Resilienz. Ein zu hinterfragendes Konzept


Hausarbeit, 2014

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Praxisbezug und weiterführende Fragestellungen
2.1 Zentrale Bedeutung des Resilienzbegriffs für die Pädagogik
2.2 Forschungsstand
2.2.1 Anlage oder Umwelt - Resilienz als Prozess
2.2.2 Die Langzeitperspektive
2.2.3 Offene Forschungsfragen

3. Mögliche Stolpersteine
3.1 Resilienz als Garant für ein geglücktes Leben?
3.2 Normalitätsvorstellungen

4. Bildung als Chance – für wen und wofür?
4.1 Zusammenhang von gelingender Lebensführung und Bildung
4.2 Die ursprüngliche Idee der Bildung
4.3 Ähnlichkeiten der Konzepte „Bildung“ und „Resilienz“

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Resilienztheorie ist seit Jahren ein intensiv diskutiertes Thema, dass multidisziplinär große Beachtung findet und starken Einfluss auf die Praxen der einzelnen Disziplinen aufweist.

Das Ziel der Pädagogik im Allgemein ist, Menschen zu stabilen und gesunden Persönlichkeiten zu erziehen, um ihnen so eine gute und gelingende Lebensführung im Kontext einer erfolgreichen gesellschaftlichen Integration zu ermöglichen. Die Resilienztheorie stellt hierbei einen Baustein dar, der für die Verwirklichung dieses Zieles angewandt wird. Aufgrund der Schutzfaktoren und Risikofaktoren ist es möglich Entwicklungsstimuli zu identifizieren und mögliche Entwicklungsrisiken aufgrund von äußeren Gegebenheiten und personalen Faktoren zu bestimmen – oder nicht?

Im Folgenden wird ein Überblick über die Bedeutung des Resilienzbegriffs für die Pädagogik mit den aktuellen Fragen des Forschungsstandes gegeben. Dieser Überblick dient als Grundlage für mögliche (gedankliche) Stolpersteine und soll einen Anstoß geben, das Resilienzkonzept aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Das vieldiskutierte Thema der Bildung soll in diesem Zusammenhang, als mögliche Resilienzförderung und Chance für eine gelingende Lebensführung dargestellt werden und welche Schwierigkeiten sich in Bezug auf die Bildungsthematik hieraus ergeben.

2. Praxisbezug und weiterführende Fragestellungen

2.1 Zentrale Bedeutung des Resilienzbegriffs für die Pädagogik

„Die zentrale Bedeutung des Resilienzbegriffs für die Pädagogik ist darin zu sehen, dass er die Variabilität der individuellen Entwicklungsverläufe in Personengruppen hervorhebt, die Entwicklungsrisiken ausgesetzt sind.“

(Fingerle, 2008, S.300)

Im Rahmen der Entwicklungspsychopathologie entstand die Resilienzforschung, die sich mit den Ursachen von sozialen und psychischen Entwicklungsstörungen und den jeweiligen Verläufen auseinandersetzt. Zunächst standen daher deterministische Erklärungsmodelle dieser Disziplin im Vordergrund, sowie die Fokussierung auf Diagnosen möglicher Fehlentwicklungen und die Fördermöglichkeiten, um diese zu vermeiden oder zu beheben. Durch einen Paradigmenwechsel, der die Aufmerksamkeit weg von Fehlentwicklungen hin zu den Möglichkeiten und Bedingungen positiver Entwicklungen lenkte, erfolgte eine Veränderung der Denkrichtung (Zander, 2010, S.27f).

Dieser Änderung der Denkrichtung liegen mehrere Langzeitstudien und deren Ergebnisse zugrunde. Hier wäre besonders die Kauai-Studie von Emmy Werner und Ruth Smith hervorzuheben, die erstmals Zusammenhänge zwischen „positiven Entwicklungsresultaten und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen von Kindern bzw. Merkmalen ihrer sozialen Umwelt“ herstellten (Zander, 2010, S.29 zit. n. Fingerle 1999, S.94).

In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass Risikofaktoren wie beispielsweise Alkoholismus der Eltern oder Armut nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Kinder führen müssen. Es gibt vielmehr einen relativ hohen Prozentsatz solcher Kinder, die trotz solcher Risiken in Schule und Beruf erfolgreich sind. Risikofaktoren wirken nicht zwangsläufig, nicht deterministisch, sondern nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Dies bedeutet für Pädagogen, die mit Kindern und Jugendlichen (mit besonderen Förderbedürfnissen) arbeiten, dass ihre Aufgaben nicht allein in der Identifikation und „Reparatur“ von Defiziten besteht sondern vielmehr in der Diagnose und Förderung von Ressourcen (Fingerle, 2008, S.300 n. Kurth 2000; Schuck 2000). Diese Sichtweise betont die möglichen pädagogischen Erfolge und wendet sich ab von einer pessimistischen, die deterministische Wirkung von Risikofaktoren überbetonenden Perspektive. Jedoch ist zu bedenken, dass die pädagogische Förderung von Schutzfaktoren nicht zwangsläufig zu Resilienz führt (Fingerle, 2008, S.300f).

2.2 Forschungsstand

Das Forschungsgebiet der Resilienz ist vielfältig, multidisziplinär und sehr umfangreich. Im Folgenden werden, um die Variabilität von Resilienz darzustellen, daher zwei ausgewählte Aspekte näher erläutert, um im Anschluss daran eine Auswahl von offenen Forschungsfragen aufzugreifen.

2.2.1 Anlage oder Umwelt - Resilienz als Prozess

Die zentrale These der Resilienztheorie ist nach Fried (2003, S.69) und Petermann (1999), dass die an der menschlichen Entwicklung beteiligten Einflüsse ein Konglomerat bilden, dass sich mit jedem neuen Faktor verändert. Die Position jedes Faktors verändert daher fortlaufend seine Position und kann so unterschiedliche Funktionen besitzen. Je nach Wirkungsweise des Faktors und dessen Position, kann es sich um einen Schutz- oder Risikofaktor handeln, wobei die Wirkungsweise nur aus Sicht des Individuums bestimmt werden kann. Jeder Mensch verarbeitet und reagiert individuell auf Einwirkungen der Umwelt, daher sind Vorausbestimmungen der einzelnen Kontexte und deren Wirkung auf das Individuum sehr schwer zu bestimmen (Urieta, 2011, S.31).

Aufgrund dieses dynamischen Prozesses zwischen Mensch und Umwelt ist nach Wustmann (2005, S.194), Resilienz nicht als ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal zu sehen, sondern meint eine Befähigung, die im Kontext der Mensch– Umwelt – Interaktion erarbeitet wird und einem ständigen Wandel unterliegt (Urieta, 2011, S.35). Die Resilienz stellt sich daher im Ergebnis eines Interaktionsprozesses dar, wobei der Mensch immer im Kontext seiner Lebensverhältnisse und Entwicklungsbedingungen zu sehen ist (Zander, 2008, S.18 n. Lösel/Bender, in Opp/Fingerle/Freytag 1999).

Wenn man daher von Resilienz als Prozess ausgeht, hat dies für die Einschätzung resilienter Eigenschaften weitreichende Folgen – was heute als resilient angesehen und eingeschätzt wird, kann sich morgen als Risikofaktor herausstellen z.B. kann Familienkohäsion junge Kinder schützen, sie aber behindern, wenn es um die Ablösung geht (Hildenbrand, 2012, S.25).

In der Entwicklungspsychologie besteht heutzutage Einigkeit darüber dass die Entwicklung jeglicher menschlicher Eigenschaft, sowohl durch unsere Umwelt als auch durch unsere Gene, beeinflusst wird. Diese menschlichen Eigenschaften umfassen unsere Persönlichkeitseigenschaften, Gefühle, Kognitionen oder unsere körperliche Erscheinung (Kienbaum & Schuhrke, 2010, S.16). Daher ist es naheliegend, dass die Wechselwirkung zwischen genetischer Ausstattung und Umwelteinflüssen auch bei der Entwicklung von Resilienz eine signifikante Rolle spielen. In mehreren Studien, z.B. in der Kauai-Längsschnittstudie gab es Befunde dass z.B. auch Komplikationen vor und nach der Geburt, sich äußerst nachteilig auf Individuen ausgewirkt hatten (Werner, 2012, S.38).

2.2.2 Die Langzeitperspektive

In der Langzeitstudie auf der Insel Kauai, war auffallend, dass sich die Kinder nicht linear hin zu einem bestimmten Status entwickelt hatten, sondern sich vielmehr in Sprüngen entwickelten. Der größte Entwicklungssprung zeigte sich zwischen dem Alter als junge Erwachsene und der Lebensmitte. Vormals stark problembelastete Jugendliche zeigten häufig wesentlich positivere Eigenschaften. Ausschlaggebend für die positive Veränderungen waren folgende Umstände: Eheschließung, Glaube und Bildung. Insbesondere kontinuierliche Ausbildungen an Fachhochschulen und der Besuch von Bildungseinrichtungen für Erwachsene wurden neben den sozialen Faktoren und der Religion hierbei in der Analyse der Kauai-Studie genannt (Welter-Enderlin, 2012, S.17/ 33f).

Diese Ergebnisse zeigen zum einen dass es offensichtlich ein Fehler ist Menschen zu einem einzigen Zeitpunkt ihres Lebens zu betrachten und hiervon auf die ganze Entwicklung zu schließen. Zum anderen wird offensichtlich das Bildung als eine Chance für eine gesunde Entwicklung und ein gelingende Sozialisation angesehen werden kann und somit eine Möglichkeit der Resilienzförderung darstellt. Dieser Punkt wird unter Punkt 4 mit der Überschrift „ Bildung als Chance – für wen und wofür?“ weiter erörtert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Resilienz. Ein zu hinterfragendes Konzept
Hochschule
Pädagogische Hochschule Karlsruhe  (Frühe Bildung)
Veranstaltung
Resilienz
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V312615
ISBN (eBook)
9783668116399
ISBN (Buch)
9783668116405
Dateigröße
403 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Resilienz, Bildung
Arbeit zitieren
Franziska Dworschak (Autor:in), 2014, Resilienz. Ein zu hinterfragendes Konzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312615

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