Vor und Nachteile eines deregulierten Kündigungsschutzes


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Ursachen und Wirkungen
1.1) Folgen des Kündigungsschutzes für die Arbeitgeber
1.2) Rechtsunsicherheit durch Kündigungsschutzklagen
1.3) Arbeitsverhältnisse

2. Fallbeispiel USA
2.1) Der amerikanische Arbeitsmarkt in Zahlen
2.2) Sozialleistungen
2.3) Rechtsdoktrin des „employment-at-will“
2.4) Jobsicherheit in gewerkschaftlich organisierten Unternehmen USA
2.5) Beschäftigungssicherheit in nicht gewerkschaftlich organisierten Unternehmen USA

3. Fallbeispiel Dänemark
3.1) Der dänische Arbeitsmarkt
3.2) Arbeitslosenversicherung
3.3) Arbeitsrecht

4. Empirischer Sachverhalt zwischen Kündigungsschutz und Beschäftigung
4.1) Wirkung auf Niveau und Struktur der Arbeitslosigkeit

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die aktuelle Diskussion über die Deregulierung des gesetzlichen Kündigungsschutzes, ist nur ein Aspekt der Diskussion über die seit Jahren anhaltende Krise am Arbeitsmarkt. Neben den Gestaltungsmöglichkeiten der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik sind es vor allem die rechtspolitischen Instrumente die angeführt werden, wenn es um mehr Beschäftigung geht.

Dabei kann man sich zum Teil nicht dem Eindruck erwehren, dass die Frage um den Kündigungsschutz im Zeichen einer politischen Instrumentalisierung steht. Die Verfestigung und Ausweitung der Arbeitslosigkeit, trifft mittlerweile auch die bei Wahlen entscheidenden Bevölkerungsschichten im mittleren bis oberen Lohnbereich. Dadurch nimmt der Druck auf die Politik zu, mit aktiven Maßnahmen in den für die Parteien riskanten Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einzutreten.[1] Des weiteren werden die oft verwendeten Argumente in einem extrem verkürzten Zusammenhang wiedergegeben, wodurch sich der Eindruck von symbolischer Politik verfestigt.

Die Frage nach mehr oder weniger Kündigungsschutz, ist eine die nicht nur in Deutschland diskutiert wird. Andere Länder sind bereits unterschiedliche Wege bei der Realisierung eines deregulierten Kündigungsschutzes gegangen. Beispielhaft werden in dieser Hausarbeit die Länder USA und Dänemark diskutiert, welche beide über einen schwach ausgeprägten Kündigungsschutz verfügen, sich bei den staatlichen Sozialleistungen hingegen extrem unterscheiden. Einleitend, werden einige Facetten die mit dem Kündigungsschutz zusammenhängen beleuchtet. Dies soll den angestrebten Diskussionsrahmen abstecken.

Die Länderwahl erklärt sich folgendermaßen. Amerika wurde bisher immer als das Musterland für einen schwach ausgeprägten Kündigungsschutz angesehen und praktiziert diese Strategie schon seit Jahrzehnten. Parallel dazu wurden die staatlichen Sozialtransfers auf ein Minimum reduziert. Bei der Beschreibung des Kündigungsschutzes in den USA wird der Schwerpunkt entsprechend auf die vorhandenen Formen und Wirkungen dieser Konzeption gelegt. Der Schwerpunkt beim Dänemark-Teil wird neben dem Kündigungsschutz auf der aktiven Arbeitsmarktpolitik liegen, welche eine zentrale Stellung bei der Deregulierung des Kündigungsschutzes in Dänemark einnimmt. Eine Gegenüberstellung im eigentlichen Sinn findet nicht statt. Vielmehr wird auf die unterschiedliche Performanz der beiden Konzeptionen Wert gelegt. Zum Schluss dieser Arbeit ist beabsichtigt, eine Antwort auf die dieser Arbeit zugrunde gelegten Fragestellung zu finden. Schafft ein gelockerter Kündigungsschutz mehr Beschäftigung oder sind es die jeweils länderspezifischen Merkmale, die zu mehr Beschäftigung führen?

Die aktuelle Debatte in Deutschland, um die Reform des Arbeitsmarktes, und die damit Zusammenhängende Diskussion um den gesetzlichen Kündigungsschutz, wird nicht aufgegriffen. Es wird keine Behandlung der aktuellen Maßnahmen im Rahmen der Agenda 2010 geben.

1. Ursachen und Wirkungen

Exogene Schocks, die auf die Wirtschaftssituation bzw. –lage Einfluss nehmen, wie die Ölkrise 1974 und 1982, erzwingen bei den Unternehmen die Anpassungen der betrieblichen Organisation, der Beschaffungs- und Personalstrategien sowie den Wandel der Branchenstrukturen auf die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig ist damit eine unaufhörliche Reallokation des Faktors Arbeit verbunden. Somit ist letztlich auch der Arbeitsmarkt betroffen.[2] Neben diesen kausal wirkenden externen Ursachen, gibt es auch interne, aus dem Arbeitsmarkt selbst entsehende oder mit der Regulation der Zu- und Abgänge verbundene Faktoren, die sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken. Eine Untersuchung der OECD und des IMF hat ergeben, dass die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik 1998 zu ca. 85% strukturell und allenfalls zu 15% konjunkturell bedingt war.[3] Diese Untersuchung unterstützt die häufig im Zusammenhang mit der Diskussion um den Kündigungsschutz formulierte Kritik, dass die persistente hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland durch spezifisch historisch gewachsene institutionelle Strukturen bedingt ist. Damit ist nicht nur die Vermittlung von Arbeitslosen durch die Bundesagentur für Arbeit gemeint, vielmehr geht es um die äußerst komplexe rechtliche Handhabung im Falle einer Kündigung. Institutionelle Rigiditäten, so der Vorwurf, erschweren bzw. verzögern eine flexible Anpassung der Beschäftigung an die sich ständig wandelnden Verhältnisse auf den Güter- und Beschaffungsmärkten.[4]

Empirische Untersuchungen, die der Frage nach positiven oder negativen Auswirkungen des Kündigungsschutzes auf den Faktor Beschäftigung nachgegangen sind, widersprechen sich häufig. Die Befürworter von Kündigungsschutzbestimmungen kommen zu dem Urteil, dass die gesetzlichen Regelungen des Kündigungsschutzes eine notwendige Maßnahme zur Sicherung von Beschäftigung ist, sowie zur Erhöhung der Einkommenssicherheit von Arbeitnehmern führt. Ein sicheres Beschäftigungsverhältnis hat somit positive psychologische Auswirkungen auf den Arbeitnehmer, die sich wiederum für die Arbeitgeber auszahlen können. Die Bindung an das Unternehmen, und somit die Leistungsbereitschaft bei der Arbeit, wird höher ausgeprägt sein. Des weiteren ist anzunehmen, dass der Arbeitnehmer eher bereit sein wird in sich selbst und seine Arbeit zu investieren, sei es der Faktor Zeit oder körperliche Ressourcen. In diesem Zusammenhang wird die für die Bildung von Humankapital und die Sicherung der Produktivität förderliche Wirkung langfristiger Beschäftigungsverhältnisse betont.[5]

Ein anderer Aspekt, in dem sich die Vorteile eines bestehenden Kündigungsschutzes zeigen, spiegelt sich in dem Thema Lohnverhandlungen wieder. Kündigungsschutzbestimmungen sichern beschäftigten Arbeitnehmern eine höhere Verhandlungsmacht bei Lohnverhandlungen zu. In diesem Sinne stellt der Kündigungsschutz ein Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite her.[6]

Bei den Kritikern des Kündigungsschutzes dominiert die Vorstellung eines neoklassischen Arbeitsmarktes. Lohnangebot und Lohnnachfrage werden durch den Markt zum Ausgleich gebracht, er reguliert sich selbst und bringt sich so auch selbst ins Gleichgewicht. In der neoklassischen Theorie gibt es daher auch keine strukturelle Arbeitslosigkeit. Staatliche Regulierungen, wie der gesetzliche Kündigungsschutz, stellen Einschränkungen dar, die den eigentlich reibungslos funktionierenden Arbeitsmarkt Beschränkungen auferlegt, die letztlich die freiwilligen Tauschprozesse auf dem Arbeitsmarkt stören. Aus dieser Perspektive sind sozialpolitische Eingriffe nur dann gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftspolitik von einem trade-off zwischen Effizienz und Gerechtigkeit ausgeht.[7] Die Kritiker des Kündigungsschutzes, fordern demzufolge eine grundsätzliche Abschaffung aller Schutzrechte. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass ein Arbeitsmarkt, der nach dem US-amerikanischen Vorbild geformt ist, die Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen wird.[8] Des weitern weisen die Kritiker von Kündigungsschutzbestimmungen auf die Gefahr hin, dass insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit zu strikte Kündigungsschutzbestimmungen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze hemmen. Dadurch entsteht eine Segmentierung des Arbeitsmarktes in Arbeitsplatzbesitzer und einem verfestigten Bestand an Erwerbslosen.[9]

Kurios bei der andauernden Diskussion über den entgegengesetzten Einfluss von Arbeitsschutzmaßnahmen ist, dass sich entgegen dem allgemeinen europäischen Trend, dem Abbau staatlicher Kündigungsschutzbestimmungen, im Musterland flexibler Arbeitsmärkte, den USA, die Stimmen die eine gesetzliche und zentralstaatliche Formalisierung des Kündigungsschutzes entsprechend dem europäischen Vorbild fordern sich mehren.[10]

1.1) Folgen des Kündigungsschutzes für die Arbeitgeber

Im folgenden soll kurz dargestellt werden, wie sich eine Kündigung aus betrieblicher Perspektive darstellt. Ein Unternehmer der sich entschlossen hat Personal abzubauen, sieht sich zwei Problemen gegenüber. Einerseits, dass er sich aufgrund konjunktureller Entwicklungen entschieden hat Personal abzubauen um Kosten einzusparen. Andererseits, dass gesetzliche Kündigungsschutzbestimmungen bei einer notwendig werdenden Personalreduzierung Kosten verursachen. Jeglicher Kündigung geht dementsprechend ein Vergleich der Kosten bei einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, in Form der Differenz zwischen Lohn und Wertgrenzprodukt im Vergleich zu den Entlassungskosten zuzüglich der Kosten einer Neueinstellung im Fall einer Konjunkturneubelebung, voraus.[11] Entscheidet sich ein Unternehmer für eine Kündigung, entstehen ihm neben den institutionellen Kosten (Verwaltungsaufwand) zusätzliche Kosten hinsichtlich eines möglichen Produktionsausfalles durch Fehlzeiten, Entlassungskosten, Lohnfortzahlung oder Klage- bzw. Gerichtskosten. Die Entscheidung für oder gegen eine Kündigung wird offensichtlich durch eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung getroffen. Erweitern sollte man diese Überlegungen noch in Richtung des positiven Aspektes des Erhalts des bereits ausgebildeten Humankapitals im Unternehmen und einer möglich höheren Identifikation mit dem Unternehmen durch Beschäftigungssicherheit, welche zu höherer Produktivität führen kann.

Prinzipiell konnte nachgewiesen werden, dass die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen bei konjunktureller Verschlechterung eher die Beschäftigung sicherten als in Abwesenheit solcher Regulierungen. Dieser im eigentlichen Sinne positive Effekt, wirkt sich jedoch negativ auf Neueinstellungspläne aus. Die zu erwartenden Entlassungskosten und das komplexe Procedere einer Kündigung wirken sich insgesamt eher negativ auf Neueinstellung aus. Aufgrund dieser Überlegungen ist es zu erwarten, dass ein Arbeitgeber in Expansionsphasen bezüglich Neueinstellungen sich zurückhaltender verhalten wird.[12]

[...]


[1] vgl. Jahn, 2002, S.19

[2] vgl. Jahn, 2002, S.20

[3] vgl. Jahn, 2002, S.21

[4] vgl. Jahn, 2002, S.21

[5] vgl. Jahn, 2002, S.22

[6] vgl. Eichhorst/Profit/Thode, 2001, S.165

[7] vgl. Jahn, 2002, S.104

[8] vgl. Jahn, 2002, S.104

[9] vgl. Eichhorst/Profit/Thode, 2001, S.166

[10] vg. Jahn, 2002, S21

[11] vgl. Franke, 1996, S.53

[12] vgl. Franke, 1996, S.54

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Vor und Nachteile eines deregulierten Kündigungsschutzes
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Proseminar
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V31336
ISBN (eBook)
9783638323765
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der aktuellen Diskussion um die Agenda 2010, ist immer wieder auf den Kündigungsschutz, als Hemmnis für die Arbeitsmarktentwicklung, verwiesen worden. In dieser Arbeit wird die aktuelle Situation in den USA und Dänemark, bezüglich ihrer Kündigungsschutzregelungen, verglichen. Über diesen Vergleich sollen mögliche Handlungsoptionen und der Stellenwert der zwiespältigen Sachlage beleuchtet werden.
Schlagworte
Nachteile, Kündigungsschutzes, Proseminar
Arbeit zitieren
Manuel Simon (Autor:in), 2004, Vor und Nachteile eines deregulierten Kündigungsschutzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31336

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