Förderung der Konstruktion mentaler Modelle in der theoretischen Pflegeausbildung


Hausarbeit, 2015

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mentale Modelle - Ein Definitions- und Abgrenzungsversuch

3. Pflegedidaktische Implikationen zur Konstruktionsförderung

4. Schlussbetrachtung

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

„Vom ersten Ausbildungsjahr an sind die Lernenden in der Gesundheitsund Krankenpflege- sowie in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeausbildung in die Arbeitsprozesse der Krankenhauspflege und anderer Praxisfelder involviert. Lernen im Prozess der Arbeit stützt sich hier überwiegend auf die Methode des Mitarbeitens.[...] Berufliche Handlungskompetenz muss sich von Beginn der Ausbildung an in realen Handlungssituationen mit Patienten und ihren Angehörigen zeigen.“1

So schildern Dieterich und Kreißl die vorherrschende Methodik des Unterrichts in der Fachrichtung Pflege. Insofern ist es unabdingbar, dass die angehenden Pflegenden mög- lichst schnell und nachhaltig berufsspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangen. Zumal auch die „Fehlertoleranz“2 in Bezug auf die Handlungsanforderungen sehr ge- ring ist. Neben dieser methodischen Anforderung, die das Handlungsfeld Pflege an die Auszubildenden stellt, sind es auch hohe inhaltliche und kognitive Ansprüche, die einen effektiven Wissenserwerb einfordern. So befindet sich die berufliche Fachrichtung Pflege im Spannungsfeld mehrerer Bezugswissenschaften wie der Medizin, der Pflege- wissenschaft und vieler Weiterer.3 Dabei sind es insbesondere die Inhalte der Medizin wie die Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Pharmakologie, die aufgrund ihrer impliziten Komplexität, Abstraktheit, Dynamik und Mechanismen den Lernenden hohe kognitive Leistungen abverlangen.4 Zudem müssen unterschiedliche Handlungslo- giken miteinander verknüpft werden.5 Somit ist „(b)erufliche Pflege [...] ein hochkom- plexes Geschehen“6, das an die PflegerInnen hohe Ansprüche stellt und infolgedessen einen schnellen und nachhaltigen Wissenserwerb voraussetzt.

In Bezug auf die vorliegende Komplexität beruflicher Pflege und deren Konse- quenzen für das Lernen liegt der Gedanke der Veranschaulichung und Vereinfachung nahe, der folglich im engen Zusammenhang mit dem Modellbegriff7 steht. So ist das Lernen aus lernpsychologischer Sicht als „Aufbau und Abruf mentaler Modelle“8 ge- kennzeichnet, die wiederum bei „relativer Komplexität und geringer Transparenz“9 entwickelt werden. Demzufolge stellt sich die Frage, wie der Aufbau dieser mentalen Modelle gefördert werden kann.

Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Frage zu klären, wie in der theoretischen Pflegeausbildung vorgegangen werden kann, um die Konstruktion mentaler Modelle bei den Lernenden zu fördern. Um diese Zielstellung zu erfüllen, ist die Arbeit folgender- maßen gegliedert. Zunächst wird versucht, den Begriff des mentalen Modells von ande- ren Strukturen abzugrenzen und zu definieren. Aus dieser Definition sollen im darauf- folgenden Kapitel mögliche didaktische Implikationen zur Förderung der Konstruktion mentaler Modelle bei den Lernenden abgeleitet werden. Dabei soll es vor allem darum gehen, anhand von Beispielen konstruktionsfördernde Möglichkeiten exemplarisch auf- zuzeigen. Abschließend fasst eine Schlussbetrachtung die wichtigsten Aspekte der Ar- beit zusammen und dient zugleich der Rückführung zum Thema.

Die Quellen zur Bearbeitung der Kapitel wurden über den Internet-Katalog und die medizinischen Datenbanken der sächsischen Landes- Staats- und Universitätsbiblio- thek Dresden ausgewählt. Dabei dienten vorwiegend Suchbegriffe wie Mentale Modelle und Lernpsychologie zur Findung geeigneter Quellen. Von den aufgeführten und ge- fundenen Quellen wurden im Nachhinein diejenigen zur Bearbeitung des Themas ver- wendet, die ein aktuelles Datum und verlässliche Quellen vorzuweisen hatten. Bei Arti- keln wurde vor allem auf den Impact Factor und darauf, ob sie Peer Reviewed sind, geachtet. Bei der Literaturrecherche stellte sich schnell heraus, dass zu dem Thema Mentale Modelle - vor allem im Zusammenhang mit didaktischen Implikationen und im Besonderen mit pflegedidaktischen Implikationen - vergleichsweise wenig bis keine Literatur zur Verfügung steht. Vor allem Seel10 beschäftigt sich umfassender mit dieser Thematik, auch im Rahmen der didaktischen und pädagogischen Betrachtung. Insofern stützen sich die Erkenntnisse dieser Arbeit vor allem auf dessen Werke.

2. Mentale Modelle - Ein Definitions- und Abgrenzungsversuch

Bereits der Titel dieses Kapitels deutet ansatzweise an, dass mit der Definition der Be- grifflichkeit Mentales Modell eine gewisse Problematik verbunden ist. So wird in der Literatur davon gesprochen, dass kontroverse Auffassungen zur Vorstellung von menta- len Modellen existieren.11 Da der Rahmen der Arbeit begrenzt ist, wird darauf verzich- tet, die unterschiedlichen Ansichten zu erörtern. In diesem Kapitel soll viel mehr ver- sucht werden, das Konstrukt Mentales Modell von anderen Strukturen abzugrenzen und eine Arbeitsdefinition zu erarbeiten, mit deren Hilfe im darauffolgenden Kapitel pflege- didaktische Implikationen zur Förderung der Konstruktion mentaler Modelle im berufs- bildenden Unterricht der Fachrichtung Pflege abgeleitet werden sollen.

Allgemein gesprochen werden Informationen aus der Umgebung in einem flüch- tigen sensorischen Speicher beibehalten solange ihnen Aufmerksamkeit entgegenge- bracht wird, ansonsten gehen diese Informationen verloren. Finden diese Informationen nun genug Beachtung, gehen sie in ein Kurzzeitgedächtnis über, welches allerdings über eine geringe Kapazität verfügt. Werden Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis memoriert, also zum Beispiel wiederholt, gehen diese in ein Langzeitgedächtnis über, in welchem sie, aufgrund der höheren Kapazität des selbigen, dauerhaft repräsentiert wer- den.12

Dabei wird davon ausgegangen, dass die Wissensrepräsentation im Langzeitgedächtnis in Form von Netzwerken erfolgt. Diese Netzwerke werden in größeren Wissenseinheiten organisiert, die als Schemata bezeichnet werden, welche konkretes und abstraktes Wissen abbilden.13 Dabei sind Schemata „Zusammenfassungen, »Wissenspakete« [Herv. d. Verf.] über Dinge, Situationen oder Handlungen“14, die begrifflich oder als Skripte für Abläufe von Ereignissen angelegt sein können.15

In Anlehnung an Bartlett und Anderson leiten St. Pierre und Hofinger fundamen- tale Eigenschaften von Schemata ab. So charakterisieren sie diese als unbewusste men- tale Anordnungen, Zusammensetzungen aus Wissen und früheren Erfahrungen sowie als Hierarchien aus primären Regeln zum Problemlösen und aus sekundären Regeln für Ausnahmen von den Regeln. Des Weiteren sind Eigenschaften der Schemata, dass sie beim Abruf aus dem Langzeitgedächtnis aktiv rekonstruiert und nicht einfach unverän- dert abgelesen werden, wobei am Ende die Schemata abgerufen werden, die am nahe- liegendsten sind. Zudem werden neue Informationen vor dem Hintergrund der im Ge- dächtnis abgelegten Schemata interpretiert. Wie präsent ein Schema im Gedächtnis ist, hängt von der Häufigkeit seiner Verwendung ab.16 Die Funktion von Schemata liegt darin, dass Bestandteile einer gegenwärtigen Situation erkannt und eingeordnet, erklärt sowie vorhergesagt werden können.17

Letztlich bilden Schemata die „Grundlage wie auch den interpretativen Bezugs- rahmen für die Konstruktion mentaler Modelle“18. Somit sind mentale Modelle den Schemata übergeordnete Strukturen und insofern von den selbigen abzugrenzen. Die Tatsache, dass Schemata Bestandteile der mentalen Modelle sind, da diese auf der „Grundlage von Schemata konstruiert werden“19, lässt folgende Definition eines menta- len Modells in Anlehnung an Johnson-Laird zu: Als mentales Modell bezeichnet man die „Gesamtheit der Schemata, die sich auf einen bestimmten Realitätsbereich“20 bezie- hen. Somit besitzen mentale Modelle aufgrund ihrer Bausteine, den Schemata, zwar die gleichen - oben genannten - Eigenschaften wie diese, sind aber aufgrund ihres größeren Umfangs von diesen abzugrenzen.

Seel und Fröhlich liefern eine etwas anschaulichere Definition des mentalen Mo- dells: „Mentale Modelle sind kognitive Konstruktionen, mittels derer eine Person ihre Erfahrung oder ihr Denken derart organisiert, daß sie eine systematische Repräsentation ihres Wissens erreicht, um subjektive Plausibilität zu erzeugen“21 und „Subjektive Wis- sensgefüge über komplexe Sachverhalte gelten als mentales Modell [...], in dem dekla- ratives W. oder Was-W. [...] und prozedurales W. oder Wie-Wissen [...], das W. über Verfahrens- oder Handlungsregeln zusammengefaßt sind [Herv. d. Verf.]“22.

[...]


1 Dieterich, Juliane; Kreißl, Michael (2010): Berufliche Fachrichtung Pflege. In: Pahl, Jörg-Peter; Herkner, Volkmar (Hrsg.): Handbuch berufliche Fachrichtungen. Bielefeld: Bertelsmann, S. 564f.

2 Ebd.: S. 565.

3 Vgl. ebd..: 560f.

4 Dazu lohnt es sich einen Blick in den sächsischen Lehrplan für die Berufsfachschule für die Gesund- heits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu werfen. Unter: http://www.schule.sachsen.de/lpdb/web/downloads/lp_bfs_gesundheits- %20und%20krankenpflege.pdf?v2 (Zugriff: 15.01.2015)

5 Vgl.: Ertl-Schmuck; Fichtmüller Franziska (2009): Pflegedidaktik als Disziplin. Eine systematische Einführung. Weinheim; München: Juventa, S. 7.

6 Ebd.

7 Der Begriff des Modells kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „vereinfachte, verkleinerte oder formalisierte, graphische, räumliche oder symbolische Darstellung eines Sachverhalts oder Vorgangs“. Fröhlich, Werner D. (1998): Wörterbuch Psychologie. 22. Aufl., München: Deutscher Taschenbuch Ver- lag, S. 278.

8 Martschinke, Sabine (2001): Aufbau mentaler Modelle durch bildliche Darstellungen. Eine experimentelle Studie über die Bedeutung der Merkmalsdimensionen Elaboriertheit und Strukuriertheit im Sachunterricht der Grundschule. Münster; New Yirk; München; Berlin: Waxmann, S. 20.

9 Edelmann, Walter (2005): Lernpsychologie. 6. Aufl., Weinheim: Beltz PVU, S. 160.

10 Vgl.: Seel, Norbert, M. (1991): Weltwissen und mentale Modelle. Göttingen, Toronto, Zürich: Hogrefe.; Seel, Norbert M. (2000): Psychologie des Lernens. Lehrbuch für Pädagogen und Psychologen. München; Basel: Reinhardt, Kapitel 4.1.3.

11 Vgl.: Jones, Gareth R.; Bouncken Ricarda B. (2008): Organisation. Theorie, Design und Wandel. 5. Aufl., München: Pearson. S. 736.; Huss, Jörg (2003): Diagnose und Unterstützung mentaler Wissenreprä- sentationen in Projektteams. Eine Fallstudie. Hamburg: Diplomica, S. 10.; Edelmann, Walter (2005): S. 160.

12 Vgl.: Anderson, John R. (2007): Kognitive Psychologie. 6. Aufl., Berlin; Heidelberg: Spektrum, S. 210f.

13 Vgl. ebd.: S. 443.

14 St. Pierre, Michael; Hofinger, Gesine (2014): Human Factors und Patientensicherheit in der Akutmedizin. 3. Aufl., Berlin; Heidelberg: Springer, S. 111.

15 Vgl. ebd.

16 Vgl. ebd.: S. 111f.

17 Vgl. ebd.: S. 112.

18 Seel, Norbert M. (2000): S. 50.

19 Seel, Norbert M. (2000): S. 253.

20 St. Pierre, Michael; Hofinger, Gesine (2014): S. 112.

21 Seel, Norbert M. (2000): S. 22.

22 Fröhlich, Werner D. (1998): S. 443.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Förderung der Konstruktion mentaler Modelle in der theoretischen Pflegeausbildung
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Berufspädagogik und Berufliche Didaktiken)
Veranstaltung
Interaktion durch Kommunikation
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
17
Katalognummer
V315209
ISBN (eBook)
9783668151871
ISBN (Buch)
9783668151888
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mentale Modelle, Pflegeausbildung
Arbeit zitieren
Henriette Bartusch (Autor:in), 2015, Förderung der Konstruktion mentaler Modelle in der theoretischen Pflegeausbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315209

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