Wertorientierter Unterricht nach Klafki. Kinder als kritische Konsumenten

Mit Unterrichtsentwurf zu "Mensch und Umwelt" (Grundschule)


Hausarbeit, 2015

23 Seiten, Note: 1,0

Laura Smith (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Verbraucherbildung in der Schule - Kinder als kritische Konsumenten

2. Kritische Verbraucherbildung mithilfe der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis
2.1 Grundzüge der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis
2.1.1 Didaktische Analyse
2.1.2 Erweitertes Modell der didaktischen Analyse
2.1.3 Lernzielebenen
2.1.4 Epochaltypische Schlüsselprobleme
2.1.5 Der Allgemeinbildungsbegriff
2.2 Wertorientierter Unterricht
2.3 Unterrichtsplanung am Themenbereich Mensch und Umwelt
2.3.1 Legitimation der Unterrichtseinheit
2.3.2 Bedingungsanalyse
2.3.3 Begründungszusammenhang
2.3.4 Thematische und methodische Struktur
2.3.5 Kompetenzerwartungen
2.4 Unterrichtspraktische Erprobung

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Verbraucherbildung in der Schule - Kinder als kritische Konsu- menten

Seit vielen Jahren zeichnet sich in Deutschland der Trend ab, dass Kinder über immer mehr Taschengeld verfügen. Im Durchschnitt bekommen Kinder zwischen 6 und 9 Jahren nach der ǷKidsVerbraucherAnalyse“ 19,45 Euro Taschengeld. Hinzu kommen Geldzuwendungen an Weihnachten (80 Euro) und zum Geburtstag (durchschnittlich 64 Euro). 66% der Kinder bekommen hierzu noch Geldgeschenke bei Besuchen von Großeltern oder anderen Verwandten, 40% der Kinder werden für gute Schulnoten mit Geld belohnt und 23% der Kinder werden für Mitarbeit im Haushalt mit Geld ent- lohnt. Noch im Vorjahr bekamen Kinder zwischen 6 und 13 Jahren im Durchschnitt 40 Cent weniger Taschengeld. (Höhn, 2014, S.58)

Dadurch, dass Kinder immer mehr Geld zur Verfügung haben, geraten sie in das Visier von Unternehmen und Marketingfirmen, welche die Kinder an ihre Produkte binden wollen oder als potentielle Kunden anwerben wollen. 66% der Kinder geben an, ihr Geld normalerweise für Süßigkeiten, Kekse und Kaugummi auszugeben, 49% der Kinder geben an, sie geben ihr Geld normalerweise für Zeitschriften, Comics und Manga aus. (Höhn, 2014, S.58)

Gerade weil Kinder immer mehr als Konsumenten in der Marktwirtschaft wahrgenommen werden, ist es wichtig, an formellen Bildungsorten gewisse Verbraucherkompetenzen zu erlernen und die Kinder zu einem kritischen Konsumbewusstsein anzuregen. Dazu hat die Kultusministerkonferenz beschlossen, die Konsumkompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Themenbeispiele hierfür sind bewussten Umgang mit Geld, private Altersvorsorge, Mediennutzung, fairer Handel, gesunde Lebensführung sowie die Wertschätzung von Lebensmitteln und die Vermeidung von deren Verschwendung. Ein eigenes Fach für Verbraucherbildung sollte es allerdings nicht geben. (Becker, 2014, S.1)

Das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit ist beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit es möglich ist, mit der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis einen Unterrichtsentwurf über kritische Verbraucherbildung in der Schule zu erarbeiten und durchzuführen.

Um das Forschungsziel zu erreichen, werden zunächst grundlegende Konzepte vorge- stellt. Um einen Unterrichtsversuch realisieren zu können, bedarf es eines Didaktischen Konzeptes. Theoretischer Bezugspunkt der Arbeit ist die kritisch-konstruktive Didaktik Wolfgang Klafkis. Daher werden im Hauptteil zunächst die Grundzüge der kritisch-konstruktiven Didaktik Klafkis dargestellt. Im Fokus liegen hier die Didaktik, der Begriff der Allgemeinbildung und der Begriff der Werte. Im Anschluss daran wird ein Unterrichtsentwurf am Themenkomplex Mensch und Umwelt für die vierte Klasse skizziert und unterrichtspraktisch erprobt.

2. Kritische Verbraucherbildung mithilfe der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis

Bevor der Unterrichtsversuch geplant werden kann, bedarf es eines didaktischen Konstrukts, welches als konzeptueller Überbau dienen soll. Das Unterrichtsvorhaben soll nach den Grundzügen der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis ge- plant und durchgeführt werden. Im folgenden Abschnitt wird die Didaktik Klafkis dargestellt.

2.1 Grundzüge der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis

Wolfgang Klafki ist neben seinen Leistungen in der Didaktik auch als großer Bildungstheoretiker bekannt. Für die Zwecke dieser Hausarbeit werden aber nur skizzenartig die Grundideen Klafkis, welche Didaktik, Werte und Allgemeinbildung betreffen, angeführt. Diese Themen sind explizit für das Unterrichtsvorhaben relevant.

2.1.1 Didaktische Analyse

Klafki wollte anhand seines didaktischen Modells einen Weg aufzeigen, wie aus ei- nem Bildungsinhalt ein Bildungsgehalt entstehen kann. Deshalb entwickelte Klafki als Stütze und Erleichterung für diese Entscheidung das Modell der didaktischen Analy- se. Es handelt sich dabei um einen praxisnahen Leitfaden zur Unterrichtsvorberei- tung, der zeigen soll, ob der Unterrichtsinhalt im Sinne der kategorialen Bildung dazu geeignet Schülern Inhalte der Wirklichkeit zu erschließen und umgekehrt die Schüler für diese Inhalte empfänglich zu machen. Mit anderen Worten wird mithilfe der di- daktischen Analyse der Bildungsgehalt der vom Lehrplan vorgegebenen Bildungsin- halte freigelegt. Konkret geschieht dies auf der Basis fünf didaktischer Grundfragen, anhand derer eine begründete Auswahl von Unterrichtsinhalten erfolgen kann (vgl. Klafki, 1963b, S.135.).

Die erste Frage bezieht sich dabei auf die Exemplarität des Themas: Vor allem in An- betracht der Stofffülle ist es ein wichtiges Anliegen, nur diejenigen Inhalte auszuwäh- len, anhand derer das Allgemeine erschlossen werden kann. Der Grundgedanke des exemplarischen Lernens und Lehrens beruht daher auf der aktiven Erarbeitung all- gemeiner, weit reichender Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen, sowie des Er- fassens übergreifender Zusammenhänge, Gesetzmäßigkeiten und Strukturen. Klafki formuliert dazu die Frage: ǷWelchen größeren bzw. welchen allgemeinen Sinn- oder Sachzusammenhang vertritt und erschließt dieser Inhalt? Welches Urphänomen oder Grundprinzip, welches Gesetz, Kriterium, Problem, welche Methode, Technik oder Haltung lässt sich in der Auseinandersetzung mit ihm exemplarisch erfassen?“ (Klafki, 1963b, S.135.)

Die zweite Grundfrage soll ermitteln, ob der zu erschließende Gehalt überhaupt ein Moment in der gegenwärtigen Bildung der jungen Menschen sein kann und sein sollte. Klafki formuliert diese Frage nach der Gegenwartsbedeutung wie folgt: ǷWelche Bedeutung hat der betreffende Inhalt bzw. die an diesem Thema zu gewinnende Erfahrung, Erkenntnis, Fähigkeit oder Fertigkeit bereits im geistigen Leben der Kinder meiner Klasse, welche Bedeutung sollte er - vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen - darin haben?“ (Klafki, 1963b, S.136)

Der Lehrer soll demnach ermitteln, welche unmittelbare lebensdienliche, lebensprak- tische Bedeutung der Lerngegenstand jetzt für die Schüler besitzt. Dabei soll sich der pädagogische Begleiter darüber Gedanken machen, ob das gewählte Thema bereits durch Fragen der Schüler aufgeworfen worden ist und damit eng verbunden bereits Interesse daran besteht; andernfalls sollte die Lehrperson das Thema erst in den Fra- gehorizont der Schüler bringen. Bei diesem Teil der Didaktischen Analyse sollte es ebenso ein wichtiges Anliegen sein herauszufinden, wie es bei dem Thema um das Vorwissen der Schüler steht: Dabei ist zu thematisieren, ob die Schüler bereits durch außerschulische Erfahrungen mit diesem Thema vertraut sind oder nicht. Zusam- menfassend lässt sich sagen, dass das Ziel dieser Grundfrage ein lebensweltorientier- ter Unterricht ist, der bei der unmittelbaren Umwelt der Kinder anknüpft. Schließlich kann das Kind nur durch Inhalte gebildet werden, zu denen es auch einen Bezug hat bzw. diesen Bezug herstellen kann (vgl. Klafki, 1963b, S.136.).

Doch nicht nur für den jetzigen Zeitpunkt, sondern auch für die Zukunft der Lernen- den soll der Lerninhalt Bedeutung haben. Der Lehrer soll sich an dieser Stelle fragen, ob der Inhalt eine lebendige Stellung im Leben der Kinder/ Jugendlichen, in das sie hineinwachsen haben oder ob sich begründen lässt, dass er sie erhalten wird. Der Sinn des jeweiligen Themas im späteren Leben der Kinder kann dabei sehr vielseitig sein: Zum einen können die an diesem Gegenstand zu gewinnende Erfahrung eine notwendige Voraussetzung für den weiteren Bildungsweg und für die künftige Be- rufsausbildung der Schüler sein. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich die Bedeu- tung für die Kinder auf den außerschulischen Bereich bezieht: Beispielsweise können die am Lerngengenstand zu gewinnenden Erkenntnisse eine notwendige Vorausset- zung für die Bewältigung jener Aufgaben, denen die Schüler künftig in der Gesell- schaft und in der modernen Arbeitswelt ausgesetzt sein werden. Wichtig an dieser Stelle ist, dass der Lehrer versucht herauszufinden, ob die Lernenden sich darüber bewusst sind, was der Stoff für ihre Zukunft bedeuten kann (Klafki, 1963b, S.137).

Erst wenn ein Unterrichtsinhalt in den ersten drei pädagogischen Dimensionen (exemplarische, gegenwärtige und zukünftige Bedeutung) betrachtet wurde, hat nach Klafki die klassische Sachanalyse, die Analyse der Struktur des Inhalts, ihre Berechti- gung (Klafki, 1963b, S.137-138). Hierfür formuliert Klafki die Frage: ǷWelches ist die Struktur des (durch die Frage I, II und III in die spezifisch pädagogisches Sicht) ge- rückten Inhalt?“ (Klafki, 1963b, S.137) Aus dem Blickwinkel von Bildung stehen die pädagogischen Aspekte (die ersten drei Fragen betreffend) im Unterricht nicht neben den Sachgesichtspunkten (die letzten zwei didaktischen Grundfragen), vielmehr lei- ten sie die Sachfragen an. Klafki bildet hier also eine Rangfolge. Die didaktische Grundfrage bezieht sich dabei allgemein auf Vorüberlegungen für das Grobkonzept des Lehrers. Mit anderen Worten will Klafki mit dieser Strukturfrage den Lehrer zu einer Ƿvorpädagogischen ‚Sachanalyse‘“ (Klafki, 1963b, S.137.) anleiten. Dazu zählt zum einen die Teilfrage, in welchem größeren Sinn- oder Sachzusammenhang der Unterrichtsgegenstand steht: Strukturschemata können u.a. logische oder Kausalzu- sammenhänge sein, die eine bestimmte Folge von Aneignungsschritten zwingend er- fordern, oder aber faktische Wirkungszusammenhänge zwischen relativ selbstständi- gen Momenten, deren Betrachtung nicht eindeutig an eine bestimmte Reihenfolge gebunden sind. Die Beschäftigung mit dieser Frage liefert wiederum Informationen darüber, wie die Unterrichtssequenz aufgebaut sein muss. Beispielsweise muss sich der Lehrer darüber Gedanken machen, was er in der eigentlichen Stunde thematisiert, welche Vorinformationen dieser Stunde zwingend vorausgegangen sein müssen und welche Inhalte im Laufe der nächsten Wochen daran anknüpfen und auf den bereits erworbenen Wissen aufbauen.

Als letzte Dimension wird die Zugänglichkeit bedacht: ǷWelches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche, Personen, Ereignisse, Formelemente, in o- der an denen die Struktur des jeweiligen Inhaltes den Kindern dieser Bildungsstufe, dieser Klasse interessant, fragwürdig, zugänglich, begreiflich, ‚anschaulich‘ werden kann?“ (Klafki, 1963, S.140.) Hier geht es um das pragmatische Geschäft des Lehrers. Wie gelingt es ihm, einen Unterrichtsinhalt so anschaulich und fassbar zu machen, dass er in Fragehorizont und -verständnis von Kindern passt? Inhaltliche und unter- richtsmethodische Perspektiven vermischen sich und können vom Lehrer unter- schiedlich berücksichtigt werden.

Der Ansatz von Klafki reicht allerdings nicht aus, um Bildungsziele wie Mündigkeit und Kritikfähigkeit zu erreichen. Daher ist allein dieser Ansatz ungenügend, um an- hand dieser didaktischen Überlegungen den Unterrichtsversuch zu planen. Klafki er- kannte dies auch und erweiterte sein Strukturmodell zur didaktischen Analyse.

2.1.2 Erweitertes Modell der Didaktischen Analyse

Aufgrund von Kritik aus verschiedenen Lagern musste das Strukturmodell Klafkis erweitert werden. Aus politisch-gesellschaftlicher Sicht war das Modell zu reaktionär, weil es die gesellschaftlichen Verhältnisse stabilisierte, die Sozialwissenschaft kriti- sierte, das Modell ignoriere die Lebenswirklichkeit der Kinder. Aus didaktischer Sicht ist es nicht möglich, klare Lernziele zu formulieren und aus unterrichtspraktisch war zu kritisieren, dass die Methoden vernachlässigt wurden. Das erweiterte Perspektiv- schema zur Unterrichtsplanung (Abb.1) integriert weitere Aspekte: Bei dem Schema ist es wichtig, dass die Leserichtung von oben nach unten geht. Am Beginn der Unter- richtsplanung steht somit die Bedingungsanalyse. Nach Gudjons (2012) bestimmt die Bedingungsanalyse, welche Ausgangsbedingungen bei den Lernenden vorzufinden sind, welche soziokulturellen Voraussetzungen zu erwarten sind. Auch das Alter der Lernenden, sowie Motivation und Lernbestand spielen eine Rolle.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Wertorientierter Unterricht nach Klafki. Kinder als kritische Konsumenten
Untertitel
Mit Unterrichtsentwurf zu "Mensch und Umwelt" (Grundschule)
Hochschule
Universität Passau
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
23
Katalognummer
V311615
ISBN (eBook)
9783668107809
ISBN (Buch)
9783668107816
Dateigröße
1326 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klafki, Verbraucherbildung, kritisch-konstruktive Didaktik, Mensch und Umwelt
Arbeit zitieren
Laura Smith (Autor:in), 2015, Wertorientierter Unterricht nach Klafki. Kinder als kritische Konsumenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311615

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