Die Rolle der BIG Four Abschlussprüfer bei nichtkapitalmarktorientierten Unternehmen

Eine empirische Analyse


Masterarbeit, 2015

79 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Problemstellung

2. Rahmenbedingungen für Abschlussprüfungsgesellschaften
2.1. Geschichte der BIG Four Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen
2.3. Asymmetrische Informationen und Principal-Agent Theorie
2.4. Quasirentenansatz nach DeAngelo

3. Stand der Forschung
3.1. Marktkonzentration
3.2. Honorardeterminanten
3.3. Unabhängigkeit der Abschlussprüfer
3.4. Publizitätspflicht

4. Konzeption der empirischen Untersuchung
4.1. Stichprobe
4.1.1. Generierung der Stichprobe
4.1.2. Gründe für Ausschlüsse von Unternehmen
4.2. Forschungsfragen
4.3. Hypothesen

5. Ergebnis der Untersuchung
5.1. Marktkonzentration
5.1.1. Marktkonzentration Abschlussprüferhonorare
5.1.2. Marktkonzentration hinsichtlich weiterer Honorararten
5.1.3. Aufteilung der Honorararten
5.1.4. Marktkonzentration aller Honorare
5.2. Marktanteile am Prüfungsmarkt
5.2.1. Marktanteile gesamt
5.2.2. Marktanteile der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in einzelnen Branchen
5.3. Weitere Spezifika für BIG Four Gesellschaften am Markt für nichtkapitalmarktorientierte Unternehmen
5.3.1. Entfernung zwischen dem Hauptsitz des geprüften Unternehmens und der testierenden Filiale des Abschlussprüfers
5.3.2. Abschlusserstellungszeitraum
5.3.3. Anzahl der Mandate je Prüfgesellschaft
5.3.4. Verweigerung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks
5.4. Honorardeterminaten
5.4.1. Grundmodell
5.4.2. Erste Variation des Grundmodells
5.4.3. Zweite Variation des Grundmodells
5.4.4. Dritte Variation des Grundmodells
5.4.5. Vierte Variation des Grundmodells
5.4.6. Fünfte Variation des Grundmodells
5.5. Zusammenfassung der Ergebnisse der Honoraruntersuchung mit der Überprüfung der aufgestellten Hypothese
5.6. Limitationen der Modelle und Ergebnisse
5.7. Publizität der Abschlussprüferhonorare
5.8. Offene Forschungsfragen

6. Thesenförmige Zusammenfassung

7. Anhang

7.1. Anhang 1

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mittelwert der Konzentrationsrate am Markt der vier größten Abschlussprüfer im Zeitverlauf, eigene Darstellung

Abbildung 2: Mittelwert des Gini-Koeffizienten am Prüfungsmarkt auf Basis der Literatur im Zeitverlauf, eigene Darstellung

Abbildung 3: Selektionskriterien zur untersuchten Stichprobe, aus: Amadeus Datenbank, Excel Export

Abbildung 4: Konzentrationsgrade bei Abschlussprüferhonoraren im Datensample, eigene Darstellung

Abbildung 5: Konzentrationsgrade verschiedener Honorararten im Datensample, eigene Darstellung

Abbildung 6: Verteilung der Honorare bei BIG Four Prüfern, eigene Darstellung

Abbildung 7: Verteilung der Honorare bei Nicht-BIG Four Prüfern, eigene Darstellung

Abbildung 8: Konzentrationsgrade bei Betrachtung aller Honorararten, eigene Darstellung

Abbildung 9: Marktanteile der größten Prüfungsgesellschaften auf Mandanten- und Honorarbasis, eigene Darstellung

Abbildung 10: Marktanteile in einzelnen Branchen separiert nach BIG Four Gesellschaften und Sonstigen, eigene Darstellung

Abbildung 11: Entfernungen zwischen Abschlussprüfer und Hauptsitz des geprüften Unternehmens, eigene Darstellung

Abbildung 12: Zeitverzug zwischen dem Ende des Geschäftsjahrs und dem Bestätigungsvermerk in Tagen, eigene Darstellung

Abbildung 13: Anzahl Prüfungsgesellschaften mit bestimmten Anzahlen von Mandaten, eigene Darstellung

Abbildung 14: Häufigkeit der Verweigerung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerkes

Abbildung 15: Histogramm der Abschlussprüfungshonorare, SPSS Export

Abbildung 16: P-Plot des Grundmodells, SPSS Export

Abbildung 17: Scatterplot zur ersten Modellvariation, SPSS Export

Abbildung 18: Modellzusammenfassung zur zweiten Modellvariation, SPSS Export

Abbildung 19: Koeffizientenübersicht zur zweiten Modellvariation, SPSS Export

Abbildung 20: Histogramm der Honorare nach der Reduzierung des Intervalls, SPSS Export

Abbildung 21: P-Plot des fünften Variationsmodells, SPSS Export

Abbildung 22: Zusammenfassung der Wirkungsrichtungen und Signifikanzen als Aggregation der verschiedenen Variationsmodelle, SPSS Export

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Prüfpflicht bei Unternehmen unterschiedlicher Größe

Tabelle 2: Übersicht der Determinanten für Abschlussprüferhonorare in Anlehnung an Hay 2013, S. 169-173, eigene Darstellung

Tabelle 3: Ausschlüsse aus der Grundgesamtheit vor der Untersuchung, eigene Darstellung

Tabelle 4: Korrelation der Determinanten im Grundmodell, SPSS Export

Tabelle 5: Grundmodell Zusammenfassung, SPSS Export

Tabelle 6: Auswertung der Koeffizienten des Grundmodells, SPSS Export

Tabelle 7: Korrelationen der Determinanten im ersten Variationsmodell, SPSS Export

Tabelle 8: Zusammenfassung des ersten Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 9: Koeffizientenübersicht im ersten Variationsmodell, SPSS Export

Tabelle 10:: Korrelation der Determinanten im dritten Variationsmodell, SPSS Export

Tabelle 11: Modellzusammenfassung des dritten Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 12: Koeffizienten des dritten Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 13: Modellzusammenfassung des vierten Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 14: Koeffizienten des vierten Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 15: Modellzusammenfassung des fünften Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 16: Koeffizienten des fünften Variationsmodells, SPSS Export

Tabelle 17: Gegenüberstellung der Ergebnisse der Metastudie von Hay 2013 und den gefundenen empirischen Ergebnissen, eigene Darstellung

1. Problemstellung

„Großfusion auf dem Beratermarkt“1 und „Wirtschaftsprüfungsgesellschaften - Die Macht der Insider“2 sind nur zwei der aktuellen Schlagzeilen, welche das Verhältnis zwischen Abschlussprüfungsgesellschaften und den Einschätzungen der Öffentlichkeit verdeutlichen. Aus diesem Spannungsfeld eines sich verändernden Marktes mit „Insider[n]“ ergeben sich Forschungsfelder, welche sowohl für die Praxis als auch die theoretische Fundierung von Erkenntnissen enorme Bedeutung haben. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tangieren mit ihrer Arbeit die Wirtschaft, welche in Form der Unternehmen durch sie geprüft wird, die Politik, welche die Rahmenbedingungen der Prüfung vorgibt, als auch die einzelnen Individuen, welche als Arbeitnehmer oder Aktionäre einer Firma direkt durch die Prüfung der Gesellschaft betroffen sind.

Dadurch ergibt sich eine Dringlichkeit rund um die Forschung vor allem bezüglich der Honorare der Abschlussprüfer, da diese der wichtigste Indikator für die Macht und Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind. Dabei sind es vor allem die BIG Four, die den Markt dominieren und deren Stellung in einem Marktsegment wie dem untersuchten von überragender Bedeutung ist, um Rückschlüsse auf das Funktionieren des Marktes zu ziehen, beziehungsweise um Parallelen oder Unterschiede zu anderen Marktsegmenten erkennen und erklären zu können. Außerdem stellt sich die Frage inwiefern die BIG Four aufgrund ihrer Marktstellung höhere Prämien erzielen können, als dies bei Nicht-BIG Four Gesellschaften der Fall ist.

In der bisherigen Forschung wurden vor allem vier verschiedene Bereiche betrachtet und dabei ein besonderer Fokus auf die Bedeutung der BIG Four im Kontext dieser Fragestellungen gelegt:

a) die Marktkonzentration auf dem Prüfermarkt und damit verbunden die Marktmacht der Prüfungsgesellschaften,
b) die Publizitätsstandards der geprüften Unternehmen hinsichtlich der Honorare,
c) die Determinanten der Prüfungshonorare,
d) die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer.

Aufgrund dessen, dass die Datenerhebung bei nichtkapitalmarktorientierten Unternehmen um einiges schwerer ist, als dies bei Unternehmen der Fall ist, die durch ihre Orientierung am Kapitalmarkt ihre Daten schneller und transparenter publizieren, wurden bisher keine Studien in Deutschland durchgeführt, welche die verschiedenen Themenkomplexe in eben jenem Segment, untersucht haben. Um diese Forschungslücke zu füllen sollen in der vorliegenden Arbeit anhand von 500 Jahresabschlüssen nichtkapitalmarktorientierter Unternehmen die Forschungsfragen a), b) und c) rund um Abschlussprüferhonorare in Deutschland erörtert werden.

Dafür werden in Kapitel zwei die rechtlichen und theoretischen Fundierungen dargestellt sowie die Bedeutung der BIG Four erläutert. Darauf aufbauend wird in Kapitel drei auf den Stand der Forschung eingegangen. In Kapitel vier wird weitergehend das Datensample sowie die Methodik des Vorgehens vorgestellt. Danach werden in Kapitel fünf die Ergebnisse der empirischen Untersuchung beschrieben, bevor in Kapitel sechs eine thesenförmige Zusammenfassung einen Überblick über die gewonnenen Erkenntnisse gibt.

2. Rahmenbedingungen für Abschlussprüfungsgesellschaften

2.1. Geschichte der BIG Four Wirtschaftsprüfungsgesellschaften

Dass der Titel der Arbeit sich nicht auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im allgemeinen bezieht, sondern auf die besondere Bedeutung der BIG Four Abschlussprüfer hängt mit deren enormer Bedeutung zusammen. Doch nicht immer waren es die BIG Four, ursprünglich gab es im Markt für Abschlussprüfungsleistungen die BIG Eight. Diese entstanden in den 1980er Jahren durch den Zusammenschluss verschiedener regionaler Prüfgesellschaften.3 Im Jahr 1989 fusionierten die Prüfgesellschaften Ernst & Whinney mit Arthur Young zu Ernst & Young, sowie Deloitte, Haskins & Sells mit Touche Ross zu Deloitte & Touche zu den BIG Six. Neun Jahre später nahm die Konsolidierung am Wirtschaftsprüfermarkt mit der Fusion von Price Waterhouse mit Coopers & Lybrand weiter zu bis sie im Jahr 2001 im Zuge des Enron Bilanzskandals mit dem Zusammenbruch der Arthur Anderson Gruppe ihren vorläufigen Höhepunkt fand und die noch heute existierenden BIG Four entstanden.4

Diese sind namentlich Deloitte & Touche, Ernst & Young, KMPG sowie PWC. Am deutschen Prüfungsmarkt dominieren diese vier Gesellschaften mit über 80% Anteil.5 Durch diese hohe Marktmacht entsteht ein Oligopol am Wirtschaftsprüfungsmarkt, was bisher aber vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen festgestellt wurde. Die BIG Four sind aufgrund der vielen von ihnen betreuten Mandaten dabei auch finanziell in der Lage, Mitarbeiter mit hoher fachlicher Expertise zu beschäftigen und ein dichtes Netz an Dependancen im Zielmarkt zu unterhalten. Misst man den Gesamtumsatz der BIG Four Gesellschaften in Deutschland ist PWC momentan die größte der Gesellschaften, gefolgt von KPMG und Ernst & Young. Mit deutlichem Abstand auf dem vierten Rang folgt Deloitte & Touche. Ihr Umsatz war im Jahr 2013 etwa halb so hoch wie der von Ernst & Young.6

Welche Gründe es aber überhaupt für die Überprüfung der Abschlüsse von Unternehmen gibt, wird in den nächsten beiden Teilkapiteln zum rechtlichen und theoretischen Rahmen erläutert.

2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen

Informationen über die Situation eines Unternehmens sind eine elementare Voraussetzung für deren Funktionieren aus interner und externer Sicht. Dabei sind verschiedene Anspruchsgruppen auf diese Informationen angewiesen. Von den Arbeitnehmern über die Aufsichtsräte, die Eigen- und Fremdkapitalgeber, die Aufsichts- und Finanzbehörden sowie Lieferanten existieren unterschiedliche Interessen bezüglich des Unternehmens, sie werden daher auch als Stakeholder bezeichnet. Die verschiedenen Bilanzskandale der Vergangenheit, sowie die Erfahrungen aus der Finanzkrise (WorldCom, Enron, Hypo Real Estate, Lehman Brothers) haben die Bedeutung verlässlicher Informationen, zur optimalen Entscheidungsfindung wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.7 Die grundsätzliche Veröffentlichung von Informationen über die aktuelle Lage der Unternehmen unterliegt dabei gesetzlichen Voraussetzungen, welche mit der Größe der Unternehmen variieren. Für Konzerne, bei welchen die Muttergesellschaft als Kapitalgesellschaft firmiert und keine Befreiungsvorschriften nach §291 bis 293 HGB bestehen, existieren folgende Rechnungslegungspflichten: Nach §290 HGB in Verbindung mit §297 (1) HGB müssen bei der Rechnungslegung folgende Bestandteile mit veröffentlicht werden: Konzernbilanz, Konzern Gewinn- und Verlustrechnung, Konzernanhang, Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalspiegel und optional eine Segmentberichterstattung. Bei kapitalmarktorientierten Unternehmen, welche in der vorliegenden Arbeit explizit nicht berücksichtigt werden, ist die Segmentberichterstattung aufgrund der Rechnungslegung nach IFRS obligatorisch. Die Konzernabschlüsse müssen im Bundesanzeiger nach §325 (1) HGB veröffentlicht werden und nach §325 (3) HGB den Bestätigungsvermerk oder einen Verweis auf das Versagen dieses Vermerkes beinhalten.8

Bei der Steuerung eines Unternehmens gibt es Prüfungsinstitutionen und Entscheidungsinstitutionen. Die zentrale Institution bei der externen Prüfung sind dabei die Wirtschaftsprüfer. Die Aufgabe der Wirtschaftsprüfer ist es, die Einzelund Konzernabschlüsse zu prüfen, sowie Bestätigungs- oder Versagensvermerke zu erteilen. Tabelle 1 fasst die existierenden Prüfpflichten zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Prüfpflicht bei Unternehmen unterschiedlicher Gr öß e

Die Unterschiede in der Größe der Unternehmen quantifizieren sich durch festgelegte Größen in §267 (1) 4 nach der Bilanzsumme, dem Umsatz und der Mitarbeiteranzahl. Darauf soll im Weiteren aber nicht intensiver eingegangen werden. Da den Wirtschaftsprüfern somit als externe Prüfinstitution eine enorme Bedeutung zukommt und die bereits erwähnten Bilanzskandale das Vertrauen in die Wirtschaftsprüfungsinstitutionen erschüttert haben, wurden nach der Ratifizierung der 8. EG Richtlinie (2006/43/EG)9 in Deutschland in den letzten Jahren zwei einschneidende Gesetze zur Honorarpublizität ratifiziert. Mit dem BilReG wurde ab dem Fiskaljahr 2005 eingeführt, dass deutsche Unternehmen nach § 285 Nr. 17 bzw. § 314 I Nr. 9 HGB folgende Honorararten veröffentlichen müssen:

a) Abschlussprüfungsleistungen

b) andere Bestätigungsleistungen

c) Steuerberatungsleistungen

d) sonstige Leistungen.10

Gemäß der Gesetzesbegründung des BilReG ist die Intention dieser Publizität, den Bilanzadressaten Informationen über die Höhe der Abschlussprüfungsleistungen (a) und über weitere Vergütungsbestandteile (b-d) zu geben. Das Verhältnis zwischen dem Prüfungshonorar und dem Nichtprüfungshonorar soll dabei als Indikator für die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers fungieren und damit Aufschluss über eine mögliche Befangenheit des Konzernabschlussprüfers geben.11

Der Wortlaut des Gesetzes beschränkt dabei die Honorare auf den Konzernabschlussprüfer im Sinne von §318 HGB, also das bestellte Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Dadurch werden Honorare, welche nicht vom Konzernabschlussprüfer erbracht werden nicht in den Anhangsangaben berücksichtigt. Falls dadurch nicht eingeschlossene Honorare anfallen, können diese im Anhang mit einem Davon-Vermerk versehen veröffentlicht werden. Für ausländische Tochtergesellschaften tritt durch die ungenaue Gesetzes- formulierung eine Verzerrung der Honorare ein, § 314 (1) 9 HGB ist dahingehend unpräzise formuliert, ob die Honorare von (internationalen) Verbund- oder Netzwerkmitgliedern des Konzernabschlussprüfers im Abschluss angegeben werden müssen. Durch diese Tatsachen existieren zwei unterschiedliche Deutungen der Honorare im Abschluss. Hat das Unternehmen keine ausländischen Töchter, entsprechen die ausgewiesenen den tatsächlichen Honoraren. Befinden sich allerdings ausländische Tochterunternehmen im Konsolidierungskreis, ist davon auszugehen, dass die ausgewiesenen Honorare geringer ausfallen, als die tatsächlich entrichteten.12

Die zweite einschneidende Gesetzesänderung zur Publizität der Honorare wurde im Zuge des BilMoG eingeführt. Ab dem 1.1.2010 besteht für sämtliche prüfungspflichtige Unternehmen mit Zahlungen von Honoraren an den Abschlussprüfer im Einzelabschluss eine Publizitätspflicht ungeachtet einer Kapitalmarktorientierung des Mutterkonzerns.13

2.3. Asymmetrische Informationen und Principal-Agent Theorie

Die bereits betonte Wichtigkeit der Informationen kommt vor allem dadurch zustande, dass die Informationen nicht symmetrisch bei allen Beteiligten vorliegen. Es entstehen enorme Differenzen im Wissen um die wahre Situation des Unternehmens. Die Unternehmensführung hat dabei die meisten und genauesten Informationen, während die Anteilseigner und auch andere Stakeholder von der Informationsbereitstellung der Unternehmensführung abhängig sind, um sich ein Bild über die Situation des Unternehmens machen zu können. Diese Beziehung, auch unter Einbeziehung der Wirtschaftsprüfer, lässt sich dabei am besten über die Principal-Agent Theorie erläutern.

Der Principal als Auftraggeber ist der Anteilseigner, während der Agent oder Auftragsnehmer die Geschäftsführung ist. Der Principal kann dabei durch das Abgeben der Entscheidungsbefugnisse an den Agenten dessen Leistung nicht mehr genau beobachten, somit ist der Principal auf die Leistungsbeurteilung Dritter oder des Agenten selbst angewiesen. Der Agent kann dabei Eigenschaften zu seiner eigenen Person (hidden characteristics), Handlungsalternativen (hidden action) oder eigene Absichten oder Strategien (hidden intention) vor dem Principal verbergen. Somit ist es für den Principal von entscheidender Bedeutung durch unabhängige Prüfung, sei es intern oder extern durch eine Prüfgesellschaft, sein Wissen um die wahren Absichten und Verhaltensweisen des Agenten zu erhöhen.14 Rechnungslegungsnormen können somit als Normierung für den Informationstransfer zwischen Agent und Principal gesehen werden. Trotz allem gibt es durch die Wahlrechte in der Rechnungslegung für den Principal die Möglichkeit für Maßnahmen zur Veränderung des Ergebnisses.

Die Asymmetrie der Informationen führt in Abhängigkeit der zeitlichen Komponente zu zwei Hauptproblemen, die ein Motiv für die Prüfung des Konzernabschlusses durch den Wirtschaftsprüfer darstellen, Adverse Selektion und moral hazard. Adverse Selektion ist in Principal-Agenten Beziehungen zu beobachten, wenn der Agent vor dem Abschluss des Vertrages mit dem Principal einen Informationsvorsprung über seine eigene Leistungsfähigkeit hat (hidden characteristics). Damit ist ein Vertragsangebot, was den Arbeitseinsatz und die Entlohnung des Agenten bestimmt, vor allem für Agenten reizvoll, die mit einem nicht beobachtbaren Arbeitseinsatz die vereinbarte Entlohnung erhalten können. Beim Problem des moral hazards sind zwar zum Vertragsabschluss die Informationen symmetrisch verteilt, es besteht aber für den Agenten der Anreiz nach dem Vertragsabschluss seinen Arbeitseinsatz zu reduzieren, um damit eine nicht leistungsgerecht hohe Entlohnung zu erzielen. Beide Probleme schlagen sich über das Rechnungswesen in der Bilanz des Unternehmens wieder, welche für den Principal ein wichtiger Indikator für den Erfolg darstellt. Genau dort setzt die Wirtschaftsprüfung an, welche durch die Prüfung des Abschlusses eben diese informationsasymmetrischen Probleme versucht zu beseitigen.15 Allerdings ist die Anwendung der Principal-Agent Theorie nicht nur auf das Verhältnis Geschäftsführung - Anteilseigner zu reduzieren. Der Wirtschaftsprüfer selbst wird durch die Beauftragung der Anteilseigner wiederum zum Agenten dieser, da auch für die Wirtschaftsprüfer ein Anreiz besteht, den Prüfungsaufwand gering zu halten um eine höhere Entlohnung zu erhalten, als sie leistungsgerecht zustehen würde.16 Trotz dieses Problems erwächst die Argumentation für eine Pflichtmäßigkeit zur Abschlussprüfung aus zwei Faktoren. Zunächst ist dabei das Kosten-Nutzen- Verhältnis zu nennen, welches zwischen den Auswirkungen für individuelle Unternehmen und den Stakeholdern abwägt. Den Kosten des Unternehmens für die Prüfung steht mit einer zeitlichen Verzögerung eine Erhöhung der Glaubwürdigkeit und damit eine Reduzierung der Kapitalkosten gegenüber, dies ist aber nicht sicher quantifizierbar. Aus diesem Grund wird der Nutzen der Abschlussprüfung von risikoaversen Firmen eher unterschätzt und somit liegt der erwartete unter dem tatsächlichen Nutzen. Ist der Preis der Prüfung so hoch wie der tatsächliche Grenznutzen dieser, bleibt die Nachfrage ohne eine Pflicht zur Prüfung, aufgrund des geringeren erwarteten Nutzens, unter dem gesamtwirtschaftlichen Optimum für die Nachfrage. Der zweite Faktor, welcher für die Pflicht zur Prüfung spricht, sind externe Effekte. Durch die potenzielle Aufdeckung von Gefahren im Abschluss des Unternehmens und deren Aufdeckung durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tritt ein positiver externer Effekt für die Stakeholder ein. Da alle Stakeholder um diesen positiven Effekt wissen und keine Ressourcen für diesen bereitstellen wollen, würden alle darauf warten, dass einer aus der Anspruchsgruppe die Dienstleistung nachfragt, um dann als Trittbrettfahrer von den Informationen profitieren zu können. Somit würden ohne die Pflicht zur Prüfung weniger Prüfleistungen nachgefragt werden, als dies gesamtwirtschaftlich optimal wäre.17

Dadurch entsteht eine grundsätzliche Notwendigkeit zur Überprüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse schon aus den theoretischen Rahmenbedingungen. Vor allem für die Größe von Prüfgesellschaften relevant und damit im Kontext der BIG Four Gesellschaften als theoretische Grundlage unabdingbar, ist der Quasirentenansatz von DeAngelo.

2.4. Quasirentenansatz nach DeAngelo

Dieser Ansatz geht davon aus, dass die erste Prüfung eines Unternehmens über die Einarbeitung in die Zusammenhänge sowie das Geschäftsumfeld des Auftraggebers für die Prüfgesellschaft mit erhöhten Kosten (sogenannten Start-Up Kosten) verbunden ist. Folgeprüfungen sind durch das bereits erworbene Wissen zum Unternehmen dementsprechend mit geringeren Kosten verbunden. Dadurch besteht für den Prüfer der Erstprüfung ein Kostenvorteil über den Wissensvorsprung gegenüber anderen Prüfern. Somit wäre der Wechsel des Prüfers für den Auftraggeber nachteilig und der Prüfer kann Honorare verlangen, welche über seinen Kosten für die Folgeprüfung liegen und damit Quasi-Renten erzielen. Für beide Seiten besteht damit ein Anreiz die Geschäftsbeziehung fortzusetzen. Für das Unternehmen bedeutet dies geringere Kosten, für den Prüfer das Erzielen von Quasi- Renten. Aus diesem Grund entsteht ein beidseitiges Drohpotenzial zur Beendigung der Geschäftsbeziehung. Der Prüfer könnte eine Erhöhung seiner Honorare verlangen, das geprüfte Unternehmen ein Entgegenkommen hinsichtlich des Prüfurteils. Damit entsteht eine Abhängigkeit des Prüfers hinsichtlich der Prüfung. Auf der anderen Seite hat der Prüfer andere Mandate, welche bei einem Zweifel an der Akkuratheit der Prüftätigkeit wiederrum der Prüfgesellschaft ihr Mandat entziehen könnten, was andere Quasi-Renten für den Prüfer in potenzielle Gefahr bringt und damit seine Unabhängigkeit wieder erhöht. Desto mehr Mandate ein Prüfer hat, desto höher ist folglich seine Unabhängigkeit, da die Quasi-Renten aus einer Mandantenbeziehung dadurch immer unbedeutender werden.18 Somit gilt für die BIG Four, dass durch ihre Größe dem potenziell geprüften Unternehmen eine Unabhängigkeit des Urteils suggeriert wird, was eine wichtige Bedeutung für ihre Stellung im Wirtschaftsprüfungsmarkt hat.

Im folgenden Abschnitt soll der Stand der Forschung zur Bedeutung der BIG Four im Kontext der Wirtschaftsprüfung in Deutschland gegeben werden, bevor dann empirische Befunde zu diesem Thema dargelegt werden.

3. Stand der Forschung

3.1. Marktkonzentration

Einen eminent wichtigen Teil der Forschung macht die Frage nach der Konzentration des Marktes für Abschlussprüfungsleistungen aus, da eine hohe Konzentration am Prüfermarkt mit einer hohen Marktmacht der dominierenden Unternehmen einhergehen kann und aus diesem Grund politisch nicht gewollt ist.19 Um die Marktmacht zu ermitteln, gibt es dabei verschiedene Maße, welche bei der späteren empirischen Erhebung ebenfalls berechnet werden, deren Zusammensetzung aus diesem Grund kurz erläutert werden soll.

Die Konzentrationsrate ist ein häufig ermitteltes, weil einfach zu berechnendes und in der Aussage eindeutiges Maß. Formal wird sie berechnet als:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei kann für die interessierenden Merkmalsausprägungen jeder belieBIGe ganzzahlige Wert zwischen 1 und n eingesetzt werden. Am häufigsten wird in der Literatur die Konzentrationsrate der vier größten Gesellschaften für Wirtschaftsprüfungsleistungen, die BIG Four Gesellschaften ermittelt. Vereinfacht gesagt wird hierbei der Marktanteil einer bestimmten Anzahl von Unternehmen gemessen.

Zwei weitere, in der Berechnung etwas komplexere Maße, welche oft in der Literatur verwendet werden, sind die aggregierten Konzentrationsmaße HerfindahlHirschmann-Index und Gini Koeffizient:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Rein formal ergibt sich aus dem Herfindahl-Hirschmann-Index eine Spannbreite der

Ergebnisse zwischen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und 1. Bei der Betrachtung des Gini-Koeffizienten, welcher eine Verhältniskennzahl ist, deren Anstieg eine zunehmende Ungleichheit anzeigt, ist die formale Berechnung wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten20

Die Werte, welche für den Gini-Koeffizienten eintreten können, liegen zwischen 0 und 1, wobei ein Wert von 1 eine völlige Ungleichverteilung des Marktes signalisiert und ein Wert um 0 eine völlige Gleichverteilung. Je näher die Konzentrationsrate also am Wert eins ist, desto ungleicher ist der Markt verteilt.

Für einen umfassenden Einblick in den bisherigen Stand der Marktkonzentrationsforschung in Deutschland wurden systematisch Studien gesucht, welche sich in den letzten Jahren mit Abschlussprüfungshonoraren in Deutschland auseinandergesetzt haben und deren Ergebnisse zu einer Metaanalyse aggregiert und verdichtet.21 Dabei wurden bis zur erwähnten Veröffentlichungspflicht der Abschlussprüfungshonorare in den Studien häufig die Bilanzsumme, der Umsatz oder die Quadratwurzel der Bilanzsumme als Surrogate zur Ermittlung der Konzentration verwendet. Dies bringt eine gewisse Unschärfe mit sich, was eine Schwäche der Auswertung ist, aber für einen Einblick in den Stand der Forschung eine hinreichende Approximation an die tatsächlichen Verhältnisse darstellt.

Eine marktbestimmende Konzentration besteht bei einem Marktanteil von mehr als 66% bei fünf oder weniger Unternehmen, dann spricht man von einem Oligopol.22

Aus Abbildung 1 geht deutlich hervor, dass der Markt für

Wirtschaftsprüfungsleistungen in Deutschland im Zeitverlauf zwischen 1989 und 2010 fast immer über dieser Grenze lag. Der ‘Ausreißer‘ im Jahr 1992 stammt dabei nur aus einer Studie und kann aus diesem Grund nicht zwangsläufig als repräsentativ angesehen werden. Zwischen den Jahren 2001 und 2006 ist ein sehr hoher Anstieg der Konzentrationsrate erkennbar. Dieser kann mit dem Zusammenbruch der Arthur- Anderson-Gruppe im Zuge des Enron Skandals 2002 in Zusammenhang gebracht werden23 sowie den bereits bis 1998 stattgefundenen Fusionen am Wirtschaftsprüfungsmarkt.24 Der fast ausschließliche Teil der Studien bezieht sich dabei auf die Ermittlung der Konzentration im Prime Standard des deutschen Kapitalmarktes. Weiterhin auffällig ist das leichte Abflachen der Konzentrationsrate nach 2006. Dies kann möglicherweise auf die Veröffentlichungspflichten und die damit einhergehende Unabhängigkeitswahrnehmung der Wirtschaftsprüfer zurückgeführt werden.25 Die Entwicklung, ob eine weitere Dispersion oder eine erneute Konzentration stattfindet, wird in den nächsten Jahren interessant sein zu beobachten. Vor allem für kleinere Gesellschaften ist dabei eine größere Verteilung auf mehrere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu erwarten.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Mittelwert der Konzentrationsrate am Markt der vier gr öß ten Abschlussprüfer im Zeitverlauf, eigene Darstellung

Betrachtet man den Verlauf des Gini-Koeffizienten, ist im Vergleich zur Konzentrationsrate zu erkennen, dass dieser sich aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsbasis deutlich ungerichteter entwickelt hat (Abbildung 2). Das simultane Wachstum zwischen 2001 und 2006 und die Dispersion ab 2006 sind trotzdem augenfällig. Dies kann als Bestätigung der Konzentrationsrate gewertet werden, sodass man die These eines Rückgangs des Marktanteils der größten vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ab 2006 bejahen kann. Auch hier stellt sich die Frage, wie diese Evaluation im Bereich kleinerer Unternehmen ausfällt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Mittelwert des Gini-Koeffizienten am Prüfungsmarkt auf Basis der Literatur im Zeitverlauf, eigene Darstellung

Bei der Betrachtung des Herfindahl-Hirschmann-Indexes ist für die untersuchten Studien ein fast identischer Verlauf wie bei der Konzentrationsrate festzustellen. Die Grafik wurde nicht eingefügt, da sie lediglich eine Bestätigung der bisherigen Aussagen darstellt.

3.2. Honorardeterminanten

Die Betrachtung der Honorardeterminanten, welche in der folgenden empirischen Analyse einen großen Teil einnehmen wird, wurde ebenso umfassend bisher erforscht. Annähernd alle Untersuchungen, die in der systematischen Suche nach relevanten Studien am deutschen Markt generiert wurden, beziehen sich hinsichtlich der Überprüfung der Determinanten für Abschlussprüfungshonorare auf die Arbeit von Dan Simunic aus dem Jahr 1980. Die dabei herausgearbeiteten korrelierten Variablen sind: die Größe des geprüften Unternehmens, die Komplexität der Prüfung, die Branche des Unternehmens, Forderungs- und Inventarbestände, die Profitabilität des Unternehmens und die Zeit, welche der aktuelle Abschlussprüfer schon das Unternehmen prüft.27 David Hay testete im Jahr 2013 noch einmal die Determinanten für Abschlussprüferhonorare in einer Metaanalyse auf Basis von bis dahin weltweit durchgeführten Studien und kam zu umfassenden Ergebnissen, welche in Tabelle 2 systematisch aufbereitet sind.28 Dabei befindet sich in der linken Spalte die untersuchte Determinante und in der rechten Spalte die Einflussrichtung, welche diese auf die Honorare der Abschlussprüfer ausüben sowie die Beurteilung, ob die verschiedenen Studien eine statistische Signifikanz dieser Wirkungsrichtung nahe legen. Die Determinanten sind teilweise schon in der Untersuchung von Simunic betrachtet worden. Die Übersicht stellt aber eine deutliche Erweiterung der dort getroffenen Determinanten dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2:übersicht der Determinanten für Abschlussprüferhonorare in Anlehnung an Hay 2013, S. 169-173, eigene Darstellung

Die Größe der Unternehmen wird dabei überwiegend über die Bilanzsumme dieser bewertet. Dies wird fast in jeder von Hay betrachteten Studie genutzt. Die Komplexität der Prüfung wird über Tochtergesellschaften oder ausländische Vermögenswerte untersucht, das Risiko über das Verhältnis zwischen Buch- und Marktwert. Bei der Betrachtung des Internal Audit geht es darum, ob das untersuchte Unternehmen eigene Kontrollmechanismen bei der Erstellung des Abschlusses aufweist. Die Untersuchung der Corporate Governance betrachtet vor allem, ob die Geschäftsführung des Unternehmens auch Anteilseigner an diesem ist. Bei den Prüfgesellschaften selbst ist es vor allem die Frage, inwiefern die den Markt dominierenden BIG Four Gesellschaften höhere Honorare generieren können als Nicht-BIG Four Gesellschaften. Bei der Betrachtung spezieller Firmen geht es bei Hays Untersuchung um PWC welches als einzige BIG Four Gesellschaft in einigen Studien ein erhöhtes Honorar generieren konnte. Der Sitz des Prüfers ist ein Untersuchungsgegenstand, da vor allem in Großbritannien die Unterschiede im Preisniveau zwischen London und dem Umland immens sind und daraus auch Unterschiede bei den Prüfungsgesellschaften erwachsen können. Bei der Prüferamtszeit geht es darum, wie lange das Unternehmen schon von dem entsprechenden Prüfer geprüft wird, da dort über die Rotationsverpflichtungen und die bereits erwähnte Quasirententheorie von DeAngelo Einfluss auf die Honorare zu erwarten ist. Die Meinung des Prüfers bezieht sich auf den Report, welchen dieser verfasst und ob anhand des Inhalts und Umfangs ein Rückschluss auf die Honorare möglich ist. Nichtprüfungsleistungen wie Beratungs- oder Steuerberatungsleistungen sind eine weitere Einnahmequelle der Abschlussprüfungsgesellschaften und damit potenziell ebenso geeignet die Abschlussprüfungshonorare zu beeinflussen. Die letzte untersuchte Determinante ist aus dem Grund interessant, weil ein Großteil der Geschäftsjahre der Unternehmen mit dem Kalenderjahr am 31.12. endet. Aus diesem Grund entsteht eine hohe Ballung des Arbeitsaufkommens der Prüfgesellschaften zu diese Zeitpunkt, welches sich potenziell auf deren Honorare niederschlägt, wenn eine zeitliche Abweichung zum 31.12. auftritt.

Da bei einer Metaanalyse logischerweise nicht alle Wirkungsrichtungen einzeln betrachtet werden, sollen im Folgenden kurz Abweichungen angerissen werden, welche bei der Betrachtung von Studien am deutschen Prüfungsmarkt gefunden wurden. Zur Determinante Governance ist dabei eine Studie von Chiraz Ben Ali und Cédric Lesage zu nennen. Sie fanden einen signifikant negativen, wenn auch schwachen Zusammenhang zwischen dem Besitz von Anteilen durch das Management und den Abschlussprüfungshonoraren sowie einen konkaven Zusammenhang zwischen Kontrollbeteiligungen und Abschlussprüfungshonoraren.29 Hinsichtlich des Abschlusses abseits des 31.12. stellen Gernot Brähler et al. einen signifikant negativen Zusammenhang fest.30

In der Studie von Michael Bremert et al. wurden Governance und Internal audit geprüft. Durch das Verhältnis der Bonuszahlungen zum Gesamteinkommen der Geschäftsführung sowie über das Vorhandensein eines internen Prüfausschusses. Für beides wurde ein signifikant negativer Zusammenhang zu den Prüfungshonoraren festgestellt.31 Dennis Voeller et al. fanden hingegen einen signifikant positiven Effekt bei interner Kontrolle durch eine Prüfkommission oder häufigere Treffen des Aufsichtsrates.32 Bei der Betrachtung bezüglich der Prüferamtszeit konnten Annette Köhler et al. einen signifikant negativen Zusammenhang feststellen, welchen sie mit einem funktionierenden Markt für Abschlussprüfungsleistungen in Deutschland assoziieren.33 Dies bestätigen auch die Ergebnisse von Patrick Krauß et al..34 Bei Nichtprüfungsleistungen im deutschen Markt wurde in einer Studie von Köhler zusammen mit Nicole Ratzinger-Sakel kein signifikanter Zusammenhang zu den Abschlussprüfungshonoraren festgestellt.35

In einer früheren Metaanalyse von Hay et al. aus dem Jahr 2006 wurden neben weiteren Determinanten auch die Auswirkungen von Leverage und Profitabilität untersucht.36 Zu diesen beiden Determinanten existieren bei deutschen Untersuchungen Abweichungen. Bremert et al. stellten einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Leverage und Abschlusshonoraren fest.37 Michael Dobler fand ebenso einen signifikanten Zusammenhang zwischen Leverage und Honoraren, wobei Hay et al. lediglich einen insignifikanten Zusammenhang feststellen konnten.38 Bei der Profitabilität ermittelten Hay et al. einen gemischten Zusammenhang.39 Wohingegen Dobler einen negativ signifikanten für privat geführte Familienunternehmen herausfand.40 Neben den bereits erwähnten Faktoren gibt es international geprüfte Faktoren, welche am deutschen Markt noch nicht geprüft wurden. Dabei ist beispielsweise der Einfluss der Fair Value Bewertung41 auf die Abschlussprüferhonorare aufgrund der erhöhten Komplexität zu nennen.

3.3. Unabhängigkeit der Abschlussprüfer

Auch wenn die Unabhängigkeit der Prüfer in der späteren empirischen Evaluation aus Gründen des Umfangs der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt werden kann, soll ein kurzer Stand der Forschung dargestellt werden, um einen besseren Einblick in die Problematik der Unabhängigkeit der Prüfungsgesellschaften zu erlangen. Die Betrachtung der Unabhängigkeit erfolgt in der Wissenschaft aus verschiedenen Perspektiven. Die am häufigsten Untersuchte ist die Betrachtung des gleichzeitigen Angebots von Prüfungs- und Beratungsleistungen durch die Wirtschaftsprüfer. Um die Einnahmen aus der Beratungsleistung nicht zu verlieren, könnten die Prüfgesellschaften geneigt sein, bei der Abschlussprüfung nicht mehr völlig unabhängig zu sein.42 Dazu gibt es in unterschiedlichen Studien verschiedenste Ergebnisse. Jochen Bigus, Ruth-Carolin Zimmermann; Köhler, Ratzinger-Sakel und Michael Bauer fanden für den deutschen Markt für diese Vermutung keine empirische Evidenz, sodass die Unabhängigkeit der Prüfer nicht von der Höhe der Beratungshonorare bestimmt wird.43 Doblers Untersuchung hingegen stützt die Theorie für einige familiengeführte Unternehmen, bei denen der Anteil von Nichtprüfungshonoraren bis zu 92,64% beträgt.44 Die Untersuchung der Unabhängigkeit ist nicht völlig objektiv möglich, da dies nur über eine Annäherung evaluiert werden kann, beispielsweise über diskretionäre Periodenabgrenzungen45 oder Average Working Capital Accruals.46 Auf die Bedeutung der beiden Untersuchungsmöglichkeiten soll im Folgenden nicht eingegangen werden, da keine Vertiefung der Unabhängigkeitsbetrachtung erfolgt. Neben der bilanziellen Untersuchung der Unabhängigkeit ist eine weitere untersuchte Perspektive die wahrgenommene Unabhängigkeit der Abschlussprüfer durch Adressaten des Abschlusses. Bei Aktionären stellten Reiner Quick und Bent Warmer-Rasmussen eine wahrgenommene Abhängigkeit beim gleichzeitigen Angebot von Prüfungs- und Beratungsleistungen fest.47 Vor allem die Personalberatung hatte dabei einen großen Einfluss auf die wahrgenommene Unabhängigkeit.48 Hans Dykxhoorn und Kathleen Sinning fanden einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Unabhängigkeit und den Aussichten auf Investments und Kreditvergaben von Banken.49

[...]


1 Votsmeier (2015).

2 Scholtes (2015).

3 Vgl. Healy/Lys (1985), S. 1.

4 Vgl. Bauer (2004), S.8.

5 Vgl. Köhler et al. (2010), S. 12.

6 Vgl. Köhler/Liu (2014), S. 2155.

7 Vgl. Marten et al. (2011), S. 1-2.

8 ebd, S. 6.

9 Vgl. Sattler (2011), S. 3.

10 Vgl. Fleischer/Göttsche (2012), S. 159.

11 Vgl. Köhler et al. (2010), S. 8,9.

12 Vgl. Köhler et al. (2010), S. 8,9.

13 Vgl. Kirsch et al. (2013), S. 653-655.

14 Marten et al. (2011), S. 35-36.

15 ebd., S. 39-40.

16 Sattler (2011), S. 21-22.

17 Marten et al. (2011), S. 44-45.

18 Marten et al. (2011), S. 155-156.

19 Vgl. §19 Abs. 1,2 GWB.

20 Vgl. Sattler (2011), S. 301.

21 Eine Übersicht der Studien befindet sich in Anhang 1.

22 Vgl. Velte (2011), S. 595.

23 Vgl. Alexander et al.(2002).

24 Vgl. Bauer (2004), S. 8.

25 Vgl. Köhler et al. (2010), S. 22.

26 Vgl. Bauer (2004), S. 338-341.

27 Vgl. Simunic (1980), S. 176.

28 Vgl. Hay (2013), S. 169-173.

29 Vgl. Ben Ali/Chriaz (2011), S. 38.

30 Vgl. Brähler et al. (2011), S. 24.

31 Vgl. Bremert et al. (2007), S. 1.

32 Vgl. Voeller et al. (2013), S. 222.

33 Vgl. Köhler et al. (2010), S. 18.

34 Vgl. Krauß et al. (2014a), S. 40.

35 Vgl. Köhler/Ratzinger-Sakel (2012), S. 281.

36 Vgl. Hay et al. (2006), S. 170-171.

37 Vgl. Bremert et al. (2007), S. 16.

38 Vgl. Hay et al. (2006), S. 171.

39 ebd., S. 170.

40 Vgl. Dobler (2014), S. 442.

41 Vgl. Ettredge et al. (2014), S. 33.

42 Vgl. Bauer (2004), S. 78-80.

43 Vgl. Bigus/Zimmermann (2009), S. 1283; Vgl. Köhler/Ratzinger-Sakel (2012), S. 281; Vgl. Bauer (2004), S. 51.

44 Vgl. Dobler (2014), S. 437-439.

45 Vgl. Quick/Wiemann (2011), S. 915.

46 Vgl. Quick/Sattler (2011b), S. 310.

47 Vgl. Quick/Warming-Rasmussen (2007), S. 1016.

48 Vgl. ebd, S. 1033.

49 Vgl. Dykxhoorn/Sinning (1982), S. 345.

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der BIG Four Abschlussprüfer bei nichtkapitalmarktorientierten Unternehmen
Untertitel
Eine empirische Analyse
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre insb. Prüfungslehre und Steuern)
Autor
Jahr
2015
Seiten
79
Katalognummer
V315874
ISBN (eBook)
9783668148994
ISBN (Buch)
9783668149007
Dateigröße
1207 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rolle, four, abschlussprüfer, unternehmen, eine, analyse
Arbeit zitieren
Sven Schwarz-Minuge (Autor:in), 2015, Die Rolle der BIG Four Abschlussprüfer bei nichtkapitalmarktorientierten Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315874

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