Geschichte der Europäischen Staatenwelt 1854-1914. Teil II

Mitschrift der Vorlesung


Lecture Notes, 2004

12 Pages


Excerpt


Gliederung:

I. Krimkrieg und Reichsgründung 1854-1871

II. Bismarcks System und Europas Frieden 1871-1890

III. Imperialismus und Europas Weg in den Krieg 1890-1914/18

Teil I. Krimkrieg und Reichsgründung 1854-1871

28.04.04

1832 Hambacher Fest - Beispiel für radikale Bewegungen gegen die Wiener Staatsordnung bzw. gegen die Monarchie

1846 Aufstand in Warschau Polnischer Aufstand / Konstitutionelle Bewegung in Italien 1847/48 Krieg zwischen Liberalen und Konservativen Kantonen

1848 Februarrevolution, erfasst auch südwestdeutsche Gebiete > „Europa in Flammen“

- Verschmelzung von Strömungen National - Sozialrevolutionär - Liberal
- Nur Frankreich hatte eine neue Staatsform (autoritäre Diktatur Napoleon III.)
- Der Äußere Krieg wurde vermieden, dafür der Krieg nach Innen.
- Gemeinsames Vorgehen der Monarchien gegen die inneren Feinde unter Führung Russlands
- Revolution zeigte die Zerbrechlichkeit der Ordnung nach 1789 erneut
- Kategorie des Nationalstaats überragte alle anderen Staatsmodelle und Tendenzen

1854 Krimkrieg

Begann als Russisch-Türkischer Krieg, doch die Großmächte Frankreich und Großbritannien griffen ein > Die orientalische Frage hatte sich europäisiert - Orientalisches Gleichgewicht war zum integrierenden Gleichgewicht für Europa geworden, insbesondere durch Interessen Frankreichs und Großbritanniens auf dem Balkan und im Mittelmeer

Orientalische Interessenslage:

- Großbritanniens Interessen im Osmanischen Reich Großbritannien wollte Freiheit und Gleichgewicht in Europa bewahren. Diese Werte wurden durch Russland bedroht durch den russischen Kriegseintritt. Ebenso wirtschaftliche Interessen Großbritanniens spielten eine gewichtige Rolle bei der Orientpolitik (Britische Handelshegemonie auf dem türkischen Markt und Indische Interessen)
- Russlands Interessen im Osmanischen Reich Russland war überzeugt vom Niedergang des Osmanischen Reiches. Es suchte Unterstützung für sein Vorgehen bei Österreich-Ungarn (1839-41), wo Metternich jedoch den Fall eines Vielvölkerimperiums als Gefahr ansah (Dominotheorie). Daraufhin wandten sich die Russen an Großbritannien: 1844 Arrangement mit Großbritannien (sog. Nesselrode-Abkommen), dass beide Mächte sich Falle des Niedergangs des Osmanischen Reiches das Gebiet aufteilen werden. (bis 1853)
- Frankreichs Interessen Schon seit Napoleon I. versuchte Frankreich vergeblich in Ägypten und Syrien einen Fuß zu fassen. Napoleon III. weckte ein neues Interesse am Osmanischen Reich. Der Katholizismus unterstützte sein Vorgehen mit Hinblick auf eine Ausweitung der Rechte der Katholischen Kirche an den Heiligen Stätten

Entwicklungen die zum Krimkrieg führten:

In Großbritannien wurden die Torries von der Regierung abgelöst. Spitzengespräche zwischen Russischer Führung und britischer Diplomatie über die orientalische Frage. Vorschlag Russlands: Rumänien und Bulgarien zu eigenen Staaten zu machen, Serbien und Bosnien- Herzegowina an Österreich zu geben und Ägypten an England. Russland wurde jedoch von Großbritannien enttäuscht = In England wurden die Pläne der Russischen Führung veröffentlicht. Das naive Vorgehen Russlands erklärt sich aus einer Fehleinschätzung der britischen Regierungsform. (Zar dachte, dass die britische Außenpolitik von Einzelpersonen geführt wird!) > Russische Führung und der Zar waren verprellt + Osmanische Führung war brüskiert. Menschikow wurde daraufhin vom Zaren nach Konstantinopel gesandt, mit dem Auftrag die Rechte der orthodoxen Christen einzufordern (hauptsächlich den Zugang zu den heiligen Stätten) - In Wirklichkeit beabsichtigten die Russen ein Protektorat über das Osmanische Reich.

29.04.04

Krimkrieg 1853-1856

Mai 1853 ließ Menschikow die wahre Absicht der Russischen Interessen erkennen

2. Juli 1853 Russische Truppen marschieren in die Türkischen Donaufürstentümer ein > England reagiert: Britische Flotte ankert in Konstantinopel (sowohl Französische) > Bis Oktober Verhandlungsversuche der Vier Mächte

- Konflikt wird internationalisiert / Militärische Spirale spitzt sich zu
- Die Stimmungslage in der Türkei befürwortet einen heiligen Krieg gegen Russland

4. Oktober 1853 Türkische Kriegserklärung / ein halbes Jahr blieb der Krieg ein lokaler Krieg Russen vernichten Türkische Flotte in Sinop (Überraschungsangriff)

- England wurde dadurch zum Krieg gegen Russland gedrängt: Englische Presse stellt die Russische Seite als „grausam“ dar (Massaker von Sinop) und die englische Öffentlichkeit drängt auf Englands Einschreiten

1853-1856 Österreich (Krieg an seinen Grenzen!) fürchtet die Gefahr von Aufständen in seinem Reich, deshalb bleibt es neutral!

2.11.1854 Österreich geht Vertrag mit den Westmächten ein und besetzt die Donaufürstentümer / Zuvor Abmarsch der Russen

- Österreich konnte seine Neutralität nicht halten; es war bestrebt den Krieg an seinen Grenzen zu seinen Gunsten zu beseitigen. Ergo: Die Besetzungen sind nicht als imperiale Erweiterung zu verstehen, sondern als ein Sicherheitszweck. Preußen war ebenso beängstigt vor potentiellen Revolutionen, hatte jedoch keine institutionell-einheitliche Außenpolitik / Drohungen Englands und Frankreichs, damit Preußen seine neutrale (Vogel Strauß Politik) Politik aufgibt

- Kriegschauplatz verlagert sich nach Europa (nicht mehr lokal) / Sept. 1854 Landung alliierter Truppen auf der Krim = Belagerung Sewastopol

Kriegsziele der Mächte:

Russland

Wiedereinsetzung der orthodoxen Kirche im Osmanischen Reich und die Errichtung eines Protektorrats in der Türkei und im Falle einer Auflösung: Bulgarien und Donaufürstentümer unter Russische Herrschaft + Autonomer Status für Konstantinopel

Frankreich

Zerstörung der heiligen Allianz der Russen, Preußen und Österreicher! Außerdem geringere lokale Interessen in Ägypten und Palästina. Durch eine Ausweitung des Krieges auf Europäische Ebene > Gewinnung der Rheinlande. Zuspitzung der polnischen Frage. England weigerte sich jedoch die etablierte Ordnung umzuwerfen (klare Absage an die französischen Pläne!) > Daraufhin kehrte Napoleon III. zu Friedenspolitik

England

Kriegskoalition mit Frankreich war nicht von Dauer. Europäisches Gleichgewicht beibehalten

- dahinter verbarg sich die Absicht das Osmanische Reich zu Gunsten Großbritanniens zu stärken (britische Hegemonie auf dem türkischen Markt). Russische Interessen müssen Fallen gelassen werden und die Russische Marine unschädlich! Endziel: Russland sollte alle nichtrussischen Gebiete seines Reiches abtreten an die anderen Mächte = Russland auf sein mittelalterliches Reichsgebiet reduzieren

- Erstürmung Sewastopols 8. Sept. 1855

Politische Entscheidung fiel 1856 als Russland die Niederlage einsah. Auf der Grundlage eines Österreichischen Vorschlags wurde der Pariser Frieden geschlossen. Folge: Neutralisierung des Schwarzen Meeres (keine Kriegsschiffe im Schwarzen Meer und keine militärische Befestigungen an Seehäfen Russlands) „ Klammer im Schwanz des Bären

05.05.04

Pariser Frieden

Neben dem Zarenreich gab es nun eine zweite Macht (Frankreich), welche die Ordnung in Frage stellte.

Krimkriegskonstellation:

- Russland zog sich aus Europa zurück und konzentrierte sich auf die innere Stabilität und Expansion nach Osten

- England zog sich ebenfalls aus Europa zurück (1 Jahr zuvor ?-Aufstand in Indien =

England kämpfte um seine imperiale Stellung). Englands Desinteresse erklärt sich aus seinem Kräfteverbrauch im Orient

- Otto v. Bismarck u Cavour (Italien) brachten ihre neuen Nationalstaaten in dieses Vakuum in der Mitte Europas (Flankenmächte England und Russland zogen sich zurück)

Rückzug der beiden Großmächte = Vorraussetzung zur Gründung des Deutschen

Reiches -> politisches Machtvakuum in Mitteleuropa in das Deutschland und Italien vorstoßen -> Bewegungsm ö glichkeit Deutschlands hängt vom Konkurrieren der beiden Flankenmächte ab: wenn sie sich annähern (wie 1914) bleibt kein Man ö vrierraum für das Deutsche Reich (, sondern nur die Flucht nach vorn). Daraus geht die deutsche Außenpolitische Tradition hervor, den Osten und den Westen in ein kontrollierbares Gegeneinander zu führen.

Die Nationalitätsgründung die aufgrund der internationalen Mächtekonstellation entstand, wurde durch Krieg verwirklicht.

1863 polnischer Aufstand führt Deutsches Reich und Russland zusammen >

Truppenbeistand im Notfall (Verhinderung eines polnischen Nationalstaates = Gefahr für die preußischen Ostprovinzen / Einer Annäherung zwischen F. und R. entgegenwirken)

1864 Dänischer Krieg - Zusammengehen von Deutschen Reich und Österreich = Erweiterung des Norden / Schwächung Österreichs Position in Mitteldeutschland 1866 Preußisch-Österreichischer Krieg = Preußische Hegemonie > Feindschaft zwischen Preußen und Frankreich beginnt

1871 Gründung des Deutschen Nationalstaates (latente, immer gefährdende Hegemonie für Europa)

Teil II. Bismarcks System und Europas Frieden

Bismarcks Friede: Dieses Deutsche Reich sei endgültig Saturiertheit

- Beibehaltung des Status Quo und Vertrauen aufbauen
- Zurückweisung anderer Ideen
- Frankreich (gedemütigt) und weitere Europäische Länder befürchten einen

Pangermanismus (< Annexion von Elsaß-Lothringen?!)

Stimmen in Europa (negativ):

- Disraeli 1871: „Dieser Krieg bedeutet die deutsche Revolution, ein größeres Ereignis als die französische Revolution. Das Gleichgewicht der Macht ist zerstört.“Gleichgewicht war vorerst gar nicht zerst ö rt und England zog sogar Nutzen daraus
- In Österreich herrschten notorische Ängste, dass die nationale Revolution auch die Österreichischen Deutschen erfassen könnte

>Bismarck bemühte sich Österreich zu beruhigen und sich mit Frankreich zu versöhnen.

>Graf Andrassy, neuer Ministerpräsident Österreichs, war für eine Gleichstellung der Teile innerhalb der K.u.K. Monarchie (z.B. Böhmens und Österreichs) - Strikter Gegner der Revisionsbestrebungen der Habsburger

1) Bismarck strebte die Kooperation zwischen Wien und Berlin an, um friedenstiftend gegenüber Russland zu wirken
2) Andrassy wollte die Macht der dt. Staaten nutzen um anti-russische Politik zu betreiben

- 1879 Abkommen zwischen Österreich und Deutschem Reich

Russland drängte in die Annäherung zwischen Österreich und Deutschem Reich hinein.

Bismarck wollte keinen Dreibund (Renaissance der heiligen Allianz), um möglichst keinen Druck auf Westeuropa zu machen.

Sept. 1872 Bismarck bezog auf einem Treffen D. und Ö. Russland mit ein, ließ aber ein verbindliches Abkommen für Russland außen vor

1873 Schönbrunner Abkommen (Drei-Kaiser-Abkommen) - Sicherung und Beibehaltung des Friedens und Abwehr revolutionärer Gefahren

In Berlin suchte man den Schlüssel zur weiteren Entwicklung in Europa!

06.05.04

Durch die Reichsgründung geriet Deutschland in die gefährliche Lage einer Hegemonialmacht.

- Bismarck sah die Zerbrechlichkeit des europäischen Staatensystems
- Bis 1873 alle Ansprüche des deutsch-französischen Friedens erfüllt
- Frankreich führte die allgemeine Wehrpflicht wieder ein und baut die Friedenspräsenzstärke der Armee aus (auf die Zukunft dimensioniert!)
- Befürchtungen beim deutschen Generalstab gegenüber Frankreichs Aufrüstung /

Bismarck glaubte die Aufrüstung Frankreichs frühzeitig verhindern zu können, lehnte vehement einen Präventivkrieg ab! Hingegen übte er Druck auf Frankreich aus (Kriegsdrohungen als politisches Mittel)

Spannung im ganzen europäischen Staatensystem

Insbesondere die Presse schürte die Spannungen! 1875 Zur Krise zwischen Deutschland und Frankreich („Krieg-in-Sicht“-Krise) Deutschland sieht sich in der Isolierung, in die Bismarck Frankreich bringen wollte! Die deutschen Befürchtungen und Drohungen wurden von Frankreich zum Nachteil gegen Deutschland verwendet -> Französisches Außenministerium initiierte die Veröffentlichung in verschiedenen Zeitungen von anti-deutschen Artikeln

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Details

Title
Geschichte der Europäischen Staatenwelt 1854-1914. Teil II
Subtitle
Mitschrift der Vorlesung
College
University of Bonn  (Philosophische Fakultät)
Course
Vorlesung "Die Europäische Staatenwelt 1854-1914 - Teil II"
Author
Year
2004
Pages
12
Catalog Number
V317973
ISBN (eBook)
9783668174986
ISBN (Book)
9783668174993
File size
400 KB
Language
German
Keywords
geschichte, europäischen, staatenwelt, teil, mitschrift, vorlesung
Quote paper
Peter Weiß (Author), 2004, Geschichte der Europäischen Staatenwelt 1854-1914. Teil II, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317973

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