Pflegekräfte in der Zentralen Notaufnahme. Haben sich die Kompetenzanforderungen an das Personal verändert?


Bachelorarbeit, 2013

55 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
1.2 Untersuchungsziel und Forschungsfrage

2 Theoretischer Rahmen
2.1 Das Berufsbild Gesundheits- und Krankenpflege
2.1.1 Die Ausbildung
2.1.2 Fortbildungen und Weiterbildungen
2.1.3 Bedarfsermittlung für Bildungsmaßnahmen
2.1.4 Die Deutschen Krankenhausgesellschaft
2.1.5 Interessenvertretung
2.2 Zentrale Notaufnahme
2.2.1 Historie und Organisationsstruktur der Notaufnahmen in Deutschland
2.2.2 Patientenklientel und Krankheitsspektrum
2.2.3 Aufgaben des Notaufnahmeteams
2.2.4 Patientensicherheit

3 Studiendesign und Methode
3.1 Recherche
3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien
3.1.2 Relevanz für die Berufsverbände
3.2 Qualitative Methode - Das Experteninterview
3.2.1 Datenerhebung – Entwicklung und Durchführung des Interviews
3.2.2 Datenauswertung

4 Ergebnisse
4.1 Qualifizierungsmöglichkeiten für das Pflegepersonal der ZNA
4.2 Bereits anerkannte Fachweiterbildungen im deutschsprachigen Ausland
4.3 Die analysierten Interviews
4.3.1 Veränderte Versorgungsstrukturen
4.3.2 Mitarbeiter-bezogene Aspekte
4.3.3 Patienten-bezogene Aspekte
4.3.4 Versorgungsqualität
4.3.5 Bildungsmaßnahmen

5 Diskussion
5.1 Ergebnisse
5.2 Methodenkritik

6 Fazit und Ausblick

7 Verzeichnisse
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Tabellenverzeichnis
7.3 Abbildungsverzeichnis
7.4 Abkürzungsverzeichnis

8 Anhang
8.1 DKG-Empfehlung (Auszug) – Paragraph 1 und Paragraph 7
8.2 Erlössituationen der Zentralen Notaufnahmen (schematische Darstellung)
8.3 Leitfaden (1)
8.4 Leitfaden (2)
8.5 Einverständniserklärung
8.6 Information über die Ziele der Befragung

Eidesstattliche Erklärung

Zusammenfassung

Hintergrund

In Krankenhäusern sind die innerklinischen Versorgungsbereiche stark differenziert. Das dortige Personal setzt sich mit einer homogenen Gruppe von Patienten als auch Erkrankungen auseinander. Zentrale Notaufnahmen (ZNA) hingegen sind Anlaufstelle für jegliche ungeplant eintreffenden Patienten, die unter zeitlich limitierten Ressourcen versorgt werden müssen. Dies führt zu einer enormen Heterogenität bezüglich des Patienten- und Krankheitsspektrums. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Pflegekräfte durch die allgemeine Krankenpflegeausbildung für das Arbeiten in diesem Bereich ausreichend qualifiziert sind oder gezielten Fort- und Weiterbildungen, wie es in anderen pflegerischen Fachgebieten etabliert ist, notwendig sind.

Methode

In der vorliegenden Untersuchung werden zwei Erhebungsmethoden miteinander kombiniert. Intention dieser Triangulierung ist es, mögliche Kausalzusammenhänge zu beschreiben. Zu Beginn erfolgt eine Bestandsaufnahme der derzeitig möglichen Fort- und Weiterbildungen im Handlungsfeld Notaufnahme, wohingegen die Interviews mit den leitenden Pflegenden einen Einblick in das Tätigkeitsfeld gewähren und die veränderten Anforderungen an das Pflegepersonal offen legen.

Ergebnisse

Das Handlungsfeld ZNA stellt nicht nur durch die Heterogenität des Patienten- und Krankheitsspektrums eine große Herausforderung für das Pflegepersonal dar. Auch das veränderte Patientenverhalten und der Rückzug der ambulanten Versorgungsinstanzen führen zu einem erweiterten wie auch veränderten Tätigkeitsspektrum der Pflegekräfte, welches nach Meinung der Befragten nicht durch die allgemeine Ausbildung abgedeckt wird. Dieser Bedarf wird durch die gegenwärtigen Weiterbildungsangebote für das ZNA-Pflegepersonal bestätigt. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit einer anerkannten Fachweiterbildung geäußert und eine Anpassung der Personalstruktur an die Patientenzahlen gefordert.

Schlussfolgerung

Um die Patientensicherheit und -versorgung zu gewährleisten, ist es notwendig das Personal der ZNA weiterzubilden und die Personalstruktur und -aufgaben den Veränderungen anzupassen. Allerdings scheint die Investition in Personal, sei es in Bildungsmaßnahmen oder zusätzlichen Stellen, gegenwärtig trotz ausgesprochenen Bedarfs nicht oder nur begrenzt möglich. Als Grund werden hier die inkonsistenten Zielvorgaben der Kliniken gesehen, die immer mehr Qualität leisten müssen, jedoch für diese Forderung keine finanziellen Ressourcen zur Verfügung haben.

Abstract

Background

The departments in hospitals are strongly differentiated. The nurses there are dealing with a homogeneous group of patients and diseases. Emergency departments, however, are central point of contact for any unplanned incident patients that need to be supplied under time-limited resources. This leads to an enormous heterogeneity with respect to the patient and disease spectrum. In this context, the question arises whether the nurses are qualified by the general nursing education for working in this area or sufficiently targeted education and training, as is common in other nursing fields, are necessary.

Methods

In the present study, two survey methods are combined. The intention of this triangulation is to describe possible causal links. At the beginning, an inventory of the present, which can progress and developments in the field of action ER, whereas the grant interviews with the senior nurses an insight into the activity and the changing demands put open to the nursing staff.

Results

The emergency center is not only due to the heterogeneity of the patient-and disease spectrum, a major challenge for the nursing staff represents Also changes in patient behavior and the withdrawal of outpatient care instances lead to an expanded range of activities as well as changes in the nursing staff, which is not in the opinion of the respondents covered by general education. This need is confirmed by the current training opportunities for ER nurses. In addition, the need for a recognized specialist training is expressed and required an adjustment of the personnel structure to the patient numbers.

Conclusion

To ensure patient safety and supply, it is necessary to educate the staff of the ER and the personnel structure and tasks accommodate the changes.

However, the investment appears in personnel, whether in training or additional staff currently no or limited demand despite outspoken possible. As a reason here the inconsistent objectives of clinics to be seen who will have to more and more quality, but this demand has no financial resources.

„Qualifizierte Mitarbeiter sind die entscheidende Ressource für Sicherheitsbewusstes Arbeiten und für die Vermeidung von Fehlern. In die Fort- und Weiterbildung zu investieren, ist daher immer eine Investition in die Patientensicherheit.“

St. Pierre, Hofinger, Buerschaper, 2011, S. 255

Ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit nur die männliche Form verwendet. Inhaltlich ist aber immer die weiblichen Form mit eingeschlossen.

1 Einleitung

1.1 Hintergrund und Motivation

Innerklinische Versorgungsbereiche moderner Krankenhäuser zeichnen sich durch eine starke Differenzierung aus. So gibt es für nahezu jedes Patientenklientel 1 spezielle Stationen. Darüber hinaus erfolgt die Trennung nach medizinischen Fachgebieten. Exemplarisch seien hier die übergeordneten Bereiche Innere-Medizin und Chirurgie genannt, die sich ihrerseits weiter differenzieren in Kardiologie, Hämatologie, Urologie, Neurochirurgie, Herz-Thorax-Chirurgie, um nur wenige zu nennen. Das Personal der jeweiligen Bereiche setzt sich letztendlich mit einer relativ homogenen Gruppe von Patienten als auch Erkrankungen auseinander.

Eine Zentrale Notaufnahmen 2 hingegen ist die Anlaufstelle in einer Klinik für jegliche ungeplant eintreffenden Patienten oder Notfallpatienten3. Diese werden, wenn erforderlich, stationär im Krankenhaus aufgenommen oder in die ambulante Behandlung entlassen (Gries et al, 2010). Aufgrund der Komplexität der Krankheiten, der Patientenfluktuation, sowohl unzureichender Informationen bezüglich der Vorerkrankungen und Medikation wie auch zeitlich limitierter Ressourcen ist das dortige Arbeiten unberechenbar, besonders stressreich und demnach eine große Herausforderung für alle dort tätigen Berufsgruppen (vgl. Oda Santé, 2012; Urban, Koppenberg & Lackner, 2011, S. 251). Darüber hinaus besteht für das anwesende Personal ein zusätzliches Gefahrenpotential, da es sich dabei nicht um eine räumlich geschlossene Abteilung handelt (Oda Santé, 2012).

Kennzahlen über das nationale Patientenaufkommen in Zentralen Notaufnahmen (ZNA) sind bis dato schwer eruierbar (vgl. Schöpke & Plappert, 2011). Laut Deutscher Gesellschaft für Akut- und Notfallmedizin (DGINA) wurden 2010 in Deutschland 21 Millionen Menschen in einer Notaufnahme behandelt (Hogan, 2011). In einer von Dormann, Diesch, Ganslandt und Hahn (2010) durchgeführten Studie konnte aufgezeigt werden, dass über 60% der Notfallpatienten stationär aufgenommen werden. Dies ist ein Hinweis für die bedeutende Rolle dieser Abteilung für das gesamte Krankenhaus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 Untersuchungsziel und Forschungsfrage

Die Entwicklung einer fächerübergreifender-innerklinischen Versorgungsinstanz von Notfällen, welche gegenwärtig einen enormen täglichen Patientendurchlauf aufweist, stellt die Pflegemitarbeiter vor eine große Herausforderung.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Pflegekräfte durch die allgemeine Krankenpflegeausbildung für das Arbeiten in diesem Bereich ausreichend qualifiziert sind oder ob zusätzliche Bildungsmaßnahmen in Form von gezielten Fort- und Weiterbildungen, wie es in anderen pflegerischen Fachgebieten verbreitet ist, notwendig sind. Die vorliegende Arbeit untersucht, inwieweit es für dieses Handlungsfeld gegenwärtig bereichsspezifischen Fortbildungen gibt. Daraus ergibt sich die Leitfrage: Gibt es veränderte Kompetenzanforderungen an das Pflegepersonal in einer Zentralen Notaufnahme, die zusätzliche bereichsspezifischen Bildungsmaßnahmen notwendig machen?

Die Konzeption der vorliegenden Arbeit beinhaltet zwei Stufen. Die erste Stufe stellt eine Bestandsaufnahme der derzeitig möglichen Fort- und Weiterbildungen im Handlungsfeld Notaufnahme dar, wohingegen die Intention des zweiten Schrittes ist, durch Experteninterviews, die Frage zu beantworten, weshalb es möglicherweise diesen Bedarf gibt.

2 Theoretischer Rahmen

2.1 Das Berufsbild Gesundheits- und Krankenpflege

Im Gesundheitswesen stellt das Pflegepersonal mit 717.000 Mitarbeitern die derzeit größte Beschäftigungsgruppe dar (vgl. Afentakis & Böhm, 2009, S.11). Angesichts der Tatsache, dass für die Bevölkerung eine kontinuierliche medizinische Versorgung bereitgestellt werden muss, hat die betroffene Berufsgruppe durch diese erschwerte Arbeitsbedingungen (vgl. Afentakis & Böhm, 2009, S.29).

Um eine Vorstellung von dem Arbeitsfeld und der berufspolitischen Struktur zu erhalten, wird im Folgenden auf die Grundausbildung sowie die Möglichkeiten der fachlichen Qualifizierung eingegangen. Im Zusammenhang mit möglichen Fachweiterbildungen wird es als unabdingbar erachtet, auf die Deutsche Krankenhausgesellschaft und andere Interessenvertretungen hinzuweisen.

2.1.1 Die Ausbildung

Die Rahmenbedingen der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger sind bundeseinheitlich durch das Krankenpflegegesetz (KrPflG) geregelt. Novelliert wurde dieses letztmalig im Jahre 2003 und 2011 zuletzt geändert. Das Gesetz legt unter anderem fest, dass in der dreijährigen Ausbildung der theoretische Anteil 2100 Stunden und der praktische Anteil 2500 Stunden beträgt. Paragraph 3 Absatz 2 des KrPflG konkretisiert die Kompetenz der eigenverantwortlich durchzuführenden Aufgaben einer examinierten Pflegekraft. Im „Rahmen der Mitwirkung“ (KrPflG) dürfen ärztlich veranlasste, wie auch Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation und Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen eigenständig durchgeführt werden. Des Weiteren wird im KrPflG auf die Kompetenz verwiesen, „interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zusammenzuarbeiten und dabei multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen von Gesundheitsproblemen zu entwickeln“. In der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV) gibt es zwölf vorgeschriebene Themenbereiche.

Die Ausgestaltung des Lehrplanes obliegt den Bundesländern. Dieser Bildungsföderalismus hat die Konsequenz, dass die einzelnen Länder teilweise andere Prioritäten bezüglich der Inhalte der Themenbereiche setzen und somit die dafür vorgesehenen Unterrichtseinheiten variieren. Dessen ungeachtet, haben viele Lernfeldabschnitte mit dem dazu gehörigen Inhalt Bezug zum Arbeitsbereich Notaufnahme (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Exemplarische Lernfelder mit Notaufnahme-relevanten Inhalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung, Auszug Thüringer Lehrplan

2.1.2 Fortbildungen und Weiterbildungen

Fortbildungen gehören zu den Maßnahmen der Mitarbeiterbildung und stellen somit eine Basisaufgabe der Personalentwicklung 4 dar. Im Berufsfeld Pflege unterscheiden sich Fortbildungen von Weiterbildungen. Fortbildungen dienen dazu, das vorhandene Wissen wie auch das Können auf hohem Niveau zu halten. Diese können wenige Stunden, Tage oder auch mehrere Monate dauern und finden oftmals innerhalb des Betriebes statt (vgl. Menche, 2009, S.9&27). Bei Weiterbildungen handelt es sich laut Bildungsrat, um eine „Wiederaufnahme organisierten Lernens nach abgeschlossener Ausbildung zur Erreichung eines zusätzlichen qualifizierenden Abschlusses“ (in Menche, 2009, S.9). Einige Weiterbildungen sind staatlich anerkannt und führen zu einer neuen Berufsbezeichnung, beispielsweise „Fachkrankenpfleger für Intensivpflege“ (Menche, 2009, S.27).

Laut Sachverständigenrat (SVR) (2003) sorgen die Krankenhäuser, durch ihren Beitrag bei Aus-, Weiter- und Fortbildungen für, „eine für die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems wesentliche Aufgabe mit einem primär investivem Charakter (Investition in „Humankapital“), die in Überlegungen zur Finanzierung nicht immer angemessen berücksichtigt [wird]“.

Allerdings verweist der SVR (2008) darauf, dass die Begründung einer neuen Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen, nur durch etwaige vorhandene Versorgungsdefizite gerechtfertigt sei:

„Es reicht nicht, das Anliegen allein durch veränderte Herausforderungen an das Gesundheitssystem oder veränderte Versorgungsstrukturen oder gar durch die Bestrebungen einzelner Berufsgruppen zu rechtfertigen. Entscheidend kann nur eine Herleitung sein, die begründete Annahmen darüber zulässt, dass sich derzeitige Defizite der Versorgung durch eine neue Aufgabenverteilung der Gesundheitsberufe abbauen lassen. Jede Maßnahme zur Veränderung der Rollenverteilungen der heutigen Dienstleister im Gesundheitssystem, zur Neugestaltung des Professionenmix oder zur Einführung neuer Berufe, Ausbildungen und Weiterbildungen muss eine effektivere und effizientere Gesundheitsversorgung fördern und damit die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen für die Bevölkerung und deren Wirtschaftlichkeit verbessern.“

(Sachverständigenrat 2008, 195)

Allerdings hängt der Erfolg von Bildungsmaßnahmen nicht nur von den Interessen und Bedürfnissen der Mitarbeiter ab (vgl. Kerres, 2005, S.380; Olfert, 2010(b), S.390), auch spielt deren Motivation5 eine nicht zu unterschätzende Rolle (vgl. Hentze, Heinecke & Kammel, 2001, S.357). Diese kann durch extrinsische und intrinsische Anreize beeinflusst werden (vgl. Tabelle 2). Beide Faktoren müssen hinreichend berücksichtigt werden, damit sie letztendlich einer Steigerung der Motivation wie auch der Leistung erzielen (vgl. Devrient & Städtler-Mach, 2005, S.12; Hentze et al, 20012, S. S.537ff; Olfert, 2010(a), 220).

Tabelle 2:Faktoren der Arbeitsplatzzufriedenheit nach Herzberg

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

Bei den sozialen Berufen, zu denen die Pflegeberufe gehören, überwiegt oftmals die intrinsische Motivation (vgl. Devrient & Städtler-Mach, 2005, S.12). Diese gilt es bei der Personalförderung und - entwicklung zu beachten. Ein zusätzlicher Anreiz für Pflegekräfte, eine Fachweiterbildung zu absolvieren, ist die eventuell darauffolgende Eingruppierung in eine höhere Gehaltsstufe.

2.1.3 Bedarfsermittlung für Bildungsmaßnahmen

Vor Umsetzung einer Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme ist es unumgänglich, den Bedarf einer solchen Maßnahme zu ermitteln. Neuberger (1994) sieht die Bedarfsermittlung als einen Problemlöseprozess und ist daher der Meinung: „Bedarf ist ganz allgemein eine Lücke oder Abweichung, eine Diskrepanz zwischen Ist und Soll. Erst wenn beide Größen bestimmt sind, kann man von Bedarf reden.“ (S.161). Demnach ermöglicht das Aufzeigen von Lücken, entweder bei den bestehenden Fähigkeiten und / oder bei den notwendigen Anforderungen, inwieweit Bildungsmaßnahmen notwendig sind (vgl. Olfert, 2010(b), S.388ff).

Bezüglich der Notaufnahme zitiert der SVR (2003) Bayeff-Filloff, Lackner & Anding (2001) und bestätigt damit die Notwendigkeit der Investition in Fort- und Weiterbildungen für das dort arbeitende Personal. Auch Stewig-Nitschke (2012), als Mitglied der AG Notfallpflege der DGINA, macht auf die veränderten Ansprüche an das dortige Pflegepersonal aufmerksam. Demnach gibt es eine Diskrepanz zwischen den, durch die Krankenpflegeausbildung erhaltenen und den in einer Notaufnahme benötigten Kompetenzen: So ist es für die Pflegekräfte einer Notaufnahme nicht elementarer Bestandteil der täglichen Arbeit, weiterführende Pflegemaßnahmen zu planen und zu organisieren. Auch die Evaluation dieser ist nur durch die Pflegekraft der nachfolgenden Station möglich. Die Anforderungen für die Bewältigung der Arbeitsprozesse in einer ZNA sind das eigenständige Durchführen ärztlich veranlasster Handlungen und die medizinische Diagnostik, wie auch das Anwenden spezifischer Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen.

2.1.4 Die Deutschen Krankenhausgesellschaft

In jedem Bundesland schließen sich die pluralen Träger und Verbände der Krankenhäuser zu einem privatrechtlichen Verein – einer Landeskrankenhausgesellschaft (LKG) – zusammen. Bundesweiter Dachverband ist die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit Sitz in Berlin.

Ziel der Krankenhausgesellschaften ist es, „die Interessen ihrer Mitglieder in der Öffentlichkeit, gegenüber der Politik und den anderen Akteuren im Gesundheitswesen zu vertreten“ (Rosenbrock & Gerlinger, 2006, S.156). Im Vergleich zum Einfluss der Krankenkassenverbände und Länder ist die politische Macht der Krankenhausgesellschaft gering (vgl. Rosenbrock & Gerlinger, 2006, S.179), dennoch hat sie starken Einfluss auf die Rahmenbedingungen der einzelnen Krankenhäuser (vgl. Rosenbrock & Gerlinger, 2006, S.157). Die DKG versucht, als Teil des Bundesausschusses auf Entscheidungen im Interesse der Krankenhäuser einzuwirken.

Da die medizinisch-wissenschaftliche und medizinisch-technische Fortentwicklung – verbunden mit der demographischen Entwicklung – zu neuen und anspruchsvollen Aufgaben für das Pflegepersonal führen, ist es unabdingbar, dass Pflegekräfte in bestimmten Handlungsfeldern und Funktionsabteilungen ihr Wissen und Können durch Fachweiterbildungen erweitern (vgl. Neiheiser & Walger, 2002, S.7). Bedingt durch den Bildungsföderalismus in Deutschland gibt es jedoch kein allgemeingültiges Weiterbildungsrecht. Verordnungen oder Gesetze werden auf landesrechtlicher Ebene generiert, mit der Konsequenz, dass es teilweise in jedem Bundesland andere Richtlinien oder Gesetze gibt, die die Weiterbildung in Gesundheitsfachberufen regelt (vgl. Tippelt, 2010, S.347). So gibt es auch unterschiedliche Weiterbildungsbezeichnungen und -möglichkeiten für Gesundheitsfachberufe. Aus diesem Grunde initiiert die DKG seit den 1960er Jahren eine Empfehlung6 zur Weiterbildung von Pflegekräften für die pflegerischen Fachgebiete (DPR, 2007, S.4). Die 2011 novellierte DKG-Empfehlung wurde als eine landesrechtliche Ordnung für spezielle Fachgebiete herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurde auch festgelegt, „dass – solange in einem Bundesland eine landesrechtliche Regelung der Weiterbildung im Sinne der Empfehlung nicht besteht – die DKG die Anerkennung der Weiterbildungsstätte nach Maßgabe der Empfehlung vornimmt“ (DKG, 2011).

2.1.5 Interessenvertretung

Neben den LKGs und der DKG gibt es weitere Interessenvertretungen speziell für Pflegekräfte. Der Deutscher Pflegerat e.V. (DPR) ist eine Bundesarbeitsgemeinschaft, welche sich unter anderem am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-Ba) beteiligt. Der G-Ba ist die wichtigste Selbstverwaltungsinstitution im deutschen Gesundheitswesen und hat die Aufgabe die Qualität der Versorgung zu sichern (Rosenbrock & Gerlinger, 2006, S.249). Der DPR setzt sich aus verschiedenen Verbänden der Pflege und des Hebammenwesens zusammen und hat als elementares Ziel die politische Umsetzung von pflege-beruflichen Zielen (vgl. DPR). Mitgliederverbände sind unter anderem der Deutsche Berufsverband für Pflegekräfte (DBfK) und die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF). Der DBfK ist der größte nationale Berufsverband der Pflege und die DGF stellt die nationale Interessenvertretung der Fachkrankenpflege dar. Als oberstes Ziel wird die Sicherung einer optimalen Patientenversorgung durch qualifizierte Pflegekräfte angeben (vgl. Beuse, o.J.).

2.2 Zentrale Notaufnahme

Zentrale Notaufnahmen (ZNA) sind sich rasant fortentwickelnde Funktionsabteilungen eines Krankenhauses. Sie gelten als Hochrisikobereiche (vgl. Koppenberg, Urban & Lackner, 2011, S.243) und bilden eine elementare Schnittstelle zwischen Außenwelt und Klinik (vgl. Grundmeier, 2011(a), S.142). Sie sind nicht selten der erste Kontakt, den ein Patient oder aber auch ein Angehöriger mit der Klinik hat (vgl. Eberts, Schmall & Giese, 2012). Diese zentrale Anlaufstelle ist für Patienten 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr für alle gesundheitlichen Probleme zugänglich (Fleischmann & Walter, 2007).

Krankenhäuser sind jedoch konfrontiert mit inkonsistenten Zielvorgaben. Sie müssen sowohl effektiv als auch effizient Patienten behandeln (St. Pierre, Hofinger & Buerschaper, 2011, S. 233). Mit der Einführung des Fallpauschalengesetzes im Jahre 2002 ist der finanzielle Druck auf die Organisation Krankenhaus zusätzlich enorm gestiegen. Die Häuser sind gezwungen, noch effizienter zu wirtschaften, indem die Produktivität verbessert wird und Abläufe optimiert werden (vgl. Lackner, 2011, S.17; Quintel & Kumle, 2011). In diesem Zusammenhang zeigt sich ein Verbesserungspotenzial für die Struktur der gegenwärtigen, als kostenintensiv geltenden Notaufnahmen (vgl. Fleischmann & Walter, 2007; Gries et al, 2010; Mayer & Debatin, 2011; Quintel & Kumle, 2011). Unprofitabel ist diese Abteilung, weil auf der einen Seite bis dato in einer Vielzahl von Kliniken die einzelnen Fachgebiete eigene Aufnahmebereiche aufweisen, um Notfallpatienten zu behandeln (Dezentrale Notaufnahmen) und auf der anderen Seite die Finanzierung7 sehr komplex ist. So ziehen Dezentrale Notaufnahmen, durch eine redundante Versorgung und der häufig nur wenig ausgelasteten Stellen, die jedoch kontinuierlich besetzt sein müssen, oftmals einen finanziellen Mehraufwand nach sich (vgl. Bernhard, Pietsch & Gries 2009; Gimmler et al, 2009; Grundmeier, 2011(b), S.139). Die Finanzierung einer ZNA hingegen ist auf Grund der beispiellosen Stellung8 äußerst komplex (vgl. Calliess, Kupier, Köhnlein & Tecklenburg, 2011, S.74). So erfolgt die Abrechnung von ambulanten Notfällen durch Einzelleistungsabrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Höhe der Vergütung ergibt sich durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) (vgl. KBV, 2012). Dieser betrug im Jahre 2009 je ambulanten Notfalls 25 Euro (vgl. Blum, Löffert, Offermanns & Steffen, 2010). Schätzungen zufolge fallen jedoch pro Fall mindestens 40-60 Euro an (vgl. Nieheus, Brachmann & Geppert, 2011, S.122; Petersen & Leng 2008, S.36). Dieses Vergütungssystem birgt durch die enorme Fallzahlsteigerung in Notaufnahmen ein Verlustgeschäft für das Krankenhaus (vgl. Schöpke & Plappert, 2011).

2.2.1 Historie und Organisationsstruktur der Notaufnahmen in Deutschland

Die Entwicklung von Notaufnahmen ist verbunden mit der Entwicklung des systematischen, prähospitalen Rettungswesens, welches in Deutschland Anfang des 20. Jahrhundert begann. Der 1. Internationale Rettungskongress fand 1908 in Frankfurt statt. Dort wurde auf die Notwendigkeit einer strukturierten präklinischen Versorgung von Notfällen hingewiesen. Es entstanden Empfehlungen, um diese zu gewährleisten und inkludierte neben der qualifizierten ärztlichen Vor-Ort-Behandlung auch das Vorhandensein von innerklinischen „Örtlichkeiten für die Erstversorgung von Notfällen“ (Ahnefeld & Brandt, 2002), die als Grundvoraussetzung einer systematischen Behandlung galten. Die ersten ärztlich besetzten Rettungswagen wurden 1960 (DDR) und 1964 (BRD) in Betrieb genommen (vgl. Jantzen, Burgkhardt, Burgkhardt, Kampmann, 2008; Sikinger et al, 2005). In dieser Anfangsphase gab es teilweise gar keine Notaufnahmen, mit der Konsequenz, dass die via Rettungsdienst eingelieferten Patienten direkt der Station zugeordnet wurden (vgl. Fleischmann, 2007).

Gegenwärtig gibt es in deutschen Krankenhäuser drei divergente Organisationsformen bezüglich der Versorgung von Notfällen (vgl. Lackner, 2011, S.17). Man unterscheidet die folgende.

Notaufnahmesysteme: die dezentralen (27%), die zentralen (45%) und die gemischt dezentral- zentralen (27%) Aufnahmebereiche (vgl. Blum et al, 2010).

In Dezentralen Notaufnahmen haben die einzelnen Fachdisziplinen eigenständige Strukturen geschaffen, um die Patienten erst zu versorgen und / oder aufzunehmen. Diese Ambulanzen sind mit Pflegepersonal und Ärzten der jeweiligen Fachdisziplin besetzt (vgl. Gimmler, Somasundaram, Wölfl & Gries, 2009; Grundmeier, 2011(b), S.139; Fleischmann, 2007; Fleischmann & Walter, 2007). Die Patienten werden vom Rettungsdienst, durch prä-hospitale Zuordnung zu einem Fachgebiet, in die betreffende Ambulanz gebracht. Patienten die selbst vorstellig werden, entscheiden eigenständig über die Zuordnung zur entsprechenden Ambulanz. Beim Auftreten von mehreren Symptomen, die eine Behandlung unterschiedlicher Fachdisziplinen erfordert, wird diese diffizil (vgl. Grundmeier, 2011(b), S.139).

Die ersten Zentralen Notaufnahmen wurden in Deutschland vor 20 bis 30 Jahren realisiert, mit dem Zweck, den Patienten schnellstmöglich eine gezielte und fachspezifische Behandlung zukommen zulassen (vgl. Gries et al, 2010). Der Aufnahmeprozess ist anders organisiert: Der eintreffende Patient hat die „eindeutige Adresse“ (Bernhard et al, 2009) und wird durch das Personal der Notaufnahme der entsprechenden medizinischen Disziplin zugeordnet. Dies ist nicht mehr Aufgabe des Rettungsdienstes oder des Patienten. Das Krankenhaus steuert eigenständig die Patienten (vgl. Grundmeier, 2011(b), S.139f). Trotz teilweiser Trennung nach medizinischen Disziplinen, muss der Patient nicht mehr von einem Fachbereich zum nächsten – teilweise mit Überwindung große räumliche Distanzen – gebracht werden. Je nach Erforderlichkeit, ist es Aufgabe der benötigten Spezialisten, zum Patienten zu kommen (vgl. Fleischmann & Walter, 2007). Dies kann jedoch zu „unklaren Zuständigkeiten“ mit der Folge der „Verantwortungsdiffusion“ führen (Fleischmann, 2007). Aus diesem Grund wird in einigen Kliniken die Etablierung von Interdisziplinären ZNAs unternommen.

Bei einer Interdisziplinären ZNA gibt es zwar eine zentrale Anlaufstelle, jedoch keine Trennung nach Fachgebieten. Hier versorgt ein multidisziplinäres Ärzte- und Pflege-Team die Notfallpatienten. Die Zuordnung zu einem speziellen Fachgebiet entfällt (vgl. Bernhard et all, 2009; Gries et al, 2010; Fleischmann 2007).

„Eine zentrale Notaufnahme, in der die Interdisziplinarität der Notfallversorgung gewährleistet wird, birgt daneben für die Patienten mit akuten und lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen die Chance einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit.“

(Gries, et al, 2010)

Darüber hinaus hat die Mehrheit der Zentralen Notaufnahmen ein erweitertes Leistungsspektrum. So weisen 90 Prozent weitere Ambulanzen auf, 80 Prozent der Zentralen Notaufnahmen bestellen Patienten zur Weiterbehandlung ein und 34 Prozent haben eine angegliederte Aufnahmestation (vgl. Blum et al, 2010). Neben einem erweiterten Leistungsspektrum gibt es auch integrierte Spezial- Notambulanzen wie die Chest-Pain-Unit oder Stroke-Unit zur Behandlung von Patienten mit Akutem Koronarsyndrom oder Apoplexie (vgl. Dormann et al, 2010).

2.2.2 Patientenklientel und Krankheitsspektrum

Ausgehend vom Begriff Notaufnahme ist anzunehmen, dass es sich um ein klar zu definierendes Patientenklientel handelt: Patienten, die aufgrund akut einsetzender Gesundheitsprobleme schnellstmöglich eine Notfallversorgung benötigen (vgl. Fleischmann & Walter, 2007; Reng, 2011). Dies entspricht jedoch nicht vollends der in einer Notaufnahme eintreffenden Patientengruppe. So gibt es auch Faktoren, die Patienten mit geringsten Beschwerden ins Krankenhaus führen, aufgrund dessen, dass Notaufnahmen eine kontinuierliche und schnellstmögliche ärztliche Versorgung bieten (vgl. Steffen, Tempka, Klute, 2007). Diese Motivation ist ein nicht zu unterschätzender Faktor (vgl. Bernhard et al, 2009; Dodt, 2011, S.533; Gimmler et al, 2009; Reng, 2011, S.542). So konnte in mehreren Studien aufgezeigt werden, dass Patienten, neben einer medizinischen Notwendigkeit, auch aus Unwissenheit über das Gesundheitswesen, Bequemlichkeit und der Annahme einen Qualitätsvorteil in der Notaufnahme zu haben, diese aufsuchen (Borde, Braun, David, 2003; Steffen, Tempka, Klute, 2007). Daher ist das in einer Notaufnahme anzutreffende Patientenklientel nicht nur bezüglich des Altersspektrums äußerst heterogen, die Unterschiedlichkeit zeigt sich auch in der Komplexität und Ausprägung der Krankheitsbilder, als Beispiel seien hier Bagatellerkrankungen und das Extrem des Polytrauma9 genannt.

Die Inanspruchnahme durch Nicht-Notfall-Patienten wird unter anderem durch das etablierte Gesundheitssystem forciert. Gemäß § 75 Absatz 1 SGB V ist es Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung in der sprechstundenfreien Zeit, eine ambulante Notfallversorgung zu gewährleisten. Dies wird bzw. kann jedoch nicht vollends realisiert werden und insofern schließen die Krankenhäuser partiell die Lücke in der ambulanten Versorgung von Notfallpatienten (Blum et al, 2010). Laut Krankenhaus Barometer des Deutschen Krankenhaus Institutes (DKI) wurden 2009 etwa elf Millionen ambulante Notfälle in den Allgemeinkrankenhäusern Deutschlands behandelt (Blum et al, 2010).

„Der 'Missbrauch durch Nicht-Notfall-Patienten', die die qualifizierte 24h-Sofort-Versorgung in der Notfallaufnahme mit vergleichsweise kurzen Wartezeiten einer häufig ohne Terminvergabe nicht zeitnah zu realisierenden ambulanten hausärztlichen Versorgung vorziehen, ist ein zunehmendes Problem im In- und Ausland, da so Kapazitäten der Notfallbehandlung gebunden werden.“

(Gimmler et al, 2009)

Dies hat zur Folge, dass das dort arbeitende Personal, sei es der Pflege- oder der ärztliche Dienst, mit einem ausgesprochen breitem Krankheitsspektrum konfrontiert ist. Des Weiteren konnte aufgezeigt werden, dass Patienten vor allem in den Abend- und Nachtstunden wie auch am Wochenende die Notaufnahme aufsuchen. Dies sind die Zeiten, die personell schwächer besetzt sind und somit ist die Arbeitsbelastung für die zu dieser Zeit Tätigen erhöht (vgl. Blum et al, 2010; Borde, Braun, David, 2003).

2.2.3 Aufgaben des Notaufnahmeteams

Das Team einer Notaufnahme setzt sich aus verschiedenen Berufsgruppen zusammen. Zu diesem multiprofessionellen Team gehören neben den Ärzten und dem Pflegepersonal, zunehmend Rettungsassistenten wie auch medizinische Fachangestellte (vgl. Klöss, 2011, S.8). Nach einer vom DKI durchgeführten Umfrage bilden die Pflegekräfte mit 79 Prozent den größten Personalbestand mit fester Zuordnung in einer ZNA. Auf Grund des ökonomischen Druckes gibt es beim ärztlichen Dienst das gegenwärtige Problem, dass vor allem „preiswerte Jungassistenten anstatt erfahrende Fachärzte für diese hochdifferenzierte Tätigkeit eingesetzt [werden]“ (Zylka-Menhorn, 2011).

Die Aufgaben und die Leistungen des Notaufnahmeteams sind vielfältig. Unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes Paragraph 12 Absatz 1 SGB V müssen auch die Leistungen in einer Notaufnahme: „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“. Die Aufgaben umfassen das rasche und korrekte Einschätzen des Patienten, das Stabilisieren der Vitalfunktionen, das Diagnostizieren sowie das unter Umständen erforderliche Therapieren und das nachfolgende Disponieren von Notfallpatienten jeden Alters und mit jeder Erkrankung und Verletzung (vgl. Dodt, 2011, S.534; Fleischmann & Walter, 2007; Gimmler, et al 2009; Klöss, 2011, S.8). Um eine gute Patientenversorgung zu gewährleisten, wird daher vorausgesetzt, dass man unter Zeitdruck auf ein breites Wissen zurückgreifen können muss. Das Team ist darüber hinaus mit unterschiedlichen zwischenmenschlichen Konstellationen und Situationen konfrontiert, die ein hohes Maß an fachlicher und sozialer Kompetenz verlangt (vgl. Christ, Schmidt, Popp & Mang, 2012).

Im Vergleich zum ärztlichen Dienst ist das Pflegepersonal selten nur einer Disziplin zugeordnet. Daher ist das Arbeiten in einer Notaufnahme eine große Herausforderung und verlangt ein „hohes Maß an Kompetenz, Flexibilität, Selbstständigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein und Selbstsicherheit“ (Schubert & Kintzel, 2012, S.1). Der „Spagat zwischen den Extremen“ (Schubert & Kintzel, 2012, S.1) verlangt von den Pflegekräften die Fähigkeit, unter Zeitdruck professionell und effizient zu handeln. Der Pflegende muss in der Lage sein, die Dringlichkeit einer Versorgung zu erkennen und erforderliche Maßnahmen augenblicklich und effizient einzuleiten (vgl. Schubert & Kintzel, 2009, S.1).

Das Pflegepersonal einer ZNA hat neben der Assistenz des Arztes auch Aufgaben, die es autonom durchführen kann. Doch eine exakte Aufgabenverteilung und -trennung ist kaum formulierbar. Ursachen dafür liegen in der nicht rechtlich festgelegten Kompetenztrennung zwischen Arzt und nicht-ärztlichem Personal. Somit kommt es zu einer steigenden Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch das Pflegepersonal. Davon ausgeschlossen sind jedoch die Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung, Diagnosestellung, Aufklären und Beraten, die Therapie wie auch invasive Eingriffe inklusive Operationen. Diese Kernbereiche des ärztlichen Handelns bedürfen eines professionellen ärztlichen Fachwissens und sind daher nicht delegationsfähig (vgl. Bonvie, 2011, S.21; Offermanns, 2008). Zu den assistierten Tätigkeiten gehören beispielsweise die Intubation, Elektrotherapie oder die Thoraxdrainage. Autarke Tätigkeiten sind unter anderem das Legen von Zugängen, Sonden und Kathetern, das Schreiben von EKGs, das Gipsen und auch die Gabe von Injektionen (vgl. Bonn, 2003, VII; Schubert & Kintzel, 2009).

2.2.4 Patientensicherheit

In einer großangelegten US-amerikanischen Studie des Institut of Medicine (IOM) (2000) wurden die häufigsten Fehlerquellen im US-amerikanischen Gesundheitswesen ausfindig gemacht. Demnach gehört die Überlastung des Personals, wie auch komplizierte Technik verbunden mit mangelnder Einarbeitung, zu den Gründen für Zwischenfälle bei der Versorgung von Patienten. Die Autoren schlussfolgerten, dass Behandlungsfehler demnach die häufigste Todesursache sind (IOM, 2000, S.60ff). Mit dieser Äußerung sorgte die Studie nicht nur in den USA für Aufsehen, weltweit sah man sich gezwungen, sich mit dem Thema Patientensicherheit auseinanderzusetzen (vgl. St. Pierre et al; 2011, S.5).

Dessen ungeachtet sind Krankenhäuser auch gezwungen, effektiv und effizient zu wirtschaften. So gibt es gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen, die enormen Druck auf die Organisation Krankenhaus ausüben (vgl. St. Pierre et al; 2011, S.233). So sind sie beispielsweise laut Paragraph 135 SGB V verpflichtet, die Qualität der Leistungen zu sichern und weiterzuentwickeln, gleichwohl Paragraph 12 SGB V das Wirtschaftlichkeitsgebot vorgibt. Dies ist für viele Krankenhäuser eine große Herausforderung und hat nicht selten „eine im Sinne der Kostenminimierung forcierte Personalreduktion“ (Bernhard et al, 2012) zur Folge.

Gleichwohl wird in Deutschland zunehmend, um die Qualität und die Patientensicherheit zu gewährleisten, auf die Einführung von Qualitäts- und Risikomanagement in der Notaufnahme geachtet (vgl. Koppenberg et al, 2011, S.243ff). In vielen klinischen Bereichen wird dies bereits auf hohem Niveau umgesetzt. In den Notaufnahmen wird ein zunehmender Handlungsbedarf erkannt, um den „unbefriedigenden Ergebnissen in der Patientenversorgung“ entgegenzuwirken (Lemke, 2011, S.94). Seit es 1985 erstmals ein höchstrichterliches Urteil in Deutschland gab, bei dem entschieden wurde, dass die Krankenhausträger die Haftung für Organisationsmängel zu übernehmen haben (vgl. Tietzsch, 1986), sind sich Einrichtungsträger auch über eine Neuordnung der Notaufnahmen einig (vgl. Lemke, 2011, S.94). Aufgrund dieser Jurisdiktion des Bundesgerichtshofes führen demnach „Qualitätsmängel zu zivilrechtlichen Haftungen des Klinikträgers wegen Organisationsverschulden“ (Lemke, 2011, S.94).

Als mögliche Qualitätssicherungsmaßnahmen von Seiten des Klinikträgers wird die systematische Ersteinschätzung (Triage) von Patienten gesehen. Triagesysteme dienen dazu, die „Krankheitsschwere der Patienten abzuschätzen und Behandlungspriorisierung vorzunehmen“ (Christ et al, 2011). Wird demnach die Übernahme des Patienten durch eine Triage strukturiert, trifft der Klinikträger Maßnahmen, um die Qualität sicherzustellen und erfüllt im gesetzlichen Rahmen sein arbeitsrechtliches Leistungsbestimmungsrecht (vgl. Lemke, 2011, S.94f). Eine strukturierte Ersteinschätzung durch qualifiziertes Personal gilt darüber hinaus als eine Maßnahme des Risikomanagements (vgl. Koppenberg et al, 2011, S.246).

Gegenwärtig gibt es die Australasian Triage Scale, Canadian Triage and Acuity Scale (CTAS), Manchester Triage System (MTS) und Emergency Severity Index (ESI). In deutscher Übersetzung liegt MTS und ESI vor (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3: Ersteinschätzungssysteme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Christ et al, 2011

3 Studiendesign und Methode

In der vorliegenden Untersuchung werden zwei Erhebungsmethoden – Recherche über Weiterbildungsmöglichkeiten und Experteninterviews – miteinander kombiniert (vgl. Abbildung 1). Diese Triangulierung dient dem Zweck, die Ergebnisse gegeneinander abzusichern (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.105). Intention der Methodenwahl ist die Beschreibung möglicher Zusammenhänge, weshalb die Recherche, durch eine qualitative Methode in Form von Experteninterviews, ergänzt wird. Ziel dieser Interviews ist es, einen Einblick in das Arbeiten einer ZNA zu erhalten und die veränderten Anforderungen an das Pflegepersonal offen zu legen.

Aus diesem Grund ist das strukturierte Experteninterview für die Datensammlung die geeignete Methode.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Konzeption der Methodenwahl

3.1 Recherche

Die Recherche über bereits bestehende Bildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte in einer ZNA fand neben der Handsuche vorrangig im Internet über gängige Suchmaschinen statt. Durch das Schneeballprinzip war es möglich auf andere Weiterbildungsoptionen zu stoßen. Bei einigen Bildungsangeboten konnten zusätzliche Informationen über eine elektronische Anfrage erhalten.

3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien

Eingeschlossen sind nur Bildungsmaßnahmen, die einer Fachweiterbildung gleichkommen. Das bedeutet, dass sie inhaltlich nicht nur ein Themengebiet behandeln und die Dauer mindestens mehrere Monate beträgt.

Ausgeschlossen sind innerbetriebliche bzw. stationsinterne Fortbildungen, die sich vorrangig einem Fortbildungspunkt annehmen. Ausgeschlossen sind darüber hinaus auch Studiengänge, die sich auf das Management einer Notaufnahme konzentrieren.

3.1.2 Relevanz für die Berufsverbände

Die Recherche zeigte, dass es eine zunehmende Sensibilisierung durch die Berufsverbände bzw. Vereine und Gesellschaften bezüglich einer Weiterbildung für den Bereich Notaufnahme gibt. Es haben vermehrt einflussreichere Gesellschaften und Vereine diese Problematik erkannt und sich dieser angenommen:

Der DBfK gründete 1991 in Stuttgart die Arbeitsgemeinschaft E.R.N.A. - Erste Hilfe – Rettungsstellen – Notaufnahmen – Ambulanzen. Diese AG entwickelte eine Weiterbildung für den Bereich ZNA, welche 2004 erstmalig veranstaltet wurde. Momentan gibt es mit Berlin, Hamburg und Vechta drei Standorte in Deutschland, die diese Weiterbildung anbieten (DbfK, 2012).

Die deutsche Gesellschaft für interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin e.V. (DGINA) rief 2005 die AG Pflege ins Leben und veröffentliche 2010 einen Rahmenlehrplan für die „Weiterbildung Notfallpflege“ (vgl. Weis et al, 2010).

Die DGF gründete 2012 das Ressort Notfallpflege. Mit Gründung des Ressorts wird die Notaufnahme als Funktionsbereich wahrgenommen und von dem Berufsverband vertreten. Ziel ist es, eine Fachweiterbildung für diesen Bereich zu schaffen (vgl. Schmitt, 2012).

Ebenfalls 2012 gründete die DKG eine Arbeitsgemeinschaft Notfallpflege. Ziel ist, die Konzeption einer DKG-Empfehlung für dieses Handlungsfeld zu erstellen (vgl. Reuss, 2012).

3.2 Qualitative Methode - Das Experteninterview

In der Recherche zeigte sich, dass es bereits eine Vielzahl von Fortbildungsmöglichkeiten für das Handlungsfeld ZNA gibt. Sie reichen von berufsbegleitenden mehrmonatigen Weiterbildungen, Studiengängen oder mehrtägigen (innerbetrieblichen) Fortbildungen.

Doch um zu verstehen, weshalb es diesen Bedarf an Bildungsmaßnahmen gibt, wird die Recherche durch die Befragung von Experten komplettiert. Durch die Triangulierung der beiden Methoden wird das Ziel verfolgt, die Arbeitsprozesse und die eventuellen Veränderungen des Tätigkeitsspektrums des Pflegepersonals offen zulegen.

3.2.1 Datenerhebung – Entwicklung und Durchführung des Interviews

Die Daten wurden mittels eines Leitfadens gestützten Experteninterview erhoben. Ziel eines Experteninterviews ist es, das spezifische Wissen des Experten zu erschließen, um möglichst viele Gesichtspunkte eines Sachverhaltes zu bekommen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.43). Für Experteninterviews ist die Verwendung eines Leitfadens obligat.

3.2.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien – Interviewpartner

Bei den gewählten Interviewpartnern handelt es sich um Experten, die über ein besonderes Wissen im Handlungsfeld Zentrale Notaufnahme aus Sicht der Pflege verfügen. Es ist der soziale Kontext in dem sie agieren und somit ist es ihnen möglich, über dieses Handlungsfeld und den dort ablaufenden Arbeitsprozessen detailliert zu berichten (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.11).

Es handelt sich dabei um pflegerische Leitungen von Zentralen Notaufnahmen dreier Kliniken mit unterschiedlicher Größe, Versorgungsstufe und Trägerschaft aus zwei Bundesländern. Allen Interviewpartnern ist die mehrjährige Leitungsfunktion einer Zentralen Notaufnahme mit angeschlossener Aufnahme- bzw. Bettenstation gemein.

3.2.1.2 Leitfadenentwicklung

Ein Interviewleitfaden ist ein Erhebungsinstrument und ist für ein Interview einer der elementarsten Bestandteile. Er kann als eine Art Vermittler zwischen Theorie und Empirie gesehen werden (vgl. Meyen, Löblich, Pfaff-Rüdiger & Riesmeyer 2011, S.91). Bei der Konstruktion des Leitfadens wurde darauf geachtet, ein „Weiterreichen der Untersuchungsfrage“ zu vermeiden (Gläser & Laudel, 2010, S.113).

Der erste Schritt der Leitfadenentwicklung ist das Festlegen der Fragethemen (vgl. Meyen et al 2011, S.91). Diese entwickelten sich durch Erarbeitung des theoretischen Hintergrundes. Diese Vorüberlegungen führen zu einem präzisen Erkenntnisinteresse und münden in der formulierten Forschungsfrage und der Wahl der Erhebungsmethode (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.143).

Der nächste Schritt stellt die Operationalisierung dar: „Im Falle des Leitfadens besteht die Operationalisierung darin, die Leitfrage in Interviewfragen zu übersetzen, die an den Alltag des Interviewpartners anschließen.“ (Gläser & Laudel, 2010, S.142).

Informationen, die zur Rekonstruktion der sozialen Prozesse und somit auch zur eventuellen Klärung der Forschungsfrage beitragen, erhält man über die Antworten der Interviewpartner (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.143). Neben der Wahl eines geeigneten Fragetypus, wurde auf die Offenheit und Neutralität der Fragen geachtet. Die Fragen wurden klar und einfach formuliert, um dem Interviewpartner den exakten Gegenstand der Frage erkennen zu lassen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.131). Ein Unterpunkt einer Frage wurde als heikle Frage formuliert, mit dem Ziel, „Gegendruck zum sozial erwünschten Antworten aufzubauen“ (Gläser & Laudel, 2010, S.137). Auf die Operationalisierung folgt die Komposition. Dabei werden die Fragen in eine bestmögliche Reihenfolge gebracht (vgl. Meyen et al 2011, S.91). Um den natürlichen Gesprächsverlauf zu unterstützen, arrangiert man die Fragen in Themenbereichen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.146).

Der konstruierte Leitfaden hat drei Themenbereiche mit insgesamt 15 vorrangig offen formulierten Fragen. Diese sind ausformuliert, wobei wichtige Aspekte als Unterpunkte festgehalten sind. Die detaillierte Ausarbeitung der Fragen soll sicherstellen, dass bei jedem Interview die Fragen in annähernd gleicher Form gestellt werden (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.144).

Als Einstieg in das Interview wurde der Interviewpartner über das Ziel der Untersuchung und den Zweck des Interviews informiert (Gläser & Laudel, 2010, S.144).

Als Erzählstimulus wurde die Frage nach dem „Persönlichen Zugang zum Handlungsfeld Notaufnahme“ gewählt. Neben den für Experteninterviews typischen Faktfragen: „Item 1: Wie ist die Notaufnahme organisiert?“, wurden auch Meinungsfragen: „Item 7: Gibt es eine Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Kompetenzen?“ und hypothetische Fragen „Item 11: Würde eine Fachweiterbildung eine Diskrepanz aufheben?“ gestellt. Als heikle Frage gilt „Item 8: Wie zeigt sich diese Diskrepanz? - Besteht Gefahr für den Patienten?“.

Auf Einfachheit, Neutralität und Offenheit der Fragen wurde geachtet.

3.2.1.3 Pretest

Ziel einer Vorab-Testung ist es, die Fragen des Leitfadens auf Verständlichkeit, Offenheit und Neutralität zu prüfen und bei Bedarf entsprechend zu bearbeiten.

Bei dieser Untersuchung wird das erste Interview als Pretest betrachtet. Da es sich um eine sehr kleine Stichprobe handelt und um Datenverluste zu minimieren, wurde dieses in die Auswertung mit aufgenommen. Der Leitfaden wurde durch Formulierungsänderungen optimiert.

3.2.1.4 Ethische Aspekte und Einverständniserklärung

Die Kontaktaufnahme begann bei der Pflegedirektion der jeweiligen Klinik. Diese wurde über die Befragung informiert und es wurde um Zustimmung gebeten. In einer Klinik wurde zusätzlich der Betriebsrat eingeschaltet.

Die Interviewpartner erhielten vorab ein Informationsblatt mit Angaben über die Untersuchung. Die Teilnahme war freiwillig und wurde durch eine Einverständniserklärung festgehalten. Diese garantiert dem Befragten den Schutz seiner persönlichen Daten und gewährleistet ihm die Zusage der Anonymität. Die Interviewpartner hatten jederzeit die Möglichkeit ohne Angabe von Gründen das Interview zu beenden.

3.2.1.5 Durchführung und Technisches Equipment

Da die soziodemografischen Daten, wie Alter oder Geschlecht der Interviewpartner, nur eine untergeordnete Relevanz für diese Untersuchung haben, wurde, zugunsten der Anonymität, auf die Erfassung dieser verzichtet. Alle Interviewpartner waren dem Interview gegenüber aufgeschlossen und zeigten Interesse an der Untersuchung. Die Interviews wurden an einem, vom Interviewpartner gewählten Ort durchgeführt. Es kam nur vereinzelt zu kurzen Unterbrechungen aufgrund von Mitarbeiteranfragen. Die Gesprächsatmosphäre war bei allen Interviews entspannt.

Aufgezeichnet werden die Interviews mit einem digitalen Recorder als MP3-Dateien. Die elektronische Dokumentation hat das Ziel, Informationsverluste vorzubeugen (vgl. Gläser & Laudel, 2010, S.157ff).

3.2.2 Datenauswertung

3.2.2.1 Transkription und Datenschutz

Alle drei Interviews wurden in Gänze transkribiert. Orientiert wurde sich an den Transkriptionsregeln von Gläser und Laudel (2010): Die Verschriftlichung erfolgt in Standardorthographie ohne Verwendung einer literarischen Umschrift. Verbalen Äußerungen wurden nur transkribiert, wenn sie die Bedeutung der Aussage ändern. Gesprächsunterbrechungen wurden vermerkt und unverständliche Passagen wurden gekennzeichnet (S.193f).

Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden alle Daten verschlüsselt. Die Interviewpartner wurden anonymisiert und alle Textpassagen, die Rückschlüsse auf die Interviewpartner zuließen, ausgelassen. Alle Tonbandaufnahmen wurden am Ende der Untersuchung gelöscht.

3.2.2.2 Qualitative Inhaltsanalyse

Analysiert wird das Material nach der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2010). Ziel dieser Untersuchung ist es, das Material zusammenzufassen und induktive Kategorien zu bilden (vgl. Mayring, 2010, S.67). Grundsatz bei der Zusammenfassung ist es, das Material soweit zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, jedoch durch Abstraktion ein überschaubarer Corpus des Grundmaterial entsteht (Mayring, 2010, S:65). Die Abstraktionsebene, auf welche das Material durch Makrooperatoren transformiert wurde, sind dabei genau determiniert (Mayring, 2010, S.67).

4 Ergebnisse

4.1 Qualifizierungsmöglichkeiten für das Pflegepersonal der ZNA

Mehr als zehn Fortbildungen wurden ausfindig gemacht. Von denen sieben ausgeschlossen (vgl. Tabelle 4) und sechs endgültig eingeschlossen wurden (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 4: ausgeschlossene Bildungsmaßnahmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

Tabelle 5: eingeschlossene Bildungsmaßnahmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2 Bereits anerkannte Fachweiterbildungen im deutschsprachigen Ausland

In der Schweiz und Österreich sind in den letzten Jahren spezielle Fachweiterbildungen (vgl Tabelle 6) für die Notaufnahme implementiert worden. Hier sah man sich gezwungen, durch sich ändernde Bedingungen im Gesundheitswesen, Krankheitsspektrum und Patientenverhalten, die Kompetenzen der Pflegekräfte den gegenwärtigen Arbeitsprozessen anzupassen (vgl. Oda Santé, 2012).

Tabelle 6: Fachweiterbildung in der Schweiz und in Österreich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

4.3 Die analysierten Interviews

Veränderte Kompetenzanforderungen an das Pflegepersonal einer ZNA Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Darstellung der Kategorien

Das erhaltene Material wurde in der Analyse soweit reduziert, dass fünf Hauptkategorien und 25 Unterkategorien gebildet werden konnten (vgl. Abbildung 2).

Die Hauptkategorien sind Veränderte Versorgungsstruktur, Mitarbeiter-bezogene Aspekte, Patienten-bezogene Aspekte, Versorgungsqualität und Bildungsmaßnahmen. Neben den Hauptkategorien sind auch Nebenkategorien entstanden, jedoch gestaltet es sich an manchen Stellen schwierig, diese exakt voneinander abzugrenzen.

4.3.1 Veränderte Versorgungsstrukturen

4.3.1.1 Umgestaltung der innerklinischen Versorgungsstruktur

Die ZNA hat sich nach Meinung aller Interviewpartner in den letzten Jahren zunehmend verändert. So sind die Pflegekräfte gezwungen, alle eintreffenden Patienten, unabhängig der Erkrankung, optimal zu versorgen. Es wird angegeben, dass dies früher nicht der Fall war und damals kritisch Kranken in spezielle Abteilungen versorgt wurden.

„Also, ich schaue jetzt mal aufs Schwerstverletztenmanagement. Früher hat man, wenn man gemerkt hat, dem geht es schlecht, dann hat man den sofort irgendwo anders hingekarrt, auf Intensiv oder so. Heute machen wir Erstversorgung in der Notaufnahme. Das heißt 20 Minuten absolute Super-High-Tech-Medizin.“ LII, Z: 301-306, #00:17:29-2#

Auch weisen alle ein erweitertes Leistungsspektrum und / oder Spezial-Ambulanzen auf, welche durch die dort arbeitenden Pflegekräfte mit abgedeckt werden müssen.

„Wir haben eine D-Ambulanz bei uns unten in der Notaufnahme und wir haben noch einen Hand- und Plastischen Bereich, in dem Sprechstunden und kleine OPs sind. Das decken wir auch noch mit ab.“ LII, Z: 107-109, #00:06:41-6#

„Wir sind überregionales Traumazentrum. Wir haben jetzt in Arbeit Chest-Pain-Unit und sind zertifizierte Stroke-Unit.“ LII, Z:207-208, #00:12:05-9#

Nicht nur die Aufnahme von Notfällen erfolgt über die ZNA, auch geplante Aufnahmen von Patienten finden dort statt.

„Die stationäre Aufnahme wird weitestgehend in die Notfallaufnahme verlagert - das sind hausinterne Ziele.“ LI, Z: 97-99, #00:07:34-2#

Die gegenwärtigen baulichen Voraussetzungen / Räumlichkeiten sind für die Masse an Patienten nicht mehr ausreichend. So kann es auch vorkommen, dass bei starkem Patientenzulauf die Patienten auf den Fluren versorgt werden müssen.

„Wenn auch schon die räumlichen Gegebenheiten nicht mehr ausreichen und Patienten auf dem Flur liegen, dann sag ich auch zu mir, das möchte ich nicht für mich.“

LIII, Z:139-141, #00:10:22-9#

4.3.1.2 Wandel der ambulanten Versorgungsstruktur

Doch hat sich nach Ansicht der Befragten nicht nur die innerklinische Struktur geändert, auch wird eine Veränderung der ambulanten Struktur wahrgenommen.

„Und ich glaube, dass die Struktur sich verändert hat. Auf der einen Seite durch den Zuwachs an Patienten, dass man da auch irgendwo eine Stelle einrichten musste. Und dadurch das unser Gesundheitssystem, überhaupt das draußen nicht mehr viel läuft und die Leute viel mehr in die Klinik rein gespült werden, sag ich mal.“ LII, Z: 229.233, #00:13:34-2#

„Sicherlich auch Budgetierung von Niedergelassenen, die dann irgendwann mal sagen 'Nein, bei mir ist nichts mehr, bei mir kriegen sie einen Termin erst in vier Wochen', aber der Patient hat Schmerzen und die Kliniken sind halt nicht diejenigen, also zumindest kann ich das für uns sagen, ist nicht ein Haus was sagt: 'Nein, gehen sie woanders hin'.“

[...]


2 Impliziert Personen aller Altersgruppen: Kleinstkinder, Kleinkinder, Kinder, Jugendliche, Erwachsen, Senioren

2 Synonym: Rettungsstelle, Notambulanz, Erste Hilfe, Notfallaufnahme

3 Die Notfallpatientinnen und -patienten können sowohl somatische als auch psychische Störungen aufweisen. Es sind Verletzte oder Erkrankte aller Altersgruppen, Schweregrade sowie unterschiedlicher soziokultureller Herkunft. Das Spektrum der Eintrittsgründe reicht von einfachen über komplexe bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen (oda Sante, 2012, S.11).

4 Als Personalentwicklung, werden alle Maßnahmen bezeichnet, die zu einer Erhaltung und Optimierung der Mitarbeiterqualifikation beitragen.

5 Unter Motivation versteht man alle Anreize beziehungsweise Beweggründe die einen Menschen zum Handeln veranlassen (vgl. Olfert, 2010(a), 133).

6 Auszüge der DKG-Empfehlung sind im Anhang zu finden.

7 Die Erlösdarstellung der ZNA ist im Anhang zu finden

8 Eine ZNA befindet sich an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. In Deutschland verfügt jeder diese Sektoren über ein anderes Abrechnungssystem. Daher ist die Abrechnung von ZNA-Fällen diffizil (vgl. Calliess, Kupier, Köhnlein & Tecklenburg, 2011, S.74)

9 Bei einem Polytrauma, handelt es sich „um eine schwere Mehrfachverletzung, [die] zu einem schweren Eingriff in die Gesamtintegrität des menschlichen Organismus [führt]“ (DGU – S3 Leitlinie Polytrauma, 2011)

Ende der Leseprobe aus 55 Seiten

Details

Titel
Pflegekräfte in der Zentralen Notaufnahme. Haben sich die Kompetenzanforderungen an das Personal verändert?
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft)
Note
1,6
Autor
Jahr
2013
Seiten
55
Katalognummer
V314955
ISBN (eBook)
9783668135345
ISBN (Buch)
9783668135352
Dateigröße
1280 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
pflegekräfte, zentralen, notaufnahme, haben, kompetenzanforderungen, personal
Arbeit zitieren
Katrin Wedler (Autor:in), 2013, Pflegekräfte in der Zentralen Notaufnahme. Haben sich die Kompetenzanforderungen an das Personal verändert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314955

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