Die Monroedoktrin


Essay, 2004

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Ein Essay über die Monroedoktrin ist wohl unvollständig ohne die Erwähnung der wertebeladenen Debatten um dieses Thema. Die einen sehen die Monroedoktrin als Deckmantel, unter dem sich der U.S.-Kolonialismus – ja mehr noch der amerikanische Imperialismus getarnt hat. Für die anderen ist die Doktrin Inbegriff für das amerikanische Freiheits- und Demokratieverständnis und das Verantwortungsbewusstsein der USA gegenüber dem amerikanischen Kontinent und später auch der Welt.

Doch Ziel dieser Abhandlung soll nicht die Wertung der Inhalte oder deren Resultate sein, sondern den bemerkenswerten Entstehungs- und Wandlungsprozess der Doktrin zu untersuchen.

Tatsächlich kann die Monroedoktrin als eines der wichtigsten Dokumente in den internationalen Beziehungen der Vereinigten Staaten von Amerika angesehen werden. Quasi als eine konstante Strömung zog sie sich seit 1823 durch die Geschichte der U.S.- Außenpolitik und determinierte das amerikanische Handlungsmuster. Dies ist umso verblüffender, als die Inhalte der wörtlich festgeschriebenen Doktrin durch die USA immer wieder verändert und nuanciert interpretiert und auch angewandt wurden.

Der Aufsatz soll die Gründe der Proklamation der Doktrin und den Wandlungsprozess in der Anwendung beschreiben und zugleich nach den Gründen der recht fluiden Handhabung der Botschaft Monroes durch dessen Nachfolger fragen.

James Monroe war der 5. Präsident der USA und hatte das Amt von 1817 bis 1825 inne. Seine Jahresbotschaft vor dem Kongress am 2.12.1823 ging als Monroedoktrin in die Geschichte ein. Inhaltlich hatte die Rede vier elementare Kernpunkte: (1) non-colonization, der amerikanische Kontinent stünde nicht länger für europäische Kolonialambitionen offen „...that the American continents, by the free and independent condition which they have assumed and maintain, are henceforth not to be considered as subject fur future colonization by any European powers.“[1] ; (2) two-spheres, die signifikanten Unterschiede in den politischen Systemen (Demokratie vs. Monarchie) der beiden Sphären sind zu groß, „The political sytem of the allied powers is essentially different (...) from that of America.”[2], woraus sich (3) die non-extension Forderung ergibt, nämlich dass jede Erweiterung des europäischen Systems in die westliche Hemisphäre als eine Bedrohung für Amerika betrachtet werden würde „...that we should consider any attempt on their part to extend their system to any portion of this hemisphere as dangerous to our peace and safety.“[3] ; (4) non-intervention, Amerika wird nicht in kontinental-europäische Angelegenheiten oder bereits bestehende europäische Kolonien eingreifen und Europa sollte nicht in der westlichen Hemisphäre intervenieren „In the wars of the Euopean powers in matters relating to themselves we have never taken any part, nor does it comport with our policy so to do. (...) With the existing colonies (...) we have not interfered and shall not interfere. (...) [But any interference] by any European power [we could not view] in any other light than as the manifestation of an unfriendly disposition toward the United States.”[4]

Die ausdrücklichen Adressaten dieser Rede sind Russland und Spanien, denn von diesen beiden Seiten hatte sich aus Sicht der USA in den vergangenen Jahren ein erhebliches außenpolitisches Bedrohungspotenzial aufgebaut. Bereits im November 1819 hatte Außenminister John Quincy Adams die Siedlungsaktivitäten Russlands an der nordamerikanischen Pazifikküste als bedrohlich ausgemacht und erklärte in einer Kabinettssitzung: „The world should be familiarized with the idea of considering our proper dominion to be the continent of North America.“[5] Spätestens jedoch, als der russische Zar Alexander I. im September 1821 ein Dekret erließ, wonach jegliche ausländische Handlungen nördlich des 51 Breitengrades[6] in einem 100 Meilen breiten Küstenstreifen entlang des Pazifiks unter Androhung militärischer Gewalt verboten wurden, konsolidierte sich die non-colonization Idee. An den englischen Minister für die USA, Stratford Canning, adressiert, ließ Adams 1821 verlautbaren, dass die USA nicht auf britisches Gebiet nördlich der kanadischen Grenze übergreifen würden, und die Briten im Gegenzug dafür den Rest des Kontinents den USA überlassen sollten.[7] Gegenüber dem russischen Gesandten in Washington sagte Adams im Juli 1823, dass die USA „...would assume distinctly the principle that the American continents are no longer subjects for any new European colonial establishments.“[8] Ein Kernpunkt des Konzeptes der Monroedoktrin bestand also schon vor der Jahresbotschaft und wurde auch schon vorher lanciert.

Was Spanien als den zweiten Adressaten betrifft, so wurde dieser eher stellvertretend für die gesamte Heilige Allianz angesprochen. Dieser russisch-, preußisch-, österreichisch-, französische Bund war im April 1823 vor allem mit französischem Militär in Spanien einmarschiert, um die Opposition gegen die spanische Monarchie niederzuschlagen. Tatsächlich konnte am 31.August 1823 Ferdinand VII. wieder seinen Thron besteigen. Die USA gingen nun davon aus, dass diese Allianz auch die vom spanischen Reich abgefallenen und unabhängig gewordenen Gebiete in Lateinamerika wieder re-kolonialisieren könnte. Als Konsequenz befürchtete man schließlich, dass die europäischen Truppen danach sogar Eroberungspläne gegen die USA hegen könnten.[9]

[...]


[1] Originaltext Jahresbotschaft James Monroes an den Kongress vom 2.12.1823.

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Originaltext Jahresbotschaft James Monroes an den Kongress vom 2.12.1823.

[5] Cunningham, S. 151.

[6] Zum Vergleich: rund 400km nördlich der heutigen Stadt Seattle.

[7] Vgl. Cunningham, S. 151.

[8] Cunningham, S. 151 f.

[9] Vgl. Cunningham, S.153.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Monroedoktrin
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Politikwissenschaft, Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Außenpolitik)
Veranstaltung
Grundprobleme der U.S.-Außenpolitik von der Gründung bis 1914
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V31337
ISBN (eBook)
9783638323772
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Monroedoktrin, Grundprobleme, Gründung
Arbeit zitieren
Christian Fröhlich (Autor:in), 2004, Die Monroedoktrin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31337

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