Klimatologische Stadtplanung. Maßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas in Stuttgart und Vauban in Freiburg


Bachelorarbeit, 2012

45 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Stadtklima: Definition und Einteilung

3. Faktoren des Stadtklimas
3.1 Urbane Energiebilanz
3.2 Thermische und Hydrologische Eigenschaften von urbanen Räumen

4. Städtische Wärmeinsel
4.1 Meteorologische Faktoren
4.2 Stadtgestalt und Stadtgröße
4.3 Anthropogene Faktoren

5. Klimaschutz in Städten
5.1 Klimatologische Stadtplanung
5.2 Mitigation und Adaption
5.3 Klimatologische Stadtkonzepte: „Stadt der kurzen Wege“

6. Klimatologische Stadtplanung: Beispiele aus Süddeutschland
6.1 Stadtklima und Klimaschutz in Stuttgart
6.1.1 Das Klima in Stuttgart
6.1.2 Stadtklima in Stuttgart: Konflikte und Maßnahmen
6.1.3 Schaffung von Grünflächen zur Verbesserung des Stadtklimas
6.1.4 Stadtklima Stuttgart 21
6.2 Freiburg: Quartier Vauban
6.2.1 Mobilitätskonzept
6.2.2 Städtebauliches Konzept
6.2.3 Energiekonzept
6.3 Ausblick: Heidelberg Bahnstadt

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Stadtklima als Überlagerung von verschiedenen Prozessen

Abbildung 2 Skizzenhafte Darstellung des horizontalen Profils einer städtischen Wärmeinsel

Abbildung 3 Städtebauliches Leitbild „Stadt der kurzen Wege“: Handlungsfelder und Synergieeffekte zur Schadstoffminderung

Abbildung 4 Kaltluftabfluss über freigehaltener Ventilationsachse, „Unterer Grund“ Stuttgart-Vaihingen

Abbildung 5 „Grünes U“ in Stuttgart

Abbildung 6 Begrünte Gleisanlage in Stuttgart

Abbildung 7 Beispiel einer Dachbegrünung; Rathausgarage Stuttgart

Abbildung 8 Derzeit vorhandene Gleisanlagen im Planungsgebiet B und Entwurf einer möglichen Umgestaltung

Abbildung 9 Vorläufige stadtklimatologische Hinweise für die Planung von Stuttgart

Abbildung 10 Verkehrskonzept Vauban

Abbildung 11 Lage und Größe des stellplatzfreien Bereichs im Vauban

Abbildung 12 Blick durch die Vaubanallee

Abbildung 13 „Solarsiedlung am Schlierberg“, Freiburg Vauban

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Charakteristika des Stadtklimas einer westeuropäischen Großstadt

Tabelle 2 Wasserhaushaltskomponenten versiegelter Flächen in Berlin

Tabelle 3 Wahrscheinliche Ursachen für die Ausbildung von Wärmeinseln in der Stadthindernisschicht (1-7) und Stadtgrenzschicht (8-11)

Tabelle 4 Vorschläge zur Beeinflussung des Stadtklimas

1. Einleitung

Ein immer größerer Anteil der Weltbevölkerung lebt in urbanen Räumen. Im Jahr 2010 lebten laut des Weltentwicklungsberichts mehr Menschen in städtischen Gebieten als auf dem Land. Prognosen zufolge wird diese Entwicklung auch weiterhin zu beobachten sein und der Anteil der Stadtbevölkerung wird bis zum Jahr 2030 auf rund 60% steigen (World Bank 2010). Diese zunehmende Konzentration von Bevölkerung und wirtschaftlicher Aktivität hat zur Folge, dass in urbanen Räumen ein Großteil der anthropogenen Treibhausgase ausgestoßen wird. Schätzungen zufolge sind rund 70% der anthropogen verursachten Emissionen Stadtregionen zuzurechnen (Oßenbrügge & Bechtel 2010, S.97). Vor allem in Bezug auf die aktuelle Debatte über den globalen Klimawandel und den zunehmenden Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase, rücken Städte immer mehr in den Fokus der Diskussion. Städte sind aber nicht nur der größte Verursacher, sondern ebenfalls am stärksten von den Konsequenzen betroffen.

Eine zunehmende Verdichtung und urbane Strukturen bewirken unweigerlich auch eine Veränderung der lokalen Klimaverhältnisse. Dieses Phänomen des Stadtklimas beschränkt sich dabei nicht nur auf Großstädte, sondern ist bereits in vergleichsweise kleinen Siedlungsgebieten anzutreffen. Die Auswirkungen des Stadtklimas spielen dabei auch in der Stadtplanung eine immer wichtigere Rolle. Im Folgenden findet zunächst eine Definition des Begriffs „Stadtklima“ statt, bevor die Faktoren und Auswirkungen bezüglich des Stadtklimas näher betrachtet werden. Anhand von verschiedenen Konzepten und Maßnahmen wird aufgezeigt, inwiefern es in der Stadtplanung möglich ist, den negativen Konsequenzen des Stadtklimas entgegenzuwirken.

Als Beispiele werden Stuttgart und der Freiburger Stadtteil Vauban angeführt, um zu zeigen, wie eine klimatologische Stadtplanung in urbanen Räumen aussehen kann. Neben einer Untersuchung von bereits umgesetzten Maßnahmen wird ein Schwerpunkt auf aktuellen Stadtentwicklungsprojekten liegen. Das Projekt Stuttgart 21 sowie die Heidelberger Bahnstadt sollen hinsichtlich ihrer Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit untersucht werden.

2. Stadtklima: Definition und Einteilung

Das Stadtklima ist ein gegenüber dem nicht bebauten Umland modifiziertes Klima, welches durch die urbanen Strukturen hervorgerufen wird. Im Vergleich zu nicht bebauten Flächen sind in städtischen Siedlungsräumen Ungleichheiten hinsichtlich des Klimas und der Lufthygiene vorzufinden. Kuttler (2004(1) S.187) definiert den Begriff Stadtklima wie folgt:

„Der urbane Siedlungsraum verursacht im Vergleich zu seiner nicht bebauten Umgebung klimatische und lufthygienische Veränderungen, die im Allgemeinen unter dem Begriff `Stadtklima` zusammengefasst werden. Hierunter versteht man ein mit der Bebauung in Wechselwirkung stehendes Klima, das zusätzlich durch Abwärme und anthropogene atmosphärische Spurenstoffe modifiziert wird.“

Das Klima auf unbebauten Flächen ist weitestgehend von natürlichen Gegebenheiten abhängig, während sich in Siedlungsgebieten ein durch die Bebauung beeinflusstes Klima ausprägt. Zusätzlich werden auch die Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft durch anthropogene Einflüsse (Aerosole) unter dem Begriff Stadtklima zusammengefasst. Besonders für die Angewandte Stadtklimatologie ist es daher vorteilhaft, das Stadtklima in seine zwei bedeutendsten Komponenten zu unterteilen (Matzarakis 2001, S.5):

1. Die thermische Komponente umfasst die Energetik der Stadtluft, d.h. Strahlung, fühlbare und latente Wärme, Gebäudewärme, Bodenwärme und anthropogen erzeugte Wärme.
2. Die lufthygienische Komponente umfasst die chemisch und physikalisch bedingte Qualität der Stadtluft infolge von Emissionen.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass beide Komponenten in Verbindung stehen und sich gegenseitig, z.B. über den turbulenten Luftmassenaustausch, beeinflussen können. In der derzeitigen Diskussion stehen lufthygienische Belastungen vor allem in den mittleren Breiten (z.B. Mitteleuropa) stärker im Fokus, da diese ganzjährlich auftreten und keine individuellen Schutzmaßnahmen vor Luftverunreinigungen getroffen werden können (Matzarakis 2001, S.6). Thermische Belastungen treten hingegen vor allem in den Sommermonaten auf und eine Anpassung durch individuelle Maßnahmen (z.B. Anpassung der Bekleidung, Aufsuchen von Schattenplätzen etc.) ist möglich (ebd.). Sowohl die thermische als auch die lufhygienische Belastung können in Extremfällen gesundheitsgefährdend sein. Hier wird häufig die thermische Belastung außen vor gelassen. Doch gerade in den vergangenen Jahren häuften sich vor allem in städtischen Gebieten Hitzeperioden. Als Beispiel kann hier die Hitzewelle 2003 in Süddeutschland angeführt werden, bei der Auswertungen zeigten, dass eine drastische Zunahme von Todesfällen, vor allem in Folge von Herz- Kreislauf- Erkrankungen, zu verzeichnen waren (Endlicher & Kress 2008, S.439).

3. Faktoren des Stadtklimas

Bei der Bildung des Stadtklimas spielen sowohl makro- als auch meso- und mikroskalige Faktoren eine Rolle. Diese stehen zueinander in Wechselwirkung und beeinflussen sich dadurch gegenseitig (Oßenbrügge & Bechtel 2010, S.102). Das Makroklima beschreibt dabei Klimafaktoren, die aufgrund der geographischen Lage an einem Ort gegeben sind. Die wichtigsten Parameter hierfür sind:

- Breitenlage,
- Relief- und Topographieverhältnisse,
- Entfernung zu großen Gewässern.

Das Meso- bzw. Mikroklima bezieht sich hingegen auf räumlich kleinere Einheiten und beschreibt somit Klimafaktoren, die durch die vorhandenen Stadtstrukturen beeinflusst werden können. Typische Untersuchungsgebiete sind etwa Städteballungen wie das Ruhrgebiet, aber auch kleinere Städte oder Dörfer (Lauer & Bendix 2006, S.13). Bei der Betrachtung des Stadtklimas sind die wichtigsten Einflussgrößen:

- Stadtgröße (sowohl die Einwohnerzahl als auch die Fläche)
- Art der Flächennutzung in der Stadt und im nicht bebautem Umland
- Kleinräumige topographische Verhältnisse
- Grad der Bodenversieglung
- Intensität der dreidimensionalen Strukturierung eines Stadtkörpers
- Ausstoß sensibler und latenter Abwärme aus technischen Prozessen
- Emissionsstärke luftverunreinigender Stoffe

Makroskalige Faktoren prägen somit zwar das Stadtklima, sind aber nicht beeinflussbar. Für die typischen Ausprägungen des Stadtklimas sind jedoch die meso- und mikroklimatischen Faktoren verantwortlich, da diese wesentlich stärker durch die städtische Bebauung beeinflusst werden. In Tabelle 1 sind die wichtigsten klimatischen Charakteristika, die das Stadtklima vom unbebauten Umland unterscheiden, aufgeführt.

Tab.1: Charakteristika des Stadtklimas einer westeuropäischen Großstadt (Kuttler 2004(1), S.189)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1) = anthropogene Kohlenwasserstoffe
2) = Peroxiacetylnitrat

Die zum Teil deutlichen Unterschiede, die das Stadtklima gegenüber dem unbebauten Umland aufweist, sind auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen. Daher wird in den folgenden Kapiteln ein Überblick darüber gegeben, wie städtische Strukturen Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse innerhalb eines Siedlungsgebiets nehmen können.

3.1 Urbane Energiebilanz

Die urbane Energiebilanz besteht aus der Strahlungs- und Wärmebilanz. In Städten ist die Energiebilanz neben makroklimatischen Bedingungen vor allem von Oberflächenbeschaffenheit bzw. dem Versieglungsgrad abhängig. Als Versieglungsgrad wird hierbei das Verhältnis der versiegelten Fläche zur entsprechenden Gesamtstadtfläche bezeichnet (Kuttler 2004(1), S.194). Da sich versiegelte und nicht versiegelte Flächen in ihrer thermischen und hydrologischen Reaktion stark voneinander unterscheiden, haben sie Auswirkungen auf die Energiebilanz und beeinflussen damit die klimatischen Verhältnisse in Siedlungsgebieten (ebd.). Zudem werden die Strahlungsverhältnisse durch bauliche Stadtstrukturen beeinflusst. Oßenbrügge & Bechtel (2010, S.103) sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Strahlungsfalle“ in urbanen Räumen (Abb.1). Damit ist gemeint, dass Straßenschluchten mit dicht aneinander stehenden Gebäuden die langwellige Ausstrahlung verringern können und somit die Strahlungs- und Energiebilanz erhöht wird. Desweiteren kann der vermehrte Ausstoß von Luftschadstoffen eine Trübung der Atmosphäre (Dunstglocke) bewirken. Dadurch wird die auftreffende kurzwellige Globalstrahlung reduziert und gleichzeitig die langwellige Gegenstrahlung erhöht. Insgesamt resultiert daraus ein etwas niedrigerer Wert für die versiegelten als für die nicht versiegelten Gebiete in der Strahlungsbilanz (Kuttler 2004(2), S.264).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb . 1: Stadtklima als Überlagerung von verschiedenen Prozessen (Oßenbrügge & Bechtel 2010, S.103)

3.2 Thermische und Hydrologische Eigenschaften von urbanen Räumen

Wie im vorhergehenden Kapitel bereits erwähnt, ist die Oberflächenbeschaffenheit in Städten entscheidend dafür, wie viel Energie entweder gespeichert oder an die Atmosphäre abgegeben wird. Hierbei lassen sich verschiedene Eigenschaften der Oberflächen identifizieren. Die thermischen Eigenschaften werden dabei unter anderem von der Farbe, dem Material und der Oberflächenrauigkeit bestimmt (Kuttler 2004(1), S. 195). Ein typisches Beispiel hierfür ist die Aspahltoberfläche, die im Vergleich zu einem natürlichem Boden (trockener Lehmboden) eine dreimal so hohe Wärmeleitfähigkeit vorzuweisen hat und mehr Wärme speichern kann (ebd.). Wieviel Wärme gespeichert wird ist zudem von der Albedo der jeweiligen Oberfläche abhängig. Unter der Albedo wird derjenige Anteil der Sonnenstrahlung verstanden, der beim auftreffen auf die Erdoberfläche direkt reflektiert wird. Als Beispiel kann hier ebenfalls die Asphaltoberfläche angeführt werden, die nur rund 10% der Globalstrahlung reflektiert und mehr Energie aufnimmt als unbebaute Oberflächen (Fezer 1995, S.48). Je niedriger folglich der Albedowert und je höher die Wärmespeicherfähigkeit eines Materials ist, desto mehr Wärmeenergie wird im Tagesverlauf aufgenommen und gespeichert (s.a. Kap. 4).

Die Oberfläche hat zudem Einfluss auf die hydrologischen Eigenschaften wie die Verdunstung und Versickerung sowie den Abfluss von Wasser. Gerade bei der Betrachtung des Stadtklimas ist die Verdunstung eine wichtige Größe. Versiegelte Flächen speichern in der Regel keine oder nur geringfügige Wassermengen. Der Grad der Verdunstungsaktivität hat jedoch einen temperatursenkenden Effekt auf die Lufttemperatur. Eine Asphaltstraße speichert folglich nicht nur mehr Energie als eine unbebaute Fläche, sondern gibt diese durch die nicht vorhandene Verdunstungsaktivität auch wesentlich langsamer ab (Kuttler 2004(1), S.196f). Die Oberflächenversieglung reduziert somit die Verdunstung, was eine Tempertaturerhöhung in urbanen Räumen bewirkt. Jedoch sind hier auch bei urbanen Oberflächen große Unterschiede bezüglich der hydrologischen Eigenschaften auszumachen (Tab. 2).

Tab. 2: Wasserhaushaltskomponenten versiegelter Flächen in Berlin (Kuttler 2004(1), S.196)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Messperiode: April 1985- März 1986

Die potentielle Verdunstung (nach Haude) belief sich in dem angegebenen Zeitraum auf 650mm

4. Städtische Wärmeinsel

Im Vergleich zum Umland sind in Siedlungsgebieten höhere Luft- und Oberflächentemperaturen anzutreffen (Abb. 2). Die Ausprägung einer „städtischen Wärmeinsel“ (engl. Urban Heat Island, UHI) ist ein Indikator dafür, wie stark die Stadtstrukturen das Klima beeinflussen. Der Effekt der städtischen Überwärmung ist in allen Siedlungsgebieten vorzufinden, wobei die Intensität dieses Effekts von zahlreichen Faktoren abhängig ist und große Unterschiede aufweisen kann. Die Temperaturdifferenz zwischen dem Stadtgebiet und dem nicht bebauten Umland ( T= TStadt-TUmland) liegt im Jahresdurschnitt zwischen +1 bis 2K, kann jedoch auch Maximalwerte von bis zu +10 bis 15K annehmen (Kuttler 2004(1), S.190). Besonders stark ausgeprägt ist dieser Effekt vor allem in Sommernächten, da hier die gespeicherte Wärme in Baukörpern wesentlich langsamer abgegeben wird als auf unbebauten Flächen. Die Ausprägung der städtischen Wärmeinsel hat zudem Einfluss auf die urbane Energiebilanz. Die Zusammenhänge werden in Tabelle 3 aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Skizzenhafte Darstellung des horizontalen Profils einer städtischen Wärmeinsel (EPA 2006, S.4)

4.1 Meteorologische Faktoren

Die wichtigsten meteorologischen Einflussgrößen auf die Ausprägung einer UHI sind der Wind und die Bewölkung. Gerade das bodennahe Windfeld wird durch die urbane Bebauung stark beeinflusst. Kuttler (2004(2), S.265) fasst die Charakteristika der Luftströmung in urbanen Gebieten im Unterschied zum nicht bebauten Umland wie folgt zusammen:

- niedrigere Windgeschwindigkeiten,
- häufigeres Auftreten von Windstillen,
- höhere Anzahl der Schwachwindstunden,
- Zunahme der mechanischen und thermischen Turbulenz sowie der Böigkeit und
- eine durch die Feingliederung der Oberfläche vorgegebene, meist starke Beeinflussung der Windrichtung als Folge der Kanalisierung durch Straßenschluchten.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Intensität der UHI umso größer ist, desto schwächer das Windaufkommen in einem Stadtgebiet ist (Fezer 1995, S.57). Das Windaufkommen hat demzufolge einen negativen Effekt auf die UHI. Ein hohes Windaufkommen reduziert den Temperaturunterschied zwischen dem Stadtgebiet und dem nicht bebauten Umland. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass innerstädtische Gebiete nicht zwangsläufig niedrigere Windgeschwindigkeiten als das Umland aufweisen. Eine ausgeprägte UHI kann thermische Turbulenzen verursachen und die Bebauung die Böigkeit in Siedlungsgebieten erhöhen, wodurch höhere Windgeschwindigkeiten als im Umland auftreten können (Kuttler 2004(2), S.266). Dennoch gilt im Allgemeinen: Je enger die Gassen und je höher die Gebäude sind, desto schwächer ist die Durchlüftung. Eine Generalisierung ist dabei allein aufgrund der unterschiedlichen Stadtstrukturen und topographischen Verhältnisse nicht bzw. kaum möglich.

Einen ebenfalls negativen Effekt auf die UHI hat der Wolkenbedeckungsgrad. Bei starker Bewölkung vermindert sich die an der Siedlungsoberfläche auftreffende Globalstrahlung, wodurch sich die Strahlungsbilanz verringert. Da dadurch die Gebäude im Tagesverlauf weniger stark aufgeheizt werden und weniger Wärme speichern, reduziert sich der Effekt der nächtlichen Überwärmung (s.a. Kap. 4.2). Folglich ist die Intensität der UHI auch von der Jahreszeit abhängig, da die intensivere und längere Sonnenscheindauer in den Sommermonaten eine stärkere Aufheizung der Baukörper ermöglicht und der Wärmeinseleffekt verstärkt wird.

Tab. 3: Wahrscheinliche Ursachen für die Ausbildung von Wärmeinseln in der Stadthindernisschicht (1-7) und Stadtgrenzschicht (8-11) (vgl. Abb. 1; nach Kuttler aus Soukopp & Wittig 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2 Stadtgestalt und Stadtgröße

Wie bereits erwähnt, hat die Bebauung einen großen Einfluss auf die Windverhältnisse und damit auf das Stadtklima. Die Baukörper wirken dabei als Hindernisse für den Wind und erhöhen die Rauigkeit der Oberfläche (Oßenbrügge & Bechtel 2010, S.103). Im Unterschied zu den meteorologischen Faktoren haben die Stadtgestalt und die Stadtgröße zumeist positive, d.h. temperaturerhöhende, Effekte auf die UHI- Intensität. Nicht nur die Beeinflussung der Windverhältnisse, sondern in erster Linie die Speicherung von Wärme durch Gebäude und versiegelte Flächen sind ausschlaggebend für die UHI. Bebaute Flächen speichern Wärme wesentlich länger als unbebaute Gebiete und geben diese langsamer ab. Dies hat zur Folge, dass die nächtliche Abkühlung in urbanen Räumen wesentlich langsamer stattfindet als im Umland. Wie stark dieser Effekt ist hängt auch von der Bauweise und Bauart ab. Unterschiede können hier auf kleiner Maßstabsebene schon sehr ausgeprägt sein. Eine breite Straße oder ein großer Parkplatz können sich über die Mittagszeit schnell aufheizen und kühlen in der Nacht zügig aus. Eine enge Seitenstraße, die von einer dichten Bebauung umgeben ist, kühlt hingegen wesentlich langsamer aus, da die Gebäude in der Umgebung die gespeicherte Wärme nur langsam abgeben (Fezer 1995, S.36). Diese nächtliche Nachlieferung von Energie aus Baustoffen ist einer der wichtigsten Faktoren für die Entstehung einer UHI. Auf nicht bebauten Flächen wird in den wenigsten Fällen soviel Energie gespeichert, wie in den Baumaterialien von Gebäude (ebd.). Die Dichte sowie die Höhe als auch die verwendeten Baumaterialien der Baukörper sind entscheidende Faktoren, die die Bildung einer UHI begünstigen und damit einen großen Einfluss auf das Stadtklima haben.

Auch die Stadtgröße muss in diesem Zusammenhang näher betrachtet werden. Man könnte leicht davon ausgehen, dass mit einer Erweiterung der Siedlungsfläche und einem Bevölkerungswachstum der Wärmeinseleffekt verstärkt wird. Hierbei muss jedoch nach Einzelfällen unterschieden werden, da je nach Stadttyp dieser Effekt sehr unterschiedlich beeinflusst wird. Fezer (1995, S.39) unterscheidet hier zwischen Gartenstädten, Hochhausvierteln und dichtbebauten Stadtkernen. Bei den zwei Erstgenannten bewirkt auch eine starke Ausdehnung nur sehr geringe Unterschiede in der Wärmeproduktion, wohingegen die Ausdehnung des dicht bebauten Stadtkerns vergleichsweise große Temperaturanstiege zur Folge haben kann. Der Hauptgrund hierfür ist der Versieglungsgrad, der in dicht bebauten Stadtzentren in der Regel höher ist als in Gartenstädten oder Hochhausvierteln und für eine stärkere Überwärmung sorgt (vgl. Kap. 3.1).

4.3 Anthropogene Faktoren

Auch die anthropogene Wärmeproduktion trägt positiv zur UHI bei. Vor allem durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen, Kraftwerken, Industrieanlagen und der Gebäudeklimatisierung werden thermische Emissionen freigesetzt, die das Stadtklima beeinflussen. Die Höhe der Abwärme ist dabei von mehreren Faktoren abhängig. Je größer die Stadt ist bzw. die Einwohnerzahl, desto höher ist in der Regel die anthropogene Wärmeproduktion.

[...]

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Klimatologische Stadtplanung. Maßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas in Stuttgart und Vauban in Freiburg
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Geographisches Institut)
Note
3,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
45
Katalognummer
V316151
ISBN (eBook)
9783668150676
ISBN (Buch)
9783668150683
Dateigröße
1982 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stuttgart, Klima, Stadtklima, Vauban
Arbeit zitieren
Alois Weiß (Autor:in), 2012, Klimatologische Stadtplanung. Maßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas in Stuttgart und Vauban in Freiburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316151

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