Ist Mode Kunst? Zur wechselseitigen Beziehung von Mode und Kunst


Studienarbeit, 2015

13 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der letzte Schrei - Über modeförmige Kunst und kunstförmige Mode
1.1 Auf dem Weg zur visuellen Industrie - Von Parallelen und der Faszination beider Systeme füreinander
1.2 Ein anderes Investment - Von entscheidenden Unterschieden beider Systeme
1.3 Die Sprache der Mode - Von Normen und Universalität
1.4 Geld und „Customizing“ lässt darauf schließen - du bist, was du trägst
1.5 Das Prinzip „Celebrity“ - Von Nachahmung und vermarkteter Inszenierung

2. Mode ist Kunst - eine kreative Liaison

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Einleitung

Unter dem Motto ‚Fashion Loves Art’ kooperierte der schwedische Modekonzern H&M im Sommer 2014 mit dem US-amerikanischen Künstler Jeff Koons. Die Kunstwerke des Ameri- kaners gelten als die teuersten eines lebenden Künstlers weltweit. Zu den wohl berühmtesten zählt der Balloon Dog - ein übergroßer Hund in Form eines Ballons. Genau dieser fand sich auf einer schwarzen Ledertasche wieder, die bei H&M für 49,95$ in limitierter Auflage zu er- werben war. Außerdem wirkte Koons an der Gestaltung des neuen Flagshipstores von H&M in New York mit, den er in Form eines Museums entwarf. Dafür sponsorte der Modekonzern im Gegenzug seine Ausstellung „Jeff Koons: A Retrospective“, die im Whitney Museum von Juni bis Oktober 2014 zu sehen war.1 Im gleichen Jahr eröffnete der Modezar Karl Lagerfeld eine Ausstellung unter dem Titel ‚Feuerbachs Musen - Lagerfelds Models’ in der Kunsthalle Hamburg. Thematisch widmete sich diese dem Kult um die Schönheit, der das Modell zur Ikone stilisiert. So schuf der Designer speziell für diese Ausstellung photographische Insze- nierungen makelloser Models, die dann neben Bildnissen von Künstlermusen aus der Hand des deutschen Künstlers Anselm Feuerbach aus dem 19. Jahrhundert präsentiert wurden.2 Zeigen diese beiden aktuellen Beispiele, dass Kunst nun also zur Mode wird und sich Mode mehr und mehr Kunst nennen darf? Mit dieser aktuellen Thematik hat sich auch die Kunstkri- tikerin Isabelle Graw in ihrem Text ‚Der letzte Schrei. Über modeförmige Kunst und kunst- förmige Mode’ auseinandergesetzt. Ausgehend von einer Analyse dieses Textes besteht das Ziel der vorliegenden Arbeit darin, den Diskurs um die Mode als Kunst und die Kunst als Mode und damit die Beziehung zwischen beiden Disziplinen einer näheren Betrachtung zu unterziehen. In diesem Kontext sind auch die Bücher ‚Mode ist Kunst. Eine kreative Liaison’ von Mitchell Oakley Smith sowie ‚Modetheorie. Klassische Texte aus vier Jahrhunderten’ von Getrud Lehnert einzuordnen, die ebenfalls für diese Arbeit verwendet wurden.

So beschäftigt sich das erste Kapitel zunächst mit einer Analyse des Textes ‚Der letzte Schrei’ und der hier dargelegten Auffassung von Isabelle Graw zur Thematik. Zur besseren Orientierung wurde die in mehrere Unterpunkte gegliederte Textstruktur beibehalten. Das nachfolgende zweite Kapitel soll einen kurzen Einblick in die Thematik aus Sicht von Mitchell Oakley Smith sowie Getrud Lehnert geben, sodass letztendlich in der Schlussbemerkung ein kritisches Resümee seitens der Autorin die Arbeit zum Abschluss bringt.

1. Der letzte Schrei - Über modeförmige Kunst und kunstförmige Mode

Isabelle Graw ist neben ihrer Tätigkeit als Kunstkritikerin und Professorin für Kunsttheorie auch Herausgeberin des Fachmagazins "Texte zur Kunst", das sie 1990 mitbegründet hat.3 In dem im Dezember 2004 erschienenen Heft Nr. 56 wurde ihr Artikel ‚Der letzte Schrei - Über modeförmige Kunst und kunstförmige Mode’ veröffentlicht, der im Folgenden einer näheren Betrachtung unterzogen werden soll. Der insgesamt in sechs Abschnitte eingeteilte Text thematisiert, wie schon der Titel nahe legt, die Beziehung zwischen Mode und Kunst im Kontext des aktuellen Zeitgeschehens. Die prägende Frage, die sich Graw darin stellt, ist, inwieweit Mode und Kunst als zwei unterschiedliche Systeme zu sehen sind und wie weit die Annäherung dieser beiden Disziplinen heutzutage geht.

1.1 Auf dem Weg zur visuellen Industrie - Von Parallelen und der Faszination beider Systeme füreinander

Im ersten Textabschnitt führt Graw aus, dass die grundlegende Unterscheidung zwischen den Systemen Mode und Kunst dem klassisch autonomen Kunstverständnis gleich komme, nach welchem Kunst über die Abgrenzung zu den angewandten Künsten, also auch zur Mode, bestimmt sei. Es habe jedoch in den letzten Jahren zahlreiche ‚Crossover‘-Versuche zwischen Kunst und Mode gegeben, so z.B. durch den Designer Paul Pioret, der sich als Künstler insze- nierte oder aber den Künstler Marcel Duchamp, der sich an der massenindustriellen Produk- tionsweise der Mode orientierte. Die Grenzen zwischen beiden Disziplinen seien daher laut Graw insgesamt durchlässiger geworden, sodass mittlerweile nicht nur die Mode mehr Kunst sein wolle, sondern die Kunst auch mehr Mode. Eine Angleichung beider Systeme sei z.B. darin auszumachen, dass heutzutage in Anlehnung an die Züge der Modeindustrie nicht mehr nur von einen Kunstbetrieb zu sprechen sei, sondern vielmehr von einer ‚visuellen Industrie‘. Damit meint Graw, dass „ die Verantwortung f ü r Bildproduktion und Sichtbarkeit nicht mehr nur bei einzelnen K ü nstlern oder H ä ndlern, sondern bei Zusammenschl ü ssen liegt “ 4, sich also z.B. einzelne Galerien zu Großfirmen zusammenschließen. Auf der anderen Seite, so führt sie an, bringen Modemacher wie Karl Lagerfeld begrenzte Auflagen ihrer Kollektionen auf den Markt und nähern sich so dem Charakter der Kunst.5

Die Faszination der Mode für die Kunst spiegle sich laut Graw sowohl in Modemagazinen wider, die Kunstprojekten und Ausstellungseröffnungen verstärkt Platz einräumen, als auch in dem Schalten von Modeanzeigen in Kunstmagazinen. Die vermehrten Kooperationen von Modemarken mit Künstlern sowie das Auftreten von Modefirmen als Sponsoren für Kunster- eignisse, wie z.B. die Zusammenarbeit von H&M und Jeff Koons, seien weitere Beispiele hierfür. Eine Tendenz, die diesen Umstand verstärke, ist laut Graw der Celebrity-Faktor. Ein Celebrity stellt für sie ein Individuum dar, das in der Öffentlichkeit steht, über ein enormes Identifikationspotenzial verfügt und daher mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Diesen Faktor können sowohl Models oder Schauspielerinnen haben, aber auch einzelne Künstler wie Jeff Koons seien als Celebritys anzusehen. So würde die Kooperation von Modemarken mit Künstlern deshalb so populär sein, weil das Modestück mit der Authentizität der Künstler- person aufgeladen werde - die Kunst als Rahmen färbe also auf die Mode ab und verleihe dieser eine Aura des Künstlerischen, sodass hier ein Imagetransfer beobachtet werden könne.6 Mode sei laut Graw eine der vorherrschenden gesellschaftlichen Normen und Rahmenvorga- ben, sodass sich die Kunst auf der anderen Seite der Faszination für die Mode gar nicht ent- ziehen könne. Dass „ die Verfahrensweisen und Subjektentw ü rfe [bildender K ü nstler/ innen] mehr denn je von Modeprinzipien ü berformt “ 7 werde, mache die Kunst modeförmig. Schon der deutsche Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno forderte laut Graw, dass die der Mode zugrunde liegende Logik, wie z.B. ihre Verpflichtung auf Gegenwart, in die Kunst Einzug halten solle, jedoch in impliziterer Art und Weise als de facto geschehen. Denn Mode werde heute mehr und mehr zum Inhalt der Kunst, wofür die Modefotografie ein Beispiel sei: Dort sei die Mode zwar der Ausgangspunkt und der Inhalt des Bildes, dieses selbst jedoch Kunst. Auch Modelportraits in der Malerei würden laut Graw die Faszination der Kunst für die Mode veranschaulichen.8 Dies sei ebenfalls daran festzumachen, dass seit den 80er Jahren beobachtet werden könne, dass Kunstakteure Designerkleidung mehr und mehr dazu nutzen, sich selber auszustellen und sich dank dieses modischen Auftritts Rückschlüsse auf ihr ästhe- tisch künstlerisches Angebot erhoffen. Der Performativitätszwang, der in der Mode naturge- mäß wäre, sei somit laut Graw in der Kunst ebenfalls von Relevanz. Denn für die Glaubwür- digkeit der Kunst würde es immer wichtiger, dass der Künstler selbst glaubwürdig ist, wobei vor allem zähle, inwieweit dessen Persönlichkeit darauf abzustrahlen vermag. Das persönliche Auftreten sei jedoch so Graw, etwas Herstellbares, das sich ebenso Moden unterwerfe. Indem sie folgert, dass Mode als das Medium gelten könne, mit dem sich Individuen als Persönlich- keit inszenieren, bezieht sie sich konkret auf den deutschen Kulturphilosophen und Soziolo- gen Georg Simmel.

[...]


1 Vgl. Whitney Museum of American Art: „Past Exhibitions“, in: Hompage des Whitney Museum of American Art (2014), http://whitney.org/Exhibitions/Past (Stand: 30.12.2014); Stylebook: „H&M kooperiert mit Star

2 Vgl. Hamburger Kunsthalle: „Feuerbachs Musen - Lagerfelds Models“, in: Homepage der Hamburger Kunsthalle, http://www.hamburger-kunsthalle.de/index.php/feuerbachs-musen-lagerfelds- models/articles/feuerbachs-musen-lagerfelds-models.html (Stand: 30.12.2014).

3 Vgl. Stefanie Dörre: „Interview mit Isabelle Graw“, in: Tip-Berlin, http://www.tip-berlin.de/kultur-und- freizeit/interview-mit-isabelle-graw (Stand: 01.01.2015).

4 Isabelle Graw: „Der Letzte Schrei. Über modeförmige Kunst und kunstförmige Mode, in: Texte zur Kunst (12/2006), https://www.textezurkunst.de/56/der-letzte-schrei/ (Stand: 30.12.2014), erster Abschnitt ‚Auf dem Weg zur visuellen Industrie’.

5 Vgl. ebd., erster Abschnitt ‚Auf dem Weg zur visuellen Industrie’.

6 Vgl. Graw: „Der letzte Schrei“, erster Abschnitt ‚Auf dem Weg zur visuellen Industrie’

7 Ebd., erster Abschnitt ‚Auf dem Weg zur visuellen Industrie’.

8 Vgl. ebd., erster Abschnitt ‚Auf dem Weg zur visuellen Industrie’.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Ist Mode Kunst? Zur wechselseitigen Beziehung von Mode und Kunst
Hochschule
AMD Akademie Mode & Design GmbH
Note
1,1
Autor
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V313877
ISBN (eBook)
9783668132085
ISBN (Buch)
9783668132092
Dateigröße
703 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mode, Mode und Kunst, Kunst
Arbeit zitieren
Nina Vöge (Autor:in), 2015, Ist Mode Kunst? Zur wechselseitigen Beziehung von Mode und Kunst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313877

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ist Mode Kunst? Zur wechselseitigen Beziehung von Mode und Kunst



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden