Transkulturelle Politische Theorie. Praktische Analyse des Good Governance Konzepts des BMZ


Seminararbeit, 2016

22 Seiten, Note: 1,0


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Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Implikationen
2.1 Einführung
2.2 Methodik
2.2.1 Relativierung
2.2.2 Historisierung
2.2.3 Empirie
2.3 Neue Perspektiven

3. Praktische Implikationen
3.1 Das Good Governance Konzept des BMZ
3.1.1 Relativierung
3.1.2 Historisierung
3.1.3 Empirie
3.2 Zusammenfassung der Analyse und Handlungsempfehlungen

4. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Wie können in Zukunft globale politische Ideengeschichten skizziert werden, die universalistische Ansprüche besitzen, jedoch partikularistische Legitimations- grundlagen benötigen? Die Globalisierung bietet neben ihren Chancen auch Risiken, wie beispielsweise durch die Folgen der globalen Erwärmung. In Anbe- tracht dieses globalen Phänomens wurde innerhalb der Vereinten Nationen ein Leitbild der nachhaltigen Entwicklung proklamiert und diesem einen institutio- nellen Rahmen gesetzt. Nun gilt es, im Rahmen der Vereinten Nationen, dieses Bild zu zeichnen.

Doch welches ideelle Farbspektrum liegt einem solchen oder sonst einem glo- balen (Leit-)Bild zugrunde und wie lange kann es haltbar gemacht werden? Aus der Sicht des Relativismus kann dieses Bild nur von jeder Kultur mit der eige- nen Farbe gezeichnet werden, da kulturelle Werte sich gegenüberstehen und niemand es vermag, den kulturellen Standpunkt seines Gegenübers einzuneh- men. Dem entgegen steht die universalistische Perspektive, welche davon aus- geht, dass sehr wohl gemeinsame Werte existieren und somit jeder Pinselstrich allgemeine Gültigkeit beanspruchen kann. Die transkulturelle Politische Theorie erweitert diese Perspektive und betont, dass zum einen eine kulturrelativisti- sche Übersetzung der einzelnen Werte nötig ist und zum anderen jede ethno- zentrische Dominanz das Bild farbloser und instabiler werden lässt.

In dieser Arbeit wird daher beschrieben, wie sich die transkulturelle Politische Theorie zusammensetzt und welche theoretischen sowie praktischen Implikati- onen mit ihr generiert werden können. In Abschnitt 2.2 werden zunächst einzel- ne Methoden erläutert, um in Abschnitt 2.3 aufzuzeigen, welche neuen Per- spektiven durch diese eingenommen werden können. Anschließend wird das Leitbild der Good Governance des BMZ unter diesen neuen Blickwinkeln analy- siert. Es wird geprüft, inwieweit die universalistischen Ideen der Demokratie und der Menschenrechte mit partikularistischen Legitimationsgrundlagen vereinbart werden. Des Weiteren wird kontrolliert, ob eurozentrische Einflüsse hierbei wir- ken. In Abschnitt 3.4 werden schließlich die praktischen Implikationen zu einer Handlungsempfehlung zusammengefasst.

2. Theoretische Implikationen

2.1 Einführung

Die transkulturelle Politische Theorie ist ein junger Forschungsansatz, welcher innerhalb der Politologie dem Bereich der Politischen Theorie zugeordnet wer- den kann. Hierbei bedient sich die transkulturelle Politische Theorie verschie- dener Disziplinen, wie der interkulturellen Philosophie, der postkolonialen Theo- rie, der politischen Kulturforschung sowie der Anthropologie. Sie bewegt sich somit zwischen den normativen, historischen und empirischen Denkschulen in der Politischen Theorie. Im angelsächsischen Sprachraum existiert mit der Comparative Political Theory seit ungefähr fünfzehn Jahren ein theoretischer Vorläufer. Gemeinsam ist diesen neuen Feldern der Politischen Theorie die epistemische Motivation einer Erweiterung des westlichen politiktheoretischen Kanons, um nicht-westliche politische Theorien und ihre Denker. Die Idee der Transkulturalität impliziert ein alternatives Kulturverständnis, in dem sich von homogenen und klar abgrenzbaren Kulturräumen verabschiedet wird. Der For- schungsinhalt bezieht sich daher auch auf die empirische Nachweisbarkeit, dass Kulturen sich eher durch ihre Fluidität und Hybridisierung auszeichnen (vgl. Bhabha 2000; Evanoff 2004; Godrej 2009; Karagiannis/Randeria 2016).

Charakteristisch für die transkulturelle Politische Theorie sind die methodische Auseinandersetzung mit der Untersuchbarkeit politischen Denkens in kultur- übergreifender Perspektive und die empirische Erfassung von ganzen Denktra- ditionen, mit speziellem Fokus auf herausragende Denker. Hiermit ist der kul- turübergreifende Transfer von genuinen politiktheoretischen Begriffen und Ideen wie Demokratie, Gerechtigkeit, Gleichheit oder Säkularismus und deren Einbettung in kulturbezogene Bedeutungs- und Rechtfertigungskontexte ver- bunden. Dabei werden auch die historischen Machtverhältnisse berücksichtigt, welche innerhalb der Konzeptualisierung dieser politiktheoretischen Begriffe und Ideen wirkten und welche durch die praktische Anwendung solcher Kon- zepte den nicht-westlichen Diskurs präg(t)en (De La Rosa et al. 2016: 1-10). Hierdurch soll ein neuer interkultureller Dialog ermöglicht werden, indem eine reflektiertere Wahrnehmung anderer Meinungen in den Vordergrund rückt (Dallmayr 2004: 253).

2.2 Methodik

Wie der Name transkulturelle Politische Theorie bereits suggeriert, spielt das Konzept der ‚Transkulturalität‘, welches von Wolfgang Welsch 1994 erstmals geprägt wurde, eine wichtige Rolle. Es gelte demnach, dass unsere Identitäten meist von mehr als einer homogenen Kultur geprägt seien, wodurch wir uns bereits in einer ÄWelt transkultureller Lebensformen“ befänden (Welsch 1994: 11). Die transkulturelle Theorie besteht aus zwei Bewegungen:

„Aus einer horizontalen, die dazu führen sollte, gemeinsame Werte und Normen zwischen den Kulturen zu suchen, und einer vertikalen, die darauf zielt, Begriffe auszubilden, die über die empirische Vielfalt der Kulturen hinausgehen.“ (Dhouib 2014: 188)

Transkulturalität bildet die Basis der Methodik, da sie die Hybridität von Kultur beschreibt und daher die Berücksichtigung von historischen Machtverhältnissen im normativen Diskurs um Werte und Normen sowie diesen Auswirkungen auf den empirischen Vergleich unterschiedlicher politischer Denker, notwendig macht.

2.2.1 Relativierung

Um der Normativität, bspw. des Eurozentrismus, im interkulturellen Diskurs um politische Prinzipien zu entgegnen, kann die Methode der ‚Relativierung‘ be- müht werden. Governance Konzeptionen die jenseits des Eurozentrismus als ‚nicht gute Regierungsführung‘ eingestuft werden, können durch eine kulturrela- tivistische Perspektive durchaus als ‚gute Regierungsführung‘ betrachtet wer- den. Hierbei wird sich die Methode der ‚funktionalen Äquivalente‘ zu Eigen ge- macht. Es wird somit davon abgesehen kulturelle Schnittstellen für eurozentri- sche Konzepte zu suchen, sondern es werden vorhandene funktionale Steue- rungs- und Ordnungsformen beleuchtet. In ihrem jeweiligen Kontext kann dann auf ihre konzeptionelle Überlegenheit verwiesen werden. Dennoch bleibt auch die Relativierungsstrategie nicht frei von Normativität, gerade durch die Beto- nung der Untauglichkeit anderer Governance Konzepte (Downgrading). Durch den Kulturrelativismus kann daher der methodologische Eurozentrismus kon- trastiert werden, jedoch trägt die Methode auch zur weiteren kulturellen Diffe- renzierung bei und verschließt sich daher einer potenziellen Ergänzung mit anderen Konzepten (Kerner 2016: 118 ff.).

2.2.2 Historisierung

Eine andere Methode, die den methodologischen Eurozentrismus hinter sich zu lassen versucht und dabei nicht nur Differenzen, sondern besonders auch die gemeinsame Geschichte hervorhebt, ist die ‚Historisierung‘. Hierzu dient das Textanalyseinstrument der Dekonstruktion, um vermeintlich geschlossene The- orien zu öffnen und neu zu kontextualisieren. Durch die Dekonstruktion lassen sich Begriffe wie Demokratie, Gerechtigkeit oder Menschenrechte in neue Zu- sammenhänge bringen. Deren vermeintliche Bedeutung wird mit einem alterna- tiven Verständnis gleichgesetzt, welches mit einer anderen Hierarchisierung der Argumente auskommt. So können, mit Verweis auf die historischen asymmetri- schen Machtverhältnisse bei der Deutung dieser Begriffe (Hegemonieanalyse), alternative Deutungen in den Vordergrund gerückt werden. Es handelt sich so- mit um eine Transformation von Texten und ihrer impliziten Kritik (Zapf 2016a: 182 f.; Kerner 2016: 125 f.). Der Verzicht auf Ablehnung eurozentrischer Ansät- ze scheint bei dieser Methode vielversprechend zu sein, da sie hierdurch be- währte Ideen nicht verwerfen muss, sondern auf diese neu aufbauen kann und letztlich Kulturdifferenzen somit abbaut. In der Methodik der Historisierung lässt sich somit auch ein universalistisches Moment auffinden, da historische Ver- flechtungen und Gemeinsamkeiten hervorgehoben werden.

2.2.3 Empirie

Neben dieser qualitativen empirischen Auseinandersetzung mit weltweiten poli- tischen Denkern und Denktraditionen, bedient sich die transkulturelle Politische Theorie auch der Methoden der sog. Diversitätsforschung. Sie selber stellt eine Teildisziplin der quantitativen empirischen politischen Kulturforschung dar und untersucht politische Orientierungsmuster von Bürger/innen weltweit. Die quan- titativen statistischen Verfahren, zur Erhebung (Ästandardisierte repräsentative Umfrageforschung“) sowie zur Darstellung (Ämultidimensionale Skalierung“), können methodisch integriert werden (Schubert 2012: 220-226).1 Hiermit können, durch die differenziertere Kontextualisierung von politiktheoretischen Grundbegriffen, neue Hypothesen aufgestellt und valide getestet werden. Zudem ergänzen sich beide Disziplinen zusätzlich, da durch die politischen Orientierungsmuster von Bürger/innen weltweit rückwirkend deren Kompatibilität mit ihren führenden Denkern und Denktraditionen geprüft werden kann. So könnte von Interesse sein, ob führende Denker und Denktraditionen die aktuelle Bedeutung und Legitimation politscher Prinzipien, auf Seiten der betroffenen Bürger/innen, überhaupt abbilden (Schubert/Zapf 2013: 166).

2.3 Neue Perspektiven

Was bedeutet dieser Perspektivenwechsel für unser Verständnis von etablier- ten politischen Theorien über Demokratie, Gerechtigkeit, Menschenrechte, also Prinzipien allgemeiner ‚guter Regierungsführung‘? Durch den Kulturrelativismus wird der Fokus auf die Kontextabhängigkeit politischer Maßnahmen gerückt. Verabschiedet man sich bspw. von der westlichen Regierungslehre in Räumen begrenzter Staatlichkeit, können Formen der politischen Steuerung und der ge- sellschaftlichen Ordnung, wie informelle Institutionen, wie das Gewohnheits- recht (in rechtspluralen Räumen) und Selbsthilfe-Netzwerke oder sogar die Etablierung von Ordnung und Sicherheit durch Warlords, sinnvoll erscheinen (Draude 2012: 185 ff., 203-207). Von diesem Standpunkt aus kann daher durch funktionale Äquivalente zum europäischen Modell ein Vergleich gezogen wer- den, der andere funktionierende Governance Aspekte hervorhebt und somit die eurozentrischen Konzepte guter Regierungsführung hinter sich lässt. Neben dieser Relativierung der Bewertungsmaßstäbe nicht-westlicher politischer Strukturen, kann auch ein Relativierungsansatz genutzt werden, welcher die kulturspezifische Bewertung von eben diesen eurozentrischen Maßstäben in den Fokus rückt. Hierbei dreht sich das Hierarchiegefälle um, indem westliche Aspekte von guter Regierungsführung anhand nicht-westlicher Maßstäbe hin- terfragt werden. So zeigen Jean und John Comaroff in einer Studie über das Demokratiesystem in Botswana, wie das im Rahmen der britischen Protekto- ratszeit aufoktroyierte Demokratie-Konzept von der botswanischen Bevölkerung als defizitär empfunden wird. Die vermeintlich normative Überlegenheit des bri- tischen Modells wird mit dem Verweis auf die negative Auswirkung von zykli- schen Wahlakten auf die Anreize zur politischen Partizipation untergraben. Dies gilt in jedem Fall für die botswanische politische Kultur, die viel eher als viele westliche Demokratien von einem starken ‚Checks and Balances‘ System ge- prägt war. Dieses lebte von einer kontinuierlicher Rechenschaftspflicht des Re- gierenden und laufender Artikulation von Kritik auf Seiten der Bevölkerung (Comaroff/Comaroff 2012: 153-182).

Neben den Erkenntnissen aus kulturrelativistischen Ansätzen, welche aufzei- gen, dass die Güte politischer Konzepte v.a. vom Blickwinkel abhängen, wer- den bei der Historisierung die politischen Ideen grundsätzlich hinterfragt. Charles Mills kontextualisiert z.B. mit seiner negativen Historisierungsstrategie die Vertragstheorien von Hobbes, Locke, Rousseau und Kant. Er verweist dabei u.a. auf Kants Rassentheorie und deren Implikation für die Naturzustandskon- struktion. Er stellt damit nicht den Kontraktualismus grundsätzlich in Frage aber zeigt mit der Dekonstruktion westlicher Denktraditionen (in diesem Fall Gerech- tigkeitskonzepte) ein genuines Machtverhältnis auf. Die Forderung lautet dem- nach, bspw. für Postkolonien, ‚nicht-ideale Theoretisierungen‘ zu bevorzugen, welche das ursächliche Gerechtigkeitsdefizit praktisch mitdenken (vgl. Pa- teman/Mills 2007: 232 ff.). Eine positive Historisierungsstrategie wäre hingen den möglichen Einfluss verschiedener Völker auf die westlichen Denktraditio- nen hervorzuheben und somit zu einer ideengeschichtlichen Neuschreibung beizutragen. Hierbei wird die westliche Geschichtsschreibung dekonstruiert, indem ihr ein höherer Stellenwert von kulturellen Begegnungen, bspw. zwi- schen den föderalistisch organisierten Irokesen und den nordamerikanischen Siedlern, zugeschrieben wird (Young 2007: 15-38).2 Die Dekonstruktion von Denktraditionen räumt schließlich Platz ein neue Themen in das Zentrum der internationalen Debatte zu rücken, so wie die Betonung von bestehenden Machtasymmetrien im wirtschaftlichen und politischen System. Es entsteht so eine neue Wahrnehmung vermeintlich unterentwickelter Völker, da die Fehlbarkeiten westlicher Denktraditionen aufgedeckt und die positiven Einflüsse anderer Ideentraditionen nachgewiesen werden.

Durch die in Abschnitt 2.2.3 erwähnte Vereinbarkeit der transkulturellen Politi- schen Theorie mit der Diversitätsforschung können neue Erkenntnisse über die politischen Orientierungsmuster von Bürger/innen weltweit eruiert werden. Hier- bei kann differenziert deren Wahrnehmung und Einordnung von Begriffen, wie Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Autorität und Weiteren, erfragt werden. Die Ergebnisse geben Aufschluss über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Beurteilungen. Letztlich können diese Denkmuster zusätzliche Evidenzen lie- fern, um die Kompatibilität verschiedener politischer Konzepte zu prüfen.

3. Praktische Implikationen

3.1 Das Good Governance Konzept des BMZ

Im Folgenden wird das Good Governance Konzept des BMZ anhand der in Ab- schnitt 2.2 erarbeiteten Methoden beispielhaft analysiert. Hierfür liegen die öf- fentlich zugänglichen Informationen der BMZ Internetseite, welche Publikatio- nen und Strategiepapiere umfasst, zugrunde. Das Good Governance Konzept des BMZ beinhaltet den folgenden fünfgliedrigen Kriterienkatalog für die Bewer- tung der Entwicklungsorientierung der Empfängerländer (BMZ 2009: 24):

1. Armutsorientierung und nachhaltige Politikgestaltung
2. Achtung, Schutz und Gewährleistung aller Menschenrechte
3. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
4. Leistungsfähigkeit und Transparenz des Staates
5. Kooperatives Verhalten in der Staatengemeinschaft

Die vorliegende Analyse beschränkt sich dabei auf zwei zentrale Indikatoren - auf die der Menschenrechte und der Demokratie. Das Demokratieverständnis des BMZ lässt sich folgendermaßen ableiten:

ÄWesentliche Merkmale von Demokratien sind Gewaltenteilung und -kontrolle, Rechtsstaatlichkeit, freie und faire Wahlen, Mehrparteiensysteme, gesellschaftli- che Beteiligung an politischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen, Mei- nungs- und Pressefreiheit sowie die Achtung der Menschenrechte. Für eine funk tionierende Demokratie bedarf es der gesellschaftlichen Verankerung und Institutionalisierung demokratischer Prinzipien und Verfahren. Dies geht weit über die formale Abhaltung von Wahlen hinaus.“ (BMZ o.J.)

Es gelten die im Zivilpakt von 1976 verabschiedeten bürgerlichen und politi- schen Menschenrechte. In diesen werden u.a. das Recht auf: ÄSelbstbestim- mung“, ÄMeinungsfreiheit“, ÄGleichberechtigung von Mann und Frau“ sowie ÄRechtsschutz hinsichtlich der im Pakt garantierten Rechte“, festgehalten (BMZ 2010). Die genannten Prinzipien sollen im Rahmen des Good Governance Konzepts des BMZ und durch seine Durchführungsorganisationen wie der GIZ sowie der KfW Entwicklungsbank weltweit forciert werden. Als Bewertungs- maßstab für den Entwicklungsstand eines Landes dient dabei u.a. der Trans- formationsindex der Bertelsmann Stiftung, wonach bspw. die Unterkriterien ÄZu- stimmung der Bürger zu demokratischen Normen und Verfahren“ und ÄLeis- tungsfähigkeit der demokratischen Institutionen“ beurteilt werden (BTI o.J.).

3.1.1 Relativierung

Aus kulturrelativistischer Perspektive könnten Bedenken gegenüber einer För- derung guter Regierungsführung von außen aufgrund der Annahme bestehen, dass gewisse westliche Werte und Normen mit denen in anderen Kulturen nicht kompatibel seien. So könnte eine Voraussetzung für eine liberale Demokratie das grundlegende Bekenntnis zur Trennung von Staat und Kirche sein, welches z.B. im islamischen politischen Kulturraum nicht besteht. Bestimmte, aus deut- scher Sicht, Ideen guter Regierungsführung könnten daher nicht durch kulturel- le Grenzen diffundieren. In Anbetracht dieser Kulturrelativierung entwicklungs- politischer Konzepte können ganz im Gegenteil kulturspezifische Steuerungs- und Ordnungssysteme überlegen scheinen. So ließe sich argumentieren, dass lediglich funktionale Äquivalente bspw. für Gewaltenteilung und Rechtsstaat gefunden werden müssten. Der Islam verspricht demnach ebenfalls Gerechtig- keit und Ordnung durch die Scharia und die Gottesherrschaft. Aus dieser Per- spektive heraus kann somit darauf verwiesen werden, dass die Antwort auf das normative Konzept guter Regierungsführung auch ‚Islam‘ heißen könnte. Die Förderung universaler individueller Menschenrechte könnte somit ebenfalls mit dem Verweis auf deren Normativität bewertet werden. Von Ländern wie China, Indonesien, Singapur oder Malaysia werden diesen bspw. die ‚Asian Values‘ entgegengesetzt. Diese betonen die vorherrschende kulturelle Priorität von wirtschaftlichen und sozialen Rechten gegenüber den bürgerlichen und politischen Rechten sowie den Vorrang des kollektiven Rechts gegenüber den individuellen Rechten (Wolf 2015: 46).

Diesen Kritikpunkten kann jedoch entgegnet werden, dass das BMZ besonders im ländlichen Raum informelle Strukturen als funktionale staatliche Äquivalente anerkennt und diese somit explizit berücksichtigt werden. So werden z.B. tradi- tionelle und informelle Institutionen, wie zur Konfliktlösung, teils anerkannt und in die entwicklungspolitischen Maßnahmen einbezogen (BMZ 2009: 6, 11). Der Verweis auf die kulturelle Inkompatibilität von demokratischen und islamischen Denktraditionen hält einer genaueren Prüfung ebenfalls nicht stand. Die Dis- kussion zwischen islamischen Denkern ist durchaus kontrovers. Lediglich ext- reme Positionen, welche den (ihrer Interpretation entsprechenden) Islam als radikalen Gegenentwurf zum ‚Westen‘ verstanden wissen wollen, lassen eine Verbindung zwischen Demokratie, Menschenrechten und Islam unmöglich er- scheinen. Tatsächlich scheinen für gemäßigtere islamistische Denker demokra- tische Prinzipien wie Gewaltenteilung und Meinungspluralismus sogar ur- sprünglichen islamischen Prinzipien zu entsprechen (Zapf 2016b: 185-189). Das Gleiche gilt im asiatischen Diskurs um die Auslegung der Menschenrechte. Hier widersprechen führende Denker wie Amartya Sen und verweisen zum ei- nen auf die Heterogenität der asiatischen Kulturen und kritisieren zum anderen die Legitimierung von massiven Menschenrechtsverletzungen mit der Bezug- nahme auf die Asian Values (vgl. Jenco 2013). Diese Diskrepanzen zeigen dennoch, dass dem Streben nach einem (prinzipiell) einheitlichen Demokratie- konzept eine gewisse Kulturblindheit anhängen könnte und demnach Raum für partikularistische Auseinandersetzungen gewährt werden müsste.

3.1.2 Historisierung

Wird das Good Governance Konzept des BMZ dekonstruiert, wirken einige Punkte auffällig. Zunächst könnten die Bedingungen, an welche die Förderung von guter Regierungsführung gekoppelt ist, problematisch sein. So sind Budget- finanzierungen an einen permanenten politischen Dialog mit den Empfängerre- gierungen über Reformpolitiken verbunden (BMZ 2009: 19). Grundlage dieser Dialoge bildet die, am BMZ-Kriterienkatalog gemessene, jeweilige Regierungs- situation. Konkret bedeutet dies die Bewertung der aktuellen Entwicklung der Gewaltenteilung und -kontrolle, Rechtsstaatlichkeit, Verankerung und Institutio- nalisierung demokratischer Prinzipien sowie Achtung der Menschenrechte (vgl. Abschnitt 3.1). Ein Dialog solchen Formats könnte einige hegemoniale Charak- teristiken aufweisen. So könnte davon ausgegangen werden, dass die Verhand- lungspositionen, bspw. aufgrund des finanziellen Interesses oder der technisch- argumentativen Unterlegenheit des Empfängerlandes, asymmetrisch verteilt sind. Es könnte zudem fraglich sein, ob im politischen Dialog zwischen Geber- und Empfängerländern dieselben Verständnisse von politiktheoretischen Begrif- fen zugrunde liegen. Die Übersetzbarkeit von Ideen der Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, welche in dieser Form auf europäische Erfahrungen und Denker von Montesquieu bis Kant zurückzuführen seien, könnte hierbei auf kul- turelle Grenzen stoßen. Auf gleicher Weise ließen sich die gesellschaftliche Verankerung demokratischer Prinzipien und das Konzept der Menschenrechte hinterfragen. Ein ‚Trickle-Down‘ von demokratischen Prinzipien und abstrakten Menschenrechten, welche mit Einfluss ausländischer Akteure im Staat zu integ- rieren versucht werden, könnte bezweifelt werden. Die Kompatibilität von infor- mellen und formellen Institutionen in einer Gesellschaft hat jedoch einen we- sentlichen Einfluss auf die Durchsetzbarkeit von Gesetzen und Rechtsstaatlich- keit (vgl. North 1999). Ohne eine solche Übereinstimmung, die nochmals durch Vermittlungsprobleme von fremden formellen Institutionen erschwert werden könnte, wirken Demokratie und Menschenrechte wie ‚ideale Theorien‘ im Um- feld beschränkter Staatlichkeit (vgl. Abschnitt 2.3). Daher könnte eine ‚nicht- ideale Theorie‘, die gegebene Imperfektionen mitdenkt, die fruchtbarere Alter- native darstellen (vgl. Schaub 2010).

Einige dieser Darstellungen lassen sich nach genauerer Prüfung relativieren, jedoch bleiben auch einige wichtige Punkte festzuhalten. Der Verweis auf asymmetrische Verhandlungspositionen ist schwer widerlegbar, was jedoch vom BMZ auch nicht beabsichtigt wird. Es ist das Ziel des Good Governance Konzepts wirksam Entwicklungen guter Regierungsführung zu fördern und Ent- wicklungen schlechter Regierungsführung zu sanktionieren. Die jeweilige Ent- wicklungsorientierung und das aktuelle Governance Niveau eines Empfänger- landes werden hierbei auch nach expliziten Äwertbezogenen Maßstäben“ beur- teilt (BMZ 2012: 36). Dennoch muss die Förderung von Gewaltenteilung und - Kontrolle, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten sowie anderen demokrati- schen Prinzipien in erster Linie keinen normativen Charakter implizieren. Aus der Historisierungsstrategie heraus wird gerade betont, dass diese Prinzipien keinen regionalen Herkunftsanspruch besitzen, sondern durch transkulturelle Einflussnahmen entstanden sind und durchaus auch fehlerbehaftet bleiben (vgl. Abschnitt 2.3). Aus transkultureller Perspektive müsste demnach identifiziert werden, welches länderspezifisches Verständnis von Demokratie und Men- schenrechten zugrunde liegt. Ohne eine solche Übersetzung bleibt die Ver- handlungsbasis jedoch zweifellos eurozentrisch-normativ belastet. Genau hie- raus könnte das BMZ mit ihrem Good Governance Konzept äußerst wertvolle Schlüsse ziehen. Als einer der größten blinden Flecken in der internationalen Entwicklungspolitik bleibt die unzureichende Berücksichtigung der Akzeptanz- fähigkeit ‚westlicher Ideen‘ innerhalb postkolonialer Gesellschaften bestehen. Werden die Entwicklungen der Denktraditionen in den politischen Kulturräumen Latein-Amerikas, Asiens, und im arabischen Raum skizziert, zeichnet sich deut- lich eine sukzessive Abgrenzung von westlichen Ideen und westlicher Einfluss- nahme ab. Als Beispiele sind hier die Entwicklungen des latein-amerikanischen Konzepts des ‚Buen Vivir‘, welches die Harmonie mit der Natur und den Mit- menschen dem westlichen Fortschrittstreben entgegensetzt und die Erstarkung islamischer Ordnungskonzepte, als Reaktion auf ein erhöhtes Sicherheitsbe- dürfnis, zu nennen. Der Erfolg dieser Konzepte lässt sich dabei auf die Beto- nung kultureigener Lösungskonzepte und auf die Ablehnung jedweder Bevor- mundung durch den Westen zurückführen (Unrau 2016: 130 f.; Zapf 2016: 181 f.). Sollen daher die universalistischen Ideen der Demokratie und der Men- schenrechte gefördert werden, so müssten sie partikularistischen Rechtferti- gungsgrundlagen geöffnet werden. Um die gesellschaftliche Akzeptanz entwick- lungspolitischer Konzepte herzustellen, würde dies bedeuten, dass z.B. demo- kratische Prinzipien zuallererst in kulturbezogene Narrative übersetzt werden müssen. Es scheint darüber hinaus sinnvoll zu sein, diesen Diskurs nur in - falls erfragt - beratener Funktion zu unterstützen.

3.1.3 Empirie

Aus den Grundsätzen der Diversitätsforschung können im Besonderen die Be- wertungsmaßstäbe des Good Governance Konzepts kritisiert werden. In der politischen Kulturforschung ist die Stabilität eines politischen Systems in erster Linie von dessen Kompatibilität mit den politischen Orientierungsmustern inner- halb der Gesellschaft kausal immanent (Schubert 2012: 33). Daher zielen die Disziplinen auf die empirische Erfassung von eben diesen Orientierungsmus- tern ab, um schließlich auch Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Steue- rungs- und Ordnungsrahmen (wie z.B. Demokratie) zu diesen Gesellschaften (nicht) kongruent sein könnten. So lassen sich einige Kritikpunkte die in Ab- schnitt 3.1.2 diskutiert wurden übernehmen, da die Etablierung von politischen (demokratischen) Systemen, ohne die Kenntnisse über die herrschenden politi- schen Orientierungsmuster, äußerst problematisch scheinen.

Im Kriterienkatalog des BMZ für die Bewertung der Entwicklungsorientierung im Bereich Menschenrechte und Demokratie werden u.a. Indikatoren für ÄEinhal- tung der Menschenrechtsstandards durch staatliche Akteure“ und ÄDemokrati- sche Beteiligung der Bevölkerung und verantwortliche Rolle des Parlaments“ erhoben (BMZ 2009: 24). Im Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung sollen hierfür u.a. die ÄZustimmung der Bürger zu demokratischen Normen und Verfahren“ und ÄLeistungsfähigkeit der demokratischen Institutionen“ beurteilt werden (BTI o.J.). Hier wird deutlich, dass es durchaus für die politische Hand- lungsempfehlung von signifikanter Relevanz ist, welches Verständnis dem De- mokratie- und Menschenrechtsbegriff zugrunde liegt. Werden die Maßstäbe nach deutschem Verständnis konstruiert, so könnte eine Verschlechterung der Entwicklungsorientierung im Bereich Demokratie und Menschenrechte zu Emp- fehlungen guter Regierungsführung führen, die dem Verständnis der Bevölke- rung widersprechen. Die Verschlechterung dieser Indikatoren könnte bspw. auch als Ablehnung der Implementierung von Strukturen guter Regierungsfüh- rung interpretiert werden, sodass die Handlungsempfehlung die gesellschaftli- che Wahrnehmung konterkarieren würde. Demnach können die Erkenntnisse aus der Diversitätsforschung die Inhalte der Bewertungsmaßstäbe neu füllen. Beispielhaft könnte das BMZ die Good Governance Indikatoren anhand der Auslegung des Demokratieverständnisses in Ghana, Nigeria, Ruanda und Sim- babwe ausgestalten. Das universalistische Konzept der Demokratie könnte so- mit beibehalten werden, jedoch auf diesen Kulturraum partikularistisch modifi- ziert werden. Konkret würde dies bedeuten, dass die Bürger/innen in diesen Ländern Demokratie tendenziell mit ÄGleichberechtigung“, ÄBürgerrechte“ und ÄWahlen“ in Verbindung bringen. Andererseits entspricht ÄGehorsamkeit“ mit 57% Zustimmung einem, im westlichen Verständnis, unkonventionellen Demo- kratieprinzip (Schubert 2016: 294).3 Daher könnten die Negativbewertungen innerhalb des Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung für den Äautoritä- ren Regierungsstil“ oder des Äschwachen zivilen Engagements“ in bspw. Nige- ria, Simbabwe und Ruanda falsche Handlungsempfehlungen für eine gute Re- gierungsführung nach sich ziehen (BTI 2014a; BTI 2014b; BTI 2014c). Eine Anpassung der Bewertungsmaßstäbe an lokale Rechtfertigungskontexte könnte zu einer adäquateren Fehleranalyse und daher zu akzeptanzfähigeren Hand- lungsempfehlungen führen.

3.2 Zusammenfassung der Analyse und Handlungsempfehlungen

Das BMZ hat mit seinem Good Governance Konzept einige theoretische Evolu- tionen in der Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit operationalisiert. So wird nun explizit darauf verwiesen, dass auch ggf. undemokratische funktionale Äquivalente für lokale Steuerungs- und Ordnungssysteme berücksichtigt wer- den müssen (vgl. Abschnitt 3.1.1). Darüber hinaus konzentrieren sich viele Maßnahmen nun auf die Entwicklung von Infrastruktur für Energie, Mobilität und Kommunikation. Die bloße Förderung von demokratischen Strukturen wie Wah- len, Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechten ist wertneutral. Die Unterstüt- zung ist nicht mehr nur finanzieller Natur und konzentriert auf Regierungen, sondern beinhaltet nun auch technologische Transfers und personelle Förde- rungen lokaler Akteure.

Dennoch bleiben dem Good Governance Konzept einige Schwächen aus trans- kultureller Perspektive zu attestieren. Die aktive Einflussnahme auf Regie- rungsentscheidungen innerhalb politischer Dialoge als entwicklungspolitisches Instrument beinhaltet gleich mehrere Schwierigkeiten. Zunächst widerspricht die Einflussnahme dem eigenen Grundsatz der bloßen Förderung von Reformen und der Berücksichtigung kulturspezifischer Kontexte (BMZ 2009: 4-9). Hier- durch entsteht automatisch ein hegemoniales Machtverhältnis, da sich das Empfängerland per Definition in der schwächeren Verhandlungsposition befin- det. Reformen unter solch einem Stern können zum einen in der Bevölkerung wie eine Bevormundung wirken, was nachweisbar zur Ablehnung führt (vgl. Ab- schnitt 3.1.2). Die Erinnerungen im kollektiven Gedächtnis an die Kolonialzeit, an Entmündigung und Fremdherrschaft schallen bis heute nach. Der Erfolg von Reformen ist jedoch immanent davon abhängig, inwiefern die Bevölkerung die- se mittragen. In diesem Sinne könnte zum anderen prinzipiell hinterfragt wer- den, ob eine externe Einflussnahme auf die politische Ausgestaltung nicht ent- scheidend zur Diskrepanz zwischen formellen und informellen Institutionen bei- trägt, zumal wenn die Einflussnahme normativ-eurozentrisch motiviert ist. Tat- sächlich bilden Kriterienkataloge die Grundlagen für Handlungsempfehlungen, welche, wie in Abschnitt 3.1.3 an den Beispielen Ruandas, Nigerias und Sim- babwes gezeigt wurde, eurozentrisch-normativ geprägt sind und somit zu fal- schen Handlungsempfehlungen führen könnten.

Die Konsequenz hieraus könnte folglich heißen, dass von jeglicher aktiven Be- einflussung innerhalb des Good Governance Konzepts abgesehen werden soll- te, da dies dem eigentlichen Zweck entgegenwirkt. Eine andere Alternative wä- re die Normativität der Handlungsempfehlungen mit äußerstem Nachdruck zu minimieren. Die Kriterienkataloge können mit den Erkenntnissen über politische Orientierungsmuster von Bürger/innen weltweit (Diversitätsforschung) und mit Berücksichtigung vorherrschender Denktraditionen (transkulturelle Politische Theorie) an die regionalen Gegebenheiten modifiziert werden (vgl. Abschnitt 3.1.3). Somit könnte ein kulturspezifischer Bewertungsmaßstab für die Evaluierung von Reformmaßnahmen den Regierungen auch lediglich bereitgestellt werden. Die eigene Präsenz im politischen Geschehen würde somit abnehmen, wodurch den Regierungen eine neue Legitimierung ihrer Reformen verschafft werden könnte. Gleichzeitig können weiterhin genuin-demokratische Reformen gefördert und unterstützt werden.

4. Fazit und Ausblick

Phänomene der Globalisierung wie der wachsende interkulturelle Austausch durch Migration und durch wirtschaftliche sowie politische Interdependenzen erfordern eine erweiterte Standortperspektive, weg von einer Eurozentrierung hin zu einer Dezentrierung der politischen Theorie und Praxis. Die transkulturel- le Politische Theorie trägt daher mit ihrem Beitrag zur Verständigung zwischen kulturellen Kontexten der modernen Realität Rechnung. Um somit in der Ein- gangsmetapher zu bleiben, erweitert die transkulturelle Politische Theorie das ideelle Farbspektrum, indem sie neue Denker und Denktraditionen dem politik- theoretischen Diskurs zugänglich macht. Sogleich bildet sie einen neuen Rah- men, worin politische Orientierungsmuster von Bürger/innen weltweit Eingang finden. Hierdurch wird das Bild konsistenter, da unterschiedliche Legitimations- grundlagen zugrunde gelegt werden, wodurch letztlich durch dieses (Leit-)Bild ein Narrativ entstehen kann, welches überall auf der Welt verstanden wird.

Es wurde in dieser Arbeit geprüft, welche praktischen Implikationen die trans- kulturelle Politische Theorie für das Good Governance Konzept des BMZ be- reithalten könnte. Es wurde der Frage nachgegangen wie dessen Ziel, univer- salistische Prinzipien von Demokratie und Menschenrechte zu fördern, mit der Berücksichtigung partikularistischer Legitimationsgrundlagen vereinbart wird. Hierbei konnten, durch die Anwendung von verschiedenen Methoden, interes- sante Ergebnisse eruiert werden. So konnten einige Defizite in dem Konzept identifiziert und hierdurch Handlungsempfehlungen formuliert werden.

Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie die Methoden und die Erkenntnisse aus der transkulturellen Politischen Theorie in der Wissenschaft und Praxis in Zukunft berücksichtigt werden. Es bleiben jedoch noch einige wichtige Annah- men zu konkretisieren. So ist noch nicht geklärt, wie z.B. in der quantitativen empirischen Forschung das offene Konzept der ‚Transkulturalität‘ operationali- siert werden soll. Die Erfassung globaler Denktraditionen steht am Anfang und die Methoden zur Vergleichbarkeit müssen noch weiter ausgearbeitet werden. Schließlich ist auch unklar, wie mit relativistischen und historischen Instrumen- ten kulturspezifische Denktraditionen verklärt werden können, um Verstöße ge- gen die Grundsätze der Demokratie und Menschenrechte zu legitimieren.

Literaturverzeichnis

BHABHA, HOMI K. (2000): Die Verortung der Kultur, Tübingen.

COMAROFF, JEAN/ COMAROFF, JOHN L. (2012): Der Süden als Vorreiter der Globalisierung, Frankfurt/M./New York.

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DE LA ROSA, SYBILLE/ SUBERT, SOPHIA/ ZAPF, HOLGER (Hrsg.) (2016): Transkulturelle Politische Theorie, Wiesbaden, S. 1-11.

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[...]


1 Diese fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit kam schon in einer Analyse von politischen Kulturen weltweit von Sophia Schubert zum Tragen (Schubert 2012: 344) und soll in Zukunft noch intensiviert werden (Schubert/Zapf 2013).

2 Einen Interessanten Beitrag hierzu hat auch Reinhard Schulze geleistet, indem er die regiona- le Beschränkung der aufklärerischen Ideengeschichte auf den Okzident dekonstruierte und eine mögliche Rezeption und Einflussnahme orientalischer Denker zur Diskussion freigab (Schulze 1996).

3 Diese Präferenzen wurden von der sechsten Welle des World Values Surveys von 2010-2014 abgeleitet. Hier werden Bürger/innen aus der ganzen Welt (durchschnittliche Länderstichprobe mit N weit > 1000) hinsichtlich ihrer politischen (Wert)Orientierungen/befragt (WVS o.J.).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Transkulturelle Politische Theorie. Praktische Analyse des Good Governance Konzepts des BMZ
Hochschule
Zeppelin University Friedrichshafen  (Department Politics Administration & International Relations)
Veranstaltung
Politische Theorie - Dr. Prof. Karsten Fischer
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
22
Katalognummer
V316419
ISBN (eBook)
9783668158900
ISBN (Buch)
9783668158917
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Phänomene der Globalisierung wie der wachsende interkulturelle Austausch durch Migration und durch wirtschaftliche sowie politische Interdependenzen erfordern eine erweiterte Standortperspektive, weg von einer Eurozentrierung hin zu einer Dezentrierung der politischen Theorie und Praxis. Die transkulturelle Politische Theorie trägt daher mit ihrem Beitrag zur Verständigung zwischen kulturellen Kontexten der modernen Realität Rechnung.
Schlagworte
Transkulturalität, Politische Theorie, Kultur, Ideengeschichte, Globalisierung, Relativismus, Universalismus, Eurozentrismus, Good Governance, BMZ
Arbeit zitieren
Nicola Koch (Autor:in), 2016, Transkulturelle Politische Theorie. Praktische Analyse des Good Governance Konzepts des BMZ, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316419

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