Die Notwendigkeit der Verstaatlichung der Eisenbahnen im Preußischen Reich durch das Eisenbahngesetz


Hausarbeit, 2014

12 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Bedeutung der ausländischen Vorbilder für die Verstaatlichung
der Eisenbahn

2. Analyse der Rede: „Rede in der 7. Sitzung des Preußischen Herrenhauses
am 18. Mai 1876“
2.1 Äußere Quellenkritik und historischer Kontext
2.2 Argumentation
2.3 Interpretation

3. Bismarck als Verteidiger des Eisenbahngesetztes

4. Quellen und Literaturverzeichnis

1. Die Bedeutung der ausländischen Vorbilder für die Verstaatlichung der Eisenbahn

In der Forschung zur Entwicklung der Eisenbahn ist bekannt, dass die ausländischen Vorbilder, insbesondere die Vorreiter England und USA, eine wichtige Rolle spielten.[1]Die Industrialisierung begann in England durch die günstigen Voraussetzungen, wie z.B. große Ackerflächen und Verfügbarkeit von Kohle. Außerdem war England im 18./19. Jahrhundert Mittelpunkt des Welthandels.[2] Die Eisenbahn war durch private Investoren geprägt: „Erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts setzte die große Welle der Verstaatlichung ein [...]“.[3]

Wie legitimiert Bismarck in seiner Rede am 18. Mai 1876 das Eisenbahngesetz? Wie geht Bismarck in seiner Rede mit möglichen Gegenargumenten in Bezug auf das Eisenbahngesetz um?

Diesen Fragen sollen im Folgenden paradigmatisch durch Analyse der Quelle nachgegangen werden. Es handelt sich um die „Rede in der 7. Sitzung des Preußischen Herrenhauses am 18. Mai 1876“ von Otto von Bismarck, erschienen in: Die politischen Reden des Fürsten Bismarck, die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers (1873-1876).[4]Die Quelle eignet sich aufgrund ihres Erscheinungsdatums und angesichts der Tatsache, dass die Rede als Verteidigung des Eisenbahngesetzes gehalten wurde, zur Untersuchung der Fragestellung. Außerdem war Otto von Bismarck einer der einflussreichsten und erfolgreichsten Politiker seiner Zeit.[5]

2. Analyse der Rede: „Rede in der 7. Sitzung des Preußischen Herrenhauses am 18. Mai 1876“

2.1 Äußere Quellenkritik und historischer Kontext

Die Rede „Rede in der 7. Sitzung des Preußischen Herrenhauses am 18. Mai 1876“ von Otto von Bismarck wurde im Preußischen Herrnhaus gehalten. Der Ort des Vortrags zeigt Bismarcks Absicht, ein bestimmtes Publikum zu erreichen: die Abgeordneten des Preußischen Herrenhauses. Das Preußische Herrenhaus war im Deutschen Reich der Sitz des Preußischen Oberhauses der Ersten Kammer des Preußischen Landtages. Als 1851 der Preußische Staat das Grundstück der Familie Mendelssohn übernahm, wurde das Haus für die Erste Kammer des preußischen Landtags, das so genannte Herrenhaus, umgebaut.[6]Das Preußische Herrenhaus sollte aus Sicht von König Friedrich Wilhelm IV. keine Wahlkammer sein, sondern ein „historisch berechtigter Obrigkeit“.[7]Der Umbau wurde vom Architekten Friedrich Schulz geplant und im Jahr 1904 an der Leipziger Straße fertig gestellt. Ab 1904 diente das Preußische Herrenhaus als Sitz der Ersten Kammer der Preußischen Landtages, in der vom König berufene Bürger und Mitglieder des Adels, vertreten waren.[8]Es bestehen unterschiedliche Ansichten zur Rolle des Herrenhauses, ein Beispiel wäre G.A. Ritter. Er charakterisierte das Herrenhaus als einen Faktor, der die Versöhnung Preußens mit dem neuen Deutschland verzögerte.[9]Das Preußische Herrenhaus dient seit dem 29. September 2000 als Sitz des Bundesraters der Bundesrepublik Deutschland.[10]

Die Rede von Otto von Bismarck fällt zeitlich in die Epoche des Vormärz.[11]Die Phase zwischen der gescheiterten Märzrevolution 1848 und der Gründung des Deutschen Reichs 1871 gehört zu den wichtigsten Umbruchsphasen der neueren deutschen Geschichte. Kennzeichen dieser Epoche waren die Restauration der politischen Verhältnisse nach der gescheiterten Märzrevolution.[12]Die liberale und demokratische Nationalbewegung war geschwächt, erhielt aber einen Auftrieb durch die wirtschaftlichen Erfolge des Bürgertums im Kontext der Industrialisierung. Der Prozess der Industrialisierung hatte Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Strukturen. Das 19. Jahrhundert ist außerdem eine Zeit der technischen und wirtschaftlichen Erneuerungen.[13]

Otto Eduard Leopold von Bismarck wurde am 1. April 1815 als vierter Sohn einer Adelsfamilie in Schönhausen, Berlin geboren.[14]Er studierte von 1832 bis 1835 Rechtswissenschaften in Berlin und Göttingen. Bismarck heiratete 1847 und wurde Mitglied im Vereinigten Landtag.[15]1849 begann Bismarcks politische Karriere mit einer einjährigen Mitgliedschaft in der Zweiten Preußischen Kammer.[16]Am 3. September 1862 ernennt König Wilhelm I. ihn zum Ministerpräsidenten.
Von 1867 bis 1871 war er Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes, von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches, dessen Gründung er vorangetrieben hatte.[17]Er setzte außenpolitisch auf einen Ausgleich der Mächte und strebte die Schaffung einer deutschen Reichseisenbahnamt an. Nach dem Scheitern dieses Projektes ging Bismarck mit aller Energie daran, die Privatbahnen in Preußen zu verstaatlichen. Hierfür setzte er das Eisenbahngesetz in Kraft, das von vielen kritisiert wurde, Bismarcks Ziel war die Legitimierung des Eisenbahngesetzes[18]. Mit dem Tod Wilhelm I. brachen für Bismarck schwere Zeiten an, denn in persönlichen und Sachfragen lagen die Ansichten von Wilhelm II. oft weit auseinander. So musste fast zwangsläufig 1890 die Entlassung aus seinem Amt folgen[19].
Bismarck strebte generell die Einheit Deutschlands an, dafür hat er alles getan. Das brachte ihm allerdings viele Feinde ein, so z.B. Frankreich.[20]Am 30. Juli 1898 verstarb Otto von Bismarck in Friedrichsruh[21].

2.2 Argumentation

Im ersten Teil geht es um die Beratung des Eisenbahngesetzes zur Verstaatlichung der Eisenbahn in Preußen. Otto von Bismarck antwortet auf die Befürchtungen von Kleist-Retzow, wonach Preußen unter einem Machtverlust leiden würde.

Im zweiten Teil argumentiert Bismarck, indem er auf die Gründe der Besorgnisse von Kleist-Retzow eingeht und sie anhand Beispielen entkräftet. Die erste Befürchtung geht dahin, dass man die armen Landsteile benachteiligen wird. Die zweite Sorge richtet sich auf das Mistrauen des Reiches gegenüber Preußen.

Im dritten Teil geht es um die Befürchtung der allgemeinen Rentenrückgänge in Preußen. In England wurden Berechnungen gemacht, viele Verbindungen wären für alle als Vorteil zu betrachten. Aktionäre wären glücklich in einem Fall der zurückgehenden Rente zu einem festen Kurs.

Im folgenden Teil geht es um die Befürchtung, dass bislang noch niemand einen solch großen Eisenbahnkomplex bewirtschaftet habe. Bismarck nennt hier als Beispiel die Post und deren enorme Entwicklung. Außerdem nennt Bismarck Frankreich, Italien und Österreich als Beispiele dafür, das Ziel der Verstaatlichung zu verfolgen.

Im nächsten Teil geht Bismarck auf die Behauptung ein, dass die Vorlage verfassungswidrig sei. Bismarck verlangt hier vom Vorredner einen Beweis für die Verfassungswidrigkeit und führt aus, dass die innere und äußere Sicherheit am wichtigsten seien.

Im sechsten Abschnitt geht es um die Absichten von Bismarck. Er versucht nicht die zu überzeugen, die schon wissen wie sie abstimmen werden, sondern die Argumente zu entkräften, die gegen das Eisenbahngesetz sind.

Im Schlussteil greift Bismarck erneut das Beispiel Post auf und verdeutlich, dass das Streben nach einer Verstaatlichung der Eisenbahn durchaus möglich ist. Außerdem antwortet er dem Grafen zur Lippe, dass die preußischen Häuser des Landestages kein Druck auf den Bundesrat ausüben würden, egal, wie ihr Entschluss ausfallen würde.

[...]


[1]Vgl. Roth, Ralf: Die Eisenbahnen der Welt – formten sie wirklich ein „worl wide web“?, in: Zeitschrift für Weltgeschichte 12 (2011), S.77-106, hier S.79-81.

[2]Vgl. Rauh, Robert / Jäger, Wolfgang: Grundwissen Geschichte Sekundarstufe II. Das deutsche Reich I: Reichsgründung, Berlin 2011,S.98-99.

[3]Roth, Ralf: Die Eisenbahnen der Welt – formten sie wirklich ein „worl wide web“?, in: Zeitschrift für Weltgeschichte 12 (2011), S.80.

[4]Bismarck, Otto von: 7. Sitzung des Herrenhauses am 18. Mai 1876, in: Die politischen Reden des Fürsten Bismarck. Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers (1873-1876) (Bd. 6), Darmstadt 1970, S.408-419.

[5] Vgl. Höbelt, Lothar: Weltgeist und Zauberlehrling: Das Bismarckbild in Österreich, in: Klaus Hildebrand / Eberhard Kolb (Hg.): Otto von Bismarck im Spiegel Europas, (Bd. 6), Paderborn 2006, S.1-9.

[6]Vgl. Jakobs, Joachim / Hübinger, Petra: Preußisches Herrenhaus, Berlin 1996, hrsg. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, in: berlin.de, URL: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/cgi-bin/hidaweb/getdoc.pl?DOK_TPL=lda_doc.tpl&KEY=obj%2009096003 (18.2.2014).

[7]Spenkuch, Hartwin: Herrenhaus und Rittergut. Die erste Kammer des Landtages und der preußische Adel von 1854–1918 aus sozialgeschichtlicher Sicht, in: Geschichte und Gesellschaft, (Bd. 25, Nr. 3, 1999), S.378.

[8] Vgl. Jakobs, Joachim / Hübinger, Petra: Preußisches Herrenhaus, Berlin 1996, hrsg. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, in: berlin.de, URL: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/cgi-bin/hidaweb/getdoc.pl?DOK_TPL=lda_doc.tpl&KEY=obj%2009096003 (18.2.2014).

[9]Vgl. Spenkuch, Hartwin: Das preußische Herrenhaus. Adel und Bürgertum in der ersten Kammer des Landtages (1854–1918), (Bd. 110), Düsseldorf 1998, S.27.

[10]Vgl. Spenkuch, Hartwin: Herrenhaus und Rittergut. Die erste Kammer des Landtages und der preußische Adel von 1854–1918 aus sozialgeschichtlicher Sicht, in: Geschichte und Gesellschaft, (Bd. 25, Nr. 3, 1999), S.389.

[11]Vgl. Beek, Markus: Vormärz. Aus: Lexikon zu Restauration und Vormärz. Deutsche Geschichte von1815 bis 1848, hrsg. v. Andreas C. Hofmann, in: aventinus, URL: http://www.historicum.net/no_cache/de/persistent/artikel/9017/ (14.2.2014).

[12]Vgl. Rehm, Clemens: Die Märzrevolution 1848, in: Das Bundesarchiv 2002, URL: https://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/dienstorte/rastatt/rehm_katalogbeitrag.pdf (13.2.2014).

[13]Vgl. Rauh, Robert / Jäger, Wolfgang: Grundwissen Geschichte Sekundarstufe II. Das deutsche Reich I: Reichsgründung, Berlin 2011, S.114.

[14]Vgl. Marcks, Erich: Bismarck. Bismarcks Jugend, Stuttgart 1909, S.3.

[15]Vgl. Engelberg, Ernst: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, Berlin 1985, S.113-115.

[16]Vgl. Marcks, Erich: Otto von Bismarck. Ein Lebensbild, Stuttgart und Berlin 1915, S. 26-28.

[17]Vgl. Hoppenstedt, Wolfram: Otto von Bismarck. Lebenslauf, in: Die Politikergedenkstiftungen des Bundes, URL: http://www.politikergedenkstiftungen.de/otto-von-bismarck-lebenslauf/ (20.2.2014).

[18]Vgl. Bismarck, Otto von: 7. Sitzung des Herrenhauses am 18. Mai 1876, in: Die politischen Reden des Fürsten Bismarck. Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers (1873-1876) (Bd. 6), Darmstadt 1970, S. 408-419.

[19]Vgl. Rauh, Robert / Jäger, Wolfgang: Grundwissen Geschichte Sekundarstufe II. Das deutsche Reich I: Reichsgründung, Berlin 2011, S.118.

[20]Vgl. Höbelt, Lothar: Weltgeist und Zauberlehrling: Das Bismarckbild in Österreich, in: Klaus Hildebrand / Eberhard Kolb (Hg.): Otto von Bismarck im Spiegel Europas, (Bd. 6), Paderborn 2006, S.141.

[21]Vgl. Schäfer, Dietrich: Bismarck, Berlin 1917.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Notwendigkeit der Verstaatlichung der Eisenbahnen im Preußischen Reich durch das Eisenbahngesetz
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Geisteswissenschaften)
Veranstaltung
Seminar
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
12
Katalognummer
V311075
ISBN (eBook)
9783668097711
ISBN (Buch)
9783668097728
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
notwendigkeit, verstaatlichung, eisenbahnen, preußischen, reich, eisenbahngesetz
Arbeit zitieren
Gizem Gür (Autor:in), 2014, Die Notwendigkeit der Verstaatlichung der Eisenbahnen im Preußischen Reich durch das Eisenbahngesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311075

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