Toni Morrison: Selbstbild und Identität der schwarzen Frau in "The bluest eye"


Hausarbeit, 2001

21 Seiten, Note: 2

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlage
2.1. Historischer Kontext
2.2. Schwarze Frauenliteratur
2.3. Toni Morrison: Eine afro-amerikanische Autorin

3. „The Bluest Eye“ – Ein Selbstbild der afro-amerikanischen Frau?
3.1. Das weiße Schönheitsideal
3.2. Familie und Kindheit
3.3. Beziehungen mit schwarzen Männern

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis
5.1. Primärliteratur
5.2. Sekundärliteratur
5.3. Zusätzliche Quellen

1. Einleitung

Die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Toni Morrison im Jahre 1993 wurde als a long overdue rightful acknowledgement of the literary achievements of black women (Kraft 1995: 15) gewertet. In dieser Äußerung wird deutlich, das die Literatur afro-amerikanischer[1] Frauen lange sowohl zu einem großen Teil unbekannt war, als auch von Literaturwissenschaft und Literaturkritik vernachlässigt wurde.

Wie Toni Morrison in einem berühmten Zitat plastisch ausdrückt, wurden schwarze Frauen durch ihre doppelte Unterdrückung - als Frau und als Schwarze - auf die Entwicklung einer eigenen Identität zurückgeworfen:

And she had nothing to fall back on: not maleness, not whiteness, not ladyhood, not anything. And out of the profound desolation of her reality she may very well have invented herself. (Morrison 1971: 63)

Führt diese doppelte Unterdrückung dazu, dass schwarze Frauen in der Literatur eher als Opfer ihrer gesellschaftlichen Situation oder als Überlebende, die trotz ihrer Umstände eine positive Identität etablieren konnten, gezeigt werden? Sind sie Frauen, die keinen Ausweg aus ihrer Situation finden und zugrunde gerichtet werden, oder Frauen, die aus ihrer Opferrolle ausbrechen, zum handelnden Subjekt werden und eigene Definitionen für sich gefunden haben? Diese Fragen stehen immer vor dem Hintergrund der jeweiligen prägenden sozialen Kräfte.

Anhand des ausgewählten Werkes „The Bluest Eye“ von Toni Morrison soll das Selbstbild der schwarzen Frauen skizziert werden. Dabei steht im Vordergrund die Analyse der verschiedenen sozialen und gesellschaftlichen Kräfte, die auf die afro-amerikanische Frau Mitte des 20. Jahrhunderts einwirken und ihre Identität prägen. „The Bluest Eye“ ist eine eindringliche Beschreibung zerstörerischer Folgen des Schönheitsideals für schwarze Mädchen.

Nach einer theoretischen Einführung in den historischen Kontext und biographischen Hintergrund der Autorin (Kapitel 2) folgt im Hauptteil eine kritische Diskussion über die Rolle der schwarzen Frau im Roman anhand der weiblichen Protagonisten (Kapitel 3).

Eine vollständige Analyse aller in „The Bluest Eye“ enthaltenen Aspekte der Identität schwarzer Frauen kann im Rahmen dieser Arbeit nicht vorgenommen werden. Vielmehr soll exemplarisch gezeigt werden, welche - zum Teil destruktive - Folgen das allgegenwärtige, weiße Schönheitsideal auf die Entwicklung und das Selbstbild der schwarzen Frau hat.

2. Theoretische Grundlage

2.1. Historischer Kontext

Zur leichteren Orientierung, in welchem Zusammenhang das Thema zu sehen ist, soll eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten historischen Ereignisse dienen. In den USA sind die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts durch zwei wesentliche Bewegungen gekennzeichnet: Die Civil Rights Movement und die Women’s Liberation Movement.

Ein kurzer Überblick der wichtigsten Ereignisse:

Als Folge der landwirtschaftlichen Industrialisierung kommt es Mitte der 40er Jahre zu einem verstärkten Zuzug von Schwarzen in die Städte (große Migrationswelle). 1954 erklärt der Oberste Gerichtshof der U.S.A. auf Antrag der NAACP (National Association for the Advancement of Coloured People) unter W.E.B. Du Bois die Rassentrennung für verfassungswidrig. Dies bedeutet den ersten Erfolg der afro-amerikanischen Civil Rights Movement. Ab 1955 werden die ersten Aktionen gegen die Rassendiskriminierung nach dem Prinzip der Gewaltlosigkeit organisiert – dabei wird Martin L. King zur zentralen Figur. Ab 1960 starten im Süden und im Norden auf breiter Ebene Demonstrationen für die Durchsetzung der Rassenintegration. Es folgt der Aufschwung der "Black Muslims" des Elijah Muhammed. Malcolm X wird bekanntester Agitator.

Und in Folge dessen erwacht ein neues Interesse an den historischen und kulturellen Wurzeln der Afro-Amerikaner.[2]

Zur gleichen Zeit - zwischen 1967 und 1970 - wird eine neue Art des Feminismus geboren. Es entstehen feministische Gruppen, die ein breites Spektrum an politischen Ansichten und organisatorischen Methoden aufweisen und in das Licht der Öffentlichkeit treten. Die verschiedenen politischen Ansichten werden in drei massiven Bewegungen deutlich:

1) Die bürgerliche Frauenbewegung
2) Die linke Studentenbewegung
3) Die radikal-feministische Befreiungsbewegung

Die Frauen kämpfen gegen die Unterdrückung und Ausbeutung der Sexualität in der Gesellschaft und gegen die Verweigerung der Freiheit, der Selbstverwirklichung. In diesem Zusammenhang verändert sich auch die Rolle der afro-amerikanischen Frau; Anfang der 60er Jahre wird für ethnische Gruppen der Anspruch auf Schönheit erhoben – ‚black is beautiful’. Dieser Slogan steht für die öffentliche Bejahung der Schönheit der schwarzen Bevölkerung.

Als Frauen und sogleich Schwarze; von den Anliegen beider Strömungen tangiert, nehmen die schwarzen Autorinnen auf einer expliziten Ebene nur Bezug auf die Women’s Liberation Movement Fragen. Was diese Bewegungen für den Alltag der Schwarzen an Konsequenzen haben, wird literarisch thematisiert.

2.2. Schwarze Frauenliteratur

1981 erscheint Toni Morrison auf dem Cover von ‚Newsweek’ – dies ist nur ein auffälliges Beispiel dafür, dass die schwarze Frauenliteratur Ende des 20. Jahrhunderts ins breite Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Vor den 70er Jahren wurde die schwarze Frauenliteratur kaum beachtet und selbst in der schwarzen Literaturkritik nur flüchtig am Rande erwähnt oder die Autorinnen wurden als ‚minor writer’ abgetan. Die Gründe für die radikale Wende liegen zum einen in der Stärke der Frauenbewegung und auch in der Entwicklung eines feministischen Standpunktes in der Literaturkritik[3], da dieser verhindert, dass Literatur von Frauen nur nach männlichen Maßstäben beurteilt wird. Zum anderen sind auch die Veränderungen innerhalb der Black Community ausschlaggebend. Analog zu der Verlagerung der politischen Bemühungen auf die Black Community selbst (z.B. Programme zur Autonomie der Black Community) spiegelt die Literatur eine Abkehr vom weißen Amerika wieder. Seit Anfang der 60er Jahre schreiben schwarze Autoren nicht mehr für ein weißes Publikum, um ihm die Idee der Menschlichkeit des Schwarzen nahezubringen oder den weißen Rassismus und seine Folgen anzuklagen. Die schwarze Literatur ist keine ‚protest literature’ mehr, stattdessen schreiben Schwarze für Schwarze. (vgl. Foster 1973: 444)

Die Funktion der schwarzen Literatur liegt in der Stärkung des schwarzen Selbstbildes, dabei standen inhaltlich Probleme und Beziehungen innerhalb der Black Community im Vordergrund. Zu diesem veränderten Selbstverständnis schwarzer Literatur generell kommt das Bedürfnis schwarzer Frauen, sich selbst in der Literatur wiederzufinden und ihre Sichtweisen vertreten zu sehen. Das Bild schwarzer Frauen, die als Schwarze und als Frauen doppelt unterdrückt werden, wird von der damaligen Gesellschaft besonders verzerrt und stereotypisiert. Die Literatur der schwarzen Männer bildet dabei keine Ausnahme; schwarze Frauen werden nur am Rande erwähnt oder als eindimensionale Charaktere gezeichnet. Nur in der Literatur schwarzer Frauen stehen schwarze Frauen im Mittelpunkt und werden als komplexe Persönlichkeiten beschrieben.

Im Zentrum der schwarzen Frauenliteratur steht die Suche nach einer eigenen Identität:

The black woman’s philosophical problem might be phrased as a question: How do I invent an identity for myself in a society which prefers to behave as though I do not exist? (Hoffmann 1977: 21)

In den Romanen der schwarzen Schriftstellerinnen wird die Frage gestellt, wie gesellschaftlich vermittelte Stereotypen die Beziehungen zwischen Schwarzen belasten. Unter diesem Einfluss schrieb Toni Morrison „The Bluest Eye“, ein Roman, der das Erwachsen werden schwarzer Frauen in den 30er bzw. 40er Jahren thematisiert.

2.3. Toni Morrison: Eine afro-amerikanische Autorin

Toni Morrison wird am 18.02.1931 in Lorain, Ohio, als Tochter eines Werftarbeiters geboren. Sie graduiert an der Howard University, an der Cornell University erwirbt sie ihren M.A. Später lehrt sie u.a. an der Texas Southern University (1955-57) und der Howard University (1957-64). Etwa 1962 beginnt sie zu schreiben und seit 1968 ist Toni Morrison Senior Editor bei Random House und hat dort ihre Position auch benutzt, um schwarze Schriftsteller/innen zu fördern. Ihre ersten Romane wird nach der ‚Civil Rights Movement’ in den 60er Jahren veröffentlicht. „The Bluest Eye“ (1970 veröffentlicht) steht unter dem starken Einfluss der zwei wesentlichen sozialen Strömungen der 50er und 60er Jahre, der ‚Black Power Movement’ und der ‚Feminist Movement’[4] (vgl. Kubitschek 1998: 1-13).

In ihren Äußerungen zur Entwicklung der schwarzen Literatur stellt Morrison ein Fünf-Stufen-Modell auf, das von protest über reflective search for personal identity, exploration of culture und refinement of craft zu wider vision of the world reicht (Wigan 1977: 76.). Wichtigste Funktion der schwarzen Literatur ist dabei not to explain, but to bear witness, to record (Wigan 1977: 76).

[...]


[1] Afroamerikaner: Bezeichnung für die aus Afrika stammenden dunkelhäutigen Einwohner der Vereinigten Staaten und Kanadas, manchmal auch für die des gesamten amerikanischen Kontinents. Dabei handelt es sich um eine Eigenbezeichnung, mit der die Blackpower -Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre auf die afrikanischen Wurzeln der „Schwarzen“ in Amerika hinweisen wollte. (Vgl. Definition: "Afroamerikaner", Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie 1993-1997)

[2] Quelle: „Enzyklopädie” http://www.encarta.msm.de (Stand: 22/09/01)

[3] Wie schon in Kapitel 2.1.erwähnt – die politischen und sozialen Veränderungen der Civil Rights Movement und der Feminist Movement

[4] vgl. Kapitel 2.1.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Toni Morrison: Selbstbild und Identität der schwarzen Frau in "The bluest eye"
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V31385
ISBN (eBook)
9783638324151
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Toni, Morrison, Selbstbild, Identität, Frau
Arbeit zitieren
Anonym, 2001, Toni Morrison: Selbstbild und Identität der schwarzen Frau in "The bluest eye", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31385

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