Die Neuübersetzungen des Vaterunsers. Analyse und Ursachen


Seminararbeit, 2016

32 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Historische Konzeptionalisierung
1.1 Religion und Translation
1.2 Übersetzung religiöser Texte als Problemfeld

2. Beschreibung der Textgestalt
2.1 Allgemeine Informationen
2.2 Ursprache und Übersetzungen
2.2.1 Deutsch
2.2.2 Französisch
2.2.3 Englisch

3. Ursachen für Neuübersetzungen des Vaterunsers
3.1 Entwicklung der Sprache
3.2 Leichte Sprache und Verständlichkeit
3.3 Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Sprache
3.4 Übersetzungsfehler
3.4.1 Die Versuchung
3.4.2 Gott als Mann
3.4.3 Das tägliche Brot

4. Schlussfolgerung
4.1 Beantwortung der Forschungsfrage
4.2 Resümee und Conclusio

5. Bibliographie
5.1 Primärliteratur
5.1.1 Deutsch
5.1.2 Französisch
5.1.3 Englisch
5.2 Sekundärliteratur
5.2.1 Selbstständige Werke
5.2.2 Internetquellen

6. Anhang
6.1 Deutsche Versionen
6.2 Französische Versionen
6.3 Englische Versionen

EINLEITUNG

Die folgende Arbeit, die am Zentrum für Translationswissenschaft verfasst wurde, trägt den Titel Das Vaterunser: Neuübersetzungen und deren Ursachen.

Religion bzw. der Glaube an eine höhere Macht spielt eine tragende Rolle in unserer Gesellschaft. Ein Teilbereich dieser Spiritualität ist das Beten: Gebete werden nicht nur während Messen in Kirchen (oder religiösen Gebäuden) gesprochen und gesungen, sondern auch für sich alleine. Warum das Gebet einen so hohen Stellenwert erlangt hat, kann viele verschiedene Ursachen haben. Jörg Bauer (2014:36) nennt die Missstände und die Schwierigkeiten der Menschheit als Ursache:

Wenn wir als Menschen keine Probleme hätten oder immer in der Lage wären, alles selbst ‚irgendwie’ in Ordnung zu bringen, so wäre die Aufforderung füreinander zu beten als Christen überflüssig und ohne Nutzen. Aber so ist es nicht. Der Spruch: ‚Not lehrt beten!’ hat seine absolute Richtigkeit.

Zu den bedeutendsten Gebeten während der kirchlichen Gottesdienste zählt das Vaterunser, das einen festen Bestandteil jeder Messe einnimmt und gesprochen oder gesunden wird. Über die Jahre hinweg hat sich das Vaterunser über viele Erdteile verbreitet; mittlerweile existieren Übersetzungen in knapp 2000 Sprachen auf einer Online-Datenbank (vgl. Convent of Pater Noster 2014). Außerdem gibt es in den einzelnen Sprachen bereits viele unterschiedliche Versionen. In der Literatur gibt es jedoch wenige Informationen dazu, warum jener Text öfters in ein und dieselbe Sprache übersetzt wurde.

In dieser Seminararbeit, die sich eingehend mit dem oben genannten Gebet und dessen Übersetzungen beschäftigt, soll daher die folgende Forschungsfrage möglichst ausführlich beantwortet werden:

„Welche Ursachen gibt es für die verschiedenen Neuübersetzungen des Vaterunsers ?“

Um diese Fragestellung so detailliert wie möglich analysieren zu können, ist die Arbeit in mehrere Kapitel mit verschiedenen Unterthemen gegliedert.

Zu Beginn erfolgt eine Einführung über mehrere Gebiete, die für die Beantwortung der Forschungsfrage von Bedeutung sind: Ein erstes Kapitel stellt eine historische Konzeptionalisierung dar und liefert Informationen zu Religion und Translation sowie zu Übersetzungen im religiösen Bereich. Im Anschluss wird genauer auf das Vaterunser eingegangen und Details über seine Ursprache und die diversen Übersetzungen werden genannt.

Das dritte Kapitel dieser Seminararbeit stellt die Untersuchung der Forschungsfrage dar. Es geht darin um die Analyse für mögliche Ursachen von Neuübersetzungen des Vaterunsers. Die Untersuchung erfolgt in den drei Arbeitssprachen der Autorin: Deutsch, Französisch und Englisch. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, liegt der Fokus auf vier Hauptgründen, obgleich es noch einige mehr gäbe.

Im Anschluss daran sollte es möglich sein, die zu Beginn gestellte Frage zu beantworten und genauer darauf einzugehen. Dies geschieht im Rahmen einer Schlussfolgerung und Zusammenfassung, die die wichtigsten Punkte beinhalten, die behandelt worden sind. Die Seminararbeit schließt mit einem kurzen Resümee und einer Conclusio ab.

Im Anhang befinden sich die untersuchten Übersetzungen, die für die Analyse am aussagekräftigsten sind. Wie auch in der gesamten restlichen Arbeit erfolgte deren Gliederung in den drei gewählten Sprachen.

1. HISTORISCHE KONZEPTIONALISIERUNG

Die Seminararbeit ist dem Themenbereich Geschichte und Translation bzw. Ü bersetzungsgeschichte zuzuordnen. Diese ist eng mit der Literaturgeschichte verwandt und beschreibt Veränderungen in literarischen Strömungen und Trends, aber auch in Ideologien. Außerdem dient sie der Erklärung und Beschreibung von Wissenstransfer in bestimmten Epochen bzw. Zeitaltern. Hier ist hinzuzufügen, dass es nicht die eine Übersetzungsgeschichte gibt, da jede Kultur ihre eigene hat und historische Ereignisse oftmals einen großen Einfluss auf sie hatten. Die Übersetzungsgeschichte ist durchaus von großer Bedeutung für die Translation: Setzt man ein Translat in seinen geschichtlichen Kontext, lassen sich daraus Intentionen und Strategien bei der Übersetzung ableiten und Veränderungen der Translate (zum Beispiel Neuübersetzungen) analysieren. Da die Übersetzungsgeschichte eine Vielzahl an kultureller, linguistischer, politischer, historischer, religiöser, technologischer und auch literarischer Informationen enthält, ist es unmöglich, alle Aspekte zu vereinen und gleichzeitig zu betrachten. Daher müssen die jeweils relevanten Gesichtspunkte herausgefiltert werden (vgl. Long 2007:63ff.).

Der für die Untersuchung gewählte Text ist dem Bereich Religion zuzuordnen. Da die Analyse nicht nur in einer Sprache erfolgt, sondern sich auf die diversen (Neu)Übersetzungen bezieht, ist Translation ebenfalls Thema dieser Konzeptionalisierung. Ebenso soll vor allem der Zusammenhang zwischen Religion und Translation erläutert werden.

1.1 RELIGION UND TRANSLATION

Religion manifestiert sich nicht nur im Glauben, sondern auch in sprachlichen Formen. Dazu zählen Gebete, Gesang, Lesungen, Kommentierung der heiligen Schriften sowie die rituelle Wiederholung von Predigten und anderen Texten (vgl. Calderón/Marko 2015:43). Translation war in diesem Zusammenhang unumgänglich, um jene Formen auch anderen Kulturen/Menschen verfügbar zu machen. Zuerst wurde Übersetzung also nur als Mittel betrachtet, um Zugriff zu Texten erhalten. Es folgten daraufhin aber viele weitere Motive - hier sind unter anderem die Stichwörter Exegese, Evangelisation und Neugier zu nennen.

Besonders in den ersten beiden Jahrtausenden unserer Zeitrechnung erlangte das Thema Religion und Translation enorme Bedeutung: Religiöse Texte lieferten in diesem Zeitraum mehr Übersetzungen als andere einzelne Disziplinen und Bereiche (Wissenschaft, Literatur,...). Zu den bekanntesten Leistungen zählen hier die Übersetzung von buddhistischen Texten von Sanskrit nach Chinesisch und dann nach Japanisch und Englisch, die lateinische Version des Korans aus dem Arabischen sowie die Bibelübersetzung von griechischen und lateinischen Texten in eine lateinische und später in europäische Versionen. Übersetzer wie Hieronymus, Augustine von Hippo, Wycliffite Group, Martin Luther, William Tyndale, King James erlangten in diesem Zusammenhang an großer Bedeutung, denn sie alle waren in die Translation sowie Verteidigung und Analyse von ihren übersetzten Texten involviert.

Hier ist jedoch anzumerken, dass nicht nur die Übersetzungen allein, sondern auch deren historische Details von Bedeutung waren bzw. sind: Übersetzungen von heiligen Texten enthalten oft einen kurzen Umriss über ihre Übersetzungsgeschichte. Allein die Bibel hat eine Anzahl an Bänden, die sich nur damit beschäftigen (vgl. Long 2007:72ff.).

1.2 ÜBERSETZUNG RELIGIÖSER TEXTE ALS PROBLEMFELD

Die Kirche gehört zu denjenigen Institutionen, die sehr viel Macht besitzen und dadurch Einfluss auf den eigentlichen Translationsprozess haben können (vgl. Gentzler/Tymoczko 2002). Zum einen wurde die Methode der Übersetzung von der Kirche vorgegeben: Vor allem in Zeiten der frühen Bibelübersetzungen standen religiöse Translate eng mit dem Begriff der Wort-für-Wort-Übersetzung (Interlinearversion) in Verbindung. Diese war zu damaligen Zeiten die einzig adäquate Art der Übersetzung. Der Grund dafür war, dass sogenannte heilige Texte bzw. das Wort Gottes unangetastet bleiben sollten. Diese Form der Übersetzung stellt die syntaktischen, lexikalischen und morphologischen Strukturen in den Mittelpunkt. Dies führt oftmals jedoch dazu, dass keine Verständlichkeit/Kohärenz mehr gegeben ist (vgl. Nord 1989:103).

Die Kirche bestimmte aber nicht nur den Vorgang einer Übersetzung; sie kontrollierte auch, wer Zugang zu heiligen Texten haben durfte - und wer nicht. Das Wort Gottes wurde also nur für einen bestimmten Kreis zugänglich gemacht, der sich auch als ehrwürdig genug erwies. Daher waren Übersetzungen oft gänzlich unerwünscht.

Es ist daher keine Überraschung, dass es im Bereich der Religion am meisten Diskussion über Translation gab und heute noch gibt (siehe Bibelübersetzung). Einen weiteren Beitrag dazu lieferten die Übersetzer selbst, indem sie absichtlich Übersetzungsfehler einbauten und die Texte unterschiedlich auslegten. Der Grund hierfür war oftmals Ketzerei - das heißt, man wehrte sich gegen die allgemeingültige Lehre und Meinung der Kirche und wollte diese mithilfe von Exegese verändern (vgl. Long 2007:63ff.). Hier ist hinzuzufügen, dass der Begriff Ketzerei heute durch den weniger abwertenden Terminus H ä resie ersetzt wird bzw. werden sollte (vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Haeresie, 02.01.2016).

2. BESCHREIBUNG DER TEXTGESTALT

Die folgenden Unterkapitel sollen ausführliche Informationen über das Gebet der christlichen Kirche liefern - das Vaterunser. Hierbei werden Herkunft, Aufbau und Struktur im ersten Teil behandelt. Der nachfolgende Abschnitt beschäftigt sich mit der Ursprache und den verschiedenen Übersetzungen im Allgemeinen - der Fokus liegt dabei jedoch auf den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch.

2.1 ALLGEMEINE INFORMATIONEN

Das Vaterunser gilt als das bekannteste Gebet der westlichen Welt und wird vor allem im älteren Christentum als Gebet Jesu angesehen. Grundsätzlich kann es zu den Bitt- und Lobgebeten gezählt werden. Die Bitten, auf die noch ausführlich eingegangen wird, dominieren hierbei jedoch (vgl. Liebelt 2008:5).

Das Gebet ist sowohl im Matthäus- (Mt 6,9-13) als auch im Lukasevangelium (Lk 11,2-4) zu finden, wobei die Matthäus-Version als bekanntere betrachtet wird und im Rahmen der Bergpredigt erscheint (vgl. Evertsbusch 1861:1). In der christlichen Überlieferung heißt es, dass dieses Gebet von Jesus selbst gebetet und gelehrt worden ist. Oftmals wird das Vaterunser daher als christliches Urgebet bezeichnet (vgl. Steiner 19983:98ff.)

Das Vaterunser folgt bei seinem Aufbau einer interessanten Struktur, die nun kurz anhand einer deutschen Version erläutert werden soll. Hierbei ist anzumerken, dass die gewählten Passagen für die Ausführung je nach Übersetzung variieren können. Der Text kann (wie jeder andere Text) auf unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden. In den folgenden Abschnitten sollen ein paar Möglichkeiten der Auslegung aufgezeigt werden.

Der Gebetstext enthält nach dem einleitenden Vater unser im Himmel drei Bitten, die die „höheren Glieder des Menschen“ (nach Steiner 19983:121) ausdrücken:

1. Geheiligt werde dein Name
2. Dein Reich komme
3. Dein Wille geschehe

Daraufhin folgen die Bitten für die „niederen Glieder“ (Steiner 19983:122f.), die aus den folgenden Zeilen bestehen:

1. Unser täglich Brot gib uns heute
2. Und vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern,
3. Und führe uns nicht in Versuchung,
4. Sondern erlöse uns von dem Übel.

Das Vaterunser steht durch diese sieben Bitten eng in Verbindung mit den sieben Wesensgliedern des Menschen: physischer Leib, Ätherleib, Astralleib (=Trieb- und Empfindungsleib), Ich, Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmensch (vgl. Steiner 19983:116)

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Drei Bitten werden nun kurz (in Verbindung mit den Wesensgliedern) erläutert (vgl. Steiner 19983:122).

- Schuld bezieht sich also auf den sogenannten Ätherleib, der dem Menschen seine persönliche Gestalt verleiht: Macht ein Individuum einen Fehler, führt dies zu Uneinigkeit bzw. Zwietracht mit dem eigenen sozialen Umfeld.
- Versuchung beschreibt Fehler im Astralleib: Dieser ist die äußerliche Hülle, die jeden Menschen umgibt.
- Eine weitere Bitte - Erl ö se uns von dem Ü bel - bezieht sich auf die „Verfehlung des Ichs“. Konkret ist hierbei der Egoismus gemeint, von dem das Individuum erlöst werden will.

Die nachfolgende Abbildung nach Rudolf Steiner (19892:207) stellt den Zusammenhang zwischen allen Bitten und Wesensgliedern grafisch dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNG 1: DAS VATERUNSER UND DIE SIEBEN WESENSGLIEDER DES MENSCHEN QUELLE: HTTP://ANTHROWIKI.AT/IMAGES/THUMB/A/A9/GA096_207.GIF/400PX-GA096_207.GIF, 05.12.2015)

Joachim Ringleben legt das Gebet in seinem Buch Jesus: ein Versuch zu begreifen (2008:252 ff.) auf eine andere Art und Weise aus:

Bereits die Anrede (Vater unser im Himmel) zeigt, dass das Wort Vater, das hier für Gott steht, eine große Bedeutung hat und die beiden Begriffe in engem Zusammenhang stehen:

„Gott läßt [sic!] sich im Gebet (vertrauensvoll) anreden. Andererseits enthält der genannte Zusammenhang eine implizite Aussage Jesu über das, was für das rechte Gebet konstitutiv [...] ist: Beten ist Inanspruchnahme Gottes als (unser) Vater.“ (Ringleben 2008:252) In gleichem Maße hat auch der Begriff Himmel für Ringleben einen hohen Stellenwert im Vaterunser. Er meint, dass „im Himmel zu sagen, heißt, sich ihn als den, der Ursprung und umgreifende Geborgenheit ist, für sich sein zu lassen. [...] In diesem Sinne ist die Anrede Gottes als „unser Vater im Himmel“ selber schon und grundlegend das „Heiligen“ seines Namens [...].“ (Ringleben 2008:267)

Ringleben konzentriert sich in seinem Werk ebenso auf die sieben Bitten des Gebets; darauf soll an dieser Stelle jedoch nicht erneut eingegangen werden. Die beiden Beispiele veranschaulichen, dass das Vaterunser (so wie jeder andere Text) nicht die eine Bedeutung hat, sondern auf viele verschiedene Arten aufgefasst werden kann. Dieser Aspekt spielt auch noch eine tragende Rolle bei den vielen Übersetzungen bzw. Neuinterpretationen.

2.2 URSPRACHE UND ÜBERSETZUNGEN

Bis heute ist nicht vollständig klar, was als die Ursprache des Vaterunsers angesehen werden kann. Die Überlieferung besagt, dass Jesus Christus Aramäisch sprach; das heißt jedoch nicht, dass das Gebet in jener Sprache entstanden ist. Sogenannte offizielle Gebete sprach man nämlich auf Hebräisch. Dies war bei privaten Gebeten jedoch nicht der Fall, zu denen das Vaterunser eher zählt (vgl. Liebelt 2007:6 und Cullmann 19972:91).

Als Teil der Bibel ist das Vaterunser in schriftlicher Form nur in der griechischen Ursprache überliefert. Daraus entstanden die Übersetzungen - zunächst ins Lateinische, dann in unsere „heutigen“ Sprachen. Nach Steiner (19983:99) ergibt sich durch jene sprachliche Übertragung zwar ein Bedeutungsverlust, denn dadurch kommt es zu einem Verlust „ihrer alten Kraft. [...] In den lateinischen Worten des Pater noster liegt viel mehr Kraft als im Vaterunser“.

Gleichermaßen betont Steiner (19983:97) jedoch, dass es zwar nicht mehr möglich ist, „die ganze volle Tiefe des Vaterunsers zu ermessen, wie es die Ursprache ergeben hat, in der es gelehrt wurde. Aber der Gedankeninhalt ist ein so gewaltiger, daß [sic!] er in keiner Sprache auch nur irgendwie Einbuße erleiden könnte“.

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, wurde das Gebet bis heute in etwa 2000 Sprachen übersetzt - wie viele Versionen des Vaterunsers insgesamt existieren, kann nicht eruiert werden, da in jeder Sprache ständig neue hinzukommen und oftmals von privaten Personen, Textern oder Übersetzern stammen. Es ist also nicht möglich, eine Gesamtzahl an Übersetzungen zu nennen - und wenn, dann würde diese nicht konstant bleiben, sondern ständig ansteigen.

Die nachfolgenden Unterkapitel sollen Informationen über unterschiedliche Varianten des Vaterunsers in den gewählten Sprachen liefern. Es ist schnell ersichtlich, dass sich diese in diversen Kriterien unterscheiden, die gleichermaßen für alle drei Sprachen gelten.

2.2.1 DEUTSCH

In der deutschen Sprache existiert heute eine Vielzahl an Versionen. Teilweise unterscheiden sich die Texte nur in einzelnen Wörtern; es lassen sich jedoch auch Varianten finden, die große Differenzen aufweisen bzw. für die heutige Zeit neu ausgelegt wurden.

Eine der ältesten auffindbaren Fassungen ist das Vaterunser aus dem Tatian in Althochdeutsch, das im Jahre 825 entstanden ist und auch für die Analyse verwendet wird. Sie unterscheidet sich sehr vom heutigen Deutsch.

Zu den bekanntesten und klassischen Übersetzungen zählen die ökumenische (1971), die evangelische (1950), die frühere römisch-katholische (1930) und die frühere alt- katholische (1965) Fassung sowie die Version der Lutherbibel von 1984 (vgl. Profile von Bibel-Übersetzungen im Vergleich (oJ), http://www.amen-online.de/bibel/profile- uebersetzungen/1-traditionelle-sprache.html, 05.02.2016).

Obwohl es also bereits mehrere Abarten des Gebetes gibt, wurden (und werden vermutlich noch immer) mehr erstellt, die zeitgemäß sind und an die Veränderung der Sprache adaptiert wurden. Hierbei ist besonders die SMS-Form des Gebetes hervorzuheben, bei der alle Wörter mit Großbuchstaben beginnen und es zwischen diesen keine Leerzeichen gibt, um möglichst wenige Zeichen zu verwenden (vgl. Marquard 2005:33f.).

Eine weitere Überarbeitung des Vaterunsers liefert die Gute Nachricht Bibel, die 1997 bei der Deutschen Bibelgesellschaft als revidierte Fassung erschien. Sie stellt eine Ausgabe der Bibel in „einfachem modernem Deutsch“ dar und dient Personen, denen „die Kirchensprache fremd ist“. (Alexander/Alexander 20032:77) Sie distanziert sich also von der klassischen Wort-für-Wort Übersetzung und will „den jeweils angemessenen Ausdruck für das [...] finden, was der ursprüngliche Text sagen will“. (Deutsche Bibelgesellschaft, http://www.die-bibel.de/online-bibeln/gute-nachricht-bibel/informationen-zur- bibeluebersetzung/, 22.12.2015). Die Inhalte der Gute Nachricht Bibel wurden also in einer kommunikativen Übersetzungsform dargestellt.

2.2.2 FRANZÖSISCH

Im Französischen sind 51 Varianten des Vaterunsers in einer Online-Datenbank namens Oratoire du Louvre zu finden (vgl. https://oratoiredulouvre.fr/prier/Le-Notre-Pere, 17.12.2015). Darunter fallen unter anderem sehr alte Ausführungen aus dem zwölften Jahrhundert - die französische Sprache zu dieser Zeit ist heute nur noch sehr bedingt lesbar. Auf der Webseite ist es jedoch auch möglich, klassische (wie etwa ökumenische) und sehr moderne Ausführungen nachzulesen.

Ein weiterer Bereich umfasst sogenannte ikonoklastische Auslegungen, die Neuinterpretationen von Dichtern und Pfarrern, aber auch feministische Arten des Gebets enthalten, bei denen Gott sich nicht als Vater, sondern als Mutter manifestiert. In der deutschen und der englischen Sprache existieren solche Versionen ebenso.

Gleichermaßen ist auch eine SMS-Abart in Französisch vorhanden - ob jene jedoch auch vernünftig bzw. gut lesbar ist, sei dahingestellt und soll auch nicht Thema dieser Arbeit sein. Für eine optimale Lesbarkeit und Verständlichkeit soll jedoch La Bible en fran ç ais courant sorgen, die das Pendant zur Gute Nachricht Bibel darstellt und das Vaterunser in einfachem und zeitgemäßem Französisch enthält.

2.2.3 ENGLISCH

Wie in den beiden zuvor erwähnten Sprachen, lassen sich auch im Englischen viele verschiedene Versionen des Vaterunsers finden. Darunter fallen Ausführungen in Alt- und Mittelenglisch, klassische sowie moderne, zum Teil kitschige und gendergerechte Varianten und ebenso eine Auslegung für Kinder. Außerdem ist eine Auslegung für Gospel-Chöre in der Sammlung enthalten.

Wie im Deutschen (und ähnlich wie im Französischen) existiert auch in der englischen Sprache eine Gute Nachricht Bibel (Good News Bible). Diese Übersetzung folgt denselben Prinzipien und zielt ebenso auf Lesbarkeit und Einfachheit aus.

Auf der Internetseite mit dem Titel Bible Gateaway lassen sich viele unterschiedliche Versionen des Gebetes auffinden. Hierbei muss nur die jeweilige Bibelstelle (Matthew 6:9- 13) sowie die gewünschte Bibel ausgewählt werden. Daraufhin wird nicht nur das Vaterunser selbst angezeigt, sondern auch Anmerkungen zur Bibel und Fußnoten zum Text. Es ist zwar möglich, auch Bibeltexte in anderen Sprachen zu suchen, jedoch ist die Auswahl an unterschiedlichen Bibeln um ein Vieles kleiner.

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die Neuübersetzungen des Vaterunsers. Analyse und Ursachen
Autor
Jahr
2016
Seiten
32
Katalognummer
V315737
ISBN (eBook)
9783668152847
ISBN (Buch)
9783668152854
Dateigröße
1171 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
neuübersetzungen, vaterunsers, analyse, ursachen
Arbeit zitieren
Helene Wagner (Autor:in), 2016, Die Neuübersetzungen des Vaterunsers. Analyse und Ursachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315737

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