Medienkritik im Zeichen des medialen Wandels in Pedro Almodovars Filmen "Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón", "KIKA" und "Los amantes pasajeros"


Hausarbeit, 2014

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Die erste Phase der Medienkritik - Werbung und Konsumkultur; Analyse anhand von Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón
2.2 Die zweite Phase der Medienkritik - Voyeurismus und Reality-TV; Analyse anhand von KIKA
2.2.1 Das Fotoshooting - „Sex sells“
2.2.2 Lo peor del día - Der Verlust der Privatsphäre
2.3 Das Ende Der Medienkritik oder nur die Ruhe vor dem Sturm? Eine Prognose anhand von Los amantes pasajeros

3. Schlussbemerkung

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter bestimmen große Teile unseres Lebens. Eine Diskussion unter Freunden zu einem bestimmten Streitfall kommt nicht mehr zustande, denn Wikipedia auf dem Smartphone weiß ja zum Glück die Antwort. Fernsehmoderatoren sollen per Online-Petition abgesetzt werden. Das Fernsehprogramm ist durchzogen von mehrminütigen Werbeunterbrechungen. Dass die unterschiedlichen Medien nicht erst in den letzten Jahren zu einem zentralen Faktor unseres Alltags geworden sind, zeigen insbesondere die älteren Filme des spanischen Kultregisseurs Pedro Almodóvar. Die Medien gehörten vor allem in seinen früheren Werken zu den zentralen Themen seiner Filme. Da er diesen dabei nicht nur wohlgesonnen gegenüberstand, nutzte er viele seiner Filme dazu in subtiler oder plakativer Weise Kritik an den Medien zu üben. In der vorliegenden Arbeit soll daher untersucht werden, ob sich Almodóvars Medienkritik dabei dem medialen Wandel angepasst hat und wenn ja, wie sie ästhetisch und narrativ umgesetzt wurde.

Zum Stand der Forschung lässt sich sagen, dass weder die deutsche noch die spanische Forschungsliteratur Analysen bieten, die die oben genannte Fragestellung ansatzweise beantworten können. Aus diesem Grund werden im weiteren, die relevanten Szenen und Ausschnitte aus den drei ausgewählten Werken Pepi, Luci, Bom y otas chicas del montón, KIKA und Los amantes pasajeros nach der Vorgehensweise des „Studienhandbuchs Filmanalyse“1 hinsichtlich der Fragestellung analysiert und interpretiert.

2. Hauptteil

2.1 Die erste Phase der Medienkritik - Werbung und Konsumkultur; Analyse anhand von Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón

„In den Werbespots bleibt bewahrt, was die Anfänge des Regisseurs eindeutig dominiert: das subversive, dandyhafte Vergnügen am Trash der Konsumkultur. Zugleich sind die Werbespots aber stets sorgfältig in die jeweilige Handlung integriert.“2

Dieses Zitat von Christoph Haas bringt die erste Phase Almodóvars Medienkritik auf den Punkt. Egal ob in ¡Àtame! (1990), in Mujeres al borde de un ataque de nervios (1988), oder eben in Pepi, Luci, Bom y otas chicas del montón (1980), in all diesen Frühwerken von Almodóvar gibt es skurrile, überspitzt dargestellte und absolut ins Lächerliche gezogene Werbespots. Im Folgenden soll aber nur der in Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón vorkommenden Werbespot genauer analysiert werden, da die überspitze Darstellung in diesem am stärksten ausgeprägt ist.

Die zu Beginn dieses Abschnitts von Christoph Haas zitierte sorgfältige Integration der Werbespots in die Handlung zeigt sich in diesem Film sehr deutlich, wie die folgende Szene illustriert: Pepi erfährt in einem Telefonat mit ihrem Vater, dass er sie nicht weiter finanziell unterstützen wird, da sie alt genug sei, um sich einen Job zu suchen und für sich selbst zu sorgen. Daraufhin erwidert Pepi, sie habe bereits einen Job in einer Werbeagentur, was jedoch gelogen ist. Denn tatsächlich entnimmt sie ihren angeblichen Job nur der Stellenanzeige, der vor ihr aufgeschlagenen Zeitung.3 Mit einem auf der Ebene der Einstellungskonjunktionen zu beobachtendem harten Schnitt folgt auf diese Szene der Werbespot. Dieser Werbespot bedeutet einen ebenso harten Schnitt im Leben von Pepi: sitzt sie vorher noch mit Gesichtsmaske und Spielkarten alleine in ihrem Zimmer und liest sich selbst aus den Spielkarten die Zukunft, so wird sie nach dem von ihr gedrehten Werbespot eine erfolgreiche Frau in einer Werbeagentur sein.

Der Werbespot bewirbt einen Damenslip namens „Puton-Höschen“. Er ist in drei Teile gegliedert, in denen die verschiedenen Funktionen des Slips gezeigt werden. Im ersten Teil4 sieht man zunächst eine attraktive, sinnlich geschminkte Frau in Abendgarderobe. Sie durchquert den Raum und wird dabei von der Kamera mit einem langsamen Schwenk in Großaufnahme begleitet5, was dem Zuschauer Nähe und Verbundenheit mit der Frau suggeriert und ihn an ihrem Gefühlsleben, das sie in einem inneren Monolog auch beschreibt, teil haben lässt. Sie ist mit einem Mann verabredet und hat alles vorbereitet, um einen perfekten Nachmittag zu genießen. Er erwartet sie auf einem Sofa sitzend, ebenfalls in eleganter schwarzer Garderobe und mit Champagner vor sich auf dem Tisch stehend. Die Frau tritt in den nun in einer Halbtotalen aufgenommene Raum und setzt sich neben den Mann auf das Sofa. Die Halbtotale vermittelt einen schönen Einblick in die Atmosphäre des Stimmungsraums: Das Paar sitzt auf einem Sofa. Von hinten werden sie von einem durch die Jalousie des Fensters einfallendem, natürlich diffusem Gegenlicht angestrahlt, das eine idealisierende Wirkung hat und die Personen wie Silhouttendarstellt. Farblich wird das Bild von der schwarzen Kleidung der Personen dominiert, welche zum einen Eleganz, aber auch einen Tick Verwegenheit ausstrahlen. Das Paar befindet sich im Mittelpunkt des Raumes. Es ist umgeben von Pflanzen, die genauso wie die, im Hintergrund laufende klassische Musik die Idylle des Raumes untermalen. Auch das Fehlen von Hintergrundgeräuschen, wie Straßenlärm verdeutlicht diese Idylle. Die ganze Szene, wie auch der zweite und dritte Teil der Werbung sind aus Kameraperspektive in Normalhöhe gedreht und vermitteln dem Zuschauer dadurch den Eindruck, sich auf Augenhöhe mit den handelnden Personen zu befinden.

Nun wird die Idylle der Situation mit einem hysterischen Stöhnen der Frau unterbrochen6, woraufhin sie vom Erzähler gefragt wird, was denn das Problem sei. Sie antwortet, dass sie furzen müsse und der Erzähler7 klärt sie darüber auf, dass „Puton-Höschen“ den Gestank in einen angenehmen Parfumduft umwandeln würden. Der Dialog läuft dabei auf einer Ebene ab, von der der Mann nichts mitzubekommen scheint. Da es sich nun wieder um die Gefühlswelt der Frau dreht, ist der Ausschnitt erneut in Großaufnahme gedreht8, die sehr deutlich die völlig übertriebene Gestik, Mimik und Sprache der Frau zeigt. Nachdem sie sich von ihren Blähungen befreien konnte, ist sie wieder entspannt und der Mann fragt sie, was sie denn für ein Parfum trage, worauf sie antwortet „Geheimnisse einer Lady“9. Beendet wird die Szene mit einem - nun entspannten - Stöhnen der Frau, das sehr schön die Dynamik ihrer Stimmung vor und nachdem sie erfahren hat, was ihr Slip doch so alles kann, widerspiegelt.

Im zweiten Teil des Werbespots10 fällt zunächst die Semantisierung des Raums auf. Die räumliche Kontrastierung liegt hierbei im Übergang von der Idylle der Wohnung zu einer belebten Straße in Madrid. Zu Beginn sieht man die Straße und den danebenliegenden Bürgersteig in der Totalen11, was die Kontrastierung des Stimmungsraums hervorhebt. Auf dem Bürgersteig kommt dieselbe Frau wie eben, nun in einem weißen Sommerkleid und hochhackigen Schuhen hysterisch seufzend in Richtung Kamera gelaufen. Die Hektik der Szene wird durch die Hintergrundgeräusche in Form von Straßenlärm verstärkt. Die Frau läuft in einer nunmehr auf ihr Handeln fixierten halbnahen Kameraeinstellung auf eine besetzte Telefonzelle zu und wieder davon weg. Dabei wird sie von einem Kameraschwenk begleitet12, als ob sie der Erzähler des Werbespots, der sie gleich darauf ansprechen wird, beobachtet. Die Frau wirkt dabei hilfsbedürftig und naiv, was sowohl durch ihre kindliche Kleidung als auch ihren Hüpfer und ihr trotzige Verneinung auf die Frage des Erzählers, ob er ihr helfen könne, verdeutlicht wird. Auf wiederholtes Nachfragen des Erzählers berichtet die Frau nun aber doch von ihrer Schwäche immer dringend urinieren zu müssen, wenn sie in einem Aufzug oder einer Telefonzelle stehe. Darauf erklärt der Erzähler, dass das keine Tragödie sei, da die Fasern der „Puton-Höschen“ den Urin einfach absorbieren und dabei die Farbe wechseln, worauf man sich fühle, als trage man einen neuen Slip. Während der Ausführungen des Erzählers reagiert die Frau wieder mit übertrieben dargestellter Gestik, Mimik und entzückten Seufzern. Anschließend sieht sie kurz zu beiden Seiten, so als wolle sie sich versichern allein zu sein und stellt sich dann breitbeinig hin, um die die soeben erfahrenen Fähigkeiten ihres Slips sogleich zu testen. In der folgenden Sequenz13 wird eine Animation gezeigt, in der sich ein gelbes „PutonHöschen“ langsam mit Urin vollsaugt und dabei seine Farbe zu grün wechselt.

[...]


1 Beil, Benjamin; Kühnel, Jürgen; Neuhaus, Christian: Studienhandbuch Filmanalyse, München 2012.

2 Haas, Christoph: Almodóvar. Kino der Leidenschaft, Hamburg/Wien 2001, S.28.

3 Almodóvar, Pedro (Regisseur): Pepi, Luci, Bom y otas chicas del montón {DVD}, Universum Film GmbH, Spanien 1980, 0:31:30 - 0:32:37.

4 Vgl. ebd. 0:32:45 - 0:33:29.

5 Vgl. ebd. 0:32:50 - 0:33:00.

6 Vgl. ebd. 0:33:01.

7 Eine klassische Einordnung in extradiegetische oder intradiegetische bzw. heterodiegetische oder homodiegetische Erzählinstanz ist in diesem Fall nicht möglich, da der Erzähler zwar nicht als handelnde Person oder Ich-Erzähler an der Geschichte teilnimmt, aber durch seine Ratschläge dennoch Einfluss auf das Geschehen Handlung ausübt.

8 Vgl. ebd. 33:01 - 33:11.

9 Vgl. ebd. 0:33:27 - 0:33:29.

10 Vgl. ebd. 0:33:30 - 0:34:20.

11 Vgl. ebd. 0:33:30 - 0:33:32.

12 Vgl. ebd. 0:33:35 - 0:33:40.

13 Vgl. ebd. 0:34:11 - 0:34:17.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Medienkritik im Zeichen des medialen Wandels in Pedro Almodovars Filmen "Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón", "KIKA" und "Los amantes pasajeros"
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Das Kino Pedro Almodovars
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V316980
ISBN (eBook)
9783668163966
ISBN (Buch)
9783668163973
Dateigröße
619 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pedro Almodovar, Medienkritik, Spanisches Kino, Filmwissenschaft
Arbeit zitieren
Simon Moser (Autor:in), 2014, Medienkritik im Zeichen des medialen Wandels in Pedro Almodovars Filmen "Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón", "KIKA" und "Los amantes pasajeros", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316980

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