Im Schwebenzustand zwischen Krieg und Frieden. "Die neuen Kriege" von Herfried Münkler

Eine Analyse


Hausarbeit, 2015

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Art der Kriege: Zwischenstaatliche vs. Innerstaatliche und Transnationale Kriege
2.1 Münklers These
2.2 Eigene Beurteilung

3. Kriegsführende: Staat vs. Warlords, Terroristen, Söldner und Kindersoldaten
3.1 Münklers These
3.2 Eigene Beurteilung

4. Ort der Austragung: Schlachtfeld vs. Überall
4.1 Münklers These
4.2 Eigene Beurteilung

5. Opfer: Kombattanten vs. Zivilbevölkerung
5.1 Münklers These
5.2 Eigene Beurteilung

6. Einfluss der Globalisierung auf die „Neuen Kriege“
6.1 Münklers These
6.2 Eigene Beurteilung

7. Kriegsdefinition
7.1 Münklers Kriegsdefinition
7.2 Eigene Beurteilung

Fazit

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Liste von Zwischenstaatlichen und Innerstaatlichen Kriegen im letzten Jahrhundert

Abbildung 2: Anzahl der Zwischen- und innerstaatlichen Konflikte weltweit im Jahr 2011

Abbildung 3: Weltkarte der aktuellen Kriege und bewaffneten Konflikte

Abbildung 4: Verteilung aller Konflikte weltweit im Jahr 2011

Abbildung 5: IS Soldat

Abbildung 6: Verwundetes Baby in Aleppo, 2012

Abbildung 7: Kinder im Syrienkrieg, 2014

Abbildung 8: Vergleich der Zwischenstaatlichen Kriege, Alten Bürgerkriege und Neuen Kriege von Schimmelfennig im Jahr 2013

1. Einleitung

Herfried Münklers Werk „Die Neuen Kriege“ wurde erstmalig 2002 veröffentlicht und setzt durch seine neuen Auflagen bis heute Maßstäbe in der Forschung bezüglich der Veränderung der Kriege. Münkler ist ein deutscher Politikwissenschaftler, der derzeitig an der Humboldt Universität zu Berlin als Professor lehrt. Er veröffentlichte bereits zahlreiche Werke und Monographien zur politischen Ideengeschichte sowie zur Theorie des Krieges. In seinem Werk „Die Neuen Kriege“ erklärt er, inwiefern der klassische Staatenkrieg zu einem Auslaufmodell geworden zu sein scheint und durch die sogenannten „Neuen Kriege“ ersetzt wurde. Sein Weltbild scheint hierbei vom Realismus geprägt zu sein. Er definiert die Neuen Kriege, erläutert die historischen Ereignisse und Zusammenhänge anhand von Beispielen, die zu der heutigen Situation beigetragen haben und erklärt ausführlich die Ökonomie der Gewalt in den „Neuen Kriegen“, den internationalen Terrorismus sowie das Dilemma des Westens zwischen der Entscheidung militärisch zu intervenieren oder nicht. Seine Herangehensweise ist hierbei eher traditionell historisch als empirisch.

Im Folgenden soll auf die Thesen Münklers eingegangen werden und seine aufgelisteten Veränderungsmerkmale erläutert werden, welche laut ihm die „Neuen Kriege“ auszeichnen. Hierbei soll erörtert werden, inwieweit diese Veränderungsmerkmale wirklich neu sind und ob die Definition der „Neuen Kriege“ gerechtfertigt ist. Münkler geht in seinem Werk auf viele kleine Details ein, die sich in den Kriegen seiner Meinung nach verändert haben, die in dieser Arbeit jedoch nicht alle einzeln besprochen werden können. Übergeordnet sollen als wichtigste Veränderungsmerkmale die Veränderung in der Art der Kriege, der Kriegsführenden, dem Ort der Kriegsaustragung, die Veränderung in der Art der Opfer sowie der Einfluss der Globalisierung erörtert werden. Hierbei sollen zuerst Münklers Thesen bezüglich der Veränderungen aufgestellt werden und anschließend eine eigene Stellung diesbezüglich eingenommen werden.

2. Art der Kriege: Zwischenstaatliche vs. Innerstaatliche und Transnationale Kriege

Bei der Art eines Krieges kann zwischen einem zwischenstaatlichem Krieg, einem innerstaatlichen und einem transnationalen Krieg unterschieden werden. Wenn im allgemeinen Sprachgebrauch von Krieg die Rede ist, so meint man oft den klassischen Staatenkrieg der zwischen zwei oder mehreren Staaten ausgeführt wird, wie beispielsweise im ersten Weltkrieg, als auf der einen Seite das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich kämpften und auf der anderen Seite England, Frankreich, Russland und die USA. Weitere kleine Staaten schlossen sich den Bündnissen an, es war also ein internationaler Krieg zwischen Staaten.

2.1 Münklers These

Eine der wichtigsten Veränderungen in der Kriegsgeschichte der letzten Jahrzehnte sieht Münkler in der Art der Kriege. Diese Veränderung besteht laut ihm darin, dass heutzutage kaum noch zwischenstaatliche, sondern hauptsächlich innerstaatliche Kriege, also zumeist Bürgerkriege geführt werden. Diese Bürgerkriege haben seiner Meinung nach ein großes Potenzial sich flächenmäßig auszudehnen und sich in transnationale Kriege zu entwickeln. Es gibt außerdem im Gegensatz zu den klassischen Staatenkriegen, in denen der Krieg zumeist durch eine formelle Kriegserklärung begann und durch einen Friedensvertrag beendet wurde, weder einen datierten Anfang des Krieges noch ein datiertes Ende. Dies macht es heutzutage deutlich schwieriger in vielen Regionen differenziert zwischen Krieg und Frieden unterscheiden zu können, da der Krieg oft überall stattfindet im Gegensatz zu dem klassischen Schlachtfeld und er endlos scheint, da es selten zu einem erklärten Frieden, sondern höchstens zu friedlichen Phasen kommt laut Münkler. Die Staaten befinden sich also oft in einem Schwebezustand.

2.2 Eigene Beurteilung

Abbildung 1 zeigt eine Liste von ausgetragenen Kriegen des letzten Jahrhunderts in verschiedenen Zeiträumen.

Abbildung 1: Liste von zwischenstaatlichen und innerstaatlichen Kriegen im letzten Jahrhundert

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf: Universität Hamburg Online (2014)

Bei genauer Betrachtung wird schnell deutlich, dass die Anzahl der Bürgerkriege über das letzte Jahrhundert, besonders in dem letzten Jahrzehnt, sehr stark zugenommen hat, besonders im Vergleich zu der Anzahl der zwischenstaatlichen Kriege, die immer geringer geworden ist. Außerdem ist leicht beobachtbar, dass die Bürgerkriege eine starke Tendenz zeigen, deutlich länger als die zwischenstaatlichen Kriege zu dauern.

Die Abbildung 2 aus dem Jahr 2011 verdeutlicht außerdem, dass es zwar noch zwischenstaatliche Dispute gibt, es jedoch kaum bis gar nicht mehr zu zwischenstaatlichen gewaltsamen Auseinandersetzungen beziehungsweise zu Kriegen kommt. Die Anzahl der innerstaatlichen Konflikte ist vergleichsweise sehr hoch.

Abbildung 2: Anzahl der zwischen- und innerstaatlichen Konflikte weltweit im Jahr 2011

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Spiegel Online (25.02.2014)

Es lässt sich also festhalten, dass, genau wie Münkler es beschreibt, die innerstaatlichen Konflikte im Laufe des letzten Jahrhunderts in der Anzahl und im Verhältnis zu zwischenstaatlichen Konflikten stark zugenommen haben.

Wenn man „neu“ als etwas definiert, dass „erst seit Kurzem vorhanden oder bestehend ist oder erst vor kurzer Zeit entstanden ist und davor noch nicht da war oder jetzt anders als bisher ist“1, ist es jedoch fragwürdig, ob diese Entwicklung tatsächlich komplett neu ist. Laut Abbildung 1 ist zwar unschwer zu erkennen, dass es innerhalb des letzten Jahrhunderts eine neue Entwicklung zu sein scheint, betrachtet man jedoch einen größeren Zeitraum wird deutlich, dass es eher ein wiederkehrendes Phänomen zu sein scheint, dass die Anzahl der innerstaatlichen Kriege die Anzahl der Zwischenstaatlichen Kriege überwiegt und dass die Dauer dieser Konflikte tendenziell deutlich länger zu sein scheint. Dies wird zum Beispiel erkennbar, wenn man sich die Kriege des 15. Jahrhunderts anguckt. Hier fanden nicht nur die über 65 Jahre dauernden Italienkriege statt, sondern auch die Rosenkriege in England, die von 1455 bis 1487 knapp 32 Jahre dauerten und einige weitere Bürgerkriege.

Ein anderes Gegenbeispiel ist der 30-jährige Krieg, der nicht nur sehr lang andauerte, sondern bei dem ebenfalls nicht von einem klassischen zwischenstaatlichen Krieg gesprochen werden kann.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass das Phänomen der verhältnismäßig steigenden Anzahl der innerstaatlichen Kriege im Vergleich zu den klassischen zwischenstaatlichen Kriegen und die lange Dauer dieser Kriege bestätigt werden kann, jedoch nur, wenn man sich nur mit dem letzten Jahrhundert befasst. Sobald man einen größeren Zeitraum betrachtet wird deutlich, dass dieses Phänomen kein neues, sondern eher ein wiederkehrendes ist. Welche Gründe es für diese Veränderung geben könnte soll im Folgenden noch besprochen werden.

3. Kriegsführende: Staat vs. Warlords, Terroristen, Söldner und Kindersoldaten

Zur Entstehung eines Krieges braucht es immer mindestens einen Kriegsführenden. Dieser kann in Form eines Staates auftreten oder als privater Akteur. In den klassischen zwischenstaatlichen Kriegen traten zumeist zwei oder mehrere Staaten gegeneinander an. Man ging hier zumeist von einer Symmetrie der kriegsführenden Staaten aus, da es ansonsten irrational gewesen wäre, einen Krieg einzugehen.

3.1 Münklers These

Laut Münkler ist asymmetrische Kriegsführung ein weiteres Veränderungsmerkmal der „Neuen Kriege“. Dies liegt an den hohen Kosten eines zwischenstaatlichen Krieges. Seit dem 15., 16. Jahrhundert ist es den Staaten immer mehr gelungen, Krieg teurer werden zu lassen und somit privaten Akteuren die Kriegsführungsfähigkeit zu nehmen. Durch die technologische Entwicklung und weitere ökonomische Faktoren sind die Kriege allerdings heute so teuer geworden, dass sie sich selbst für die größten Staaten nicht mehr lohnen. Doch private Akteure haben es geschafft, Wege zu finden, auf billige Art und Weise Krieg zu führen, zum Beispiel durch Massaker oder Terroranschläge. „Der Staat hat sein Monopol als Kriegsgewalt verloren“2 und Warlords, Terroristen und Söldner sind nun die Hauptakteure, laut Münkler. Diese neuen Akteure tarnen sich oft als Freiheitskämpfer, um Legitimation zu gewinnen. Für sie ist Kriegsführung oft eine Art eigene Ökonomie. Münkler erwähnt an dieser Stelle die kleine Anekdote des Schriftstellers Franco Sacchetti aus dem 14. Jahrhundert: „Zwei Franziskaner begegneten (...) dem englischen Söldnerführer John Hawkwood (...). Sie grüßten (ihn) ihrer Gewohnheit entsprechend mit einem freudigen »Gott gebe euch Frieden, Monsignore!« und waren umso erschrockener, als Hawkwood ihnen mit einem trockenen »Gott nehme euch eure Almosen!« antwortete. Warum er ihnen solches wünsche, fragten sie furchtsam (...). »Wie könnt ihr glauben«, so die Antwort des Condottiere, »etwas Gutes zu sagen, die ihr zu mir kommt und sprecht, Gott möge mich verhungern lassen. Wisst ihr denn nicht, dass ich vom Krieg lebe und der Frieden mich ruinieren würde?«“3 Diese Anekdote versinnbildlicht die Kriegsökonomie der privaten Akteure schon im 14. Jahrhundert und diese Ökonomie zieht sich bis in die heutige Zeit durch. Durch den Wandel der Gewaltakteure tritt oft eine Privatisierung und ein damit zusammenhängender Staatszerfall ein. Dies ist gegensätzlich zu den vielen Staatenbildungen durch zwischenstaatliche Akteure, in denen die Staaten noch als alleinige Kriegsgewalt gehandelt haben.

Ein weiteres Phänomen ist die in den letzten Jahren und Kriegen stark angestiegene Anzahl der Kindersoldaten. Diese sind damit zu einem „zentralen Bestandteil der neuen Kriege geworden und tragen entscheidend zu deren Verbilligung bei.“4 Warum so viele Kinder- und Jugendliche Bestandteil der Kriege geworden sind hat unterschiedliche Gründe. In vielen Regionen, besonders in den wenig entwickelten oder sozial schwachen Gebieten dieser Welt ist es sehr einfach Kinder und Jugendliche für den Krieg zu motivieren. Ihnen wird ein einigermaßen gesicherter Lebensunterhalt versprochen, sowie die Aussicht auf Reputation und durch den Besitz eines eigenen Gewehrs auch Respekt, „auch wenn es schiere Angst ist, die als Respekt wahrgenommen wird.“5 In diesen Gebieten gibt es außerdem viele Waisen, die kaum eine andere Wahlmöglichkeit sehen, da sie weder Hoffnung auf Familie, eine Schulausbildung oder einen Job haben.

Münkler erläutert, das sich eines der wichtigsten Antriebsmomente der neuen Kriege „aus dem Zusammentreffen von struktureller Arbeitslosigkeit mit einem überproportional hohen Anteil von Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung“6 ergibt. In diesem Zusammenhang zitiert er Peter Scholl-Latour, der die Erläuterungen eines seiner afrikanischen Gesprächspartner widergibt: „Was kann denn einem zwölf- bis vierzehnjährigen Kindersoldaten, der sonst als Straßenjunge oder Gelegenheitsarbeiter vegetiert, Besseres passieren, als mit seiner Kalaschnikow die Erwachsenen zu terrorisieren und durch Blutvergießen seine Allmacht zu beweisen?“7

[...]


1 Bibliographisches Institut GmbH (2013).

2 Münkler (2014), S.33.

3 Münkler, (2014) , S. 91.

4 Münkler (2014), S. 138.

5 Münkler (2014), S. 139, zitiert nach: Lock (2001), S. 74.

6 Münkler (2014), S. 37.

7 Münkler (2014), S. 37, zitiert nach: Scholl-Latour (2001), S. 439.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Im Schwebenzustand zwischen Krieg und Frieden. "Die neuen Kriege" von Herfried Münkler
Untertitel
Eine Analyse
Hochschule
Andrássy Gyula Budapesti Német Nyelvü Egyetem
Veranstaltung
Internationale Beziehungen
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
26
Katalognummer
V311497
ISBN (eBook)
9783668101760
ISBN (Buch)
9783668101777
Dateigröße
935 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Krieg, münkler, neue Kriege, politik
Arbeit zitieren
Lilian Merks (Autor:in), 2015, Im Schwebenzustand zwischen Krieg und Frieden. "Die neuen Kriege" von Herfried Münkler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311497

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