Der Zusammenhang von Glück und Einkommen. Erörterung zur Wechselwirkung von Prozessen des sozialen Vergleichs, Glücksempfinden und Ressourcenverfügbarkeit


Seminararbeit, 2012

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ménage à trois?!
2.1. Interdisziplinärer sozialer Vergleich
2.2. Auf Glückssuche
2.3. Die Ressource Einkommen

3. Rivalität, Gewöhnung, Kultur
3.1. Relative Positionen
3.2. Die hedonistische Tretmühle
3.3. Glückliche Nationen

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Glück besteht aus einem hübschen Bankkonto, einer guten Köchin und einer tadellosen Verdauung.“ Jean-Jaquces Rousseau (Engbruch, 2007).

Nehmen wir an, Rousseau hat Recht mit seiner Aussage. Unter Vernachlässigung des physiologischen Teils der Bemerkung erscheint es lohnenswert, eine Minute lang über ihren Inhalt nachzudenken. Ab welcher Summe kann ein Bankkonto als „hübsch“ bezeichnet werden und mit wem muss sich die Köchin vergleichen, um als gut durchzugehen?

Die Seminararbeit unterstellt eine Ménage à trois zwischen Prozessen des sozialen Vergleichs, Glücksempfinden und Ressourcenverfügbarkeit, welche zunächst erläutert und schließlich hinterfragt werden soll. Der Ausdruck Ménage à trois (franz.: Dreiecksbeziehung) benennt ursprünglich eine Liebesbeziehung oder Liaison zwischen drei Personen. Derweil findet diese Formulierung in zahllosen Lebensbereichen Anwendung. In politischen Artikeln ist es durchaus gebräuchlich, interdependente Zusammenhänge von drei Gegen-standsbereichen als Ménage à trois zu betiteln. Diese Ausdrucksweise bietet den großen Vorteil, dass dem Leser die sehr enge Verbundenheit der Sachgebiete unmittelbar vor Augen geführt wird.

Die Darlegung der Begrifflichkeiten erfolgt interdisziplinär. Der Fokus liegt dabei auf Individuen, deren Lebensraum durch den Wohlfahrtsstaat gebildet wird. Folgende Fragestellungen werden erörtert: Wieso ist der Mensch ein soziales Wesen? Was ist Glück? Wozu benötigt man Einkommen? Wo sind Verbindungen zu suchen?

Durch die vorgestellten sozialpsychologischen Studien sollen die theoretischen Konstrukte empirisch geprüft werden. Beispiele untersuchter Themenfelder sind: Die Einflüsse von Rivalität auf das Glücksempfinden. Oder: Die Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede im Wohlbefinden von Lottomillionären und Unfallopfern.

Ob hübsche Bankkonten und gute Köchinnen (ein Austausch der Adjektive ist möglich) tatsächlich das Glücksempfinden aller Menschen determinieren, kann diese Seminararbeit nicht abschließend beantworten. Resultat der Arbeit soll sein, einen Beitrag zum Verständnis der umschriebenen Problemstellung zu leisten sowie einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zu gewähren.

2. Ménage à trois?!

Wo liegen die Gründe für die Unterstellung einer „Dreiecksbeziehung“? Sollte diese Verflechtung der Begrifflichkeiten tatsächlich existieren, wofür stehen diese eigentlich und sind sie überhaupt von Belang für den Menschen?

2.1. Interdisziplinärer sozialer Vergleich

Der Mensch bezieht die Daseinsberechtigung, ebenso wie alle anderen Spezies, aus dem evolutionären Wettkampf um den Fortbestand seiner Art. Dieser Wettkampf vollzieht sich jedoch nicht ausschließlich zwischen den Spezies, sondern (und insbesondere) unter den Angehörigen einer Gattung. Das alles überlagernde Ziel ist die Weitergabe der eigenen Gene an die künftigen Generationen. Die stärksten, bzw. die am besten angepassten, Vertreter einer Art zeichnen sich unter anderem durch den Zugang zu Sexualpartnern aus. Um das gewünschte Resultat zu gewährleisten, sollten die Sexualpartner quantitativ sowie qualitativ möglichst hochwertig sein. Hier ist ein Ansatzpunkt für die Bedeutung sozialer Vergleichsprozesse aus evolutionspsychologischer Perspektive zu suchen.

Das Vorhandensein wirtschaftlicher Ressourcen bei Männern stellt eines der wichtigsten weiblichen Kriterien bei der Partnerwahl dar. Die Menge an wirtschaftlichen Ressourcen eines Mannes gilt als Indikator für die Fähigkeit der Fürsorge gegenüber einer potentiellen Familie (Buss, 2004). Um für Frauen attraktiv zu erscheinen, sollten Männer folglich bestrebt sein mehr Besitz und Geld anzuhäufen als die meisten ihrer „Widersacher“. Sie sind gezwungen sich mit anderen Männern zu vergleichen, wollen sie die bestmöglichen Partnerinnen für sich gewinnen. Andererseits müssen sie, zur Ermittlung der Qualität der verfügbaren Partnerinnen, den Vergleich zwischen unterschiedlichen Frauen anstrengen.

Im Rennen um die beachtlichsten männlichen Exemplare sind Frauen gleichermaßen auf Prozesse des sozialen Vergleichs angewiesen. Hauptkriterien der männlichen Partnerwahl sind Jugend und Gesundheit der Frauen. Diese Präferenzen gründen auf der Erwartung einer hohen Gebärfähigkeit sowie der physischen Voraussetzung zur energieraubenden Kindererziehung (Buss, 2004). Die Konfrontation mit den männlichen Ansprüchen bei der Partnerwahl führt zur sozialen Gegenüberstellung innerhalb des weiblichen Geschlechts. Die Intention möglichst schön und jung zu erscheinen, steht während der sozialen Auseinandersetzung im Vordergrund. In diesem Kontext können Jugend- bzw. Gesundheitswahn großes Leid und Unglück verursachen. Indes müssen auch Frauen über die Brauchbarkeit ihrer erwägbaren männlichen Partner entscheiden.

Sieht man durch die soziologische Brille, liegen die Ursachen für soziale Vergleichsprozesse mitunter in der Sozialnatur des Menschen begründet. Wenn ein Mensch das Licht der Welt erblickt, dann gilt er als „tabula rasa“ (lat. „geglättete Schreibtafel“ oder auch „unbeschriebenes Blatt“). Neugeborene und Babys sind auf die Fürsorge anderer Menschen angewiesen, andernfalls wären sie nicht überlebensfähig. Im Laufe von Kindheit und Jugend erlernt der instinktverunsicherte Mensch, durch das Zusammenleben mit anderen Menschen, Verhaltensweisen sowie –anleitungen, die ihn zu einem eigenständigen Leben befähigen. Im Zentrum des Lernprozesses steht die Übernahme von Werten und Normen der signifikanten Anderen (Meulemann, 2006). Elementare Werkzeuge des Erlernens sind die Sozialisation und Prozesse des sozialen Vergleichs. Ist der Mensch während der Sozialisation vorwiegend passiver Empfänger, muss er aktiv differenzieren, welche Bezugsgruppen, außerhalb der Familie, erwählt werden und welche Werte er zu seinen eigenen macht. Ein Kernstück sozialer Vergleichsprozesse ist das soziale Handeln, das sich an den Handlungsalternativen und Erwartungen Anderer orientiert. Um den subjektiv gemeinten Sinn der Handlungen anderer Menschen erfassen zu können, müssen die Werte und Normen, auf denen die Handlungen basieren, geteilt werden (Meulemann, 2006). Auch das Konsumverhalten ist dabei an die Bedingungen sozialen Handelns gekoppelt. Zugehörigkeitsgefühl und Ansehen in der Bezugsgruppe können durch Konsum gestärkt werden. „Falsches“ Konsumverhalten wiederum kann zu vermindertem Selbstwert und Ausgrenzung führen (Kleinherz, 1978). Exemplarisch hierfür steht der wahrscheinliche Prestigezuwachs bzw. -verlust eines durchschnittlich beliebten Mittelstufenschülers, der beschließt, von nun an ausschließlich No-Name-Klamotten und Discounter-Turnschuhe zu tragen.

2.2. Auf Glückssuche

Bereits in der Antike setzten sich Gelehrte, wie Aristoteles oder Cicero, mit der Bedeutung von Glück für das menschliche Leben auseinander. Der mittelalterliche Philosoph Thomas von Aquin erhob Glück gar zum letzten Ziel des Menschen (www.gluecksarchiv.de). Die Frage, wovon das Streben nach Glück geleitet und wonach überhaupt gesucht wird, ist auch nach hunderten bzw. tausenden von Jahren hochaktuell.

Die empirische Glücksforschung hat ihre Ursprünge in 1960er Jahren. Verschiedene sozialwissenschaftliche Disziplinen widmen sich diesem Forschungsfeld mit unterschiedlichen Interessen. In der Soziologie hat sich die Glücksforschung im Kontext der Erforschung sozialer Indikatoren entwickelt. Glücksempfinden formt einen wichtigen subjektiven Indikator zur Bewertung sozialer Systeme. In der Psychologie fand Glück als Kriterium mentaler Gesundheit Anwendung (Veenhoven, 2004).

Um Glück und seine Konsequenzen wissenschaftlich untersuchen zu können, sollte vorab eine Begriffsabgrenzung erfolgen. Ist Glück etwa ein Gefühl, eine Gewinnchance, eine Charaktereigenschaft oder doch Schicksal? Eine wachsende Anzahl von Studien lässt den Schluss zu, dass keine allgemeingültige Definition des „objektiven“ Glücks existiert. Vielmehr handele es sich bei Glück um eine Art des „subjektiven Wohlbefindens“, das durch äußere Einflüsse, subjektive mentale Prozesse (wie Ehrgeiz oder sozialer Vergleich) sowie durch individuelle Unterschiede gekennzeichnet sei (Lyubomirsky, Boehm, Kasri, & Zehm, 2011).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle (1)

Der Sozialpsychologe und Soziologe Ruut Veenhoven, Professor für „soziale Bedingungen des menschlichen Glücks“ an der Erasmus Universität Rotterdam, tritt für eine synonyme Verwendung der Begriffe Glück und Lebensqualität ein. In einem Schema unterscheidet er vier Aspekte von Lebensqualität:

In Anlehnung an: Veenhoven, 2004

„Lebensbedingungen der Umwelt“( Livability of the environment) umschreiben die Konditionen eines guten Lebens, welche das jeweilige Umfeld zu bieten hat.

„Lebensnützlichkeit“(Utility of life) misst dem Leben einen höheren Wert bei, der in verschiedenen transzendenten Konzepten enthalten sein kann.

„Lebensvoraussetzungen der Person“(Life-ability of the person) bezeichnen individuelle Fähigkeiten der Lebensbewältigung sowie Problemlösungsstrategien.

„Wertschätzung des Lebens“( Appreciation of life) bestimmt die Lebensqualität aus der Sicht des Betroffen.

Eine Definition der Lebensqualität nach Veenhoven bezieht alle vier Bestandteile der Konzeption mit ein. Allerdings erfährt die Kategorie der „Wertschätzung des Lebens“ nachdrückliche Aufmerksamkeit durch eine abermalige Untergliederung in vier Teilaspekte. Zudem nimmt dieser Bestandteil von Veenhovens Konzeption Bezug auf die Konstruktion des „subjektiven Wohlbefindens“. „Wertschätzung des Lebens“ und „subjektives Wohlbefinden“ bilden im weiteren Verlauf der Seminararbeit die Verständnisgrundlage für Glück bzw. Glücksempfinden.

2.3. Die Ressource Einkommen

Ressourcen sind Mittel, die einer handelnden Person zur Verfügung stehen und ihr ein bestimmtes Versorgungsniveau ermöglichen. Eine zentrale Ressource im Wohlfahrtsstaat bildet das Einkommen, welches sich aus den verfügbaren finanziellen Einkünften einer Person bzw. eines Haushaltes zusammensetzt (Yay, 2006).

Eine Vielzahl von Wissenschaftlern in der Ökonomie vertraut in ihren Forschungen auf die neoklassische Theorie und das populäre Menschenbild des „homo oeconomicus“. Der „homo oeconomicus“ bezeichnet einen Akteur, der eigeninteressiert sowie rational handelt und auf die Maximierung seines Nutzens ausgerichtet ist. Er wählt immer die subjektiv beste Alternative zur Erreichung seines Ziels (Enste, Haferkamp & Fetchenhauer, 2009). Infolgedessen sollte der „homo oeconomicus“ sein Handeln unter besonderer Berücksichtigung der Ressourcenverfügbarkeit ausrichten. Ausreichende finanzielle Mittel sind erforderlich, soll eine Maximierung des Nutzens realisierbar bleiben. Eine Konzentration auf die Anhäufung von finanziellen Mitten bzw. von Einkommen erhebt Geld vom Mittel zum Zweck zum Machtmittel. Die Vermehrung des Geldes stellt nun einen eigenen Nutzen dar, den es zu maximieren gilt.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Geld erstmals in der Psychologie thematisiert. Die Theorien psychoanalytischer Prägung fielen jedoch auf wenig fruchtbaren Boden. Sozialpsychologische Studien beschäftigen sich vermehrt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts mit dieser Thematik. In den Studien wurde herausgestellt, dass Geld wesentlich mehr repräsentiert als seinen bloßen Tauschwert. Geld übernimmt soziale Aufgaben und ist zugleich Symbol von Nationalstaaten (Brand, 1999).

Es besteht großer Spielraum für die interdisziplinäre Auseinandersetzung über die Funktionen von Geld und Einkommen. Unbestreitbar ist die Relevanz von individuellem Einkommen im wohlfahrtsstaatlichen System.

3. Rivalität, Gewöhnung, Kultur

Nachdem in Kapitel 2 weitestgehend theoretische Annahmen beleuchtet wurden, ist es der Anspruch des nächsten Textabschnitts, die Verquickungen von Prozessen des sozialen Vergleichs, Glücksempfinden und Ressourcenverfügbarkeit mit empirischen Daten zu unterfüttern.

3.1. Relative Positionen

1998 führten Solnick und Hemenway eine Studie unter 257 Studenten der Harvard Universität durch. Die Probanden wurden mit einem Szenario konfrontiert, in dem sie die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Welten hatten:

Variante A: Das eigene Jahreseinkommen beträgt 50.000 $; andere verdienen 25.000 $.

Variante B: Das eigene Jahreseinkommen beträgt 100.000 $; andere verdienen 200.000 $.

Die Bezeichnung „andere“ bezog sich in diesem Fall auf das durchschnittliche Gehalt der Bürger in einer Gesellschaft. Die Forscher machten das damalige Preisniveau zur Basis der Untersuchung und betonten, dass die Kaufkraft in beiden Varianten identisch sei. Die Teilnehmer der Studie entschieden sich, entgegen rationaler Vermutungen, in der Majorität für Variante A. Sie waren zufriedener damit ärmer zu sein, wenn sie in Relativität zu den anderen Mitgliedern der Gesellschaft mehr verdienten.

Es galt zu überprüfen, ob dieses Ergebnis ausschließlich die Meinung zur Relativität von Einkommensverhältnissen widerspiegelt. Die Studenten wurden gebeten, die Wahl zwischen zwei weiteren Welten zu treffen:

Variante C: Der eigene Jahresurlaub beträgt 2 Wochen; andere haben 1 Woche Urlaub.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang von Glück und Einkommen. Erörterung zur Wechselwirkung von Prozessen des sozialen Vergleichs, Glücksempfinden und Ressourcenverfügbarkeit
Hochschule
Universität zu Köln  (Wirtschafts- und Sozialpsychologie)
Veranstaltung
Psychologie des Wohlfahrtsstaates
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
16
Katalognummer
V312126
ISBN (eBook)
9783668109643
ISBN (Buch)
9783668109650
Dateigröße
583 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftspsychologie, Sozialpsychologie, Wohlfahrtsstaat, Glück, Eikommen
Arbeit zitieren
Christopher Morsbach (Autor:in), 2012, Der Zusammenhang von Glück und Einkommen. Erörterung zur Wechselwirkung von Prozessen des sozialen Vergleichs, Glücksempfinden und Ressourcenverfügbarkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312126

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