Olympia vs. Nexus-6 - Über die Androiden in E.T.A Hoffmanns 'Sandmann' und dem 'Blade Runner' von Philip K. Dick


Seminararbeit, 2004

24 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


1. Inhalt

2. Einleitung

3. Berühmte androide Automaten und ihre Erbauer
3.1 Jaques Vaucansson
3.1.1 Die Ente
3.1.2 Der Flötenspieler
3.1.3 Der Trommler
3.2 Friedrich von Knaus
3.2.1 Die allesschreibende Wundermaschine
3.3 Wolfgang von Kempelen
3.3.1 Die Sprechmaschine
3.3.2 Der Schachautomat
3.4 Jaquet-Droz – Wir sind die Androiden
3.4.1 Der Schriftsteller
3.4.2 Der Zeichner
3.4.3 Die Musikerin

4. Das Automatenmotiv in der Literatur
4.1 Grundlagen für die Entstehung des Automatenmotivs

5. E.T.A Hoffmanns Sandmann und Philip K Dicks Blade Runner – Die Weiterentwicklung des Automatenmotivs in der Literatur
5.1 Zum Inhalt des Sandmann
5.2 Zum Inhalt des Blade Runner

6. Ein Vergleich
6.1 Das Verhältnis zur Technik
6.2 Olympia vs. Nexus-6

7. Schluss

8. Literaturverzeichnis

2. Einleitung

In diesen Monaten kommen gleich zwei neue Filme in die deutschen Kinos. Beides sind amerikanische Filme und beide Filme handeln von künstlichen Menschen. In „I, Robot“ übernehmen Roboter die Weltherrschaft, in „Die Frauen von Stepford“ von Frank Oz sind zumindest lediglich die Frauen einer Stadt nicht menschlicher Natur.

Seit dem ersten Bekannt werden androider Automaten in den 1750er Jahren haben sich eine Vielzahl von Autoren dem Automatenmotiv angenommen. Der Grundstein für die Vorstellung eines künstlichen Menschen geht bis in die Antike auf den Pygmaleon –Mythos zurück.

Die Verarbeitung in der Literatur führte von orakelnden Schachspielern bei E.T.A Hoffmann über Menschen, die für jede Tätigkeit eine Maschine besitzen bei Jean Paul bis zum aus Leichenteilen erschaffenen Mensch-Monster Frankenstein bei Mary W. Shelley.

Die folgende Arbeit soll zunächst einen Überblick über die realen Vorbilder der Fiktion geben. Des Weiteren soll auf den Stellenwert des Androiden in Literatur und Gesellschaft eingegangen werden. Abschließend wird der Frage nachgegangen werden, in ob und in welcher Weise sich die Androiden von damals bis heute weiterentwickelt haben.

3. Berühmte androide Automaten und ihre Erbauer

3.1 Jaques VAUCANSON

3.1.1 Die Ente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Franzose Jacques Vaucanson stellt der Akademie der Wissenschaften in Paris im Jahre 1738 zwei von ihm entwickelte Automaten vor. Zum einen seine später zu großer Berühmtheit gelangte „Ente“, zum anderen den ebenfalls von ihm entwickelten „Flötenspieler“. ln den vorangegangenen Jahrzehnten hatte es auf dem Sektor der Automatenbaukunst keine nennenswerten Fortschritte gegeben. Umso mehr überraschte Vaucanson mit seinem überaus aufklärerischen Projekt der Ente. Aufklärerisch deshalb, weil Vaucanson versuchte, seinen Automaten möglichst detailgetreu erscheinen zu lassen und vor allem ein möglichst genaues Abbild der Realität zu schaffen. Die Ente konnte sowohl Hals, als auch Flügel bewegen. Besonders bewundernswert war das Sträuben der Federn an den Flügeln. Auch versuchte Vaucanson anhand der Ente, vegetative Funktionen des Lebens sichtbar zu machen. So konnte sie Körner fressen, Wasser trinken, und, so schien es zumindest, auch das Gefressene wieder ausscheiden. Auch die natürlichen Laute der Ente wurden nachgeahmt.

3.1.2 Der Flötenspieler

Im gleichen Jahr stellte der Konstrukteur Jaques Vaucanson der Akademie in Paris noch zwei weitere Figuren vor. Unter ihnen auch der „Flötenspieler“. „Dieser Automat kann durch sein federwerkgesteuertes Fingerspiel und durch die Modulation sowohl der Zunge, seiner Lippenform und die Stärke seinen Atemstroms in einer – was die Bewegung anbelangt – dem Menschen analogen Weise zwölf einfache Stücke auf der Querflöte spielen“[1]. „ Vaucanson studierte die Bewegungsabläufe des Menschen ebenso wie den Aufbau und die Spielweise der Querflöte und fertigte einen künstlichen Flötenspieler. Bei diesem im Jahre 1738 präsentierten Androiden gelangte der mit Blasbälgen erzeugte Luftstrom durch den Mund und über die Zunge an das Mundstück der Flöte. Dort wurde der Ton gebildet, den die Finger, auf den entsprechenden Klappen liegend, vorgegeben hatten.[2]

Vaucanson musste zum Bau des Automaten zuallererst mit hoher Präzision den Vorgang des Flötespielens untersuchen und aus den Beobachtungen Rückschlüsse ziehen.

3.1.3 Der Trommler

Der dritte Automat den Vaucanson der Akademie der Wissenschaft 1738 vorstellt ist der Trommler. Für Vaucanson, der in Paris Studien der Mechanik betrieben hatte, waren sowohl die beiden ersten, als auch dieser dritte Automat zunächst mittel zum Gelderwerb[3] Dieser dritte Automat war einem Schäfer nachempfunden, der in der linken Hand eine Pfeife mit drei Löchern hielt, während er mit der rechten Hand auf einer Trommel den Takt dazu schlug. In seinem Repertoire hatte er 20 Arien, Tänze und Rigadous.

3.2 FRIEDRICH VON KNAUS

3.2.1 Die allesschreibende Wundermaschine

Ludwig von Knaus lernte um 1737 am Hof Ludwig XIII die Mechanik von Grund auf und wurde 1749 zum Kammerdiener und Hofmechaniker. Von Darmstadt aus ging er auf Reisen und wurde schließlich als Hofmechanikus in Wien angestellt. 1760 stellte Knaus die alleschreibende Wundermaschine als wahres Wunderwerk der Technik vor. Der Automat maß fast 2 Meter in der Höhe.

„Das Werk sitzt in einer Erdkugel von einem Durchmesser von rund einem Meter. Über dem eine Schreiberin recht bequem die Feder über ein senkrecht angebrachtes Blatt Papier führt. Programmiert wird sie von einer Stiftwalze. Sie kann jedoch auch jeden gewünschten Text durch ein von Hand bedientes Register schreiben.“[4] Von dieser Fähigkeit, alle vorgegebenen Texte zu schreiben leitete sich der Name allesschreibende Wundermaschine ab.

3.3 Wolfgang von KEMPELEN

3.3.1 Die Sprechmaschine

Wolfgang von Kempelen baute 1778 ein erstes Modell einer Sprechmaschine. Er war jedoch mit dem Resultat wenig zufrieden. Luft wurde in eine Windlade geschöpft um strömte beim Niederdrücken einer Taste durch eine Zungepfeife, die entweder einen Vokal oder Konsonanten artikulierte. Die Maschine besaß 13 Tasten und sprach recht undeutlich. Die entgültige Fassung der Sprechmaschine wurde zwischen 1781 und 1790 vorgestellt und muss etwa die Sprache eines vierjährigen Kindes gesprochen haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3.2 Der Schachautomat

„Ich will von Kempelen nicht unterstellen, das er während der Arbeit an seinem Schachautomaten von Anfang an auf Betrug aus war“, schreibt Herbert Heckmann in seinem Buch „Die andere Schöpfung“ in Bezug auf die zweite Schöpfung des Baron Wolfgang von Kempelen. „Sicherlich wird er jedoch, als er endlich einsehen musste, dass so, wie er es sich gedacht hatte, die Sache nicht funktionierte, auf andere Gedanken gekommen sein.“[5]

Wolfgang von Kempelen stellt seinen Automaten mit dem Namen „Der Schachtürke“ im Jahre 1768 vor. Der Automat besteht aus einem Tisch, an dem die düster aussehende Figur eines Türken sitzt und mit jedem, der dies wünscht, eine Partie Schach spielt. Noch kein Mensch hätte den Schachtürken besiegt, hieß es in der Vosschen Zeitung von 1777 in Berlin. Weiterhin schreibt sie: „Die Figur, welche von Menschenhöhe ist, scheint nachdenkend, mit dem rechten Arm auf den Tisch gelehnt, zu sitzen. (…) Sobald einer gezogen hat, erhebt sie ihren rechten Arm und ergreift einen ihrer Steine: Ist sie im Fall zu schlagen, so berührt sie den Stein des Gegners, zum Zeichen, das man ihn wegtun solle.“ Machte der andere Spieler einen Fehler, so schüttelte der Türke den Kopf solange, bis der Fehler behoben war.

Die Vossche Zeitung schreibt weiter: „ Diese Maschine wirkt gänzlich durch sich selbst. Sie erhält nicht den mindesten äußeren Einfluss. Niemand steckt darin verborgen“

Das Geheimnis der Funktion des Schachspielers wurde durch Friedrich den Großen schließlich aufgedeckt, der eine große Summe zum Kauf des Automaten bot. Das Ergebnis war ernüchternd, der Schachautomat spielte durch eine im inneren verborgene Person.

3.4 JAQUET-DROZ – Wir sind die Androiden

Die wohl schönsten und kunstfertigsten Automaten bauten die beiden Uhrmacher RIERRE JAQUET-DROZ, seinem Sohn HENRI-LOUIS und LEAN-FREDERIC LESCHOT. Die drei Automaten „Schriftsteller“, „Musikerin“ und „Zeichner“ wurden 1744 erstmals in La Chauxde-Fonds vorgestellt und 1755 in Paris vorgestellt.

3.4.1 Der Schriftsteller

Der Schriftstelle sieht einem Kind von etwa 3 Jahren gleich, das auf einem Hocker vor einem Schreibpult sitzt. Er konnte zu Papier bringen, was von Pierre Jaquet-Droz zuvor programmiert worden war. Der aus zwei Räderwerken bestehende Mechanismus war mit Hilfe Leschots entwickelt worden. Ein langer Zylinder mit vertikaler Achse, sowie drei Nockenreihen steuern die in drei Richtungen mögliche Bewegung des Handgelenks. Die Feder kann sich nicht nur horizontal, sondern auch vertikal bewegen. Bei jedem Nockendurchgang entsteht ein Buchstabe. Der zweite Mechanismus bewegt den Nockenzylinder nach oben oder unten. Wie lang die Bewegung sein soll wird durch Stahlpflöcke geregelt. Jeder von diesen 40 Pflöcken ist wichtig für die Bewegung des Nockenzylinders und bestimmt einen Buchstaben oder eine Haltung. Der Automat kann einen Text mit höchstens 40 Zeichen schreiben. Für die Entwicklung benötigte Jaquet-Droz zwei Jahre.

[...]


[1] Wittig, Maschinenmenschen, S. 52

[2] Thomas Schlich, in: Van Dülmen 1998, S. 548

[3] Vgl. Wittig, Maschinen-Menschen, S. 52

[4] Heckmann, Die andere Schöpfung, S. 238

[5] Herbert Heckmann, Die andere Schöpfung, S. 258 f

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Olympia vs. Nexus-6 - Über die Androiden in E.T.A Hoffmanns 'Sandmann' und dem 'Blade Runner' von Philip K. Dick
Hochschule
Universität Bayreuth  (Sprach- und Lietraturwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
PS Schauerliteratur WS 2003/2004
Note
2,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V31096
ISBN (eBook)
9783638322065
Dateigröße
729 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Motiv des abdroiden Automaten und Maschinenmenschen von 1850 bis heute anhand zweier Primärtexte von ETA Hoffmann (Der Sandmann) und Philip K. Dick (Der Blade Runner). Unter Anderem wird der Frage nachgegangen, wie die sich die Automatenbaukunst ab etwa 1790 entwickelt hat. Auch vergleicht die Arbeit den Typ des Maschinenmenschen damals und heute.
Schlagworte
Olympia, Nexus-6, Androiden, Hoffmanns, Sandmann, Blade, Runner, Philip, Dick, Schauerliteratur
Arbeit zitieren
Sebastian Bruns (Autor:in), 2004, Olympia vs. Nexus-6 - Über die Androiden in E.T.A Hoffmanns 'Sandmann' und dem 'Blade Runner' von Philip K. Dick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31096

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