Wie eine Generation "hergestellt" wird. Analyse der Rezeption des Mannheimschen Generationsbegriffs durch Helga Kelle


Hausarbeit, 2015

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Analyse der Rezeption des Mannheimschen Generationsbegriffs durch Helga Kelle
2.1 Kinder und Erwachsene als sich gegenüberstehende Generationen
2.2 Kinder und Erwachsene als relationale Kategorie
2.3 Interaktion als die Möglichkeit zur ‚Herstellung‘ von Generationen
2.4 Kinder (und Erwachsene) vom Äbeing“ zum Ädoing“ - eine praxisnahe Betrachtungsweise

3. Resümee

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Thematik - Generationen - hatte nicht nur in der Vergangenheit eine hohe Popularität, auch heute beschäftigen sich Wissenschaftler und Laien mit der Thematik. Wird der Begriff in eine Suchmaschine im Internet eingegeben, so finden sich in weniger als einer Sekunde über 700 Millionen Beiträge, wobei nicht alle wissenschaftlich sind. Es entstehen zunehmend Termini wie beispielsweise: Generation Praktikum, Generation @, Mediengeneration, Generation Y. Allein der Begriff der Generation ist sehr weitreichend und so entstanden bis heute die verschiedensten Ansätze, wie beispielsweise das pädagogischen und genealogische Generationenkonzept oder der historisch-gesellschaftliche Generationenbegriff1. Diese kurze Auflistung dient der Darstellung der Komplexität des Generationenbegriffs. Trotzdem muss immer wieder festgestellt werden, dass in zahlreichen Veröffentlichungen zum Generationenbegriff, Mannheims Konzept eine fundamentale Rolle spielt. So auch bei Helga Kelle. Ihre Untersuchungen zu Ä[…]Generationen als kulturelle Praxis“, stellen Bezüge zu Mannheims Ausführungen zum Ä[…] Problem der Generationen“ her (Kelle, 2005).

Die vorliegende Arbeit verfolgt die Fragestellung, wie Helga Kelle in ihrem Konzept die Herstellung von Generationen beschreibt und welche Aspekte dabei aus dem Konzept Mannheims von ihr aufgegriffen bzw. auch überarbeitet werden. Zu diesem Zweck werden zu Beginn des nachfolgenden Kapitels allgemeine Informationen zur Kindheitsforschung gegeben, da Helga Kelle aus diesem Bereich stammt. Die danach folgenden Unterkapitel befassen sich, zur Beantwortung der Forschungsfrage mit Strukturmomenten beider Konzepte. Darin wird zunächst geschaut auf welche Generationen sich die jeweiligen Konzepte stützen (Kap. 2.1), danach wird auf das Verhältnis zwischen den Generationen geschaut, indem diese als relationale Kategorie in den Blick gerückt werden (Kap. 2.2). In einem nächsten Kapitel wird schließlich das ÄWie“ der Generationenentstehung in den Blick genommen (Kap. 2.3). Das abschließende Kapitel ermöglicht es, ein durch Praxisbeispiele gestütztes Verständnis, für Kelles Konzept zu entwickeln. In allen Kapiteln werden stetig Bezüge zu Mannheim hergestellt und so wird herausgefunden, was Kelle von ihm übernimmt und was sie, als für ihr Konzept ungeeignet erachtet. Am Schluss dieser Arbeit folgt ein Resümee, welches die grundlegenden Erkenntnisse bereithält.

2. Analyse der Rezeption des Mannheimschen Generationsbegriffs durch Helga Kelle

Helga Kelle (2005) befasst sich in ihrem Aufsatz ÄKinder und Erwachsene. Die Differenzierung von Generationen als kulturelle Praxis“ intensiv mit dem Generationenbegriff. Ganz besonders setzt sie sich mit der Frage auseinander wie die ÄDifferenz und Asymmetrie von Kindern und Erwachsenen in der kulturellen Praxis“ geschaffen wird (Kelle, 2005, S. 83). Vom Alltagsverständnis über die Kinder- und Erwachsenengenerationen nimmt sie Abstand und wählt eine kulturanalytische Betrachtungsweise. Neuere Konzepte zum Generationenthema, so auch das von Helga Kelle, behandeln Generation als Äabhängige Variable“, d.h. sie präferieren die Beobachtung der Differenzierung von Generationen (Hengst, 2008, S. 570). Kelle, die aus dem Forschungsfeld der Kindheitssoziologie stammt, entscheidet sich bei ihrer Analyse gezielt für die Beobachtung der Kinder, welche sich von den Erwachsenen differenzieren. Kindheit ist in diesem Sinne keine natürliche Gegebenheit oder eine anthropologische Grundtatsache, sondern steht eng in Verbindung mit gesellschaftlichen und individuellen Prozessen. Kindheit wird insofern geprägt, als das beispielsweise gesellschaftliche Organisationen, die Ausgestaltung der Kindertagesstätten oder der auf Kinder zugeschnittene Warenmarkt dafür sorgt, vorzugeben was Kinder brauchen, was von ihnen erwartet werden kann und was ihnen zumutbar ist (vgl. Göppel, 2007, S. 37f.). Kindheitsforschung, untersucht die Umgangsweisen der Kinder in ihrem jeweiligen Lebensumfeld und versucht dies differenziert zu analysieren und zu beschreiben (vgl. Göppel, 2007, S. 39). Das Kind wird in diesem Sinne als Äaktiver Gestalter seiner Beziehungen“ angesehen (Göppel, 2007, S. 39).

2.1 Kinder und Erwachsene als sich gegenüberstehende Generationen

Kelle, als Kindheitsforscherin, folgt dem Gedankengang, dass Kinder ihre Beziehungen aktiv mitgestalten und sieht es als grundlegend an, zu schauen wie die Aushandlung zwischen Generationen durch kulturelle Praktiken geschieht (vgl. Kelle, 2005, S. 94). Wie also erfolgt die Differenzierung zwischen Kindern und Erwachsenen? Für Kelles Forschungen ist es fundamental, diese Differenz keinesfalls aus Erwachsenenperspektive, zu betrachten, sondern aus der Perspektive der Kinder (vgl. Kelle, 2005, S. 90f.). Demgegenüber steht Mannheims Konzept, welches sich viel eher der Frage zuwendet, wie aus Gleichaltrigen, d.h. aus Alterskohorten, Generationen werden. Mannheim erstellte, mit seinem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfassten, Ä[…] Problem der Generationen“, ein Generationenkonzept, welches durch die Begrifflichkeiten Generationslagerung, Generationszusammenhang und Generationseinheit definiert2 ist (Mannheim, 1964, S. 541ff.). Besonders zu betonen ist, dass Mannheim in seinem Konzept die Komponenten Lebensalter, Geburtsjahr und historisches Ereignis aneinander koppelt (vgl. Zinnecker, 2008, S. 26). Sein Konzept stützt sich damit auf eine historische Perspektive, in welcher Generationen nach und nach hervorgebracht werden, sich durch historische Ereignisse im Lebensverlauf herausbilden und sich durch gleiche Erlebnisse formieren (vgl. Kelle, 2005, S. 90). Für Kelle ist es ganz eindeutig, dass der Zeitaspekt für Mannheims Konzept grundlegend ist (vgl. Kelle, 2005, S. 88).

Es bleibt also hervorzuheben, dass es bei Kelle zwei sich gegenüberstehende Generationen gibt, nämlich die der Kinder und die der Erwachsenen. Bei Mannheim hingegen gibt es eine ganze Reihe von Generationen, welche sich im historischen Verlauf, durch Ereignisse ausprägen und verändern. Es handelt sich bei ihm somit um eine diachrone Betrachtungsweise auf Generationen, das bedeutet die Generationsfolgen lösen sich im lebensgeschichtlichen Verlauf ab, während Kelle eine synchrone Betrachtungsweise wählt, die auf zeitgleich vorhandene Generationen schaut (vgl. Kelle, 2005, S. 88).

2.2 Kinder und Erwachsene als relationale Kategorie

Kelle nutzt für ihre Ausführungen Mannheims Konzept, um Generationen als relationale Kategorie besser analysieren zu können (vgl. Kelle, 2005, S. 90). Für sie ist es aber wichtig, dass die Differenzierung von historisch-politischer und pädagogisch-anthropologischer Perspektive nicht zu schnell aufgelöst wird. So betont sie, dass Kinder bereits in jungen Jahren ein Gespür dafür entwickeln, welcher ‚Kategorie von Mensch‘ sie angehören, d.h. sie wissen, dass sie keine Erwachsenen sind. Was sie aber nicht wissen ist, welcher historisch- politischen Generation sie angehören, z.B. ob sie sich der 68er Generation zuordnen müssen (vgl. Kelle, 2005, S. 91). Das Verständnis für diese Form der Zuordnung ergibt sich erst im Rückblick auf die Historie, so Kelle (vgl. Kelle, 2005, S. 91). Sie greift in diesem Zusammenhang Mannheims Begriff der Generationseinheit auf.

[...]


1 Hierbei ist es zentral, dass es bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen gibt, welche gemeinsame Erfahrungswerte teilen und Interessen besitzen. Grundlegend ist für diesen Generationsbegriff das Werk des Wissenssoziologen Karl Mannheim ÄDas Problem der Generationen“ aus dem Jahre 1928 (vgl. Klika, 2009, S. 141)

2 Kelles beschreibt Mannheims Generationenbegriff wie folgt: ÄEine Generation im Mannheimschen Sinn bezieht sich auf etwa Gleichaltrige, die gemeinsam in eine historische Zeit hineingeboren sind und gesellschaftliche Erfahrungshintergründe teilen (Generationslagerung), die ähnliche kulturelle Stile oder sogar einen gemeinsamen Habitus ausbilden (Generationszusammenhang) und darüber hinaus möglicherweise auch noch über eine affektive Bindung, ein ‚Wir-Gefühl‘ oder einen ‚Wir-Sinn‘ verfügen (Generationseinheit).“ (Kelle, 2005, S. 88). Kelle benennt zwei Generationenbegriffe. Zum einen der pädagogisch-anthropologische Generationenbegriff, welcher den Fokus auf den Lebenslauf richtet und gesellschaftliche Beziehungen thematisiert, d.h. Kinder, Erwachsene, jüngere und ältere Menschen. Zum anderen stellt sich der wissenssoziologische Generationenbegriff heraus, welcher die Äinnere Konstitution von konkreten historisch- politischen Generationen“ beinhaltet (Kelle, 2005, S. 88). Der pädagogisch-anthropologische Generationenbegriff spielt für Kelle die weitaus größere Rolle, wie im Laufe dieser Arbeit deutlich wird.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Wie eine Generation "hergestellt" wird. Analyse der Rezeption des Mannheimschen Generationsbegriffs durch Helga Kelle
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Generationskonzepte
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V316479
ISBN (eBook)
9783668154728
ISBN (Buch)
9783668154735
Dateigröße
799 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Generationen, Mannheim, Kalle, Generationenkonzept, Generationenbegriff
Arbeit zitieren
Nicole Rother (Autor:in), 2015, Wie eine Generation "hergestellt" wird. Analyse der Rezeption des Mannheimschen Generationsbegriffs durch Helga Kelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316479

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