Cost of Capital. Die Berechnung der Kapitalkosten von DAX-Unternehmen

Theoretische Grundlagen und empirische Untersuchung


Bachelorarbeit, 2015

71 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung

2. Kapitalkosten
2.1 Einordnung der Kapitalkosten - Finanzierungsebene
2.1.1 Eigenkapital als Finanzierungsart und Kapitalquelle
2.1.2 Fremdkapital als Finanzierungsart und die Unterscheidung zum Eigenkapital
2.2 Bedeutung von Kapitalkosten
2.2.1 Eigenkapitalkosten
2.2.2 Capital Asset Pricing Model (CAPM)
2.2.3 Fremdkapitalkosten
2.3 Wertermittlung und Berechnungen anhand von Kapitalkosten
2.3.1 Kapitalstruktur
2.3.2 Bedeutung der (zukünftigen) Zahlungsströme (Cashflows)
2.3.3 WACC-Verfahren und dessen Anwendungsmöglichkeiten
2.4 Einflussfaktoren auf die Höhe der Kapitalkosten und deren Auswirkung in der Wertermittlung

3. Empirische Untersuchung der Kapitalkosten der DAX-Unternehmen
3.1 Kapitalkostenanalyse
3.1.1 Entwicklung der Kapitalmarktzinsen
3.1.2 Marktrisikoprämien und Beta-Faktoren
3.1.3 Analyse der Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten
3.1.4 Kapitalstrukturanalyse
3.1.5 Entwicklung und Analyse der WACC-Sätze
3.2 Simulationsrechnungen zur Veranschaulichung von wertveränderten Determinante auf den WACC
3.2.1 Simulation der Kapitalkostenveränderung des Unternehmens Volkswagen
3.2.2 Simulation der Kapitalkostenveränderung des Unternehmens RWE
3.2.3 Simulation der Kapitalkostenveränderung des Unternehmens E.On
3.3 Kritische Würdigung der Untersuchungsergebnisse

4. Resümee

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

„Zu hoher Einsatz - Unternehmen kalkulieren mit zu hohen Renditeanforderung“.[1] So lautete die Überschrift eines Fachartikels von Gleißner in der Septemberausgabe 2006 im Finance Magazin. Er beschreibt in seinem Beitrag die zu hohen geforderten Renditen für Investitionen, die sich in den Kapitalkosten ausdrücken.[2]

Die Höhe der Kapitalkosten (eng. cost of capital) wirkt sich vielfältig auf unternehmerische Entscheidungen, wie Investitionen, deren Rentabilität und die Ermittlung des Unternehmenswerts aus. Die Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Artikel Gleißners stellt ist also, ob Unternehmen mit zu hohen Kapitalkosten rechnen.

Das Ziel einer wertorientierten Unternehmensführung ist die Steigerung des Unternehmenswerts, der anders ausgedrückt, dem Wert des Eigenkapitals (Shareholder-Value) entspricht.[3] Kapitalkosten haben einen wesentlichen Einfluss darauf.

Doch um was genau handelt es sich bei dem Begriff der Kapitalkosten? Um diese Frage beantworten zu können ist es notwendig herauszufinden, aus welchen wesentlichen Komponenten sich die Kapitalkosten zusammensetzen, um zu verstehen, welche Bedeutung und Relevanz sie für ein Unternehmen haben.

Der Begriff der „Kosten“ der im Wort Kapitalkosten steckt, gilt im unternehmerischen, wie auch im privaten Kontext als Faktor, den es zu minimieren gilt, da diese i.d.R. mit einem (Geld-) Mittelabfluss assoziiert werden. Inwiefern die zu analysierenden Unternehmen explizit das Ziel verfolgen, Kapitalkosten zu senken, gilt es zu untersuchen.

1.1 Problemstellung

Die Renditeforderung der Kapitalgeber stellen Kosten für die Inanspruchnahme von bereitgestelltem Kapital, für Unternehmen dar. Diese sog. Kapitalkosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Durch die Inanspruchnahme von günstigem Kapital infolge einer andauernden Niedrigzinsphase, die unmittelbaren Einfluss auf die Kapitalkosten nimmt, verlieren Unternehmen ein zentrales Steuerungselement. Projekte, Geschäftsbereiche oder Firmen gilt es regelmäßig zu bewerten.[4] Für die Finanzierung von strategischen und operativen Vorhaben im Sinne von Investitionen, ist es notwendig den ermittelten Finanzierungsbedarf zu möglichst geringen Kapitalkosten zu decken, wobei die Höhe der Kapitalkosten die Mindestrendite darstellt.[5] Wenn die Niedrigzinsphase einen Einfluss auf die Kapitalkosten haben sollte - was es zu untersuchen gilt, sinkt dann nicht in der Folge die Schwelle für Bewilligungen bzw. Freigaben von Investitionen? Ein fiktives Beispiel soll den Zusammenhang verdeutlichen. Kalkuliert ein Unternehmen (zu Zeiten eines höheren Leitzinssatzes) für Investitionstätigkeiten noch mit einer Mindestrendite und einem inneren Wert (unter dessen Schwelle nicht mehr investiert wird) von 8,00%, sind alle Projekte unter dieser Schwelle abzulehnen, da sie nicht den festgelegten Renditen entsprechen. Entwickelt sich die Mindestrendite (aufgrund der Niedrigzinsen) in Höhe der Kapitalkosten angenommen auf 2,00%. Würde ein Unternehmen dann nicht in alle Projekte investieren, die eine Mindestrendite von 2,00% erwirtschaften?

Es wird vermutet, dass Unternehmen ihre Kapitalkosten so festlegen, wie sie es strategisch für effizienter halten, statt diese den Marktrisiken und den Kapitalmarktentwicklungen anzupassen. Das Zustandekommen der Einflussfaktoren auf die Kapitalkosten wird aus diesem Grund möglicherweise bewusst nicht transparent bzw. eindeutig in den Geschäftsberichten offengelegt und kann infolgedessen von den Adressaten der externen Rechnungslegung nur eingeschränkt in der Angemessenheit des Ansatzes wahrgenommen und interpretiert werden.

Gegen zu hohe Kapitalkosten spricht der Grundgedanken des Shareholder-Value-Ansatzes, der das Ziel eines möglichst hohen Unternehmenswerts verfolgt.

Ob Unternehmen ihre Kapitalkosten zu hoch oder zu niedrig kalkulieren, kann für DAX-Unternehmen nicht allgemein beantwortet werden.

Die vorliegende Arbeit soll Transparenz in der Kapitalkostenermittlung der Unternehmen aufzeigen und herausfinden, ob Unternehmen durch Veränderungen wertbestimmender Determinanten bewusst ihre Kapitalkosten, entgegen der Entwicklung externer Faktoren, versuchen bewusst hoch zu halten.

1.2 Zielsetzung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, anhand theoretischen Grundlagen, die Herleitung von Kapitalkosten ausführlich zu erklären.

Aufgrund der Komplexität zur Bestimmung einflussnehmender Determinanten sollen geeignete Methoden, wie sie häufig in der Praxis Anwendung finden, vorgestellt werden, um zu veranschaulichen, welche Faktoren aus dem wirtschaftlichen Umwelt einen wesentlichen Einfluss auf die Berechnung der Kapitalkosten nehmen.

Die Kapitalkosten als wertorientierte Bestimmungsgröße wirken sich, durch deren Einbeziehung in Rechenmethoden zur Ergebnisbestimmung, maßgeblich im Resultat aus. Aus diesem Grund soll erörtert werden, welchen wesentlichen Einfluss sie aufgrund ihrer Höhe auf die Wertgrößen nehmen und diese in der Folge verändern.

Die veröffentlichten Geschäftsberichte der Unternehmen können theoriegeleitet hinsichtlich der Kapitalkosten analysiert und ausgewertet werden. Das Ziel ist es, die relevanten Determinanten auf ihre Veränderungen der Betrachtungsjahre zu untersuchen um somit erklären zu können, welche Größen sich wertverändernd auswirkten.

Um die Frage zu beantworten, ob Unternehmen ihre Kapitalkosten im Zuge der Veränderungen am Kapitalmarkt variieren und welche (anderen) Einflussfaktoren hierbei wirken, sollen simulierten Kapitalkostenberechnungen herangezogen werden. Dies erlaubt dann Schlussfolgerungen auf die Vermutung „unangemessener“ Kapitalkostenwerte.

1.3 Vorgehensweise

Die Arbeit gliedert sich in vier übergeordnete Kapitel.

In Kapitel 1 wurde die Relevanz, die Auswirkungen und kritische Fragen zum Thema Kapitalkosten genannt und formuliert.

Infolgedessen soll das Thema in Kapitel 2, mit Hilfe geeigneter betriebswirtschaftlicher Literatur und aktuelle Fachbeiträge, zunächst in den Grundlagen zur Ableitung und Bestimmung der Kapitalkostenbegriffs beschrieben und veranschaulicht werden. Es wird dargelegt, durch welche Forderungen Kapitalkosten entstehen und wie diese berechnet werden.

Durch Anwendung geeigneter Methoden soll auf Grundlage relevanter Determinanten der durchschnittlich gewichtete Kapitalkostensatz hergeleitet dessen Anwendungsmöglichkeiten und Auswirkungen im Anschluss erörtert werden soll.

Das Kapitel 3 zeigt die Untersuchung der Kapitalkosten der DAX-Unternehmen auf. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Analyse einzelner Kapitalkostenkomponenten die in den Geschäftsberichten genannt und im Rahmen der Leitzinsentwicklungen untersucht und ausgewertet werden sollen. Eine kritische Würdigung schließt das Kapitel.

Das Resümee zum Ende der vorliegenden Arbeit (Kapitel 4) beinhaltet eine abschließende Darlegung der Untersuchungsergebnisse und gibt einen Ausblick auf die möglichen Entwicklungen, Veränderungen und die Berichtserstattung der Unternehmen.

2. Kapitalkosten

In diesem Kapitel soll beschrieben werden, worum es sich bei Kapitalkosten eines Unternehmens handelt. Zunächst gilt es den Begriff im Zusammenhang mit der Finanzierung darzustellen und aufzuzeigen, wie Kapitalkosten entstehen bevor deren wesentliche Bedeutung für ein Unternehmen unter kritischen Gesichtspunkten genauer betrachtet werden soll. Auf Basis der Darstellung von geeigneten Berechnungsmethoden zur Kapitalkostenermittlung kann darauf hin eine empirische Untersuchung der Kapitalkosten der DAX-Unternehmen vorgenommen werden.

2.1 Einordnung der Kapitalkosten - Finanzierungsebene

Kapitalkosten hängen primär mit der Finanzierung eines Unternehmens zusammen. Die Finanzierung, stellt im Kontext der betrieblichen Finanzwirtschaft (neben der Investition und Finanzdisposition), eines der drei Hauptfunktionen da.[6]

Neben der Beschaffung (von Geld oder geldwerten Gütern) spielt die Art der Finanzierung in Unternehmen eine zentrale Rolle: betrachtet man die Bilanz eines kapitalmarktorientierten Unternehmens, so ist auf dessen Aktivseite das Vermögen ersichtlich, das i.d.R. in Anlage- und Umlaufvermögen gegliedert ist. Die Finanzierung des Vermögens bzw. der Vermögensgegenstände auf der bilanziellen Aktivseite (auch Mittelverwendungsseite oder Vermögensseite genannt) erfolgt durch die Bereitstellung von Geldströmen der Passivseite (Mittelherkunftsseite).[7] Für die vorliegende Arbeit ist eine genauere Betrachtung der Mittelherkunftsseite von Bedeutung, da hier die Kapitalquellen für die Beschaffung der Vermögenswerte aufgeführt sind.

Durch die Nutzung des bereitgestellten Kapitals entstehen Kapitalkosten, welche sich durch Herkunft des Kapitals unterscheiden bzw. charakterisieren lassen. Die Art des investierten Kapitals in das Unternehmen kann entweder von den Eigentümern stammen und man in diesem Fall von Eigenkapital spricht, oder von anderen Kapitalgebern, deren bereit gestelltes Kapital als Fremdkapital bezeichnet wird.[8]

Folgende Grafik stellt die verschiedenen Finanzierungsarten von Unternehmen nochmals im Überblick da.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: System der Finanzierungsarten (in Anlehnung an Becker, 2013, S.129)

Anknüpfend an die aufgeführte Abbildung wird bestätigt, dass Unternehmen sich sowohl Eigen- und Fremdkapitalmittel zur Finanzierung beschaffen können welches im Folgendem genauer betrachtet werden soll. Durch die Inanspruchnahme der verschiedenen Finanzierungsarten entstehen gegenüber dem Kapitalgeber Rechte (z.B. Teilnahme an der Hauptversammlung als Aktionär) und Pflichten. Die Auswahl der Kapitalquellen unterliegt oft dem Kriterium der geforderten Verzinsung, die in der Berechnung und Höhe der Kapitalkosten unterschiedlich ausfallen kann.

2.1.1 Eigenkapital als Finanzierungsart und Kapitalquelle

Durch die Eigenfinanzierung wird dem Unternehmen Vermögen in Form von Eigenkapital bereitgestellt, das i.d.R. von den Eigentümern eines Unternehmens eingebracht wird oder aus der Gewinnthesaurierung (Einbehalten von (Jahres-) Gewinnen) stammt.[9] Die Höhe des zu erbringenden Eigenkapitals ist jedoch abhängig von der Rechtsform. So ist bei der Gründung einer Einzelfirma und Personengesellschaft die Höhe des Eigenkapitals variabel. Zudem benötigen diese Unternehmensformen kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital. Anders verhält es sich jedoch bei Kapitalgesellschaften. So bedarf es zur Gründung einer GmbH eines festen Stammkapitals in Höhe von 25.000€, bei einer SE (Societas Europaea) 120.000€ und 50.000€ sogenannten Grundkapitals bei Gründung einer Aktiengesellschaft.[10]

Für die vorliegende Arbeit soll der Fokus auf Kapitalgesellschaften des DAX liegen. Ein wichtiger Aspekt für das Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft stellt das Haftungskapital dar. Dieses spiegelt sich in der GmbH als Stammkapital und bei einer Aktiengesellschaft als Grundkapital wieder, denn das Haftungskapital dient zur Begrenzung bei Forderungsausfällen. Es zeigt den betraglichen Umfang, in dem eine Gesellschaft mit seiner Einlage für Verbindlichkeiten des Geschäftsvermögens in „Haftung“ genommen werden kann. Eine mögliche Ausnahme wäre jedoch gegeben, wenn Funktionären des Unternehmens ein Fehlverhalten wie eine Insolvenzverschleppung nachgewiesen werden kann, wodurch in diesem Fall auch das Privatvermögen in Haftung genommen würde.[11] Durch die limitierte Haftung in Höhe des Eigenkapitals gilt ein kapitalbeschaffendes Unternehmen als potenzielles und attraktives Investmentziel für Geldgeber z.B. in Form einer Beteiligungsfinanzierung. Durch diese kann das Unternehmen sein Eigenkapital erhöhen, wodurch sich folglich auch das Haftungskapital erhöht.[12] Die zufließenden Mittel dienen dem Unternehmen zunächst als finanzieller Rahmen der Unternehmensgründung oder als Kapitalbasis für neue zusätzliche Investitionen.

Im Gegensatz zur GmbH, deren Stammkapital sich durch die Kapitalerhöhung der Gesellschafter erhöht, gibt es bei der AG die Möglichkeit das Eigenkapital, neben der Gewinnthesaurierung, durch die Ausgabe von verbrieften Wertpapieren (Aktien) aufzustocken. Durch den Erwerb von Wertpapieren ist der Teilhaber zur Erbringung der Einlage und eines möglichen Aufgeldes (Agio) verpflichtet, wodurch er ziffernmäßig am Grundkapital der Gesellschaft beteiligt ist.[13] Eine solche Beteiligung kann durch den Erwerb von Aktien der sog. „Altaktionäre“ erfolgen oder durch deine ordentliche Kapitalerhöhung der jeweiligen Gesellschaft durch die Emissionierung („Zeichnung“) von jungen Aktien.[14] Der Grund, wieso Kapitalgesellschaften sich für eine Kapitalerhöhung entscheiden, kann z.B. darin liegen, die Finanzierung von Investitionen und damit das Unternehmenswachstums zu sichern. Becker beschreibt den Hintergrund der Kapitalerhöhung durch die direkte und indirekte Finanzierungsfunktion: durch das aufgenommene Eigenkapital ermöglicht es dem Unternehmen, seine Investitionen unmittelbar (direkt) zu finanzieren. Gleichzeitig steht die Höhe des Eigenkapitals für eine solide Finanzausstattung, wobei sich die Bonität des Unternehmens verbessert. Diese indirekte Finanzierungsfunktion erleichtert eine spätere Inanspruchnahme von Krediten am Geldmarkt.[15] Da die Bereitstellung von Kapital mit unternehmerischen Risiken verbunden ist, fordern die Kapitalgeber eine angemessene Verzinsung ihres Investments. So sind diese am Unternehmenserfolg mit beteiligt und haben einen ertragsabhängigen Zahlungsanspruch.[16]

2.1.2 Fremdkapital als Finanzierungsart und die Unterscheidung zum Eigenkapital

Neben der Finanzierung durch Eigenkapital, existiert unternehmerisch noch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Fremdfinanzierung durch Fremdkapital. In der Publikation „Private Equity“ von Gundel und Katzorke wird Fremdfinanzierung bezeichnet als „...sämtliche Formen der Finanzierung mit Fremdkapital. Typisches Fremdkapital umfasst den Teil des Gesamtkapitals, der von Nicht-Eigentümern, den Gläubigern, aufgebracht wird bzw. diesen zuzurechnen ist.“[17] Diese Bezeichnung des Fremdkapitals ist folglich im Vergleich zum Eigenkapital im Wesentlichen durch den Kapitalgeber zu unterscheiden. Während bei einer AG das Eigenkapital von außen durch die Gesellschafter oder Aktionäre zur Verfügung gestellt wird und unter die Finanzierungsart der Eigenfinanzierung (vgl. Kapitel 2.1) fällt, handelt es sich beim Fremdkapital zwar auch um Geldgeber von „außen“, jedoch handelt es sich hierbei um eine Fremdfinanzierung.[18] Der Fremdkapitalgeber hat also im Vergleich zum Eigenkapitalgeber keinerlei Einflussrechte bei unternehmerischen Entscheidungen z.B. durch die Teilnahme an der Hauptversammlung.

Neben dieser Unterscheidung, sind die folgenden Charakteristika ebenfalls typisch für die Fremdfinanzierung:

1. das Fremdkapital wird im Vergleich zum Eigenkapital nur befristet zur Verfügung gestellt
2. der Kapitalgeber ist nicht am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, sondern erhält seine Rendite durch einen vereinbarten Zinssatz
3. es besteht ein Rechtsanspruch auf die Rückzahlung des Kredits in der jeweiligen nominellen Höhe[19]

Als Kreditgeber kommen i.d.R. Banken, Geschäftspartner (Lieferantenkredite) oder private Darlehen in Betracht. Für die Höhe (und eine Bewilligung des Kredits) fordert der Kapitalgeber Informationen über den wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers, da dieser oft nicht in der Lage ist, sein eigenes Unternehmen objektiv zu bewerten. Daher nutzt er Hilfsmittel, wie z.B. die Inanspruchnahme von externen Gutachtern/Rating-Agenturen, die unabhängig die benötigten Informationen für den Prozess der Kreditbewilligung zusammenzustellen.[20]

Für die Kapitalkosten spielen die zu leistenden Fremdkapitalzinsen eine wesentliche Rolle, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit erläutert werden.

2.2 Bedeutung von Kapitalkosten

Der Begriff der Kapitalkosten (eng. Cost of Capital) findet häufig in der betriebswirtschaftlichen Literatur Anwendung, ist jedoch nicht eindeutig definiert. Eines der wichtigsten Ziele eines Unternehmens im Rahmen der Investitionsrechnung und Unternehmensbewertung ist die Erzielung einer Rendite des Kapitals. Wie hoch die Kapitalrendite sein muss, hängt direkt von den Kapitalkosten eines Unternehmens ab. Nur wenn ein Unternehmen die Verzinsung des eingesetzten Kapitals in einer bestimmten Höhe erwirtschaftet hat, erlangt es eine Rendite in Form einer positiven Wertschöpfung. Tätigt ein Unternehmen beispielsweise eine Investition, zu der es Fremdkapital aufnimmt, so sollte sich die Investition so rechnen, dass neben der Rückzahlung des Kreditbetrages auch noch die damit verbunden Fremdkapitalzinsen (Kapitalkosten) erwirtschaftet werden und darüber hinaus ein positiver Überschuss erzielt wird da sonst ein Werteverlust eintritt. Es gilt den strategischen und operativ ermittelten Finanzierungsbedarf zu möglichst geringen Kapitalkosten zu decken.[21] Das eingesetzte, investierte Kapital sollte demnach mindestens die Kapitalkosten decken.

Aus Sicht des Investors (aber auch des Unternehmens) sind Kapitalkosten, laut Willburger u.a. „...Opportunitätskosten und stellen den Gegenwert für einen entgangenen Nutzen durch die Bereitstellung des Kapitals für betriebliche Zwecke dar.“[22] Investoren, die ihr Geld dem Unternehmen zur Verfügung stellen, verzichten im ersten Moment darauf, dass Geld anderweitig zu verwenden. Sie könnten ihr Kapital z.B. in sichere Anlagen, wie Bundesstaatsanleihen anlegen bei denen sie eine feste (jedoch relative) niedrige Verzinsung erhalten und ihr Kapital somit nicht dem unternehmerischen Risiko aussetzen müssten. Der Grund, wieso sich Investoren jedoch für die unternehmerische Bereitstellung des Kapitals entscheiden, ist das dies zum Zeitpunkt der Investition als Ausgabe angesehenen wird, welche zukünftig zu einem größeren Einkommen/Ertrag führen soll. Sowohl Eigen- aber auch Fremdkapitalgeber erwarten für ihre Opportunitätskosten und dem Risiko einen Ausgleich in Form einer höheren Rendite (für den Verzicht auf ein Investment in andere Anlagen mit gleichem Risiko).[23] Unternehmensintern werden aus diesem Grund in der Kosten- und Leistungsrechnung sowie der Investitionsrechnung für das eingesetzte Eigenkapital die sogenannten kalkulatorischen Zinsen für entgangene Zinseinnahmen angesetzt, die im Rahmen einer Investition mit erwirtschaftet werden sollen.[24]

Da die Kapitalstruktur eines Unternehmens i.d.R. kombiniert aus Eigen- und Fremdkapital besteht und entsprechend aus beiden Kapitalquellen finanziert wird, ist bei der Ermittlung der Kapitalkosten entsprechend nach der Kapitalart zu trennen. Für die Ermittlung der jeweiligen Kapitalkosten, bietet die betriebswirtschaftliche Theorie verschiedene Möglichkeiten. Um die entstehenden Kapitalkosten aus Eigen- und Fremdkapital zusammenzusetzen, müssen diese entsprechend gewichtet werden – entsprechend deren Anteil der Bilanzsumme. Durch die Gewichtung von Eigen- und Fremdkapitalkosten ergeben sich die Gesamtkapitalkosten. Die gewichteten Kapitalkosten sind eine wichtige Komponente in der wertorientierten Unternehmensführung, da diese für die Ermittlung des wichtigsten Discounted-Cash-Flow-Verfahren, das Weighted-Average-Cost-Of-Capital-Verfahren (WACC), maßgeblich sind.[25] Der Discounted-Cashflow ist hierbei zunächst eine bedeutende Messgröße, um die Wirtschaftlichkeit einer Investition aber auch des Unternehmenswerts zu beurteilen (dynamische Rentabilitätsmessung): die prognostizierten Zahlungsströme werden dabei durch den gewichteten Kapitalkostensatz diskontiert.[26] Je höher der WACC ist, mit denen die Cashflows diskontiert werden, desto niedriger sind die daraus resultierenden Barwerte. Der so ermittelte Finanzmittelüberschuss steht der Unternehmung für die Zahlung seiner Fremdkapitalverbindlichkeiten oder zur Gewinnausschüttung zur Verfügung.[27]

Um im späteren Verlauf den Unternehmenswert (Marktwert des Eigenkapitals) mit Hilfe des WACC-Verfahrens zu ermitteln und genauer zu erörtern, sollen im Folgendem zunächst die benötigten Variablen zur Ermittlung des gewichteten Kapitalkostensatzes dargelegt werden.

2.2.1 Eigenkapitalkosten

Eigenkapitalkosten sind ein Bestandteil der zu ermittelnden Kapitalkosten.

Sie lassen sich deutlich komplizierter bestimmen als die Kosten für das Fremdkapital, da es keine festgelegte Verzinsung gibt. Die Eigenkapitalkosten sind als gewichtetes Mittel aller von den Eignern gestellten Ansprüche bzgl. der Rendite des zur Verfügung gestellten Kapitals anzusehen. Diese erwarten eine höchstmögliche Rendite ihres Investments. Entsprechend folgen die Verzinsungsansprüche von Eigenkapitalgebern dem Opportunitätskostenprinzip d.h., dass diese nur zur Kapitalbereitstellung bereit sind, wenn die Verzinsung mindestens so hoch ausfällt wie die günstigste Alternativanlage (Opportunität).[28]

Die Eigenkapitalrendite bzw. die Eigenkapitalkosten hängen u.a. stark vom Grad der Verschuldung bzw. der Kapitalstruktur ab, die im späteren Verlauf der Arbeit genauer erörtert werden soll.[29]

Um den Zusammenhang zwischen Kapitalkosten und dem Unternehmenswert darzustellen, wird der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz angewandt. Durch ihn kann der Wert des Eigenkapitals aus Sicht des Unternehmens und der Kapitalgeber ermittelt werden.

Eine zunächst einfache Schätzung des Wertes des Eigenkapitals ist bei Betrachtung der Stammaktien eines Unternehmens möglich, indem man den aktuellen Aktienkurs mit der Anzahl der emittierten Aktien multipliziert.[30] Wie hoch die damit einhergehenden genauen Eigenkapitalkosten sind, lässt sich durch Anwendung betriebswirtschaftlicher Methoden bestimmen. In der Praxis wird hierzu häufig das Capital Asset Pricing Model (CAPM) angewandt, welches zu den sog. Entity-Verfahren gehört (Ermittlung auf Basis des Gesamtkapitalwertes).[31]

2.2.2 Capital Asset Pricing Model (CAPM)

Copeland/Koller/Murrin legen die Kernthese des CAPM dar,

„...daß die Opportunitätskosten des Eigenkapitals der Rendite risikofreier Wertpapiere plus dem Marktpreis des Risikos (Risikoprämie), multipliziert mit dem systematischen Risiko (beta) des Unternehmens, entsprechen.“[32]

Das CAPM wird infolgedessen eingesetzt, um die erwartete Rendite eines Wertpapiers zu berechnen. Es versucht aus diesem Grund die Kosten des Eigenkapitals anhand gegebener Marktdaten mit zunächst folgender, allgemeiner Formel abzuleiten.[33]

Eigenkapitalkosten = risikofreie Rendite/Basiszins +ß* (Marktrisikoprämie)

Aus der Sicht des Investors ist die Methode und Vorgehensweise wie folgt zu erklären. Die risikofreie Rendite ist jene Rendite eines beliebigen Wertpapiers oder Wertpapierportfolios, die mit keinem Rendite- bzw. Ausfallrisiko behaftet ist (als Referenzwert gelten z.B. sichere Bundesanleihen) und zugleich in keinem Zusammenhang mit den Renditen anderer Kapitalanlagen steht. Wenn der Investor die Auswahlmöglichkeit hätte, in ein Unternehmen zu investieren oder sein Kapital auf seiner Bank für dieselbe Verzinsung anzulegen, würde er das unternehmerische Risiko meiden da er bei einem niedrigerem Risiko dieselbe Verzinsung erhalten könnte.

Das Modell geht also von der Annahme aus, dass es sich um einen risikoaversen Anleger handelt, der den Nutzen seines Vermögens maximieren will.[34] Laut einer Kapitalkostenstudie von KPMG aus dem Jahre 2012/2013 leiten Unternehmen ihren risikofreien Basiszins unterschiedlich ab, wie in der folgenden Grafik abzuleiten ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Anteil von Unternehmen in Prozent, mit Ableitung des Basiszinssatzes anhand risikoloser Staatsanleihen (in Anlehnung an KPMG Kostenstudie, 2012/2013, S. 27)

Die Abbildung zeigt, dass die Mehrheit aller Unternehmen (59%) den risikolosen Basiszinssatzes von inländischen Staatsanleihen ableitet.

Laut der Studie zeigt sich jedoch der Trend, dass der Anteil der Unternehmen, die den Basiszins von Staatsanleihen ableiten, zurückgeht und immer häufiger die Zinsstrukturkurve verwendet wird. Bei knapp der Hälfte der deutschen Unternehmen ist dies bereits der Fall.[35]

Die Entscheidung, sich dennoch für Investment in Form eines Wertpapiers eines Unternehmens zu entscheiden, liegt in der Risikoprämie. Sie ist die Wertpapierrendite abzüglich der risikofreien Verzinsung.[36] Die Risikoprämie beachtet das im Kapitalmarktportfolio nicht diversifizierbare systematische Risiko. Für das unsystematische Risiko wird der Anleger nicht entschädigt, da er diese Risikoform durch Diversifikation eliminieren kann d.h. durch Anlage von Wertpapieren in unterschiedliche Unternehmen.[37]

Nachfolgende Grafik soll das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko genauer veranschaulichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kapitalmarktlinie und das Verhältnis zwischen Marktrisikoprämie, Basiszins und des Risikos (in Anlehnung an Peridon/Steiner/Rathgeber, 2012, S. 275)

Die Marktrisikoprämie ergibt sich aus der Differenz vom Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios und der risikofreien Rendite (in der Grafik als Differenz von E(Rm) - Rf ersichtlich) und gilt als Äquivalent für Investoren, die bereit sind, das Risiko im Umfang von σm in Kauf zu nehmen. Die Steigung der Kapitalmarktlinie (auch Marktpreis des Risikos genannt) stellt den Marktpreis der Änderung des Risikos um eine Einheit, ausgedrückt in σ, dar.[38] Mit steigenden Risikoeinheiten steigt folglich die Marktrisikoprämie bei Annahme einer gleich bleibenden risikofreien Verzinsung im Umfang von Rf. Gleichzeitig wächst bei einer höheren Rendite das Verlustrisiko.

Die Höhe der Risikoprämie liegt daher zum einen Teil in der Marktrisikoprämie und zum anderen in der Gewichtung des Risikograds des Investments. Diese wichtige Variable im CAPM beschreibt das systematische Risiko: das sog. beta (ß) betrachtet das individuelle, unternehmerische Marktrisiko des Investments.[39] Es zeigt die Beziehung von Merkmalen der Unternehmensrendite auf, z.B. in Form von Aktienkursänderungen oder der Werteentwicklung des Gesamtmarktes.[40] Errechnet wird diese Größe auf Basis vergangener Kapitalmarktdaten, wie die individuelle Kursentwicklung des Unternehmens und anhand eines repräsentativen Marktindexes z.B. des DAX oder des MSCI, die als so genannte Performance-Indizes bezeichnet werden.

Die Eigenkapitalkosten und das Marktrisiko, ausgedrückt imßhängen unmittelbar voneinander ab, wie folgende Grafik verdeutlicht.

[...]


[1] Finance Magazin (online), 2006, Abrufdatum 27.07.2015

[2] vgl. ebd.

[3] vgl. Klamar/Sommer/Weber, 2013, S. 229

[4] vgl. Der Schweizer Treuhänder, 2015, Abrufdatum: 12.08.2015

[5] vgl. Gleich/Horváth/Michel, 2011, S. 38

[6] vgl. Becker, 2013, S.30

[7] vgl. Probst 2008, S.22

[8] vgl. Geyer 2013, S.207

[9] vgl. Gündel/Katzorke 2007, S. 19

[10] vgl. Becker 2013, S.131

[11] vgl. Bleiber 2013, S.222

[12] vgl. Becker 2013, S.131

[13] vgl. Gündel/Katzorke 2007, S.125

[14] vgl. Wöltje 2010, S.92

[15] vgl. Becker 2013, S.134

[16] vgl. Gündel/Katzorke 2007, S.21

[17] Gündel/Katzorke 2007, S.22

[18] vgl. Becker 2013, S.131

[19] vgl. Peridon/Steiner/Rathgeber, 2012, S.415

[20] vgl. Heybrock, 2012, S.233

[21] vgl. Gleich/Horváth/Michel, 2011 , S.38

[22] Willburger, 2014, S.18

[23] vgl. Copeland/Koller/Murrin. 1998, S.260

[24] vgl. Haunerdinger/Probst, 2006, S.141

[25] vgl. Becker 2013, S.92

[26] vgl. Gleich/Horváth/Michel, 2011, S.231

[27] vgl. Becker 2013, S.92

[28] vgl. Brasat, 2012, S.10

[29] vgl. Kuhner/Maltry, 2006, S.176

[30] vgl. Copeland/Koller/Murrin. 1998, S.268

[31] vgl. Becker 2013, S.92

[32] Copeland/Koller/Murrin. 1998, S.277

[33] vgl. Schmeisser/Clausen/Hannemann, 2009, S.91

[34] vgl. Copeland/Weston/Shastri, 2008, S.206

[35] vgl. KPMG Kostenstudie, 2012/2013, S.27

[36] vgl. Kuhner/Maltry, 2006, S.163

[37] vgl. Achleitner, 2000, S.690

[38] vgl. Peridon/Steiner/Rathgeber, 2012, S.274

[39] vgl. Becker 2013, S.93

[40] vgl. Pelzer/Haas, 2014, S.39

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Cost of Capital. Die Berechnung der Kapitalkosten von DAX-Unternehmen
Untertitel
Theoretische Grundlagen und empirische Untersuchung
Hochschule
Hochschule Mainz
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
71
Katalognummer
V318399
ISBN (eBook)
9783668185548
ISBN (Buch)
9783946458555
Dateigröße
866 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
cost, capital, berechnung, kapitalkosten, dax-unternehmen, theoretische, grundlagen, untersuchung
Arbeit zitieren
Minh Viet Vu (Autor:in), 2015, Cost of Capital. Die Berechnung der Kapitalkosten von DAX-Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318399

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