenso flee clauses ("Fluchtklauseln"), die es ermöglichen, bei Bedarf das gehaltene Aktivvermögen unverzüglich in eine andere Gerichtsbarkeit zu transferieren (OECD 2001, 26).

3 Geschichte der Steueroasen

3.1 Vorbemerkungen

Phänomene wie Steuerhinterziehung und Steuerflucht sind sehr wahrscheinlich so alt wie die Steuer selbst und gehen zurück bis in die entfernte Vergangenheit bis zur Antike. Die Entstehung von Steueroasen als Staaten, die ihre steuerrechtliche Autonomie dazu nutzen, attraktive Plätze für Steuerhinterziehung und Steueroptimierung zu schaffen, ist hingegen eine gegenwärtigere Erscheinung. Die Entstehung des Phänomens fand oft unabhängig voneinander nahezu zeitgleich statt und die Frage wann die erste Steueroase entstand ist unklar. Jene Entstehungsgeschichte der Steueroasen lässt sich in drei Phasen unterteilen, namentlich Entstehungsphase, Etablierungsphase und die Phase der goldenen Jahre (Chavagneux/Palan 2010, 118-120).

[...]

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Details

Titel
Der weltweite Kampf gegen Steueroasen
Hochschule
Fachhochschule Trier - Umwelt-Campus, Standort Birkenfeld  (IfaS - Institut für angewandtes Stoffstrommanagement)
Veranstaltung
Nachhaltige Volkswirtschaftslehre
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
43
Katalognummer
V320601
ISBN (eBook)
9783668198845
ISBN (Buch)
9783668198852
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Panama-Leaks, Panama Papers, Steueroasen, Steuerparadiese, Steuerflucht, Steueroptimierung
Arbeit zitieren
Christopher Kuhn (Autor:in), 2014, Der weltweite Kampf gegen Steueroasen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320601

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