Die Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft ab 1990. Eine Übersicht


Bachelorarbeit, 2013

62 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Bauwirtschaft - Definition und Abgrenzung
2.2 Bauwirtschaft im weiteren Sinne
2.3 Bauwirtschaft im engeren Sinne
2.4 Volkswirtschaftliche Grundlagen für die Bauwirtschaft
2.5 Mikroökonomie und Makroökonomie
2.5.1 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Bruttoinlandsprodukt
2.5.2 Vollbeschäftigung

3. Zusammenhang der Bauwirtschaft und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
3.1 Bauvolumen/ Bauinvestition
3.2 Anteil des Baugewerbes an der Bruttowertschöpfung
3.3 Anzahl der Beschäftigten im Baugewerbe
3.4 Bauwirtschaft als Schlüsselbranche

4. Die Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft
4.1 Historischer Hintergrund
4.2 Die Wiedervereinigung (1990-1995)
4.3 1996-2005 Wachstumsschwäche
4.4 Erneuter Wachstumsschwung 2006-
4.5 Zukünftige Aussichten

5. Fazit/ Zusammenfassung.

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Das Baugewerbe nach WZ 2008

Abb. 2: Magisches Viereck

Abb. 3: Typischer Verlauf der Angebots- und Nachfragekurve

Abb. 4: Vereinfachte Kreislaufanalyse

Abb. 5: Bauvolumen nach Baubereichen

Abb. 6: Bauvolumen nach Produzentengruppe

Abb. 7: Beschäftigte des Bauhauptgewerbes 2011 in %

Abb. 8: Umsatzanteile nach Größenklassen in %

Abb. 9: Multiplikatoreffekt der Bauwirtschaft.

Abb. 10: Zeitstrahl der Wiedervereinigung..

Abb. 11: Anzahl der Betriebe im deutschen Baugewerbe 1990-1995

Abb. 12: Baugewerblicher Umsatz im Bauhauptgewerbe in Mrd.€.

Abb. 13: Bauinvestitionen der EG- Länder 1990

Abb. 14: Baugewerblicher Umsatz nach Bausparten 1995-2005 in Mrd. €

Abb. 15: Betriebe im deutschen Baugewerbe 1996-2005

Abb. 16: Beschäftigte im deutschen Baugewerbe 1996-2005,

Abb. 17: Beschäftigte im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe 2006-2012

Abb. 18: Bauhauptgewerblicher Umsatz nach Bausparten 2005-2011

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung, Anteil am BIP in Mrd. €

Tab. 2: Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung und Bauinvestitionen von 1990- 1995 in Mrd.€

Tab. 3: Bauinvestitionen in West- und Ostdeutschland nach Bausparten

Tab. 4: Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung und Bauinvestitionen von 1996- 2005 in Mrd. €

Tab. 5: Bruttoinlandsprodukt, Bruttowertschöpfung und Bauinvestitionen 2006- 2011 in Mrd. €

Tab. 6: Reales Bauvolumen nach Bausparten in Mrd. €

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die deutsche Bauwirtschaft ist eine starke Branche, die 4 % der deutschen Wirtschaftsleistung erbringt. Ihre Entwicklung besteht aus vielen Herausforderungen die bewältigt werden mussten um die Bauwirtschaft aufrecht zu erhalten. Die Bauwirtschaft spielt sowohl bei der Wertschöpfung als auch bei der Beschäftigung eine zentrale Rolle, jedoch hat ihre Volkswirtschaftliche Bedeutung in dem vergangenen Jahrzehnt vergleichsweise abgenommen. Seit Mitte der neunziger Jahre befindet sich die deutsche Bauwirtschaft im rückgängigen Wachstum. Das liegt nicht nur am Ende des Einheitsbaubooms sondern auch an strukturellen und demografischen Umwandlungen. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Fragestellung, wie sich die deutsche Bauwirtschaft seit 1990 entwickelt hat. Um einen Überblick zu geben, wird im theoretischen Teil die Bauwirtschaft bzw. genauer das Baugewerbe definiert und abgegrenzt. Anschließend werden ökonomische Grundlagen erläutert, sowie wesentliche Begriffe definiert damit der Zusammenhang der Bauwirtschaft und der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung veranschaulicht werden kann. Ein weiteres Ziel in diesem Kapitel, ist das Hervorheben der Bedeutung der Bauwirtschaft für die Gesamtwirtschaft und wie die Bauwirtschaft die Gesamtwirtschaft beeinflusst. Mit einem kleinen historischen Hintergrund im vierten Kapitel wird sich dann der Fragestellung der Arbeit gewidmet. Welche historischen Ereignisse Einfluss auf die Entwicklung der Bauwirtschaft hatten und in welchem Bereich der Fokus in der Zukunft liegen wird. Diese Entwicklungen werden mit Hilfe von Daten des Statistischen Bundesamtes und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Form von Tabellen und Diagrammen von Betrieben, Umsätzen und Beschäftigten im Baugewerbe bewertet und dargestellt. Der Verlauf der Bauwirtschaft wird in dieser Arbeit in vier Zeitabschnitte gegliedert, die Wiedervereinigung (1990-1995), die Wachstumsschwäche (1996-2005), eine erneute Wachstumsphase (2006-2012) und die zukünftigen Aussichten ab 2012/2013. Zum Abschluss erflogt unter Punkt Fünf eine Zusammenfassung und ein Fazit.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Bauwirtschaft - Definition und Abgrenzung

Die Bauwirtschaft besitzt keine übereinstimmende Definition, allerdings können wir nach der folgenden Definition eine Grundlage erstellen: „Bauwirtschaft bezeichnet den Teilbereich einer Volkswirtschaft, der sich mit der Errichtung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken sowie mit der Anpassung und Veränderung von Bau- werksbeständen durch Bautätigkeit befasst.“1 Durch die Langlebigkeit seiner Pro- dukte, trägt die Bauwirtschaft auch einen großen Teil zur Umwelt bei. Mittels sei- nes hohen Anteils zum Bruttoinlandsprodukt und an der Beschäftigtenanzahl, zählt die Bauwirtschaft zu den Wirtschaftsbereichen mit hervorstechender Bedeutung. Die Gewährleistung der Grundbedürfnisse des Wohnens und die Schaffung einer Basis für Produktion und Dienstleistung durch Infrastruktur, zählt die Bauwirtschaft zu einem wichtigen Faktor der Gesamtwirtschaft.2

Diese Bedeutung der Bauwirtschaft, kann man auch als Schlüsselsektor bezeichnen, da nicht nur Bauunternehmer und ihre Beschäftigten von der wirtschaftlichen Entwicklung betroffen sind, sondern es besteht eine Art Abhängigkeit mit anderen Branchen. Ein typisches Merkmal der Bauwirtschaft, ist die hohe Anzahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen gegenüber anderen Branchen. Die Bauwirtschaft wird abgegrenzt in Bauwirtschaft im weiteren Sinne und Bauwirtschaft im engeren Sinne. Die Abgrenzung im weiteren Sinne beschäftigt sich mit der Bauproduktion die vom Bauhauptgewerbe, Ausbaugewerbe und Hilfsgewerbe realisiert wird. Die Bauwirtschaft im engeren Sinne entspricht dem von dem Statistischen Bundesamt verwendeten Begriff Baugewerbe.3

2.2 Bauwirtschaft im weiteren Sinne

Wie schon erwähnt, beschäftigt sich die Bauwirtschaft im weiteren Sinne mit der Bauproduktion. Mantscheff definiert die Bauwirtschaft im weitesten Sinne als sol- che, die die Bauproduktion umfasst, welche vom Bauhauptgewerbe sowie Aus- bau- und Bauhilfsgewerbe realisiert wird, ebenfalls beinhaltet die Bauwirtschaft die Baustoffproduktion, den Baustoffhandel, den Montagebau von Stahl- und Fertig- bauten sowie die Planungs- und Konstruktionsleistungen von Architekten und Fachingenieuren.4 Die aufgezählten Beteiligten sind dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Dienstleistungssektor sowie auch Unternehmen und Privaten Haushalten zu zuordnen. Diese Vielzahl an unterschiedlichen Wirtschaftseinheiten bestätigt, dass das Baugewerbe bzw. die Bauwirtschaft in viele Sektoren hineingreift und somit eine gewisse Abhängigkeit zwischen den einzelnen Sektoren besteht.

2.3 Bauwirtschaft im engeren Sinne

Das Statistische Bundesamt, welches den Begriff Baugewerbe als synonym für die Bauwirtschaft nutzt, unterteilt das Baugewerbe in Bauhauptgewerbe, Ausbau- und Bauhilfsgewerbe und gliedert diese ins produzierende Gewerbe ein. Der Begriff Bauhauptgewerbe wurde zwischenzeitig in der amtlichen Statistik nicht verwendet, dieser Begriff wurde von 1995 bis 2009 in der amtlichen Wirtschaftszweigsystematik (WZ 2003) als „Vorbereitende Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau“ bezeichnet. Dies konnte sich im allgemeinen Sprachgebrauch nicht durchsetzen und so wurde weiterhin die früher gängige Bezeichnung „Bauhauptgewerbe“ verwendet. Mit der Einführung der neuen Wirtschaftszweigsystematik im Jahr 2009 (WZ 2008) wurde die Bezeichnung wieder in die amtliche Statistik aufgenommen.

In dem bis 2009 gültigen Wirtschaftszweig 2003 setzte sich das Baugewerbe wie folgt zusammen (WZ 2003)5:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Laut der aktuellen Wirtschaftszweigsystematik, besitzt das Baugewerbe folgende Gliederung (WZ 2008):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Abbildung 1 veranschaulicht die Trennung zwischen dem Bauhauptgewerbe und dem Ausbaugewerbe. Die Gruppen 41.2 Bau von Gebäuden, 42 Tiefbau, 43.1 Abbrucharbeiten und Vorbereitende Baustellenarbeiten und 43.9 Sonstige spezia- lisierte Bautätigkeiten bilden das Bauhauptgewerbe. Die Zusammenfassung der Gruppen 43.2 Bauinstallation, 43.3 Sonstiger Ausbau und 41.1 Bauträgern, Er- schließung von Grundstücken bilden sich das Ausbaugewerbe.6 Die genannte Klassifikation der Wirtschaftszweige dient der einheitlichen statistischen Erfassung der wirtschaftlichen Tätigkeiten von Unternehmen, Betrieben und anderen statistischen Einheiten, welches von Seiten der Europäischen Union, auf Basis der ISIC (International Standard Industrial Classification of all Economic Activities) der Vereinten Nationen entworfen wurde.

Die aktuelle Systematik der Wirtschaftszweige für Deutschland (WZ 2008) wurde im Rahmen der europäischen Vereinheitlichung der nationalen Gesamtrechnung, kurz NACE Rev. 2 (französisch: Nomenclature statistique des activités écono- miques dans la Communauté européenne) von 2003 (WZ 2003) angepasst.7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Baugewerbe nach WZ 2008

(Quelle: Eigene Darstellung)

2.4 Volkswirtschaftliche Grundlagen für die Bauwirtschaft

Die Volkswirtschaftslehre ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften und analysiert nach Samuelson/ Nordhaus (2005) den „Einsatz von knappen Ressourcen zur Produktion wertvoller Wirtschaftsgüter durch die Gesellschaft und von der Verteilung dieser Güter in der Gesellschaft“.8 Die Menge der verfügbaren Güter zur Bedürfnisbefriedigung ist nicht ausreichend, die auf den Verbrauch dieser Güter gerichtet ist. Somit kann man sagen, dass die Knappheit gleich der Bedürfnisse ist, jedoch die Bedürfnisse größer sind als die Gütermenge. Die Ökonomen nehmen die Bedürfnisse der Menschen als gegeben hin. Güter sind Mittel zur Bedürfnisbefriedigung und werden nach der Struktur in Waren und Dienstleistung klassifiziert. Beispiele für Güter sind z.B. Wohnungen die das Wohnbedürfnis befriedigen oder Nahrung, dass das Essbedürfnis befriedigt. Dabei ist zwischen freien und Knappen Gütern zu unterscheiden. Freie Güter sind im Übermaß und ohne Kosten vorhanden, z.B. wie die Luft zum Atmen. Freie Güter werden dann zu knappen bzw. wirtschaftlichen Gütern, wenn ihre Bereitstellung Kosten verursacht. Knappe bzw. wirtschaftliche Güter sind nicht im Übermaß vorhanden und sind gegen einen Betrag zu erwerben, wie die meisten Güter in der Volkwirtschaft.9

Um die Bedürfnisse der Menschen zu decken, müssen wir Menschen wirtschaften. Lachmann (2006) definiert das Wirtschaften wie folgt: „Wirtschaften umfasst alle Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind die begrenzten Mittel so der Vielfalt von Verwendungsmöglichkeiten zuzuführen, dass der menschliche Bedarf nach Gütern bestmöglich gedeckt ist“10, d.h. knappe Güter müssen optimal Verteilt wer- den. Das Unterscheidungskriterium ist hier die Beziehung zwischen Angebot und Nachfrage. Das Angebot ist eine Menge an Gütern oder Dienstleistungen die zum Verkauf oder Tausch zu einem bestimmten Preis angeboten werden. Demnach ist die Nachfrage, das Bestreben Güter oder Dienstleistungen zu einem bestimmten Preis zu erwerben.11 Das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage ist be- schrieben als der Markt, welches in der Abbildung 2 dargelegt ist. Während bei freien Gütern das Angebot so groß ist, dass sie scheinbar frei zur Verfügung ste- hen, übersteigt bei knappen Gütern die Nachfrage das Angebot. Die Preisbildung des knappen Gutes tritt ein, wenn auf den Markt über dieses Gut gehandelt wird.12 Durch den Einsatz von Produktionsfaktoren werden Güter und Dienstleistungen produziert. Die bedeutendsten Produktionsfaktoren sind Arbeit, Kapital und techni- sches Wissen.13

Die Volkswirtschaft wird gewöhnlich in drei Bereiche gegliedert, die Wirtschafts- theorie, welches die Mikroökonomie und die Makroökonomie beinhaltet, die Theo- rie der Wirtschaftspolitik, welches sich mit der allgemeinen und der speziellen Wirtschaftspolitik befasst und die Finanzwissenschaft, das die Finanztheorie und Finanzpolitik behandelt.14 Der Bereich Wirtschaftstheorie, umfasst alle Zusammen- hänge, Ursachen, Wirkungen und Abläufe auf volkswirtschaftlicher Art. Wobei man zwischen der Makroökonomie und Mikroökonomie unterscheiden muss. Die Mak- roökonomie hat das Ziel, durch ihre makroökonomischen Analysen Informationen über gesamtwirtschaftliche Aggregate wie z.B. das Bruttoinlandsprodukt, Inflationsrate, Arbeitslosenquote, Konsumquote, Sparquote, Wachstumsrate, Steuerquote, Staatsdefizit, Lohnquote zu gewinnen.15 Die Mikroökonomie dagegen beschäftigt sich mit dem Verhalten einzelner Wirtschaftseinheiten, wie z.B. der Haushalte und der Unternehmung, Einzelheiten der Preisbildung auf gewissen Märkten und mit Effekten von Monopolen auf einzelnen Märkten.16

Es bestehen in der Volkswirtschaft zwei alttypische Wirtschaftsordnungen, die Marktwirtschaft und die Planwirtschaft. In der Marktwirtschaft erfolgt die Planung dezentral und deren Koordination über den Markt. Im System der Planwirtschaft erfolgt die Planung zentral, d.h. es wird von einer zentralen Planbehörde, einer staatlichen Instanz ein Plan aufgestellt. Die zentrale Planwirtschaft besitzt Mängelbereiche wie Ineffizienz durch Informationsmängel, autonom ausgesuchte Entscheidungsfindung und Schwerfälligkeit. Ein Beispiel welches das Versagen einer zentralen Planwirtschaft aufzeigt, ist die DDR, welches in Kapitel 4 erläutert wird.17 Die Bauwirtschaft gehört zum Teil der Wirtschaftstheorien, bzw. in die Makro- und Mikroökonomie, die in den nächsten Abschnitten genauer erläutert werden. Die Theorie der Wirtschaftspolitik, bezeichnet politische und verbandliche Aktivitäten, die das Ziel haben durch bestehende oder erwartete zukünftige Entwicklungen mit bestimmten Maßnahmen, den Wirtschaftsprozess zu ordnen (Ordnungspolitik), zu beeinflussen (Konjunkturpolitik) oder direkt in die wirtschaftlichen Abläufe einzugreifen (Strukturpolitik) und folglich vorgegebene Ziele zu erreichen. Weitere Arten von Wirtschaftspolitik sind unter anderem die Geldpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Finanzpolitik, Fiskalpolitik und Handelspolitik.18

Eines der wirtschaftspolitischen Ziele in Deutschland ist das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft von 1967 (StabG) auch bekannt als Stabilitätsgesetz. Ihr Ziel ist, stetiges und angemessenes Wirtschafts- wachstum, hoher Beschäftigungsgrad, Preisniveaustabilität und außenwirtschaftli- ches Gleichgewicht.19 Das Erreichen von stetigem und angemessenem Wachstum wird erreicht durch die Vermeidung von Stagnation und Rezession. Hohe Beschäftigung wird durch Bekämpfung von Arbeitslosigkeit erzielt und Preisniveaustabilität durch ausweichen von Inflation. Um ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu erhalten, werden Außenhandelsdefizite umgangen. Diese Ziele sind auch bekannt als Magisches Viereck der Wirtschaftspolitik. Das Viereck wird Magisch genannt, da es fast unmöglich ist alle Ziele gleichzeitig zu erreichen(siehe Abbildung 2).20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Magisches Viereck (Quelle: Eigene Darstellung)

Der dritte Bereich der Volkswirtschaftslehre, die Finanzwissenschaft, erforscht das wirtschaftliche Handeln eines Staates in Bezug auf die öffentlichen Ein- und Ausgaben und deren Einsatz und Verwendung. Öffentliche Ein- und Ausgaben werden als finanzpolitische Instrumente verwendet um bestimmte Ziele zu erreichen.21 Demgegenüber beschäftigt sich die Finanzwissenschaft auch mit dem verwenden von Ressourcen einer Volkswirtschaft, die Wirkung von Einkommen und Beschäftigung und der Einkommens- und Vermögensverteilung.

2.5 Mikroökonomie und Makroökonomie

Die Denkweise der Volkswirtschaftler hat sich zu zwei Ebenen geformt, die Mikroökonomie und die Makroökonomie. Die erste Ebene, die sich mit der aus- führlichen Untersuchung der Unternehmen (Unternehmenstheorie) und Haushalte (Haushaltstheorie), sowie der Preisbildung (Preistheorie) und der Produktion bestimmter Industrien befasst und deren Verhalten der Akteure in einer Marktwirtschaft, wird als Mikroökonomie benannt. Vor allem aber, ist es für die Mikroökonomie wichtig, zu analysieren, welche Entscheidungen die Akteure treffen und wie diese Entscheidungen Einfluss haben.22 Die Haushalte sind dadurch definiert, das sie diejenigen sind, die konsumieren und die Unternehmen diejenigen sind, die produzieren. Die beiden Akteure sind durch die Märkte miteinander verbunden. Demnach sind die Haushalte die Nachfrager und die Unternehmen die Anbieter auf den Märkten.23

Die Märkte die hier angesprochen werden, liegen dem neoklassischen Marktmodell zu Grunde. Dieses Modell wird durch den vollkommenen Markt gekennzeichnet und leitet sich durch restriktive Annahmen ab. Ein vollkommener Markt bezeichnet Märkte, auf denen sachlich gleichartige Güter gehandelt werden, ohne dass auf Nachfrageseite bestimmte persönliche, zeitliche oder räumliche Präferenzen bestehen. Außerdem sind die Marktteilnehmer vollständig über den Markt informiert und der Mensch handelt rational und wirtschaftlich (homo oeconomicus). Beim Fehlen einer Annahme, ist der Markt als unvollkommen zu definieren.24 Wie unschwer zu erkennen ist, entfernt sich das neoklassische Marktmodell weit von der Realität. Jedoch dient dieses Modell nicht dazu die Realität zu beschreiben, sondern von der Realität zu abstrahieren und die Analysen zu vereinfachen.

Das Entscheidungsverhalten der Nachfrage hängt von folgenden Bestimmungsfaktoren ab: Preis des nachgefragten Gutes, Preise der anderen Güter, das Einkommen der Nachfrager und die Nutzenvorstellung der Nachfrager. Die Bestimmungsfaktoren für das Angebot sind: die Kostensituation, die Wettbewerbssituation bzw. Marktformen sowie die Gewinnmaximierung.25 Der Wert bzw. der Preis eines Gutes wird durch Angebot und Nachfrage auf den Märkten festgelegt. Somit wird der Preis eines Gutes, ausschließlich durch die subjektive Wertschätzung seitens des Konsumenten bestimmt. Dies bezeichnet man auch als subjektive Wertlehre, d.h. der Wert des Gutes hängt vom Nutzen der letzten Einheit ab. Für eine optimale Verteilung der Ressourcen sorgt der Marktmechanismus mit seiner ausgleichenden Funktion von Angebot und Nachfrage (siehe Abbildung 3). Das bedeutet, je niedriger der Preis ist desto höher ist die nachgefragte Menge und je höher der Preis, desto geringer die nachgefragte Menge.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Typischer Verlauf der Angebots- und Nachfragekurve mit Gleichgewichtspreis (Quelle: Eigene Darstellung)

Sind Angebot und Nachfrage gleich, ist der Marktpreis gleich dem Gleichgewichtspreis, das in der Abbildung mit einem Punkt dargestellt wird. Zur Sicherheit der Koordination des Marktes, hilft der Preismechanismus. Der Preis besitzt die Funktion der Markträumung, d.h. es wird so viel nachgefragt wie auch angeboten wird, weiterhin besitzt sie die Informationsfunktion, der Preis liefert Informationen über die Knappheit der Güter und Produktionsfaktoren. Die dritte Funktion des Preises, ist die Motivations- bzw. Sanktionsfunktion, bei schneller Reaktion auf Preisänderung werden die Unternehmen belohnt und die, die langsam bzw. nicht reagieren werden durch den Markt sanktioniert.27

Die Verbraucherverhaltenstheorie erklärt, die von den Konsumenten vorgenom- mene Aufteilung ihrer Einkommen auf verschiedene Güter und Dienstleistungen zur Maximierung ihrer Befriedigung. Das Verhalten wird in drei Phasen beschrie- ben. Die erste Phase ist die Konsumentenpräferenz, das bedeutet, dass gewisse Güter oder eine Kombination aus mehreren Gütern für den Haushalt einen höhe- ren Nutzen haben als andere. Die zweite Phase ist die Budgetbeschränkung, die Entscheidungen eines Konsumenten beruhen auch auf dem Budget, was in Geld- einheiten oder einer Menge von Güterbündeln angegeben wird, die sich ein Haushalt leisten kann.

Die letzte Phase ist die Verbraucherentscheidung, Konsumenten entscheiden sich bei gegebenen Präferenzen und begrenztem Budget für den Kauf von Kombinationen von Gütern die ihre Befriedigung maximieren.28 Da ein Gut eine Art Bedürfnisbefriedigungspotential besitzt, empfindet der Haushalt durch den Verbrauch einen individuellen Nutzen. Je besser die Bedürfnisse befriedigt werden, desto höher ist der Nutzen.29 Dieses Verhältnis zwischen der Menge der konsumierten Güter und deren Nutzen wird durch eine Nutzenfunktion dargestellt.30

Zusätzlich beschäftigt sich die Mikroökonomie in den letzten Jahren auch in anderen Bereichen. Die Spieltheorie, die Verhaltenstheorie und die Institutionenökonomik. Diese Theorien haben für die Mikroökonomie neue Ansätze gebildet und die klassischen Ansätze ergänzt. In der Spieltheorie, versuchen Ökonomen die strategischen Wechselbeziehungen der Markteilnehmer systematisch zu analysieren und darzulegen, welche Ergebnisse sich in Situationen ergeben wenn bei abgestimmten oder nicht abgestimmten Verhaltens von Akteuren ihre Informationen unsicher bzw. sicher ist. In der Verhaltensökonomik kombinieren Ökonomen Psychologie und Volkswirtschaft um ein neues Verständnis über die Auswahlentscheidung eines Menschen zu gewinnen. Sie besagen, dass die Entscheidungen eines Menschen häufiger durch einfachen Heuristiken getroffen werden. Das bedeutet, er entscheidet nach subjektiver Erfahrung und gewöhnlichen Verhaltensweisen.

Die Institutionenökonomik, behandelt die Korrelation zwischen den Institutionen der Gesellschaft und der Wirtschaft. Zu beachten ist dabei, dass sie nicht mit der neuen Institutionsökonomik vergleichbar ist. Die Neue befasst sich mit der Wir- kung der Institutionen auf die Wirtschaftseinheiten und welche Regelungen und welcher institutionalisierter Abstimmungsmechanismus bei Wirtschaften zu beachten sind. Unternehmen die aufgrund von Informations- und Transaktionskosten ihrer wirtschaftlichen Fragestellung intern regeln anstatt sie an anderen Unternehmen zu übertragen31.

Die zweite Ebene, die Makroökonomie, die für die Bauwirtschaft wichtig ist, hat das Ziel, Informationen über gesamtwirtschaftliche Aggregate zu erlangen. Wie schon erwähnt sind gesamtwirtschaftliche Aggregate z.B. das Bruttoinlandspro- dukt, die Inflationsrate, Arbeitslosenquote u.Ä. Weitere Teilbereiche in der Mak- roökonomie sind Konjunktur, Wachstum und Einkommens- und Beschäftigungs- theorie. Die Konjunktur beschreibt die wirtschaftliche Lage eines Landes durch das Ungleichgewicht von gesamtwirtschaftlichen Angebot und Nachfrage, dem- zufolge entwickelt sich die Wirtschaft nicht gleichmäßig sondern in Zyklen. Die wichtigsten Indikatoren für die Bemessung der Konjunktur sind das BIP und für die Bauwirtschaft die Bauinvestitionen.

Es gibt vier Phasen der Konjunkturzyklus: Expansion, Hochkonjunktur, Rezession und Depression/ Krise. Das Wachstum beschreibt die Zunahme einer volkswirtschaftlichen Größe zum Vorjahr und wird im Gegensatz zur Konjunktur eher langfristig betrachtet.32 Außerdem kann man aus dem Wachstum einer Wirtschaft ihren Wohlstand herausdeuten, denn Länder mit hohen Wachstumsraten sind die wohlhabenden Länder.33 Folglich dient die makroökonomische Analyse als theoretische Begründung der Wirtschaftspolitik. Durch die Analysen und rechtzeitigen Untersuchungen der Ursachen und Einflussfaktoren, werden ursachengerechte Maßnahmen zur Verhinderung von Fehlentwicklungen hergeleitet bzw. wirtschafts-politische Maßnahmen eingeleitet.34

Die Makroökonomie an sich, setzte sich erst spät als eigenständige Methode durch die Analysen von John Maynard Keynes durch. Sein Hauptwerk General Theory oder Employment, Interest and Money von 1936 stellte die Makroökono- mie weitgehend in den Vordergrund.35 Die für die Bauwirtschaft wichtigen Aggre- gate sind die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, das BIP, die Bruttowertschöpfung und die Beschäftigung, die in den weiteren Abschnitten erläutert werden. Ein wichtiges Modell für die Makroökonomie ist die Kreislaufanalyse, sie stellt wesentliche Güter- und Geldströme zwischen den Wirtschaftseinheiten einer Volkswirtschaft dar. Dabei werden die Wirtschaftseinheiten in Sektoren zusammengefasst, die möglichst die gleiche Art von Transaktionen durchführen.36

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Vereinfachte Kreislaufanalyse

(Quelle: Eigene Darstellung nach Anlehnung an Cezanne, W. (2005), S.242)

In der Abbildung 4 wird eine einfache Kreislaufanalyse gezeigt, die eine geschlos- sene Volkswirtschaft darstellt. Zu erkennen ist, dass was aus den Sektoren raus- fließt, fließt auch wieder in die Sektoren rein. Der Haushalt gibt dem Unternehmen den Produktionsfaktor Arbeit und dieser bekommt dafür das Einkommen. Das Unternehmen stellt mit dem Produktionsfaktor Arbeit Waren bzw. Dienstleistungen her, welches der Haushalt konsumiert. Will man eine umfassende offene Volks- wirtschaft abbilden, müssen zusätzliche Sektoren wie Staat, Ausland und Vermö- gensbildung miteinbezogen werden.37 Der Wirtschaftskreislauf ist außerdem eine Grundlage für die Aufstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

2.5.1 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Bruttoinlandsprodukt

Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung stellt ein statistisches Werk mit mehre- ren Teilrechnungen dar und ist ein Teilgebiet der Makroökonomie. Im Zentrum steht dabei die Entstehung, Verteilung und Verwendung des Bruttoinlandsprodukt und des Bruttonationaleinkommens der vergangenen Periode.

[...]


1 Zit. nach Rußig, V.; Deutsch, S.; Spillner, A. (1996), S.11

2 Vgl. Berner, B.; Kochendorfer, B.; Schach R. (2007), S.1

3 Vgl. Möller, D.; Kalusche, W. (2013), S.29

4 Vgl. Mantscheff, J.; Helbig, W. (2004), Teil 2, S.13

5 Vgl. Statistisches Bundesamt, ( 2003), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Verzeichnis/KlassifikationWZ03_3100100089004.pdf?__ blob=publicationFile, S.317 ff.

6 Vgl. Statistisches Bundesamt (2008), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Verzeichnis/KlassifikationWZ08_3100100089004.pdf?__ blob=publicationFile, S.104

7 Vgl. Statistisches Bundesamt (2008), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Verzeichnis/KlassifikationWZ08_3100100089004.pdf?__ blob=publicationFile, S.1

8 Zit. Nach Samuelson/ Nordhaus (2005), S.20

9 Vgl. Cezanne, W. (2005),S.3

10 Zit. nach Lachmann W. ( 2006), S.9

11 Vgl. Möller, D.; Kalusche, W.(2007), S.11

12 Vgl. Schulte, K.(2008), S.7

13 Vgl. Cezanne, W. (2005), S.4

14 Vgl. Schulte, K. (2008), S.4

15 Vgl. Cezanne, W. ( 2005), S.237

16 Vgl. Dornbusch, R.; Fischer, S. (1992), S.1

17 Vgl. Cezanne, W.( 2005), S.20ff

18 Vgl. Peters, H. (2000), S.3

19 Vgl. Bontrup, H.(2004),S.628

20 Vgl. Wildmann L. (2010), S.112

21 Vgl. Brümmerhoff, D. (2007) b, S.1

22 Vgl. Stiglitz, J.; Walsh, C. (2010), S.19

23 Vgl. Kampmann, R.; Walter, J. (2010),S.37

24 Vgl. Cezanne, W. (2005), S.156

25 Vgl. Wildmann, L. (2010),S.128

26 Vgl. Schulte, K.(2008), S.7

27 Vgl. Baßeler, U.; Heinrich, J.; Utrecht, B.(2002), S.186f

28 Vgl. Pyndyck R.; Rubinfeld D.(2009), S.105

29 Vgl. Cezanne, W. (2005), S. 84

30 Vgl. Wiese H.(2010), S.21

31 Vgl. Natrop, J. (2012), S.7f

32 Vgl. Wildmann, L. (2011), S.78ff

33 Vgl. Wildmann, L. (2011), S. 94

34 Vgl. Kampmann, R.; Walter J. (2010), S.3

35 Vgl. Schaper, K. (2001) S. 14

36 Vgl. Cezanne, W. (2005), S.241f

37 Vgl. Ebd.

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft ab 1990. Eine Übersicht
Hochschule
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
62
Katalognummer
V311896
ISBN (eBook)
9783668108523
ISBN (Buch)
9783668108530
Dateigröße
1544 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bauwirtschaft, Bauökonomie, Wirtschaft
Arbeit zitieren
Ilknur Sahin (Autor:in), 2013, Die Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft ab 1990. Eine Übersicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311896

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