Bildet das bipolare Mehrparteiensystem die Parteienlandschaft in Deutschland noch richtig ab?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Die verschiedenen existierenden Parteiensysteme

3. Entwicklung des deutschen Parteiensystems seit 1949
3.1 Grobe, historische Zusammenfassung
3.2 Das Verhältnis der beiden großen Parteien zueinander
3.3 Die sinkenden Mitgliederzahlen der großen Parteien
3.4 Die Bedeutung der Nichtwähler
3.5 Ein Exkurs auf die Landesebene

4. Mögliche Gründe für die Veränderungen im deutschen Parteiensystem

5. Begriffliche Einordnung des deutschen Parteiensystem anhand der eigenen

Entwicklung und von Vergleichen mit den Parteiensystemen der USA und der

Weimarer Republik

6. Fazit

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mitgliederzahlen der CDU und SPD seit 1990

Abbildung 2: Verdeutlichung des prozentualen Anteils erhaltener Stimmen der unterschiedlichen Parteien durch alle Wahlbeteiligten von 1949 bis 2013

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 : Ergebnisse der Bundestagswahlen von 1949 bis 2013

Tabelle 2: Vergleich, über die prozentuale Stimmverteilung und den prozentualen tatsächlichen Anteil der Sitze im Bundestag zwischen links- und rechtsorientierten Parteien in Deutschland zwischen 1949-2013

Tabelle 3:Überblick, über die Verteilung der Sitze zwischen CDU/CSU und SPD von 19949 bis 2013

Tabelle 4: Mitgliederzahlen der Linken, Grünen, Piraten, FDP und AfD zwischen 1990 bis 2013

Tabelle 5: Überblick über den prozentualen Anteil der erhaltenen Stimmen und der erhaltenen Sitze der beiden großen Parteien in den USA

Tabelle 6: Überblick über die Wahlergebnisse der Weimarer Republik von 1918 bis 1933 .

Tabelle 7: Der prozentuale Anteil der erhaltenen Stimmen der beiden großen Parteien im Vergleich zu dem prozentualen Anteil erhaltener Stimmen der kleineren Parteien

1. Einleitung

In den vergangenen Wahljahren gab es besonders durch den Einzug der Grünen in den Bundestag im Jahr 1983 und den Einzug der Linken im Jahr 1998 immer deutlicher auftretende Veränderungen in der deutschen Parteienlandschaft. Inwieweit der Eintritt neuer kleinerer Parteien die Rolle der beiden großen Parteien CDU/CSU und SPD beeinflusst und dadurch die deutsche Parteienlandschaft umstrukturiert, beziehungsweise gar das Parteiensystem weg vom jahrelang anhaltenden bipolaren Mehrparteiensystem verändert, soll in der folgenden Arbeit untersucht werden.

Eine logische Konsequenz des Erstarkens neuer Parteien, ist die Schwächung bereits existierender Parteien. Besonders seit den Wahlergebnissen im Jahr 2009, als die SPD ihr schlechtestes Wahlergebnis und die CDU/CSU ihr zweitschlechtestes Ergebnis erleben mussten und beide Parteien mit nur 61,9% kumulativ ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren haben, scheint die Frage mehr als berechtigt, ob die beiden großen Parteien ihre jeweiligen polaren Position weiterhin halten können.

Um diese Fragestellung vollständig beantworten zu können, bedarf es einer Vielzahl an Untersuchungen unterschiedlicher Wirkungszusammenhänge, auf welche in dieser Arbeit nicht vollständig im Detail eingegangen werden kann. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Darstellung ausgewählter Veränderungen im deutschen Parteiensystem, die auf den ersten Blick nicht immer sichtbar sind. Ebenfalls beschäftigt sich diese Arbeit mit den möglichen Gründen für diese Veränderungen. Anhand von verschiedenen Vergleichen wird schlussfolgernd versucht, eine Einschätzung darüber zu geben, ob das bipolare Mehrparteiensystem die deutsche Parteienlandschaft noch richtig abbildet. Der betrachtete Zeitraum für diese Untersuchung wird auf die Jahre 1949 bis 2013 eingeschränkt, wobei ein besonderer Fokus auf die letzten sieben Wahljahre zwischen 1990 bis 2013 gelegt wird. In der Arbeit wird der Parteiname „die Grünen“ als Bezeichnung für den Zusammenschluss des Bündnis 90 und der Grünen verwendet, sowie der aktuelle Parteiname „die Linke“ für die ehemalige SED bzw. PDS genutzt wird. Ebenfalls werden die Parteien der CSU und CDU in dieser Arbeit als Union zusammengefasst und als eine der beiden großen Parteien angesehen, da sie auf Bundesebene als Vereinigung angesehen werden.

Um die Entwicklung des deutschen Parteiensystems besser beleuchten und die aktuelle deutsche Parteienlandschaft besser einordnen und definieren zu können, sollen zunächst einmal die verschiedenen existierenden Parteiensysteme benannt und erklärt werden, um dann in die Untersuchungen der Entwicklung des deutschen Parteiensystems überzugehen.

2. Die verschiedenen existierenden Parteiensysteme

Das Einparteiensystem bezeichnet ein politisches System, in dem keine Oppositionspartei oder mehrere Oppositionsparteien zugelassen werden. Diese oft sogenannte Einheitspartei ist in der Regel „Staatspartei (beispielsweise in autoritär geführten Entwicklungsländern) und einer bestimmten Ideologie verpflichtet (beispielsweise die NSDAP während des Nationalsozialismus, die KPdSU in der Sowjetunion).“1 Ein derartiges Einparteiensystem kann heute nur in der Volksrepublik China, in Eritrea, Kuba, Laos, Nordkorea, Turkmenistan, Vietnam und in der Westsahara gefunden werden und wird in Deutschland vom Grundgesetz (Art. 21) ausgeschlossen. In Deutschland gilt stattdessen das Mehrparteienprinzip, welches im Folgenden näher erläutert wird.2

Eine weitere mögliche Staatsform ist das Zweiparteiensystem, in dem „nur zwei große Parteien (als Regierungs- und als Oppositionspartei) vorkommen,“3 also nur zwei Parteien starken politischen Einfluss haben und über die politische Entwicklung eines Landes entscheidend bestimmen. Verschiedene Merkmale weisen auf ein derartiges Zweiparteiensystem hin: Beide der zwei großen Parteien sind in der Lage, eine absolute Mehrheit der Sitze im Parlament zu erreichen und sind dazu bereit, alleine zu regieren. Zudem kann bei allgemeinen Wahlen nur eine der beiden Parteien die parlamentarische Mehrheit erreichen und hierbei ist es sehr wahrscheinlich, dass die Macht zwischen diesen beiden Parteien im Laufe der Zeit immer wieder durch Wahlen wechselt. Im Zweiparteiensystem besteht außerdem eine Tendenz der beiden Parteiprogramme hin zur politischen Mitte, um den Medianwähler zu erreichen. Hierbei wird an die Eisverkäufer-am-Strand-Problematik der Spieltheorie erinnert.4 Besonders in den USA und in Großbritannien ist aufgrund des Mehrheitswahlrechts von einem Zweiparteiensystem die Rede.

Sobald im Gegensatz zum Einparteiensystem zumindest potentiell mehrere Parteien an der Regierung beteiligt sind und über die politische Entwicklung eines Landes bestimmen können oder die Opposition bilden, wird von einem Mehrparteiensystem gesprochen. Das Zweieinhalbparteiensystem wird zu den Mehrparteiensystemen gezählt, da zwar wie im Zweiparteiensystem hauptsächlich zwei große Parteien gegeneinander antreten und jeweils eine der beiden großen Parteien die Macht für sich gewinnen kann, die Regierungsbildung jedoch ausschlaggebend von einer dritten kleineren Partei abhängig ist. In Deutschland war dies, durch die zwei großen Parteien CDU/CSU und SPD, sowie der kleineren dritten Partei FDP lange Zeit der Fall, bis 1983 die Grünen an Macht gewannen.

Ein bipolares Mehrparteiensystem ist, ähnlich wie im Zweiparteiensystem „durch ein Gegenüber zweier großer Blöcke gekennzeichnet, welche sich in gewisser Regelmäßigkeit in der Regierung abwechseln“5 und, im Gegensatz zum Zweiparteiensystem, mit unterschiedlichen Koalitionen die Regierung bilden. Es existiert also mehr als nur eine dritte, einflussreiche, kleinere Partei, wie es in Deutschland seit dem Erstarken der Grünen 1983 der Fall ist. Daher wird davon ausgegangen, dass in Deutschland ein bipolares Mehrparteiensystem vorherrscht. Ob dies tatsächlich heute noch der Fall ist, wird im Folgenden erarbeitet und diskutiert.

Außerdem gibt es noch die Möglichkeit einer Parteienlandschaft, die aus drei oder mehr ungefähr gleichmächtigen Parteien besteht, welche sich oftmals nicht nur an zwei Polen bewegen (links-rechts), sondern ein ganzes Spektrum an Strömungen abdecken, die nicht links oder rechts zuzuordnen sind, sondern die häufig nur einzelne Wählerinteressen abdecken. In diesem System kommt es meist zu einer Mehrparteien- oder Koalitionsregierung oder in stark zersplitterten Parteiensystemen kann es gegebenenfalls zu Minderheitsregierungen kommen. Ein derartiges Parteiensystem wird als multimodales Mehroder sogar Vielparteiensystem bezeichnet.

3. Entwicklung des deutschen Parteiensystems seit 1949

Wenn man Deutschlands Parteiensysteme der letzten sechsundsechzig Jahre betrachtet, also seit 1949, wird schnell deutlich, dass es zwar keine drastischen, aber doch einige Veränderungen über diesen Zeitraum hinweg gab und verschiedene Phasen unterschiedlicher Parteiensysteme ausgemacht werden können, welche im Folgenden näher beleuchtet werden.

3.1 Grobe, historische Zusammenfassung

Die erste Phase der Unterteilung der Entwicklung des deutschen Parteiensystems liegt in dem Zeitraum von 1949 bis 1961. In dieser Zeit kann ein bipolares Mehrparteiensystem festgestellt werden, dass nicht komplett konfliktfrei war, da es vorerst aus einer hohen Anzahl an Parteien zusammengesetzt wurde und an die Zersplitterung zu Zeiten der Weimarer Republik erinnerte.6 „So waren bei der ersten Bundestagswahl 1949 neun Fraktionen im Bundestag vertreten. Dieses zunächst vorliegende Vielparteiensystem setzte sich aus den traditionellen

Parteifamilien, aus einigen Regionalparteien, wie der BP und DP, sowie einiger Interessenverbände zusammen.“7 Diese hohe Anzahl an Parteien nahm jedoch bald, unter anderem durch die Fraktionsgemeinschaft der CDU und CSU, die bis Mitte der 1960er Jahre einige kleine Parteien aufsaugte, wieder ab. Durch die Wahlerfolge der großen Parteien, die 1953 eingeführte Fünfprozent-Sperrklausel und die Parteiverbote der SRP und KPD konnte die Anzahl der Parteien ebenfalls stark reduziert werden.

So kam es zwischen 1961 bis 1983 zu einem oben bereits erläuterten Zweieinhalbparteiensystem. Wie in der unten abgebildeten Tabelle 1 schnell erkennbar ist, lag in diesem Zeitraum „das Monopol der parlamentarischen Vertretung bei der CDU/CSU, SPD und FDP. Der FDP kam in dieser Zeit eine Schlüsselrolle zu, da sie sowohl inhaltlich als auch quantitativ ein Koalitionspartner für beide Parteien darstellte.“8

Die nächste Veränderung brachte 1983 der Einzug der Grünen in den Bundestag. Somit gewann seit zweiundzwanzig Jahren zum ersten Mal eine vierte Partei an politischer Macht und theoretisch ergaben sich neue und mehr Koalitionsoptionen. Tatsächlich fand allerdings eine Blockbildung im Parteiensystem statt9 und indem die FDP weiter nach rechts rückte und somit sicherer Koalitionspartner der CDU/CSU wurde, während die Grünen links einzuordnen sind und sich somit jeher als Koalitionspartner der SPD anbieten. Durch den Einzug der Grünen war die Ära des Zweieinhalbparteiensystems beendet und durch die deutsche Einheit 1990 kam die Linke, damals sogenannte PDS als neue Partei hinzu, die seitdem, auch wenn anfangs nur durch Überhangsmandate, im Bundestag vertreten ist und 1998 zum ersten mal ohne die Hilfe von Überhangsmandaten in den Bundestag einzog.

Eine große Veränderung brachte die Bundestagswahl 2013: Die FDP konnte erstmals seit 1949 die Fünfprozent-Sperrklausel nicht übertreten und ist somit momentan nicht mehr im Bundestag vertreten. Dies ist auf den ersten Blick die auffälligste Veränderung der vergangenen Wahlperioden, doch auf den zweiten Blick lassen sich einige weitere Veränderungen erkennen, die nicht ganz unbedeutend scheinen.

Um diese grobe, historische Zusammenfassung besser nachvollziehen zu können und um einen besseren Überblick über die Veränderungen, die auf den ersten Blick deutlich werden, zu bekommen, bildet die folgende Tabelle 1 die Wahlergebnisse der letzten 18 Wahljahre ab.

Tabelle 1 : Ergebnisse der Bundestagswahlen von 1949 bis 2013

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf: Der Bundeswahlleiter (2013)

Besonders die in der Tabelle 1 unterstrichenen Werte scheinen auf bestimmte Veränderungen hinzuweisen bzw. bestimmte hintergründige Veränderungen zum Ausdruck zu bringen. Welche diese hintergründigen Veränderungen sein könnten, die rein durch das Betrachten der Wahlergebnisse nicht deutlich werden, sollen im Folgenden näher erarbeitet werden.

3.2 Das Verhältnis der beiden großen Parteien zueinander

Wenn man Tabelle 2 betrachtet, wird schnell erkennbar, dass, trotz einer rechtsschiefen Verteilung der klassischen politischen Lager in Deutschland, die linksorientierten Parteien, abgesehen von einigen Schwankungen, den generellen linken Block aufrechterhalten können und die durchschnittliche linksorientierte Wählerschaft von 46,2% bis heute halten können. Die Fünfprozent-Sperrklausel verhalf den linksorientierten Parteien im Jahr 2013 außerdem, trotz geringerer prozentualer Anzahl linksorientierter Wähler, mit 320 Sitzen 50,7% der Sitze im Bundestag zu erreichen.

[...]


1 Bundeszentrale für politische Bildung (Datum unbekannt).

2 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (15.12.2009).

3 Universal-Lexikon (2012).

4 Vgl. Academic Dictionaries and Encyclopedias (Datum unbekannt).

5 Wirsching (2012), S. 319.

6 Vgl. Bertz (2014), S. 23.

7 Bertz (2014), S. 23.

8 Bertz (2014), S. 22.

9 Vgl. Rudzio (2003), S. 126.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Bildet das bipolare Mehrparteiensystem die Parteienlandschaft in Deutschland noch richtig ab?
Hochschule
Andrássy Gyula Budapesti Német Nyelvü Egyetem
Veranstaltung
Finanzwissenschaft
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
22
Katalognummer
V311498
ISBN (eBook)
9783668101913
ISBN (Buch)
9783668101920
Dateigröße
1115 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parteienlandschaft, Parteiensystem
Arbeit zitieren
Lilian Merks (Autor:in), 2015, Bildet das bipolare Mehrparteiensystem die Parteienlandschaft in Deutschland noch richtig ab?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311498

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