Die ESVP und die europaeische Sicherheits- und Verteidigungsidentität


Seminararbeit, 2004

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Chronologie der relevanten Ereignisse

3. GASP als Rahmen der ESVP
3.1. Hoher Vertreter der GASP
3.2. Außenminister der Union
3.3. Gremien im Rahmen der GASP
3.3.1. Politisches- und Sicherheitspolitisches Komitee (PSK)
3.3.2. Militärisches Komitee (EUMC)
3.3.3. Militärstab (EUMS)
3.3.4. Ausschuss für zivile Aspekte der Krisenbewältigung (CIVCOM)

4. ESVP im Verfassungsentwurf
4.1. Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten
4.2. Aufgaben der ESVP
4.2.1. Bewältigung militärischer Aufgaben
4.2.2. Bewältigung ziviler Aufgaben
4.2.3. Konfliktverhütung und Konfliktvermeidung (Konfliktprävention)
4.3. Einsätze im Rahmen der ESVP
4.3.1. Polizeimission in Bosnien-Herzegowina
4.3.2. Militärische Aktion „Concordia“ in Mazedonien
4.3.3. Polizeimission „Proxima“ in Mazedonien
4.3.4. Militärische Operation „Artemis“ im Kongo

5. Europäische Verteidigungsidentität
5.1. Verhältnis von ESVP und NATO
5.2. Europäische Sicherheitsstrategie

6. Fazit und Ausblick

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Momentane Struktur der GASP

Abb. 2: Zukünftige Struktur der GASP

1. Einleitung

Die Idee, sicherheits- und verteidigungspolitische Interessen der europäischen Staaten gemeinsam zu regeln, entstand kurz nach der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Im Jahr 1952 wurde ein Vertrag zur Einrichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) ausgehandelt, der eine gemeinsame europäische Armee mit einem gemeinsamen Verteidigungsminister vorsah. Dieses Vorhaben scheiterte aber 1954 durch die Ablehnung der französischen Nationalversammlung (vgl. Weidenfeld, Wessels (Hrsg.), 2002, S. 15f.). Als Ersatzlösung für die EVG wurde die Westeuropäische Union (WEU) gegründet, die allerdings keinen wirklichen Beitrag zur europäischen Integration beisteuerte (vgl. Gasteyger, 2001, S. 114).

Im Jahre 1970 wurde die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) als inoffizielles Gremium eingerichtet. Seit diesem Zeitpunkt trafen sich die Außenminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) mindestens zweimal im Jahr zu Konsultationen und gaben gemeinsame Stellungnahmen ab (vgl. Gasteyger, 2001, S. 279). Jegliche Maßnahmen konnten nur einstimmig beschlossen werden, konkrete Handlungen wurden daraus nicht abgeleitet.

In der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) von 1986 wurde die EPZ institutionalisiert. Darin heißt es, dass sich die Mitglieder der EG bemühen „gemeinsam eine europäische Außenpolitik auszuarbeiten und zu verwirklichen“ (EEA, Titel III, Art. 30, Abs. 1). Mit dem Vertrag von Maastricht 1993 wurde aus der EPZ die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die als sogenannte zweite Säule in der Europäischen Union (EU) verankert wurde. Die sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit innerhalb der EU wurde nun deutlich weiter gefasst.

Die Regierungserklärung des Europäischen Rates von Köln im Jahr 1999 wird als „Geburtsstunde“ (Stinnertz, 2003) der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) bezeichnet. Darin heißt es: „Wir, die Mitglieder des Europäischen Rates, wollen entschlossen dafür eintreten, dass die Europäische Union ihre Rolle auf der internationalen Bühne uneingeschränkt wahrnimmt. Hierzu beabsichtigen wir, der Europäischen Union die notwendigen Mittel und Fähigkeiten an die Hand zu geben, damit sie ihrer Verantwortung im Zusammenhang mit einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gerecht werden kann.“ Die Zusammenarbeit der Europäischen Staaten in sicherheits- und verteidigungspolitischen Belangen sollte nachhaltig gestärkt und verbessert werden. Nachdem die EU in wirtschaftlichen und ökonomischen Dimensionen weitgehende Integration und damit eine starke internationale Stellung erlangt hatte, sollte sie durch die ESVP politisch an Stärke und Bedeutung hinzugewinnen.

In den darauf folgenden Sitzungen des Europäischen Rates war die Weiterentwicklung der ESVP ein wichtiges Thema. Beim Europäischen Rat in Helsinki im Dezember 1999 wurden mit den sogenannten „Helsinki Headline Goals“ militärische Planziele für die Europäische Union aufgestellt. Ein halbes Jahr später berieten die Staats- und Regierungschefs in Feira über zivile Fähigkeiten der EU. Zusätzlich zu den militärischen Möglichkeiten sollten auch zivile Instrumente zur Behebung von Krisen zur Verfügung stehen.

Im Vertrag von Nizza, der im Februar 2003 in Kraft getreten ist, wurde die ESVP vertraglich verankert, obwohl sie nicht mit Namen genannt wurde. Als Aufgaben, die im Rahmen der GASP durchgeführt werden können, wurden in Artikel 17 (2) die sogenannten „Petersberg-Aufgaben“ definiert. Es zeigte sich, dass die Entwicklung einer gemeinsamen Außenpolitik der EU voran ging.

Im Jahr 2003 konnten die ersten Einsätze der EU durchgeführt werden. Eine zivile Polizeimission in Bosnien-Herzegowina wurde 2003 von den Vereinten Nationen (VN) übernommen. Militärisch handelte die EU zum ersten Mal kurz darauf in Mazedonien.

Es schien, dass der Irak-Konflikt die Ziele der ESVP gefährde. Innerhalb Europas gab (und gibt) es verschiedene Meinungen über die Intervention der USA im Irak. Es zeigte sich, dass der Weg zu einer gemeinsamen europäischen Stimme in der Außen- und Sicherheitspolitik noch immer weit ist. Einen Versuch diesen gemeinsamen Willen zu formulieren unternahm Javier Solana, der Hohe Vertreter für die GASP, im Auftrag des Europäischen Rates. Die erste „Europäische Sicherheitsstrategie“ (ESS) wurde im Dezember 2003 angenommen.

Innerhalb von fünf Jahren wurde im Bereich der Außenpolitik auf europäischer Ebene einiges erreicht. Seit der ersten Zielformulierung 1999 bis heute hat die EU Instrumente und Fähigkeiten entwickelt, die für das Handeln auf internationaler Bühne wichtig sind. Eine solche Entwicklung in so kurzer Zeit wäre vor einigen Jahren nicht denkbar gewesen.

In dieser Hausarbeit wird ein Überblick über die ESVP im Rahmen der GASP gegeben, dabei wird im besonderen auf die Neuerungen durch den „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ eingegangen. Am 18. Juni 2004 konnten die europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem Europäischen Rat in Brüssel eine Einigung über diesen Verfassungsentwurf erzielen. Grundlage für diese Hausarbeit ist die „Vorläufige konsolidierte Fassung des Vertrags über eine Verfassung für Europa“ (vkVE), die auf der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedsstaaten ausgehandelt wurde (Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedsstaaten, 2004). Die Unterschiede zu dem Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents (Europäischer Konvent, 2003) und der vorläufig konsolidierten Version werden aufgezeigt. Zusätzlich wird auf die Bedeutung der Europäischen Sicherheitsstrategie eingegangen und in diesem Zusammenhang das Verhältnis von ESVP und NATO betrachtet.

2. Chronologie der relevanten Ereignisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. GASP als Rahmen der ESVP

Im Vergleich zu dem bisher gültigen Vertrag von Nizza (NV) ist die GASP im Verfassungsentwurf (VE) quantitativ deutlich angewachsen. An mehreren Stellen verteilt gibt es viele Bestimmungen, die sich teilweise überlappen. Seit dem Beginn der Neunzigerjahre unterliegt die GASP einem fortlaufenden Entwicklungsprozess. Mehrmals wurde sie schon als wichtigstes Integrationsprojekt der Union für die Zukunft bezeichnet. Doch nicht nur quantitativ ist die GASP gewachsen, auch qualitativ werden der Union im VE mehr Kompetenzen und Aufgaben übertragen.

Unter „Zuständigkeiten der Union“ im ersten Teil wird in Artikel I-11 (4) festgelegt, dass „eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwirklichen“ sei. In Artikel I-15 (1) wird festgelegt, dass sich die Zuständigkeit der Union „auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union“ erstreckt. Ferner wird erwähnt, das dies zu einer schrittweisen Festlegung der Verteidigungspolitik führen soll, dies kann (muss aber nicht) in einer gemeinsamen Verteidigung enden. Die Mitgliedsstaaten werden darauf verpflichtet, die GASP „aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität“ (vkVE, Artikel I-15 (2)) zu unterstützen. Es wurden absichtlich schwache Formulierungen gewählt, eine hundertprozentige Festlegung der Mitgliedsstaaten auf die GASP wird dadurch nicht erreicht. Für viele Mitgliedsstaaten ist dies von zentraler Bedeutung, da Außenpolitik ein sehr sensibler Bereich ist. Deshalb sind die besonderen Bestimmungen zur GASP bedeutend. Der Europäische Rat ist laut Artikel I-39 (2) das oberste Gremium, der die Ziele festlegt. Als neuer Akteur tritt der neue „Außenminister der Union“ auf, der neben den Mitgliedsstaaten und der EU die GASP durchführt. Weiterhin bleibt das Einstimmigkeitsprinzip (außer in einigen Ausnahmen) als bestehende Regel erhalten, wie Artikel I-39 (7) bestimmt. Handlungsbereiche können durch einstimmiges Votum vom Ministerrat in die qualifizierte Mehrheit überführt werden (vgl. vkVE, Artikel I-39 (8). Einige Spezialfälle, in denen die qualifizierte Mehrheit angewendet werden kann, werden in Artikel III-201 (2) definiert.

Grundsätze und Ziele werden im dritten Teil des VE unter den „Politikbereichen der Union“ definiert. Die Union will laut Artikel III-193 eine gemeinsame Politik betreiben und auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen zusammenarbeiten. Besonderen Wert wird auf die Wahrung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechtes gelegt. Es muss immer gemäß den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen gehandelt werden um den Frieden zu erhalten, Konflikte zu verhüten und die internationale Sicherheit zu stärken. Schließlich soll eine Weltordnung gefördert werden, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit und einer verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht.

Die Artikel III-195 bis III-209 betreffen die GASP. Die allgemeinen Ziele und Bestimmungen aus den im ersten Teil genannten Artikeln werden hier nochmals aufgeführt. Weiterhin wird die Handlung der beteiligten Akteure geregelt. Die allgemeinen Leitlinien werden vom Europäischen Rat bestimmt, auf dieser Grundlage erlässt der Ministerrat die erforderlichen Europäischen Beschlüsse. Der Außenminister der Union wird den Vorsitz im Ministerrat für „Auswärtige Angelegenheiten“ führen. Er trägt zur Festlegung der GASP bei und führt diese im Auftrag des Ministerrates durch (vgl. vkVE, Artikel III-196-199). Neben jedem Mitgliedsstaat und der Kommission bekommt der Außenminister durch Artikel III-200 ein Initiativrecht eingeräumt.

Eine wichtige Neuerung ist die in Artikel III-201 vorgesehene konstruktive Enthaltung. Ein Mitgliedsstaat kann sich seiner Stimme enthalten und ist dann nicht verpflichtet einen Europäischen Beschluss auszuführen. Der Beschluss ist jedoch bindend für die Union und der Staat darf diesem nicht entgegen wirken. Er kommt allerdings nicht zustande, falls sich ein Drittel der Staaten, in denen mindestens ein Drittel der Bevölkerung Europas leben, enthalten. „Ob allerdings die Heraufsetzung der Schwelle [...] der konstruktiven Enthaltung nutzt oder [...] den Rekurs auf das Vetorecht fördert“ (Jopp, Regelsberger, 2003, S. 556) bleibt abzuwarten.

Es wird sich zeigen, wie Beschlüsse in der GASP zustande kommen werden. Von mehreren Staaten wurden mittlerweile auch in diesem Bereich Mehrheitsentscheidungen gefordert, was bei einer Union mit 25 Staaten (und bald mehr) notwendig erscheint, damit eine außenpolitische Handlungsfähigkeit erhalten bleibt. Bisher dominiert eindeutig das intergouvernementale Prinzip. Die Verfechter der Einstimmigkeitsregel wollen mögliche Souveränitätsverluste nicht hinnehmen. Der VE beinhaltet „keinen revolutionären Integrationssprung nach vorne für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik“ (Risse, 2003, S. 572) schreibt Thomas Risse deshalb über die neuen Regelungen.

3.1. Hoher Vertreter der GASP

Mit dem Vertrag von Amsterdam (AV) 1999 wurde das Amt des „Hohen Vertreters für die GASP“ geschaffen, der gleichzeitig Generalsekretär des Rates der EU ist. Mit diesem Amt sollte die Kontinuität der GASP und ein effizienteres Umsetzen gewährleistet werden. Dem Hohen Vertreter für die GASP untersteht eine „Strategieplanungs- und Frühwarneinheit“, die in der Regierungserklärung zum AV definiert ist. Aufgaben dieser Einheit ist die Überwachung und Analyse der Entwicklungen in den unter die GASP fallenden Bereichen, Beurteilung der Interessen der Union im Rahmen der GASP, rechtzeitige Bewertung von Ereignissen, sowie potenziellen politischen Krisen oder Situationen, die bedeutende Auswirkungen auf die Außenpolitik der Union haben könnten. Daraus sollen Optionen für die vom Rat verfolgte Politik ausgearbeitet werden (vgl Läufer (Hrsg.), 2002, S: 333).

Der Hohe Vertreter wird jeweils für fünf Jahre ernannt, momentan ist Javier Solana der sogenannte „Mr. GASP“ (vgl. Auswärtiges Amt, 2003). Die GASP wird nach außen mit der jeweiligen EU-Präsidentschaft übernommen, die Funktion des Hohen Vertreters kann man somit als „Zuarbeiter“ für die EU-Präsidentschaft beschreiben, die in halbjährlicher Rotation wechselt.

Die folgende Abbildung zeigt eine grafische (vereinfachte) Darstellung der momentanen Struktur der GASP.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die ESVP und die europaeische Sicherheits- und Verteidigungsidentität
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Veranstaltung
Auf dem Weg zu einer Verfassung der Europaeischen Union
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
27
Katalognummer
V31442
ISBN (eBook)
9783638324526
Dateigröße
838 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ESVP, Sicherheits-, Verteidigungsidentität, Verfassung, Europaeischen, Union
Arbeit zitieren
Andreas Lorek (Autor:in), 2004, Die ESVP und die europaeische Sicherheits- und Verteidigungsidentität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31442

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