Endogenes Wirtschaftswachstum. Wachstumstheorien im Vergleich


Hausarbeit, 2014

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Wirtschaftswachstum als Gegenstand der Forschung

2. Aspekte von Wachstum und Grundlagen der Wachstumstheorien
2.1 Definitionen: Entwicklung und Wachstum
2.2 Wachstum als Phänomen der Neuzeit
2.3 Stilisierte Fakten und relevante Einflussgrößen auf das Wirtschaftswachstum

3. Neoklassische Wachstumstheorien
3.1 Aggregierte Produktionsfunktion, konstante Skalenerträge, abnehmende Grenz-erträge
3.2 Kapital, Bevölkerungswachstum, Sparquote und Investitionen
3.3 Der Staat als offene Volkswirtschaft
3.4 Exogener technischer Fortschritt

4. Endogene Wachstumstheorien
4.1 Humankapital
4.2 Das AK-Modell
4.3 Zwei-Sektoren-Modelle
4.4 Kreative Zerstörung

5. Abschließende Betrachtung: Endogene vs. neoklassische Wachstumstheorien

Literaturverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Wirtschaftswachstum als Gegenstand der Forschung

Am Wachstum misst sich der Lebensstandard einer Gesellschaft, und es liegt im Bestreben des Menschen, seinen Lebensstandard stetig zu verbessern. (Blanchard und Illing 2009 : 313) Als wichtiger Indikator für den Zustand, das Wohlbefinden, sogar das Maß an Glücks-empfinden einer Volkswirtschaft ist das Phänomen des Wirtschaftswachstums ein komplexes Thema und bereits seit dem 17. Jahrhundert Gegenstand theoretischer und empirischer Be-trachtungen. Blanchard, Amighini und Giavazzi (2010 : 289) diskutieren die Frage, inwiefern Wachstum, also ein höheres Einkommen pro Kopf, das individuelle Glücksempfinden steigert: „(...) does a higher standard of living lead to greater happiness?“ Ihre Antwort ist „(...) a qualified yes.“ Die in den 1980er Jahren entwickelte endogene Wachstumstheorie fußt auf vorhergehenden Theorien, reagiert aber vor allem auf das maßgeblich von Robert Solow entwickelte neoklassische Modell. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wodurch sich die Theorie des endogenen Wachstums von anderen Wachstumstheorien, unterscheidet und inwiefern sie über diese hinausgeht.

2. Aspekte von Wachstum und Grundlagen der Wachstumstheorien

2.1 Definitionen: Entwicklung und Wachstum

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie versteht unter Wirtschaftswachstum „die Änderung des Bruttinlandsprodukts (BIP), also die in Werten ausgedrückte Summe der in einer Volkswirtschaft produzierten ökonomischen Güter (Waren und Dienstleistungen), von einer Periode zur nächsten“ (bmwi 2014), wobei es zur Abgrenzung von der Konjunktur-forschung wichtig ist, nicht kurzfristige Schwankungen, sondern langfristige, dauerhafte Ver-änderungen zu betrachten.

Während der Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft anhand unterschiedlicher gesellschaft-licher und sozialer Indikatoren beurteilt wird, stützt sich die Beurteilung von Wachstum auf eine rein wirtschaftliche Kennziffer: „Dem Entwicklungsbegriff entspricht ein um geeignete Kennziffern (z.B. Indices der politischen Stabilität, Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Korruption) erweiterbares Messkonzept sozialer Indikatoren, während der Wachstumsbegriff die Entwicklungsmessung auf das Konzept der Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens reduziert (...).“ (Bender 2007: 401) Somit gilt, dass Wachstum nicht notwendigerweise Ent-wicklung bedeutet und dass wirtschaftliches Wachstum ohne Entwicklung möglich ist. (Bender 2007 : 400) Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass durchaus eine Korrelation zwischen dem Pro-Kopf-Einkommen und den anderen Entwicklungsindikatoren besteht.

2.2 Wachstum als Phänomen der Neuzeit

In heutiger Zeit ist Wachstum ein vorrangiges wirtschaftliches und wirtschaftspolitisches Thema. Retrospektive Analysen belegen aber, dass Wachstum keine „historische Notwendig-keit“ ist (Blanchard und Illing 2009 : 323), sondern ein relativ junges historisches Phänomen darstellt. So lassen sich bis in die Zeit der industriellen Revolution keine sehr hohen Wachs-tumsraten feststellen (Blanchard und Illing 2009 : 321). Die Pro-Kopf-Produktion blieb durch gleichbleibende Beschäftigungsstrukturen ohne technischen Fortschriftt über Jahrhunderte gleich, und Thomas Robert Malthus postulierte, dass jeder Produktionsanstieg einen Anstieg der Bevölkerungszahl nach sich ziehe, so dass ein Anstieg der Produktion gar nicht möglich sei. (Blanchard und Illing 2009 : 321) Erst in den 1950er und 1960er Jahren kommt es in eini-gen Ländern zu außergewöhnlich hohen Wachstumsraten.

2.3 Stilisierte Fakten und relevante Einflussgrößen auf das Wirtschaftswachstum

Wachstumstheorien sind Denkmodelle, anhand derer Art und Ursache spezifischer Wachs-tumsprozesse aufgezeigt werden können. Ihre Relevanz hängt davon ab, ob und in welchem Maße sie mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchungen, mit den stilisierten Fakten kompatibel sind. Unter stilisierten Fakten versteht man empirisch beobachtete Regelmäßig-keiten von Wachstumsprozessen, anhand derer sich Wachstumstheorien entwickeln lassen. Bender (2007 : 404) nennt folgende stilisierte Fakten:

- Das Pro-Kopf-Einkommen variiert im Ländervergleich sehr stark
- Auch die längerfristig gemessenen Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens variieren im Ländervergleich
- Wachstumsraten variieren im Zeitverlauf, dies allerdings in Ländern mit hohen Einkommen geringer als in Ländern mit mittleren oder niedrigen Einkommen
- Länder mit hohem Einkommen zeigen langfristig eher konstante und positive Wachstumsraten auf.

Um das Entstehen von Wachstum retrospektiv zu analysieren, divergierende oder konver-gierende Wachstumsraten von Ländern zu erklären und Prognosen für künftiges Wachstum zu erstellen, werden je nach Wachstumsmodell unterschiedliche Einflussgrößen betrachtet und in mathematischen Formeln zueinander in Beziehung gesetzt, so z.B. Arbeit, Kapital, tech-nischer Fortschritt, Konsum, Sparquote, Investitionen. Wachstumstheorien können bestimmte empirische Befunde abbilden; letztlich handelt es sich aber um Modelle, die die Realität not-wendigerweise vereinfachen und deren Komplexität nicht vollständig wiedergeben können.

3. Neoklassische Wachstumstheorien

3.1 Aggregierte Produktionsfunktion, konstante Skalenerträge, abnehmende Grenzerträge

In der Wachstumsforschung nehmen die neoklassischen Wachstumsmodelle großen Raum ein. Ihr wichtigster Vertreter ist Robert Solow (*1924), der für sein Modell 1987 den Nobel-preis erhielt. Die neoklassischen Theorien betrachten eine Volkswirtschaft als einen Haushalt, eine Aggregatseinheit. Die grundlegende Funktion wird daher als aggregierte Produktions-funktion bezeichnet. Sie setzt die Produktion in Bezug zu den Faktoren Arbeit und Kapital und lautet: Y = F (K, N), wobei Y die Gesamtproduktion, K das Kapital und N die Anzahl der in einer Volkswirtschaft Beschäftigten bezeichnet. Multipliziert man Kapital und Arbeit mit einem Faktor X, so steigt die Produktion um denselben Faktor und es ergibt sich die Formel: xY = F (xK, xN). „If both factors rise by the same percentage, output also rises by this percentage.“ (Gärtner 2013 : 253) Man spricht von konstanten Skalenerträgen. Sie ergeben sich, wenn alle Inputs mit demselben Faktor multipliziert werden. Verändert sich hingegen nur eine Variable verändert, so kommt es nicht zu konstant steigenden Erträgen, sondern zu abnehmenden Grenzerträgen: „Je größer der Kapitalstock, desto geringer ist der Produk-tionszuwachs durch eine zusätzliche Einheit Kapital“ und „je höher das Beschäftigungs-niveau, desto geringer ist der Produktionszuwachst durch einen zusätzlichen Beschäftigten“ (Blanchard und Illing 2009 : 325).

3.2 Kapital, Bevölkerungswachstum, Sparquote und Investitionen

Das von Robert Solow entwickelte Wachstumsmodell konzentriert sich auf den Kapitalstock, auf die Abnutzung des Kapitals, die Sparquote und die Investitionen. Es berücksichtigt, dass die Bevölkerung wächst, betrachtet jeweils den Pro-Kopf-Kapitalstock und geht davon aus, dass Ersparnisse als Invstitionen genutzt werden. Dies kann formuliert werden als I = S, wobei I die Investitionen und S die Ersparnisse bezeichnet. Investitionen erhöhen den Kapitalstock, der aber andererseits durch Abnutzung bzw. Abschreibungen (dK) gemindert wird. Für die Veränderung des Kapitalstocks (DK) ergibt sich die Formel DK = I - dK.

Ein Steady State, ein langfristiges Gleichgewicht, ergibt sich in einer Volkswirtschaft, wenn die Höhe der Investitionen der Höhe der Abschreibungen entspricht, wenn der Verlust an Kapital, der sich durch Abnutzung und Bevölkerungswachstum ergibt, durch Investitionen genau ausgeglichen wird. Ist dieser Zustand erreicht, bleibt der Kapitalstock konstant: „A steady state is an equilibrium in which variables do not change any more.“ (Gärtner 2013 : 262)

Das Solow-Modell postuliert: Je höher die Spar- oder Investitionsrate eines Landes, je höher seine Kapitalakkumulation, desto höher das Pro-Kopf-Einkommen y. Und je höher die Rate des Bevölkerungswachstums, desto niedriger das Pro-Kopf-Einkommen (Gärtner 2013 : 274, 275).

3.3 Der Staat als offene Volkswirtschaft

Zur Vereinfachung betrachtet das grundlegende neoklassische Wachstumsmodell eine Volks-wirtschaft als geschlossenes System. De facto existieren – mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Nordkorea – aber ausschließlich offene Volkswirtschaften. Sie sind gegenüber anderen Staaten geöffnet und beteiligen sich an Import- und Exportgeschäften. In einer offenen Volks-wirtschaft kommt es durch stärkere internationale Konkurrenz zu einer Verdrängung un-produktiver Unternehmen. Die Produktivität einer Volkswirtschaft wird durch die Konkurrenz anderer Länder zu ständiger Innovation und Steigerung der Effizienz angeregt. Der Absatz-markt für jedes Unternehmen ist zudem deutlich größer als in einer geschlossenen Volkswirt-schaft. Schließlich kommt es bei der Interaktion offener Volkswirtschaften in den Ländern, deren Potential noch nicht vollständig vollzogen ist, durch von außen investiertes Kapital weiter entwickelter Länder, durch von dort vermittelte Güter und Fachkräfte zu Wachstum. Zudem wirken sich in einer offenen Volkwirtschaft die Kapitalmobilität und damit die Ge-staltung der Wechselkurse und das Zinsniveau auf das Wachstum aus.

3.4 Exogener technischer Fortschritt

Empirische Beobachtungen zeigen, dass entgegen den Annahmen der grundlegenden neo-klassischen Modelle (abnehmende Grenzerträge) Wachstum von Kapital und Pro-Kopf-Einkommen ein anhaltender Prozess ist. Diese Tatsache wird durch den anhaltenden tech-nischen Fortschritt erklärt. Nur bei einem gleich bleibenden Stand der Technik würde eine Volkswirtschaft nach Erreichen des Steady State nicht mehr weiter wachsen. Das Solow-Modell wurde daher um den Aspekt des technischen Fortschritts erweitert: Eine stetige Weiterentwicklung der Technik hingegen wirkt im Rahmen der aggregierten Produktions-funktion faktorvermehrend. Sie erhöht „die Kapitalproduktivität, Arbeitsproduktivität oder die Produktivität der Faktorkombination von Arbeit und Kapital (...).“ (Bender 2007 : 415) Einkommenswachstums wird durch Kapitalakkumulation, Zunahme der Arbeit sowie techni-schen Fortschritt entscheidend begünstigt. (Gärtner 2013 : 256) Die aggregierte Produktions-formel lautet dann: Y = F (K, N, T)

Im Rahmen der neoklassischen Wachstumsmodelle wird der Aspekt des technischen Fort-schritts als exogener Faktor betrachtet, der von außen auf das Modell einwirkt, dessen Zustandekommen jedoch nicht weiter erläutert wird. Er gilt als „öffentliches Gut“ (Bender 2007: 424), das allen Volkswirtschaften gleichermaßen zur Verfügung steht. Es erklärt nicht, was als technischer Fortschritt zu verstehen ist und wie er sich auf das Wachstum auswirkt. Theorien, die den technischen Fortschritt aus dem Modell heraus erklären, werden als endo-gene Wachstumstheorien bezeichnet.

4. Endogene Wachstumstheorien

Während die neoklassischen Modelle beschreiben, dass Wachstum bei Erreichen des Steady State zum Stillstand kommt, gehen endogene Wachstumstheorien davon aus, dass sich Wachstum durch vielfältige systemimmanente Faktoren unbegrenzt fortsetzen kann: durch Forschung und Entwicklung, technisches Wissen, Produktvielfalt etc. Während das Solow-Modell belegt, dass nur durch technischen bzw. technologischen Fortschritt Wachstum ent-steht, und beschreibt, wie es zu einem Gleichgewicht kommt, fragen endogene Wachstums-theorien, woher dieser Fortschritt kommt und wie er generiert wird. Sie nehmen dabei den nicht nur den technischen Fortschritt, sondern auch die Rolle des Humankapitals in den Blick.

4.1 Humankapital

Die Beziehung zwischen Produktion und Kapital je Beschäftigtem kann ausgedrückt werden in der Formel Yt / N = f (Kt/N). Das heißt: „Die Höhe des Kapital je Beschäftigtem bestimmt die Höhe der Produktion je Beschäftigtem“ (Blanchard und Illing 2009 : 336) Dieser Zu-sammenhang wird erweitert, indem nicht nur das physische Kapital betrachtet wird, sondern auch das Humankapital H/N. Die aggregierte Produktionsfunktion lautet dann: Y = F (K, H, N), wobei N als Beschäftigungsmenge des Faktors Arbeit definiert wird.

[...]

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Details

Titel
Endogenes Wirtschaftswachstum. Wachstumstheorien im Vergleich
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V319051
ISBN (eBook)
9783668183568
ISBN (Buch)
9783668183575
Dateigröße
835 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wohlstand, Glück, Wirtschaftswachstum, Einkommen, endogen, Wachstumstheorien
Arbeit zitieren
Fatma Zehra Akceli (Autor:in), 2014, Endogenes Wirtschaftswachstum. Wachstumstheorien im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319051

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