Achtung Glas! Ein Material aus der Sicht der Landschaftsarchitektur


Diplomarbeit, 2000

114 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aufgabenstellung und Herangehensweise
1.2 Begriffsbestimmung

2 Was ist Glas? Das Material und seine Herstellung
2.1 Was ist Glas physikalisch?
2.2 Geschichtlicher Überblick über die Herstellung von Glas

3 Die Faszination von Glas als Baustoff
3.1 Glas und seine Eigenschaften
3.1.1 Transparenz - "sichtbar machen"
3.1.2 Transluzenz
3.1.3 Reflexion - Absorption
3.1.4 Beständigkeit
3.2 Glasarten, Glasprodukte und ihre Anwendung
3.2.1 Glasarten
3.2.2 Glasprodukte

4 Entwicklung der Verwendung von Glas in Architektur und Baukunst
4.1 Das Fenster: Licht dringt in ein Gebäude
4.2 Glas- Eisen-Architektur
4.3 "Die Zerstörung der Kiste" (F. L. Wright) Der fließende Übergang zwischen innen und außen
Exkurs: Transparente Architektur in Österreich
4.4 Revolutionen in der Herstellung schaffen neue Anwendungsmöglichkeiten

5 Vom Frühbeet zum Gewächshaus Glas und seine Vergangenheit im Garten

6 Glas im Kontext mit der Landschaft

7 Aktuelle Verwendung von Glas in der Freiraumgestaltung
7.1 Motivationen für die Verwendung von Glas im Freiraum
7.2 Zwei Beispiele im Detail
Glaselement - Uhrturm Graz
Privatgarten - Kuhn
7.3 Glas an der Schnittstelle Innenraum/Außenraum
7.4 Glas am Boden
7.5 Glas in Mauern und Zäunen - Glaswände
7.6 Glas als Pergola und Pavillon - Vordächer
7.7 Glas als Mobiliar
7.8 Glas als Informationssystem
7.9 Glas und Wasser
7.10 Glas als Skulptur - Glaskunst
7.11 Glas als Spiegel
7.12 Glas als Lärmschutz
7.13 Glas mit besonderer Funktion

8 Normen, Kosten, Pflege
8.1 Normen
8.2 Kosten
8.3 Pflege

9 Resumée

10 Literaturliste, Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Glas ist ein Material, das nicht auf den ersten Blick als ein gängigerWerkstoff mit dem Berufsbild der Landschaftsplanung in Verbindung gebracht wird. Jedoch hat sich bei näherem Hinsehen und dem Sammeln einer Fülle von Beispielen ein immer spannenderes Thema daraus ent-wickelt. Dem speziellen Charakter und den Eigenschaften des Baustoffes Glas habe ich mich in vorliegender Arbeit gewidmet. Es soll dieses Material in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt und speziell aus der Sicht der Landschaftsplanung betrachtet werden.

Wie es in der Architektur bereits seit einigen Jahren einen starken Trend zur Verwendung von Glas gibt, findet diese Entwicklung auch in der Freiraumgestaltung statt. Als besondere Herausforderung habe ich bei dieser Arbeit den besonders stark fließenden Übergang zwischen Architektur und Freiraumplanung empfunden und möchte damit jene ansprechen, die gerne einen Blick über den Tellerrand ihrer Disziplin wer-fen.

Auch in meinen eigenen Entwürfen verwendete ich in letzter Zeit sehr oft Glas. Um dieses Material einsetzen zu können, müssen wir es auch kennen und verstehen. Zu diesem Verständnis möchte ich beitragen und das Interesse für die Verwendung von Glas wecken.

1.1 Aufgabenstellung und Herangehensweise

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, einen faszinierenden Baustoff aus frei-raumgestalterischer Sicht zu betrachten. Dazu soll zuerst das Material selbst, seine Herstellung und Eigenschaften vermittelt werden, um eine gewisse Grundkenntnis zu schaffen, welche es wiederum erleichtert, die sich momentan am Markt befindlichen Glasprodukte und deren Anwendung zu verstehen. Hilfreich war hierbei eine große Auswahl an Literatur im Themenbereich der Architektur und Baustoffkunde.

Im nächsten Schritt wird die spannende Entwicklung von Glas alsBaustoff von den Anfängen des Fensters über eine immer weitere Auflösung des Raumes durch Glasfassaden erläutert. Die Verschmelzung zwischen innen und außen als Gipfel dieser Entwicklung leitet zum eigentlichen Thema "Glas im Freiraum" über. Warum viele Beispiele archi-tektonisch geprägt sind, liegt daran, daß eine komplette Trennung von Architektur und Freiraumgestaltung nicht möglich und auch nicht sinn-voll ist. Die Zusammenarbeit der beiden Disziplinen ist in diesem Fall besonders wichtig, da viele gestalterische Maßnahmen an der Schnittstelle innen/außen passieren. Glas fungiert hier als verbindendes Material - auch zwischen den PlanerInnen, die von Beginn an zusam-menarbeiten müssen. Daraus ergibt sich eine neue Qualität der Projekte.

Zusätzlich hat mich die Schönheit einzelner Anwendungen von Glas fas-ziniert, weshalb ich sie zeigen möchte.

Parallel zur Entwicklung in Architektur und Baukunst besitzt Glas aucheine Vergangenheit im Garten, worüber gleichnamiges Kapitel berichtet.

Um die Wirkung von Glas im Außenraum isoliert zu betrachten, habe ich, einleitend zu den Projektbeispielen, Kleinarchitektur aus Glas und ihre Wirkung in der umgebenden Natur- und Stadtlandschaft analysiert. Als Quelle für alle Beispiele dient Literatur über Landschaftsarchitektur und Architektur, Fachzeitschriften wie Topos und Garten & Landschaft, sowie mündliche Beiträge von LandschaftsplanerInnen aus Wien und von KollegInnen. Aus den Interviews in Wiener Landschaftsplanungsbüros erhielt ich Informationen über Erfahrungen mit Glas und die hinter den Entwürfen stehende Motivation. Durchgeführt wurden die Interviews telefonisch, bis auf jene mit Maria Auböck, Alfons Oberhofer und Stefan Schmidt, die mich persönlich eingeladen haben. Die Interviews wurden nicht isoliert aufgearbeitet - die erhaltenen Auskünfte sind vor allem in Kapitel 3 und 7 eingeflossen.

Bei der Darstellung der Beispiele habe ich zwei Bearbeitungstiefen gewählt. Neben der genauen Analyse zweier Projekte, in denen Glas im räumlich gestalterischen Kontext betrachtet wurde, war es mir wichtig, eine Fülle von Projekten zusammenzustellen, um die Bandbreite der Verwendungsmöglichkeiten von Glas in der Freiraumgestaltung aufzuzei- gen und ihre Anwendungen in gesammelter Form darzustellen.

Vorliegende Arbeit soll zeigen welchen Beitrag dieses Material zur Schaffung qualitativ hochwertiger Freiräume leisten kann. Seine Möglichkeiten, aber auch seine Grenzen sollen beleuchtet werden und zu neuen Ideen für den Einsatz von Glas inspirieren.

1.2 Begriffsbestimmung

Zum besseren Verständnis werden im folgenden alle Begriffe zum Thema Landschaft, Freiraum und Planung erläutert, die in dieser Arbeit verwen- det werden.

Landschaftsplanung:

Bezeichnung des Studiums an der Universität für Bodenkultur und offizielle Berufsbezeichnung in Österreich; Unter Landschaftsplanung wird die Formulierung aller Ziele und die Darstellung aller Maßnahmen und Wege zum Schutz und zur Sicherung, zur Gestaltung und Wiederherstellung und zur Pflege der besiedelten und unbesiedelten Landschaft verstanden. Der Landschaftsbegriff ist dabei nicht nur physisch, sondern auch sozialräumlich definiert (Vorschlag ÖNORM Landschaft 0001)[1].

Landschaftsarchitektur:

vor allem im englisch-sprachigen Raum (Landscape Architecture), aber auch in Deutschland gebräuchlicher Begriff für Studium und Berufsbezeichnung, in Österreich selten verwendet und auch nicht offiziell anerkannt.Unter Landschaftsarchitektur wird die Planung und Überwachung der Herstellung, der Gestaltung und Umgestaltung von Landschaftsabschnitten, landschaftsbezoge- nen Erholungseinrichtungen und Sport- , Spiel- und Freizeitanlagen, Parks und Gärten sowie allgemein von öffentli- chen und privaten Freiräumen und Grünanlagen verstanden (Vorschlag ÖNORM Landschaft 0001).

Freiraumarchitektur, Freiraumgestaltung:

Schwerpunkt im Studium der Landschaftsplanung, inhaltlich mit Landschaftsarchitektur gleichzusetzen. Freiraumgestaltung ist die Organisation und Gestaltung von Freiräumen, vorwiegend im städtischen Bereich bzw. im Ortsgebiet (Vorschlag ÖNORM Landschaft 0001).

Was ist Glas?

2 Was ist Glas? Was ist Glas? Das Material und seineHerstellung

2.1 Was ist Glas physikalisch?

Der älteste künstlich vom Menschen geschaffene Werkstoff Glas blickt auf eine Geschichte von mehr als 7000 Jahren zurück. Das Schmelzprodukt, das zu seinem größten Teil aus Sand (Siliciumdioxid, SiO2) gewonnen wird, zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus. Am bekanntesten ist die Durchsichtigkeit, weniger bekannt ist, daß Glas kein fester Stoff, sondern eine bei Raumtemperatur erstarrte Flüssigkeit ist. "Den Glaszustand faßt man als äußerst zähen, unterkühlten Flüssigkeitszustand auf" (Duden-Lexikon 1989 S.1467).

Das heute als Baumaterial verwendete Glas ist ein Kalk-Natron-Glas. Bei der Herstellung werden die Rohstoffe so hoch erhitzt, bis sie zähflüssig sind und dann abkühlen. Durch die hohe Viskosität (Zähflüssigkeit) und den anschließenden Kühlprozeß haben die Ionen und die Moleküle keine Möglichkeit sich zu ordnen. Silikat und Sauerstoff können keine Struktur finden, um sich zu Kristallen zusammenzuschließen, d. h. der ungeordne- te Molekülzustand wird "eingefroren" (vgl. Schittich 1998 S.61).

Glas ist aufgrund dieser unregelmäßigen Molekularstruktur durchsichtig. Eine weitere wesentliche Eigenschaft von Glas ist, daß es inert ist, d.h., es verhält sich neutral, geht keine chemische Verbindung ein und sondert nichts ab. Zur Umweltverträglichkeit zählt, daß Glas recycled werden kann (vgl. Krewinkel 1998 S.7). Mike Davies bezeichnet in seinem Artikel der Zeitschrift Detail (98/3) dieses Material sogar als das umweltverträg- lichste dieser Erde, weil bei seiner Herstellung wenig Energie verbraucht wird.

Naturglas wie z.B. der Obsidian entsteht bei Vulkanausbrüchen. Er bildet sich aufgrund der großen Hitze im Erdinneren und wird bei Vulkanausbrüchen herausgeschleudert. Naturglas wurde früher von den Menschen als Schmuck, für Gefäße oder andere Gebrauchsgegenstände verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Glas ist aufgrund seiner unre- gelmäßigen Molekularstruktur

2.2 Geschichtlicher Überblick über die Herstellung von Glas

"Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen, fünf Teile Kreide, und du erhältst Glas." - erstes Rezept zur Glasherstellung aus der Tontafelbibliothek in Assyrien um 650 v. Chr. (vgl. Knaak 1998 S.140).

Die ältesten Glasfunde wurden in Ägypten gemacht und werden um 5000 v. Chr. datiert. Es sind Glasperlen und Gefäße. Im Bau wurde Glas schon früh für Mosaike verwendet. Erst mit der Erfindung der Glasmacherpfeife im 1. Jahrhundert v. Chr. - vermutlich in der Stadt Sidon in Phönikien, dem heutigen Saida im Libanon - wurde es möglich, durchsichtiges Glas herzustellen. Die Glasbläserpfeife ist ein ca. 100 bis 150 cm langes Eisenrohr. Sie wird in die Glasschmelze getaucht und anschließend wird der Klumpen durch das Rohr aufgeblasen, bis sich die Schmelze an der Luft verfestigt hat und damit an der Oberfläche ohne Nachbearbeitung klar bleibt. Dieses genial einfache Instrument wird noch heute virtuos gehandhabt, jedoch nur noch im Kunsthandwerk oder für Spezialanfertigungen (vgl. Krewinkel 1998 S.7). Um klar durchsichtiges Glas zu erzeugen, darf es bei der Verarbeitung im Augenblick der Erstarrung nicht mit kühleren Fremdkörpern in Berührung kommen. Tut es dies doch, so bildet sich an den Berührungsstellen eine Schicht vorzei- tiger Erstarrung, die ein anderes Lichtbrechungsvermögen hat als das Glasinnere.

Um die Zeitwende wird von den Römern zur Herstellung erster flacher Glasscheiben ein Gußverfahren entwickelt, bei dem die Glasschmelze in eine nasse Holzform eingefüllt und glattgestrichen wurde. Es entstanden matte Glasscheiben bis zu einer Größe von 70/100 cm, die beispielsweise in Pompei als Fenster eingebaut wurden. Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging dieses Wissen jedoch verloren (vgl. Knaak 1998 S.140).

Zylinderblas- und Streckverfahren

Um 1000 n. Chr. entwickelte sich in Klosterhütten nördlich der Alpen das Zylinderblas- und Streckverfahren. Hierbei wurden mit der Glasbläserpfeife Zylinder geblasen, aufgeschnitten und zu einer Fläche auseinandergezogen.Bedingt durch den hohen Holzverbrauch entstanden die Wander- oder Waldglashütten, die jeweils nach dem Kahlschlag ihren Standort wechseln mußten. Neben Sakralverglasungen wurden auch ein- fache Gebrauchsgläser hergestellt (vgl. Knaak 1998 S.141)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Die Glasbläserpfeife wurde vermutlich von den Phöniziern erfunden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Zylinderblas- und Was ist Glas? Das Material und seine

Mondglasverfahren

Bei dem um 1300 entstandenen Mondglasverfahren wurde die Herstellung der bis dahin erzeugten Butzenscheiben[2] verbessert, da größere Scheiben möglich wurden, indem an einer geblasenen Glaskugel ein Eisenrohr befestigt wurde. Nach Entfernung der Glasbläserpfeife erfolgte durch rasches Drehen des Hefteisens das Aufweiten der Kugel zu einer Fläche. Mit dem Mondglasverfahren konnten Scheiben mit einem Durchmesser von 90 bis 125 cm erzeugt werden, die in kleinere Scheiben unterteilt wurden.

Durch eine Verbesserung der Öfen wurde das Zylinderblas- und Streckverfahren weiterentwickelt, es konnten nun Glaszylinder bis zu einer Länge von 3,20 m mit einem Durchmesser von 0,65 m hergestellt werden und somit wurde das Mondglasverfahren wieder abgelöst (vgl. Knaak 1998 S.141).

Gießverfahren

Parallel zu dieser Entwicklung entstand um 1662 in Frankreich das Gießverfahren von dem Glasmacher L. N. de Nehou, bei dem Glas auf einen Tisch gegossen und gewalzt wird. Dieses Gußglas ist durch seine Berührung mit den Oberflächen von Tisch und Walze undurchsichtig. Um klar durchsichtiges Glas daraus zu gewinnen, müssen die Oberflächen geschliffen und poliert werden. Das Tischgußverfahren wurde 150 Jahre lang angewandt, um besonders ebenes, verzerrungsfreies Flachglas, vor allem für Spiegel, herzustellen (vgl. Knaak 1998 S.142, Krewinkel 1998 S.9).

Ziehverfahren

Die wichtigste Entwicklung der industriellen Glasherstellung ist jedoch das mechanische Ziehverfahren nach dem Belgier E. Fourcault um 1905. Aus der zähflüssigen Glasschmelze wird kontinuierlich ein Glasband her- ausgezogen und an der Luft abgekühlt. Bei der Kühlung entstehen leich- te Schlieren, das Glas ist aber ansonsten klar durchsichtig. In den meisten Wiener Altbauwohnungen befinden sich noch Fenster die bei genauerem Hinsehen solche Schlieren aufweisen. Der Amerikaner I. W. Colburn ent- wickelte dieses Verfahren weiter, indem er eine luftgekühlte Biegewalze einfügte und damit den Prozeß zu einem sehr effektiven liegenden Ziehverfahren machte (vgl. Knaak 1998 S.142).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 Ziehverfahren

Floatglasverfahren

Mit der Erfindung des Floatglasverfahrens um 1955, durch Sir Alastair Pilkington bei Pilkington Brothers plc in St. Helens in England, wurden sowohl die Glasziehverfahren als auch das Schleifen und Polieren von Gußglas eingestellt. Im Floatglasverfahren kann eine Glasqualität erzeugt werden, die der des Ziehglases überlegen und dem des geschliffenen und polierten Gußglases ebenbürtig ist. Dabei ist der Produktionsprozeß ratio- neller. Das Floatverfahren basiert auf der Idee, die Glasschmelze über eine ideale Oberfläche zu leiten, um damit ein völlig blankes Glas zu erhalten. Diese ideale Oberfläche bietet nur eine Flüssigkeit. Aus diesem Grund lei- tete Pilkington die Glasschmelze über ein Bad aus flüssigem Zinn. An der Auftrittstelle des Glases hat das Zinnbad eine Temperatur von 1000 °C. Als einziges Metall erfüllt Zinn die Anforderung, bei 1000 °C noch keinen störenden Dampfdruck zu erzeugen und bei 600 °C bereits flüssig zu sein.

Die Floatwanne mit dem Zinnbad ist heute 60 m lang. Das Glasband wird durch seitlich angebrachte Rollen darüber gezogen. Produziert wird eine Bandbreite von 321 cm. Die Dicke des Glases richtet sich nach der Ziehgeschwindigkeit. Im allgemeinen werden Dicken von 4 bis 19 mm hergestellt. Die vollautomatisch betriebenen Floatglaslinien erzeugen bis 3000 m[2] pro Stunde bei 4 mm dickem Glas. Eine Floatglaswanne arbeitet etwa 15 Jahre kontinuierlich durch. Dann ist eine Kaltreparatur zu erwar- ten. Heute arbeiten weltweit rund 200 Floatglaslinien, die das Basisglas für die Weiterverarbeitung von Sicherheitsgläsern für Wärme-, Sonnen-, Schall- und Brandschutz liefern (vgl. Krewinkel 1998 S.9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7

Die Faszination von Glas als Baustoff

3 Die Faszination von Glas als Baustoff

Zwei Gedanken - zwei Zugänge zum Material Glas. Einerseits eine gene- relle Faszination für Glas und seine Eigenschaften. Im Französischen ist "verre" (Glas) das Anagramm[3] von "rever" (träumen). „Es ist also nur natürlich, daß es unsere Phantasie und dadurch unsere Architektur maß- gebend beeinflußt“ (Saunier 1998 S.313). Andererseits das Bestreben nach einem "leichten" Baustoff, das eine Forderung der klassischen Moderne ist. „Es gilt der Massivität der historischen Steinarchitektur eine dem neuen Geist entsprechende, schwerelose, sich dem Licht und der Sonne öffnende Architektur entgegenzustellen[4] “ (Knaak 1998 S.62).

Die Landschaftsarchitektin Maria Auböck schilderte mir ihre Entdeckung von Glas folgendermaßen: Der Auftrag für eine neue Innenraumgestaltung der Galerie Kovacek (Galerie für antike Gläser) stellte eine besondere Herausforderung für das Team Auböck/Karasz dar. Unter dem Titel "Eine Landschaft aus Glas" wurde eine ideale Atmosphäre für die Ausstellung und den Verkauf antiker und wertvoller Glaskunst geschaffen. Die Veränderung der vorgegebenen Räumlichkeiten zu einer Glasgalerie sollte als eine neue bauliche Intervention im gegebenen historischen Kontext deutlich erkennbar sein, aber in ihrer architektoni- schen Sprache zurückhaltend formuliert werden. Einen wesentlichen Eingriff stellt die Verbindung zwischen Erdgeschoß und Obergeschoß durch ein "gläsernes Gelenk", in Form einer Glasstiege dar. Dieser nach mehreren Seiten hin offene, vertikale Bereich gewährt vielfältige Ein- und Durchblicke, und ist selbst ein prägnanter Schauraum der Glasgalerie. Die Wahl des Materials nimmt das Thema der Galerie in anderer Form und Technologie wieder auf und interpretiert es neu.

Dieses Projekt entfachte in ihr eine große Liebe zum Material Glas, die bis heute aufrecht geblieben ist und mit der Durchführung weiterer Projekte, vor allem auch freiraumgestalterischer, verwirklicht wurde (siehe Kap 7.2, 7.5). Auch die Entdeckung, daß Glas kein fester, sondern sich in einem zähen Flüssigkeitszustand befindlicher und dadurch ständig verändernder Stoff ist, war für Maria Auböck die Bestätigung für den Umgang von LandschaftsplanerInnen mit Glas als "lebendigem" Material.[5]

Kaum ein anderer Baustoff erfreut sich im Moment einer ähnlich großen Beliebtheit. Glas steht für einen langen Entwicklungsprozeß in der Architektur - von der massiven geschlossenen Wand zur durchsichtigen und lichtdurchlässigen Außenhaut. Das Material, das die Möglichkeit bie- tet, transparente, leichte und offene Gebäude zu errichten, hat die Beziehung zwischen innen und außen, das Verhältnis der Menschen zum Raum, zum Licht und zur Natur verändert. Dementsprechend besitzt Glas innerhalb der Baustoffe einen hohen Stellenwert (vgl. Schittich 1998 S.6).

Die Faszination von Glas als Baustoff

Umstellung der Buchstaben eines Wortes zu anderen Wörtern mit neuem Sinn

Eine weitere Faszination von Glas liegt in seiner steuerbaren Transparenz. Das Spiel mit dem Licht in Räumen, die Steuerung von Hell und Dunkel und die verschiedenen Erscheinungen von Gebäuden bei Tag oder Nacht sind ohne Glas nicht denkbar. Es dient nicht nur als Raumabschluß gegen Klimaeinflüsse, sondern wird auch als Gestaltungsmittel verwendet (vgl. Knaak 1998 S.61).

Im konstruktiven Bereich wird der Baustoff zunehmend lastabtragend eingesetzt - der Anteil der massiven Tragkonstruktion kann so erheblich verringert werden. Gerade in der jüngsten Vergangenheit hat das Material Glas einen enormen Innovationsschub erlebt. Heute sind wir in der Lage, mit diesem Material sogar hohe Ansprüche des Brandschutzes oder der Sicherheit zu erfüllen. Neueste Dünnfilmbeschichtungen ermög- lichen leistungsfähige Wärme- und Sonnenschutzgläser bei gleichzeitig optimaler Durchsichtigkeit. Durch andere Maßnahmen können Glaselemente wechselweise transluzent oder transparent, oder - durch Beschichtungen mit Hologrammen (dreidimensionales Bild) oder Fließkristallen - zum Informationsträger werden (vgl. Schittich 1998 S.6).

3.1 Glas und seine Eigenschaften

Die Eigenschaften des Materials Glas beflügeln oft die Phantasien derer, die damit arbeiten und kommen in diesen "emotionsgeladenen" und "blumigen" Zitaten besonders gut zum Ausdruck. Die dahinter steckenden Merkmale des Baustoffes Glas werden im folgenden, etwas weniger theatralisch beschrieben.

I st es notwendig, all die "Tugenden" aufzuzählen, die man dem Material Glas sowohl mystisch als auch symbolisch zuschreibt? Es steht für abso- lute und unvergängliche Perfektion. Unverletzbar durch Kratzer,über- steht es die Zeit und meist auch organische oder chemische Angriffe, durch die andere Stoffe beschädigt werden. "Glas ist unter den Gesteinen wie der Verrückte unter den Menschen", geheimnisvoll und ambivalent. Es nimmt alle Farben und Farbnuancen an und ist zur gleichen Zeit widerstandsfähig und zerbrechlich, anwesend und abwesend, undurch- sichtig oder transparent, Materie oder Immaterialität (Saunier 1998 S.313).

Glas ist eine wunderbare, chaotische feste Materie. Seine Allgegenwart zeugt von einer stofflichen Vielseitigkeit und von der Erfindungsgabe der Menschen, die nur durch unser unvollkommenes Verständnis seiner stofflichen Eigenschaften begrenzt ist (Ritchie 1998 S.326). Die Faszination von Glas als Baustoff

3.1.1 Transparenz - "sichtbar machen"

Die Faszination von Glas als Baustoff

Der Wörterbuchdefinition zufolge ist die Eigenart oder das Wesen von Transparenz sowohl ein materieller Zustand - nämlich licht- und luft- durchlässig zu sein - als auch das Resultat eines intellektuellen Bedürfnisses, nämlich unseres angeborenen Verlangens nach dem, was leicht erkennbar, offensichtlich und frei von jeder Verstellung sein sollte. So wird das Adjektiv transparent, das eine rein physische Bedeutung definiert, auch eine kritische Auszeichnung, die zugleich mit moralischen Obertönen aufgeladen wird - ein Wort, das von allem Anfang an reich mit Möglichkeiten von Sinn und Mißverständnis ausgestattet scheint (Rowe Colin 1997 S.22).

"Transparenz hat mit Gefühl, mit Offenheit und Leere zu tun" (Ritchie 1998 S.326). Das Bedürfnis nach "Sichtbar-Machen" (Transparenz = Deutlichkeit, Verständlichkeit) ist ein Phänomen unserer Zeit. Ich erinnere hier an Armbanduhren aus durchsichtigen Materialien, die den Blick auf das faszinierende Uhrwerk ermöglichen, neue Fahrstuhlanlagen, z.B. jene der neuen Wiener U-Bahnstationen, die ein Bestaunen der Konstruktion ermöglichen, oder den IMAC-Computer von Macintosh mit seinem trans- parenten Gehäuse. Auch gibt es Vorschläge aus KollegInnenkreisen von teilweise gläsernen Straßenoberflächen, um Einblicke in die uns völlig verborgenen Kanal- und Leitungssysteme unserer Stadt zu gewähren. Abläufe sollen nachvollziehbar werden und Konstruktionen erkennbar. Menschen sind bestrebt, viele Vorgänge in Natur und Technik sichtbar zu machen, wobei uns Glas zur Hilfe kommt. Glas ist aufgrund seiner unregelmäßigen Molekularstruktur durchsichtig. Die Moleküle sind völlig ungeordnet und bilden keine Kristallgitter.

Einseitige und zweiseitige Transparenz

Bezüglich Glas und Architektur wird zwischen einseitiger und zweiseiti- ger Transparenz unterschieden. Unter einseitiger Transparenz versteht man Öffnungen, die dazu dienen, den Innenraum zu belichten. Glas dient hierbei als Witterungsschutz. Zweiseitige Transparenz wird über das Ziel definiert, sowohl Licht in den Innenraum zu leiten als auch den Blick nach außen zu ermöglichen und damit eine Wechselbeziehung zwischen innen und außen herzustellen.

Lichtwert und Betrachtungswinkel

Die Transparenz ist abhängig vom relativen Lichtwert beiderseits der Glasscheiben: Die Glasfläche mit dem höheren Lichtwert reflektiert - jede(r) kennt die Situation, daß wir die Hände zur Hilfe nehmen, und den Bereich vor dem Gesicht verdunkeln, um durch ein Schaufenster in einen dunkleren Raum schauen zu können. Währenddessen ist aber die andere Fläche mit dem geringeren Lichtwert durchlässig, und die Person, die auf der Straßenseite ihre Nase an die Scheibe drückt, von innen deutlich sichtbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8 Tag: hoher Lichtwert außen, Nacht : hoher Lichtwert innen

Tagsüber erscheinen Glasflächen von außen dunkel, während ein Ausblick von innen möglich ist. Nachts kehrt sich dies um: Der beleuchtete Innenraum gewährt den Einblick von außen, der Ausblick ist jedoch ver- hindert. Ein weiterer Einfluß auf die Transparenz ist der Betrachtungswinkel: Betrachtet man ein transparentes Glas lotrecht, so ist es nicht wahr- nehmbar. Je weiter der Winkel von der Rechtwinkligkeit abweicht desto höher wird die Reflexion. Glas kann also durch Reflexion seine Transparenz verlieren und tritt dadurch körperhaft in Erscheinung (vgl. Knaak 1998 S.13).

3.1.2 Transluzenz

Transluzenz ist die Fähigkeit von z.B. Milchglas oder mattem Glas (durch Ätzen oder Sandstrahlen hergestellt) Licht - sprich Strahlung - durchzu- lassen, aber keine klare Durchsicht zu gewähren.

Seit den 80er Jahren gewinnt in der Baukunst parallel zur Transparenz auch die Transluzenz an Bedeutung. Neben der Entmaterialisierung durch Glas wird nun auch das Sichtbar-Machen der stofflichen Dichte und Materialität des an sich durchsichtigen Baustoffs zu einem zentralen Thema (vgl. Schittich 1998 S.44).

3.1.3 Reflexion - Absorption

Wenn Glas also körperhaft in Erscheinung tritt, dann immer nur durch die Wiedergabe seiner Umgebung. "Glas selbst ist nichts" - eine Glasscheibe vor einem dunklen Hintergrund wird zum Spiegel. Je nach Lichtverhältnissen und Betrachtungswinkel, sprich Wetterlage und Hintergrund bzw. Standpunkt des Betrachters, vermag Glas eine Abfolge von Bildern und Bewegungen einzufangen und wiederzugeben.

3.1.4 Beständigkeit

Glas ist weitgehend chemikalienbeständig, wobei der Widerstand mit steigendem Siliciumgehalt wächst. Nur gegenüber Flußsäuren (Fluorwasserstoffe) ist Glas empfindlich, die entsprechend als Ätzmittel zum Mattieren der Oberfläche benutzt werden. Große praktische Bedeutung besitzt die Härte von Glas. Nach der Mohs’schen Härteskala wird sie nur von Topas, Korund und Diamant übertroffen. Die Temperaturwechselbeständigkeit von Glas ist für das Bauwesen ausrei- chend groß (vgl. Paulin 1997 S.14).

Im allgemeinen ist Kalk-Natron-Glas (das heute als Baumaterial verwen- dete Glas) gegen Säuren und Laugen beständig. Ein auf der Glasoberfläche stehender Wasserfilm der Reinigungsmittelreste beinhal- tet, kann jedoch zu Auslaugungen führen. Bei der Planung von horizon- talen Konstruktionen sollte dieser chemisch-physikalische Effekt unbe- dingt berücksichtigt werden. Fallweise stellen auch die sich im Regenwasser befindlichen Verunreinigungen durch Umweltverschmutzung (Luftschadstoffe aus Verbrennung) eine Gefahr für Glasbauten dar. Dabei bringt das Wasser Stoffe mit, die mit Glas Verbindungen eingehen können und so kommt es zu Kalkablagerungen, die sehr schwer zu entfernen sind. In diesem Zusammenhang gibt es vor allem Fälle in Ländern wie Polen, wo es in Regionen mit Kohlekraftwerken zu Schäden an Glasbauten kommt. Solche Die Faszination von Glas als Baustoff telefonische Auskunft Hr. Josef / Fa.

Vorkommnisse sind in Österreich und Deutschland nicht bekannt .[6] In Bezug auf die Freiraumgestaltung ist darauf zu achten, daß Wasser von horizontalen Flächen abrinnen können muß, was bereits durch eine geringe Neigung (≥2%) erreicht wird, und bei Flächen, die in ein gesam- tes Oberflächen-Entwässerungssystem integriert sind, kein Problem dar- stellt. Bei ständigem Kontakt mit Wasser, wie in Brunnen mit Glas (vgl. Kap.9), ist der Einsatz von stabilisierenden Mitteln nicht zu vermeiden, um das Wasser zu entkalken und weich zu machen.[7]

3.2 Glasarten, Glasprodukte und ihre Anwendung

3.2.1 Glasarten

Floatglas

Floatglas wird bei einfachen Verglasungen und Fenstern ohne besondere Sicherheitsanforderungen verwendet und ist heute die am meisten gebrauchte Glasart, die auch als Ausgangsmaterial für die im Kapitel Glasprodukte beschriebenen Sicherheitsgläser verwendet wird. Es wird im bereits beschriebenen Floatverfahren hergestellt (Kap. 2.3). Der industriel- le Fertigungsprozeß Prozeß ermöglicht es, in großen Mengen klar durch- sichtiges Glas mit nahezu planen Oberflächen in den Dicken von 2 bis 19 mm herzustellen. Moderne Floatanlagen produzieren ca. 600 t Glas von 4 mm Dicke pro Tag. Floatglas kann während des Herstellungsprozesses eingefärbt werden, entsprechend ändern sich die Werte für den Lichttransmissionsgrad. Durch besondere Auswahl der Rohstoffe, z.B. geringere Mengen an Eisenoxid, kann die leicht grüne Eigenfarbe von Floatglas nahezu aufgehoben werden. Glas hat dann so gut wie keine Eigenfarbe mehr und wird auch als eisenarmes oder extraweißes Glas bezeichnet.

Die Faszination von Glas als Baustoff Fensterglas Zur Herstellung von sehr dünnem Glas gibt es heute vereinzelt noch sogenannte Ziehglasanlagen mit vertikaler Ziehrichtung nach Emile Fourcault (Kap. 2.3). Fensterglas und Floatglas haben die gleiche chemi- sche Zusammensetzung sowie die gleichen allgemeinen physikalischen Eigenschaften. Dennoch hat Fensterglas im Vergleich zu Floatglas in den Oberflächen leichte, vertikal zur Ziehrichtung liegende Ziehwellen, die teilweise schon bei der Durchsicht, aber auch im Reflexionsbild erkennbar sind.

Ornamentglas

Bei der Herstellung von Ornamentglas wird die flüssige Glasschmelze über strukturierte Walzen geleitet und erhält dadurch die charakteristi- sche Oberflächenstruktur. Es ist transluzent, d.h. eine klare Durchsicht ist nicht möglich. An der mehr oder weniger stark ausgeprägten Oberflächenstruktur wird das Licht gestreut. Dadurch ist es möglich, einen Raum natürlich zu belichten, eine klare Durchsicht aber auszusch- ließen.

Drahtglas

Drahtglas wird, gleich wie Ornamentglas, im Gießverfahren (vgl. Kap.2.3) hergestellt und gewalzt. Während der Herstellung wird ein Drahtnetz eingelegt und bietet so eine erhöhte Sicherheit gegen das Auslösen von Glasbruchstücken. Es entspricht jedoch nicht der Norm eines Sicherheitsglases und wird meist aus optischen Gründen, als wider- standsfähige Verglasung gegen Feuer und als splitterbindende Verglasung im Dachbereich eingesetzt.

Glassteine / Glasbausteine

Glassteine sind Hohlglaskörper. Bei ihrer Herstellung wird ein

Glasgemenge geschmolzen und etwas abgekühlt. Anschließend wird die teigige Masse zu Schalen geformt, jeweils zwei davon zusammengesetzt und an den Kontaktflächen wieder so erhitzt, daß sie miteinander ver- schmelzen. Bei weiterer Abkühlung entsteht in diesem Hohlkörper ein Teilvakuum und damit ein starker Unterdruck. Die beiden äußeren Sichtflächen sind je nach Prägeform strukturiert oder glatt. Glassteine werden in genormten Abmessungen hergestellt und können eingefärbt und die Oberfläche auf unterschiedlichste Art strukturiert werden. Der Glasstein ist durch seine besondere Form als Gestaltungselement einsetz-bar, besitzt einen sehr hohen Feuerwiderstand, kann in Form von Glasdecken als begehbare Verglasung hergestellt werden, und ist in ent-sprechender Konstruktion (Glasstahlbetondecke) sogar befahrbar.

Auch in Wien finden sich viele Beispiele für die Anwendung solcher Glassteine als Kellerbelichtung entlang von Gebäuden, die z.B. im Bereich>Burgtheater/Rathausplatz das Erscheinungsbild einiger Straßenzüge prä- gen. Weiters erlebt der Glasbaustein im Moment ein großes Comeback in der Architektur und vor allem auch in der Innenarchitektur, wo mit dem Spiel von Licht und Farbe außergewöhnliche Raumerlebnisse geschaffen werden können.

Oberflächenbehandeltes Glas

Ä tzung

Die Oberfläche von Glasscheiben kann durch Säure mattiert werden. Der Mattierungsgrad ist abhängig von der Einwirkungsdauer der Säure. Durch Abdecken einzelner Bereiche können Muster und Bilder in die Oberfläche geätzt werden. Je stärker die Ätzungen sind, um so mehr steigt die Rauheit der Scheibenoberfläche an. Die Transparenz des Glases nimmt mit zunehmendem Rauheitsgrad ab. Licht fällt gestreut durch die Scheibe, eine klare Durchsicht ist nicht mehr gegeben. Je weiter sich ein Gegenstand hinter der Verglasung befindet, um so stärker verschwimmen seine Konturen. Direkt hinter der Verglasung ist er noch deutlich zu erkennen.

Sandstrahlmattierung

Glasoberflächen können mit Sandstrahl bearbeitet und dadurch mattiert werden. Die Glasoberfläche wird dabei aufgerauht. Die optische Wirkung ähnelt sehr stark der durch Ätzung behandelten Scheibe. Auch sandge- strahlte Scheiben werden transluzent, ihre optischen Muster und Bilder können ebenso durch Abdecken einzelner Bereiche aufgebracht werden. Feuchte oder durch Fett oder Reinigungsmaterial benetzte Oberflächen können die Optik der Scheibe beeinträchtigen. Je nach Wischrichtung beim Reinigen entstehen optische Veränderungen.

3.2.2 Glasprodukte

Einscheibensicherheitsglas (ESG)

Einscheibensicherheitsglas (ESG) wird hergestellt, indem die Glasscheibe auf 600 bis 700 °C erhitzt und anschließend mit Kaltluft abgeschreckt wird. ESG kann nachträglich nicht mehr bearbeitet, z.B. geschnitten oder gebohrt werden. Durch die in der Scheibe entstehende innere Zug- und äußere Druckspannung wird die mögliche Biegebruchfestigkeit erhöht, da zum Bruch führende Mikrorisse und Kerbstellen überdrückt werden. Beim Bruch zerfällt die ganze Scheibe in kleine Glaskrümel. Thermisch vorge- spanntes Sicherheitsglas gilt infolge seiner höheren Biegebruchfestigkeit und seiner Bruchstruktur als Sicherheitsglas. Die stumpfkantigen kleinen Glasbruchstückchen mindern beim Bruch die Verletzungsgefahr. Es kann im Gegensatz zu normalem Glas, auch den Aufprall von Personen auffan- gen, ohne dabei zu zerbrechen. Voraussetzung ist, daß die Haltekonstruktionen der Verglasung dieser Belastung standhalten. Die Faszination von Glas als Baustoff Die Faszination von Glas als Baustoff Die Eigenschaft als Sicherheitsglas kann mit dem sogenannten Pendelschlagversuch - weicher Stoß und harter Stoß - überprüft werden. Die Prüfung mit dem weichen Schlagkörper, einem 45 kg schweren Bleischrotsack, soll den Aufprall einer Person simulieren, wobei die Laufgeschwidigkeit durch die Fallhöhe festgelegt wird. Die Prüfung mit dem harten Schlagkörper, erfolgt mit einer 10 kg schweren Holzbirne mit Metallring.

Für sicherheitsrelevante Konstruktionen sollte die Glasdicke, abhängig von den Abmessungen, mindestens 6 mm betragen. Anwendungsbereiche sind Verglasungen, an die besondere Anforderungen bezüglich der Sicherheit gestellt werden, wie raumhohe Isolierverglasungen, Verglasung von Sporthallen, Türen und Geländer, welche aber für den Versagensfall mit Zusatzsicherungen (z.B. Handlauf) zu versehen sind.

Verbundsicherheitsglas (VSG)

Verbundsicherheitsglas (VSG) besteht aus mindestens zwei Scheiben und einer mit diesen fest verbundenen elastischen Zwischenschicht (Folie oder Gießharz). VSG ist ein Sicherheitsglas. Bei Bruch werden die entste- henden Glassplitter zusammengehalten, da sie an der Zwischenschicht haften; selbst dann muß das Glas noch entsprechende Anforderungen, wie den Aufprall eines Körpers, erfüllen. Zur Überprüfung dient der oben erwähnte Pendelschlagversuch. Glas am Ende eines Flures sollte z.B. gegen den Aufprall einer Person mit hoher Laufgeschwindigkeit wider- standsfähig sein.

Anwendungsbereiche sind Sicherheitsverglasungen, bei denen ein erhöh- ter Verletzungsschutz gegen Splitter gewährleistet sein soll. Dies wird bei Absturzsicherungen (Geländer in Bereichen mit Absturzgefahr) und Über- kopfverglasungen (Glasflächen, die mehr als 10° gegen die Vertikale geneigt sind) verwendet. Begehbares Glas (auch Glastreppen) ist nur als VSG aus mindestens drei Glasschichten zulässig. Befahrbares Glas ist bei entsprechender Dicke und Zwischenkonstruktionen aus Beton mit VSG machbar.[8]

Isolierglas

Isolierglas besteht aus mindestens zwei Einzelscheiben, die durch einen Abstandshalter am Rand des Glases voneinander getrennt sind. Zwischen Abstandshalter und den Glasscheiben befindet sich heute meist die erste Dichtung, die den Scheibenzwischenraum vor eindringender Feuchtigkeit von außen schützt. Werden die Dichtsysteme zerstört und Feuchtigkeit dringt in den Scheibenzwischenraum, erhöht sich die relative Feuchte in ihm. Bei Abkühlung unter den Taupunkt kondensiert diese feuchte Luft.

Die Scheibe wird im allgemeinen Sprachgebrauch "blind". Auch bei Luftdruckschwankungen ändert sich der Druck im Scheibenzwischenraum und kann zum Verbeulen der Isolierglasscheibe führen. Zur Steigerung der dämmenden Wirkung kann der Zwischenraum auch evakuiert (ein Vakuum wird hergestellt) oder mit Gasen gefüllt wer- den.

Schallschutzglas (vgl. Kap. 6.12)

Bereits eine einfache Glasscheibe wirkt aufgrund ihrer Masse schalldäm- mend. In der Regel werden als Schallschutz Glaseinheiten mit Scheibenzwischenräumen verwendet. In einer Isolierglaseinheit, die aus zwei oder drei Einzelscheiben besteht, wirken die Gläser nicht allein durch ihre Masse, sondern zusammen mit dem Scheibenzwischenraum als schwingendes System mit einer Eigenfrequenz und der daraus resul- tierenden Schalldämmung. Eine Isolierglaseinheit besteht aus 2 x 4 mm Glas und einem Scheibenzwischenraum von 12 mm mit Luftfüllung. Kombinationen mit Verbundgläsern (vgl. Kap. 3.2.8) können durch die Verbindung der Einzelgläser mit Gießharz oder Folie die Schalldämmung noch erhöhen, vorausgesetzt die Verbindung ist möglichst "weich".

Die Schalldämmfunktion einer Verglasungseinheit muß in ausführlichen Prüfverfahren auf den Lärmeinfluß abgestimmt werden, wobei Kennwerte und DIN-Normen zu berücksichtigen sind. Beschichtetes Glas Beschichtetes Glas wird entweder direkt bei der Herstellung in der Floatanlage hergestellt, indem auf einer Seite des 600°C warmen Glasbandes in Form von Pulver oder Flüssigkeit Schutzschichten aufge- bracht und eingebrannt werden, oder die fertigen Scheiben in schmale Behälter mit den entsprechenden Flüssigkeiten getaucht werden. Diese Schutzschichten dienen einerseits gegen Abnutzung und chemische Einwirkungen, aber vor allem als Wärme- und Sonnenschutz.

Besserer Wärmeschutz wird durch Beschichtungen erzielt, die die Transmission kurzwelliger Strahlung (Sonnenlicht) zulassen und langwel- lige Strahlung (Wärme/Infrarotbereich) behindern. Sonnenschutz wird durch erhöhte Reflexion kurzwelliger Strahlung (Sonnenlicht) erreicht. Metalloxidschichten aus Titan (z.B. Fassade des Franz-Josefs-Bahnhofs / Wien), Chrom, Nickel oder Eisen in oxidierter Form erhöhen das Reflexionsvermögen. Die Funktionen Sonnenschutz und Wärmeschutz können auch innerhalb einer Schicht kombiniert werden.

Die Faszination von Glas als Baustoff Entwicklung der Verwendung von Glasin Architektur undBaukunst

4 Entwicklung der Verwendung von Glas in Architektur und Baukunst

4.1 Das Fenster: Licht dringt in ein Gebäude

Auf der einen Seite besteht der Wunsch nach Öffnung, um etwas Lichtund Luft in die Innenräume zu holen, auf der anderen Seite wird Schutzvor Wind, Wetter und anderem gesucht. In vielen Regionen zeigt dieBearbeitung des Fensters, daß es eine existentielle Verbindung zwischeninnen und außen ist und damit für diese Menschen zu einem ganz besonderen Element in der Gestalt ihres Hauses wird. Besonders deutlich kommt bei traditionellen Fenstern aber zum Ausdruck, wie sich an der Öffnung, an der Schwelle zwischen innen und außen, eine räumlich gestaffelte Zone des Übergangs entwickelt hat. Außen der Blumenkasten als Zierde und Fensterläden zum Schutz vor Sonne und Gefahren. An der Innenseite die Vorhänge meist lichtdurchlässig, nehmen dem Fenster die Härte und zieren den Raum. Daneben gibt es oft noch ein Fensterbrett mit Blumen und anderen Utensilien. Dies alles zeigt den Wert, den das Element Fenster für den Menschen hat (vgl. Schittich 1998 S.12).

Glas als Fenster wurde zu Beginn unserer Zeitrechnung zum ersten Mal verwendet. Die technisch weit fortgeschrittenen Römer waren in der Lage, Gußglas herzustellen, und setzten dieses für mit Holzsprossen geteilte Fenster ein. Solche Fensteröffnungen fanden sich in der Thermevon Pompeji. In der Therme der Vorstadt von Herculaneum, durch denVesuv 79 n. Chr. verschüttet, wurden sogar Kastenfenster eingesetzt, umeine bessere thermische Isolierung zu erhalten. Mit dem Untergang desrömischen Reiches ging dieses Wissen allerdings wieder verloren (vgl. Knaak 1998 S.38).

Erst seit 1000 n. Chr. wurde Glas, als Baustoff kostbar und teuer, wieder verwendet um Klöster- und Kirchenfenster zu schließen. Der kompakte Baukörper der Romanik wird aufgelöst in ein Skelett von linearen Trag-und Stützelementen. Die freigewordenen Flächen füllen große farbige Fenster. Der Raum öffnet sich zum Licht. Das Glasfenster wird zu einem Filter zwischen innen und außen, zwischen Gott und den Menschen. Es verwandelt die Sonnenstrahlen in ein geheimnisvolles Medium.

In der barocken Architektur spielt nicht mehr das diffuse, mystische Licht, sondern das helle durch große Fenster- und Türöffnungen eintretende Sonnenlicht eine wichtige Rolle. Licht als Mittel um die Raumgrenzen aufzulösen. Die Architektur und die Natur, der Innen- und Außenraumverbinden sich. Durch die zunehmende Öffnung von Gebäuden entstehtein immenser Bedarf an Glas. Erst das Gieß- und Walzverfahren (vgl. Kap. 2.2) ermöglicht größere und fast reine Gläser herzustellen und leitet die Epoche der "grandes glaces" ein. Diese werden auf bemerkenswerte Weise mit Spiegeln kombiniert. Beispielhaft für diese Verwendung ist die Entwicklung der Verwendung vonGlas in Architektur und Baukunst "Galerie des Glaces" im Schloß Versailles. Die Fassade des langenQuerflügels an der Gartenseite besteht aus einem System vieler sich wie-derholender Bogenfenster. Dadurch löst sich die Wand auf, wird fast zum Skelett. Diese Öffnungen wiederholen sich vis-á-vis auf der Innenwand als Spiegel die bis zum Boden gehen. Die Spiegelung der Natur, derBäume, der Wolken findet in dem weißen und farbigen Marmor auf den Wandflächen seine Fortsetzung. Damit führt das durch die großen Öff-nungen einfallende Licht, die Reflexionen auf den Spiegeln und diechangierenden Materialien zu einer nahezu vollständigen Auflösung des Raumes (vgl. Schittich 1998 S.15).

Glas war selten und kostbar und wurde außer bei Schloßbauten nahezuausschließlich in Kirchen und Klöstern verwendet. Außerdem war es inder massiven Steinarchitektur sehr schwierig, die Wand mit größerenÖffnungen zu durchbrechen. Die Bedingungen des ausschließlich aufDruck beanspruchbaren Natursteins und Ziegels lassen nur begrenztenSpielraum. Anders dagegen beim hölzernen Fachwerkbau. Die klare Trennung in tragende und nicht tragende Elemente machte die Flächen zwischen der Konstruktion frei für Öffnungen.

Aber auch in der Steinarchitektur versuchte man die Wand soweit es ging zu öffnen. Die enge Stellung Haus an Haus etwa in den niederländi-schen Städten machte es trotz der Bauweise in Mauerwerk möglich, die Außenwand in ein feines Gerippe weniger tragender Teile aufzulösen. Durch diese großzügige Öffnung der Front wird es möglich, Licht in die tiefen schmalen Räume zu holen. Die Außenwand ist so nicht mehr eine harte Trennung zwischen innen und außen, sondern ein Element des Übergangs, Privates und Öffentliches verbinden sich. Dies hat besonders in Holland eine lange Tradition (vgl. Schittich 1998 S.17).

4.2 Glas- Eisen-Architektur

Bis zum 18. Jahrhundert fanden vor allem natürlich vorkommendeMaterialien in der Architektur ihre Verwendung. Stein, Lehm und Holz diefast nur auf Druck beansprucht werden können. Somit wird dieseArchitektur durch massive Mauern und Gewölbe, oder Fachwerk undBlockbauweise mit Holz bestimmt. Mit dem Eisen (erst Guß-, später vorallem mit dem Schmiedeeisen), das gegenüber den bisher verwendetentraditionellen Materialien weitaus belastbarer und leistungsfähiger istund das wie kein anderes Material zuvor auf Zug beansprucht werdenkann, eröffnen sich sowohl für die Baukonstruktion als auch für diearchitektonische Erscheinungsform ganz neue Möglichkeiten. Die Wandbeginnt ihre tragende Funktion zu verlieren und kann durch eine licht-durchlässige Haut aus Glas ersetzt werden. Die kaum noch begrenztenRäume werden größer und heller. Durch die gewaltigen gesellschaftli-chen und industriellen Entwicklungen sind im Verlauf des 19.Jahrhunderts auch zahlreiche neue Bauaufgaben entstanden, wie etwa Entwicklung der Verwendung vonGlas in Architektur und Baukunst Markthallen, Warenhäuser, Bahnhöfe u. a. m.

Bahnhofshallen

Die Bauaufgabe Bahnhof treibt die Entwicklung der Ingenieurstatik und die Anwendung der Baustoffe Glas und Eisen voran und führt so zu vie-len konstruktiven Neuerungen. Für die sich rasch entwickelnden Eisenbahnlinien wurden immer mehr neue Hallen mit immer größeren Spannweiten notwendig. Glas wurde als Eindeckung verwendet und schaffte so, durch Offenheit und Leichtigkeit geprägte Hallen im städti-schen Gefüge. Diese auf wenige Elemente reduzierten Konstruktionen blieben nicht ohne Kritik. So beklagte man, daß sie "eher aufregend als sicher und zuverlässig erscheinen". Die Modernität dieser Ingenieurkonstruktionen im Bereich der ein- und ausfahrenden damp- fenden Ungeheuer einerseits, und die schloßartige Repräsentationsarchitektur alsübergang zum städtischen Kontext ande-rerseits spiegeln die Zwiespältigkeit der damaligen Architektur (vgl. Schittich 1998 S.19).

Gewächshäuser

Die sich zur selben Zeit entwickelnden Gewächshäuser hingegenbenötigten eine maximale Belichtung, welche am sinnvollsten mit zur Sonne geneigten Scheiben und einem möglichst filigranen Tragwerk gewährleistet werden konnte. Da es sich um Sonderbauten handelte, konnte bei den Gewächshäusern von den sonst üblichen konstruktiven und rechtlichen Anforderungen abgewichen werden. Die Planer waren meist GärtnerInnen und UnternehmerInnen, die ihre Planung auf maxi-malen Nutzen und/oder günstige Herstellung ausrichteten.

In der Zeit der Entdeckungsreisen im 15. Jahrhundert begann man für die aus fernen Ländern mitgebrachten Pflanzen eigene Häuser zu bauen. Es handelt sich hierbei zunächst um "Holzschuppen", die im Winter um die Pflanze herum errichtet werden, das sogenannte "abschlagbare Pommeranzenhaus". Es folgt die dreiseitig gemauerte Orangerie, bis letzt-lich der eigenständige Bautyp "Gewächshaus" entsteht - komplett ausEisen und Glas (vgl. Schittich 1998 S.21). John Claudius Loudon (1783 -1843) war Gärtner, Herausgeber von Zeitschriften und Theoretiker der Gartenkunst und Pionier auf dem Gebiet des Glasbaus. Er leitete die Formseiner Gewächshäuser im wesentlichen aus der Nutzung ab und war einVerfechter des neuen Baustoffes Eisen im Gewächshausbau. Auf ihn gehtdie Entwicklung des ridge-and-furrow-Daches zurück: zwei gegeneinan-dergeneigte Glasscheiben, die wegen ihrer Neigung die Sonne wenigerreflektieren. Er verfolgte diese Idee jedoch nicht weiter, so daß sie erstvon J. Paxton patentiert wurde, der ein weiterer Pionier auf diesem Gebiet war. Er erschuf mit dem legendäre Kristallpalast zurWeltausstellung in London (1850 bis 1851) einen Initialbau der moder-nen Architektur, der einen europaweiten Boom auslöste. Ihm folgten inMünchen der Glaspalast von Voit (1854); in Wien das Große PalmenhausSchönbrunn von Franz Xaver Sengenschmid (1882) und der NeueWintergarten im Burggarten von dem Wagner-Schüler Friedrich Ohmann(um 1900).

Entwicklung der Verwendung von Glas in Architektur und Baukunst

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9

Entwicklung der Verwendung vonGlas in Architektur und Baukunst

Die zunächst privaten Gewächshäuser der Adeligen entwickelten sichzunehmend zu Erholungsorten reicher Bürger des 19. Jahrhunderts und später zu öffentlichen Vergnügungsstätten der "Flora". Als Ort derZerstreuung wurden sie zu Lunaparks, in denen die Natur zur Schaugestellt wurde. Diese Entwicklung der Gewächshäuser zu repräsentativen, öffentlichen Vergnügungsstätten trug zur Akzeptanz von Glas-Eisen-Konstruktionen für öffentliche Bauwerke, wie Ausstellungsbauten,Passagen, Markthallen und Kaufhäusern, bei.

Passagen und Warenhäuser

Überdeckte Ladenstraßen haben eine lange Tradition. Die Passage, einglasgedeckter, öffentlicher Raum, flankiert von Läden, Werkstätten,Restaurants und den darüber liegenden Wohnungen und Büros, ist eincharakteristischer Bautyp des 19. Jahrhunderts. In den 20er Jahren wirddas durchlaufende Glasdach, in der Regel ein Satteldach, üblich. DieUnterkonstruktion ist auf das Notwendigste reduziert, um denLichteinfall nicht zu beeinträchtigen. Oft sind die Glasscheiben geschupptund mit kleinem Abstand verlegt, so daß die warme Luft entweichenkann.

Einhergehend mit einem ständig wachsenden Warenangebot, entstehtdas Bedürfnis nach großzügigen und gut belichteten Räumen, um dieWaren "unter einem Dach" präsentieren und verkaufen zu können. EinAnspruch, der mit Hilfe der Eisenskelett-Konstruktionen und den damitrealisierbaren großen, lichtdurchlässigen Dächern ideal erfüllt werdenkann. Die Kauf- oder Warenhäuser in Amerika und England in der erstenHälfte des 19. Jahrhunderts mit Fassaden aus vorgefertigten Gußglaselementen, später die reinen eisernen Skelette der Kaufhäuser inParis sind wesentliche Marksteine in der Entwicklung des Skelettbaus mitKonstruktionen aus Eisen und Raumabschlüssen aus Glas (vgl. Schittich1998 S.19).

4.3 "Die Zerstörung der Kiste" (F. L. Wright)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10

Der fließende Übergang zwischen innen und außen Warenhaus Tietz - Berlin Mit der Trennung von tragenden und raumabschließenden Bauteilen botder Skelettbau der Glas-Eisen-Architektur die Möglichkeit, die bishermassive Wand aufzulösen. Folgende Entwicklungsreihe führt zurKlassischen Moderne: Zuerst wurden die tragenden Stützen aus derFassade genommen und ins Innere zurückgesetzt, um wie z.B. bei demWarenhaus Tietz in Berlin große Schaufenster von 26 m Länge und 17 mHöhe zu erhalten. Auch die tragende Konstruktion an den Ecken nachhinten zu versetzen gelang W. Gropius bei den Werkstätten desBauhauses Dessau (1925 - 1926).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11

Entwicklung der Verwendung vonGlas in Architektur und Baukunst

Als erstes Gebäude mit einer Vorhangfassade gilt das Hallidie Building inSan Francisco (W. J. Polk) aus dem Jahre 1918. Mitte dieses Jahrhundertswurde das Prinzip der Vorhangfassade als "Curtain Wall" auf Hochhäuserangewendet und wie ein homogener Glasvorhang ausgebildet. Diese Artder Fassade findet bis heute im Hochbau breite Anwendung.

Die weitere Auflösung der Wand erfolgt durch geschoßhohe Glasscheiben. L. Mies van der Rohe gelang so die Umsetzung eines reinverglasten Hauses mit dem Farnsworth Haus in Plano, Illinois (1946 -1951) (vgl. Knaak 1998 S.55ff). Die Hinwendung zu einer neuen, unge-bundenen Auffassung von Raum läßt sich auch sehr gut an denWohnhäusern von Frank Lloyd Wright nachvollziehen. Charakteristisch istfür alle diese Bauten die Einfügung des Baukörpers in die Landschaft, dieÖffnung des Hauses zur Natur und die Verzahnung von Innen- undAußenraum (vgl. Schittich 1998 S.26).

Die Trennung von Tragwerk und Raumabschluß ermöglichte eine trans-parente Architektur, deren formuliertes Ziel die Überwindung derSchwerkraft war. Diese Entmaterialisierung war möglich, da die Wand alstragendes Element ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werdenkonnte. Glas als Baustoff versinnbildlichte dies. Nur mit Glas war diegewünschte Transparenz im Kontrast zu der althergebrachten Massivitäterreichbar (vgl. Knaak 1998 S.57).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14 Wohnhaus F. L. Wright

[...]


[1] ÖNORM Vorschläge stammen vom Büro Roman Ivancsics. (Mai 1999)

[2] Butzenscheibe, die: kleine runde, in der Mitte zu einem Butzen (Verdickung im Glas) verdickteGlasscheibe, die, zu mehreren in einerBleifassung zusammengefaßt, alsFensterverglasung dient; (Duden Was ist Glas? Das Material und seineHertsellung

[3] Umstellung der Buchstaben eines Wortes zu anderen Wörtern mit neuem Sinn

[4] Leitsatz des CIAM (Congrès International d’Architecture

[5] vgl. auch Kapitel 7.1 "Motivationen für die Verwendung von Glas im Freiraum"

[6] telefonische Auskunft Hr. Josef / Fa. Eckelt 17/8/99

[7] Informationen für dieses Kapitel wurden entnommen aus: Schittich 1998 S.61-72, Knaak 1998 S.148-152

[8] ausgehend von einer Belastung von 115 kg/m2 bei ca. 5 cm Glasdicke (linear steigend)

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Achtung Glas! Ein Material aus der Sicht der Landschaftsarchitektur
Hochschule
Universität für Bodenkultur Wien  (Institut für Freiraumgestaltung und Landschaftspflege)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
114
Katalognummer
V31802
ISBN (eBook)
9783638327015
Dateigröße
2957 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Achtung, Glas, Material, Sicht, Landschaftsarchitektur
Arbeit zitieren
Sandra Schwaiger (Autor:in), 2000, Achtung Glas! Ein Material aus der Sicht der Landschaftsarchitektur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31802

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