Beethoven, Beckenbauer und BMW. Das gegenwärtige Deutschlandbild in den chinesischen Printmedien und in den Social Media


Masterarbeit, 2015

114 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2. Historischer Entwicklung des Deutschlandbildes in China
2.1 Die Anfange des Deutschlandbildes
2.2 Das Deutschlandbild nach dem Ersten Weltkrieg
2.3 Das Deutschlandbild nach dem Zweiten Weltkrieg
2.4 Das Deutschlandbild im 21. Jahrhundert
2.5 Zusammenfassung

3. Theoretische Grundlagen
3.1 Vorurteil
3.1.1 Definition
3.1.2 Freund-und Feindbilder
3.2 Stereotyp
3.2.1 Definition
3.2.2 Nationale Stereotypen
3.3 Bilder
3.3.1 Definition
3.3.2 Nationenbild
3.4 Zusammenfassung

4. Analyse
4.1 Untersuchungsobjekte
4.1.1 Renmin Ribao
4.1.2 SinaWeibo
4.2 Untersuchungszeitraum
4.3 Untersuchungsmethode
4.4 Annahmen

5. Ergebnisse
5.1 Renmin Ribao
5.1.1 Qualitative Inhaltsanalyse
5.1.2 Quantitative Inhaltsanalyse
5.1.3 Darstellung Deutschlands
5.2 SinaWeibo
5.2.1 Qualitative Inhaltsanalyse
5.2.2 Quantitative Inhaltsanalyse
5.2.3 Darstellung Deutschlands
5.3 Zusammenfassung und Vergleich

6. Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang I: Codebuch der Analyse

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabellen

Tabelle 1: Tabellarische Zusammenfassung

Tabelle 2: Obersicht der Kernaussagen

Abbildungen

Abbildung 1: Hierarchische Einstellungspyramide

Abbildung 2: Logo Renmin Ribao

Abbildung 3: Logo Sina Weibo

Abbildung 4: Social Media Landschaft in der VR China, 2014

Abbildung 5: Schwerpunktthemen der Artikel (Renmin Ribao)

Abbildung 6: Anzahl der veroffentlichten Artikel (Renmin Ribao)

Abbildung 7: Anzahl veroffentlichter Artikel, Schwerpunktthemen (Renmin Ribao)

Abbildung 8: Detailthemen Politik (Renmin Ribao)

Abbildung 9: Detailthemen Wirtschaft (Renmin Ribao)

Abbildung 10: Detailthemen Kultur und Gesellschaft (Renmin Ribao)

Abbildung 11: Intentionen derArtikel (Renmin Ribao)

Abbildung 12: Politik A (Renmin Ribao)

Abbildung 13: Politik B (Renmin Ribao)

Abbildung 14: Politik C (Renmin Ribao)

Abbildung 15: Wirtschaft A (Renmin Ribao)

Abbildung 16: Wirtschaft B (Renmin Ribao)

Abbildung 17: Wirtschaft C (Renmin Ribao)

Abbildung 18: Kultur A (Renmin Ribao)

Abbildung 19: Kultur B (Renmin Ribao)

Abbildung 20: Kultur C (Renmin Ribao)

Abbildung 21: Schwerpunktthemen der Mikroblogs (Sina Weibo)

Abbildung 22: Anzahl veroffentlichter Mikroblogs, Schwerpunktthemen (Sina Weibo)

Abbildung 23: Detailthemen Politik (Sina Weibo)

Abbildung 24: Detailthemen Wirtschaft (Sina Weibo)

Abbildung 25: Detailthemen Kultur und Gesellschaft (Sina Weibo)

Abbildung 26: Aufteilung der Sina Weibo-Nutzer (Sina Weibo)

Abbildung 27: Nutzung von grafischen Mitteln (Sina Weibo)

Abbildung 28: Intentionen der Mikroblogs (Sina Weibo)

Abbildung 29: Politik A (Sina Weibo)

Abbildung 30: Politik B (Sina Weibo)

Abbildung 31: Politik C (Sina Weibo)

Abbildung 32: Wirtschaft A (Sina Weibo)

Abbildung 33: Wirtschaft B (Sina Weibo)

Abbildung 34: Wirtschaft C (Sina Weibo)

Abbildung 35: KulturA (Sina Weibo)

Abbildung 36: Kultur B (Sina Weibo)

Abbildung 37: Kultur C (Sina Weibo)

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

The goal of the paper is to investigate the current image of the Federal Republic of Germany in the People's Republic of China (PRC). A large-scaled analysis of articles published in 2014 by the newspaper and party organ Renmin Ribao as well as the examination of several microblogs from the Chinese social network Sina Weibo are utilized to characterize the current attitude and mood of the PRC towards Germany. Besides defining the current view of the Chinese majority about Germany, it is also aimed to examine different kinds of stereotypes of the Middle Kingdom. Since the given results are based on both traditional newspaper and modern social network, the paper intends to present a large overview of the Chinese image ofthe Federal Republic of Germany.

Based on various quantitative and qualitative content analyses, it is demonstrated that the current image of Germany in the PRC is consistently positive. The paper clearly shows that the image is almost entirely driven by a symbiosis of modern developments and historic circumstances. In addition, it is indicated that the economic factor associated with Germany has great influence on the current image ofthe PRC. Due to the existing "German attributes" like accuracy and a well-structured talent, Chinese people show confidence in German products labeled with the marketing slogan: "Made in Germany". Assuming the fact that a constant development of the German economy will be encountered in near future, the results of the paper indicate that the image of Germany in the PRC will maintain positive.

Einleitung

1.1 Problemstellung

Laut einer reprasentativen Studie der britischen Rundfunkanstalt ^British Broadcasting Coperation" (BBC) aus dem Jahr 2013 ist die Bundesrepublik Deutschland die beliebteste Nation der Welt.1 Erstmals kann Deutschland in der jahrlich erhobenen Studie Nationen wie die Vereinigten Staaten von Amerika oder den Inselstaat Japan zurucklassen. Ein positives Nationenbild kann sich nicht nur vorteilhaft auf auslandische Investitionen, Exporte und wachsenden Tourismus auswirken, sondern treibt in den meisten Fallen auch die Verbreitung der Landessprache voran. Demzufolge ist aktuell Deutsch als Fremdsprache gefragter denn je - ein Fakt, den die zunehmenden Schulerzahlen an den Goethe-Instituten weltweit beweisen. Insgesamt lernen derzeit 15,4 Millionen Menschen weltweit die Sprache Deutsch. Dabei fallt auf, dass insbesondere in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) das Interesse an Deutsch als Fremdsprache wachst (Auswartiges Amt 2015:27).2 Auch sportliche GroRereignisse wie die FuRball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006, die in Deutschland ausgetragen wurde und der Sieg der deutschen Nationalmannschaft bei der WM im Sommer des Jahres 2014 haben einen nachhaltig positiven Eindruck im Ausland hinterlassen.

Selbstverstandlich beobachtet auch das Reich der Mitte die Entwicklungen Deutschlands zunehmend. Die steigenden chinesischen Touristenzahlen sowie die zunehmenden Immigrationen chinesischer Staatsangehoriger in die Bundesrepublik Deutschland zeugen von einer wachsenden Neugier der Volksrepublik China (Statistisches Bundesamt 2014, BMWi 2015).3 Doch was denkt die Mehrheit der chinesischen Bevolkerung uber Deutschland? Welche Stereotypen bestehen aktuell im Reich der Mitte uber die Bundesrepublik? Existieren tatsachlich die Stereotypen von einer Nation im Herzen Europas, die sich mit dem Komponisten Ludwig van Beethoven (1770-1827), dem Automobilhersteller BMW und dem erfolgreichen FuRballer und Trainer Franz Beckenbauer zusammenfassen lassen? Die vorliegende Arbeit thematisiert diese Forschungsfragen und soll das aktuelle Deutschlandbild der Volksrepublik - durch eine dementsprechende umfangreiche Untersuchung - herausfiltern.

Allgemein betrachtet hat die Nationenbildforschung im Zuge der zunehmenden Bedeutung von Nationenbildern insbesondere in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen (Vgl. Peuckmann 2010:17). Die Nationenbildforschung stellt sogar die These auf, dass Kriege sich durch ein positives Nationenbild verhindern lassen wurden.4 Der derzeitige Forschungsstand bezuglich des gegenwartigen Deutschlandbildes in der Volksrepublik China ist noch nicht sehr ausgepragt. Zwar wird bereits seit Jahrzehnten das kontroverse Chinabild in Deutschland mittels diverser Printmedien analysiert und diskutiert, aber das Deutschlandbild im Reich der Mitte ist bis dato nur sehr gering erforscht. Lediglich wenige Studien haben das aktuelle Deutschlandbild in der chinesischen Presse untersucht und gar mit dem deutschen Chinabild verglichen, wie beispielsweise die „Huawei-Studie" aus dem Jahr 2012 und 2014.5 Die Studie „Deutschland und China - Wahrnehmung oder Realitat" analysiert nicht nur die Presseinhalte Deutschlands und Chinas, sondern hat ebenfalls chinesische und deutsche Burger uber ihre jeweilige Wahrnehmung befragt. Es existiert allerdings bisher keine vergleichbare Untersuchung des chinesischen Deutschlandbildes, die anhand der chinesischen „Social Media" Schlussfolgerungen gezogen haben. Ein Fakt, der im Zeitalter des „Web 2.0" und der zunehmenden Einflussnahme sozialer Medien im Reich der Mitte sehr verwunderlich erscheint. Bedingt durch den Kolonialismus Deutschlands und den zunehmenden deutsch-chinesischen Wirtschaftsaustausch wurden uber das Deutschlandbild des chinesischen Volkes im 18. und zu Beginn des 19.

Jahrhunderts hingegen diverse Monografien publiziert. In dem Sammelwerk „Preu8en, Deutschland und China. Entwicklungslinien und Akteure (1842-1911)", das von Mechthild Leutner et. al. herausgegeben wurde, sind diverse Beitrage zu dem Deutschlandbild dieser Zeit aufzufinden. Weiterhin existieren auch Monografien uber die ersten Kenntnisse Chinas uber Deutschland, wie zum Beispiel in Walravens Werk: „Die Deutschland-Kenntnisse der Chinesen (bis 1870)". Aber auch in der sinologischen Zeitschrift „Berliner China-Hefte" sind diverse Artikel uber die deutsch-chinesischen Beziehungen Ende der Ming-Dynastie und zur Republikzeit auffindbar, die uber das historische Deutschlandbild im Reich der Mitte berichten.

1.2 ZielderArbeit

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine Analyse des aktuellen Deutschlandbildes in der VR China durchzufuhren. Durch die Untersuchung der staatlichen Tageszeitung Renmin Ribao [„Volkszeitung"] soll die groGe Bandbreite existierender Stereotypen im Reich der Mitte gegenuber der Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt werden. Da die Renmin Ribao unter staatlicher Kontrolle steht und als Organ der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) gilt, wird - um die breite Meinung des chinesisches Volkes zu gewahrleisten - auch der Mikroblogging-Dienst Sina Weibo B untersucht. Naturlich unterliegt ebenfalls die groGte Plattform fur Mikroblogs der staatlichen Zensur. Nichtsdestotrotz ermoglicht der Dienst mit uber 500 Millionen registrierten Mitgliedern einen einzigartigen Oberblick uber das gegenwartige Deutschlandbild. Wahrend der Einsatz bei klassischen Medien den professionellen Anwendern zusteht, konnen die sozialen Medien von jedem Benutzer mitgestaltet werden. Die Medienforschung hat seit der Einfuhrung des Internets an Tempo und Lebendigkeit gewonnen. Im Zusammenhang mit der Etablierung der sozialen Medien ist das „Social-Media-Monitoring" zu einer Strategie geworden, die es ermoglicht, soziale Medien nach Informationen und Nutzern zu durchsuchen, um beispielsweise Unternehmen Auskunfte zu geben. Durch „Social-Media-Monitoring" konnen Unternehmen ihre Zielgruppe exakter definieren, um den Kundenservice zu verbessern und andere Bereiche des Unternehmens auszubauen. Vor diesem Hintergrund wird erwartet, dass die Analyse des sozialen Netzwerkes Sina Weibo aufschlussreiche Ergebnisse uber das chinesische Deutschlandbild liefern kann, und dass ein Unterschied zwischen den sozialen Medien (Sina Weibo) und den klassischen Medien (Renmin Ribao) in der abschlieRenden Auswertung ersichtlich wird.

Auch Deng Xiaoping (1904-1997), der von 1979 bis 1997 die Volksrepublik fuhrte und die Reform- und Offnungspolitik initiierte, erkannte schon sehr fruh die wichtige Rolle der Massenmedien. In diesem Zusammenhang erklarte Deng:

„Sie haben ... groRen EinfluR [sic] auf die Stabilitat und Einheit der Gesellschaft. Daher haben Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen die standige und wichtige Aufgabe, die Stabilitat und Einheit der Gesellschaft zu fordern und das BewuRtsein [sic] der Jugend gegenuber dem Sozialismus zu erhohen." (Frahne 1989:27)

1.3 Vorgehensweise

Da das gegenwartige Deutschlandbild Chinas eng mit der historischen Entwicklung des Deutschlandbildes im Reich der Mitte verknupft ist, wird im ersten theoretischen Teil der Arbeit der historische Hintergrund des chinesischen Deutschlandbildes beleuchtet. AnschlieRend werden, um eine Basis fur die vorliegende Arbeit zu schaffen, fur die Lexeme Vorurteil, Stereotyp und Bild Definitionen erarbeitet und die Termini auf der nationalen Ebene analysiert.

Im zweiten empirischen Teil erfolgt die Analyse der ausgewahlten Untersuchungsobjekte. Nach der Erlauterung des Untersuchungsdesigns, das eine Darstellung der Untersuchungsobjekte, -methode sowie des Untersuchungszeitraums beinhaltet, werden die Ergebnisse der Medienanalyse prasentiert und mit diversen Diagrammen und Abbildungen grafisch illustriert.

AbschlieRend folgt die Schlussbetrachtung, die die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst und das gegenwartige Deutschlandbild der Volksrepublik China resumiert. Zudem werden die zuvor gestellten Annahmen ausgewertet.

2. Historischer Entwicklung des Deutschlandbildes in China

lm Jahr 2006 strahlt der staatliche Fernsehsender „China Central Television" (CCTV) die zwolfteilige Dokumentarserie daguo jueqi [„Aufstieg der groRen Nationen"]

aus, in welcher die Entwicklung der GroRmachte Portugal, Spanien, Niederlande, GroRbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan, der Sowjetunion und Russland sowie der USA diskutiert und den Standpunkt Chinas als „Beobachter" darstellt. In der sechsten Folge der Serie mit dem Titel: diguo chunqiu [„Fruhling und Herbst

eines Imperialisten"] wird die Rolle Deutschlands beleuchtet.6 Hier stellt der „Eiserne Kanzler", Otto von Bismarck (1815-1898), eine Kultfigur dar, die ein gesellschaftspolitisches Modell entwickelt hat, das andere Nationen zu dieser Zeit weit ubertroffen hat und deswegen bis heute eine Vorbildfunktion ubernimmt und das heutige chinesische Deutschlandbild maRgeblich pragt (Vgl. Tang 1993, Siemons 2006).

2.1 Die Anfange des Deutschlandbildes

Bis in die 1860er Jahre existiert im Reich der Mitte keine explizite Vorstellung von Deutschland (Vgl. Felber 2003:160). Abgesehen von Erwahnungen in der chinesischen Kartografie, entwickeln sich erst nach dem Abschluss des Chinesisch-PreuRischen Vertrags von 1861 und der Deutschen Reichsgrundung im Jahr 1871 allmahlich konkrete Vorstellungen von dem fernen Land im Herzen Europas (Vgl. Gao 2012:23). Der Vertrag zwischen PreuRen und China, der im Jahre 1861 unterzeichnet wird, veranlasst eine Zunahme von deutschen Kaufleuten und Firmen in China (Vgl. Leutner, Muhlhahn 2001:22). Erst nach dem militarischen Sieg uber Frankreich und der anschlieRenden deutschen Reichsgrundung im Jahr 1871 durch den „Eisernen Kanzler" gerat das Deutsche Reich in den Fokus Chinas.

Das Lexem „Deutschland" ist bereits im 12. Jahrhundert durch die persische und arabische Transkription „al-lamaniya" im Reich der Mitte bekannt. Allerdings erscheint „Deutschland" in der chinesischen Sprache erst in der Yuan-Dynastie im 14. Jahrhundert als aleimanni'ya [„Allemagne"] (Vgl. Tang 1993:20). Im 17.

Jahrhundert taucht der Begriff rl'ermanni'ya [„Germania"] erstmals auf einer Weltkarte des italienischen Jesuiten Matteo Ricci (1552-1610) auf, die er fur den chinesischen Kaiser Wanli (1563-1620) angefertigt (Vgl. Tang 1993:21). Das Werk zhifang waiji [„Chroniken der Fremde"] aus dem 17. Jahrhundert ist die erste chinesischsprachige Aufzeichnung, die anhand von Landkarten des Jesuitenpaters Matteo Ricci die „Fremde" darstellt. Bis in das 19. Jahrhundert dient diese chinesische Monografie als wertvolle Informationsquelle uber die europaischen Lander und Kulturen. In dem Beitrag uber Deutschland werden bereits erste nationale Stereotypen gebildet:

„Nordostlich von Frankreich gibt es ein Land namens Deutschland. (...) Das Klima ist dort in den Wintermonaten sehr kalt. Man versteht es gut, die Zimmer warm zu machen; mit nur wenig Feuer heizt man sie, daR [sic] sie sehr warm werden. Die Bewohner leben zerstreut in allen Landern als Soldaten; sie sind sehr treu, zuverlassig und tuchtig, kampfen bis zum Tode und dienen nicht zwei Herren. (...) Im Handwerk sind sie sehr geschickt und fertigen Maschinerien an, an die kein gewohnlicher Mensch denken wurde: Sie verstehen in einem Fingerring eine Schlaguhr anzubringen. (...) Wenn das Eis fest geworden ist, verwenden die Leute vielfach auf dem Eis eine Art Holzschuh, den man an beiden FuRen tragt. (,..)."(Schmidt-Glintzer 1987:34)

Demzufolge wird Deutschland schon zu dieser Zeit als fleiRige Nation beschrieben, die mit ihren ausgezeichneten Tugenden im militarischen und technischen Bereichen China beeindruckt. In diesem Zusammenhang entwickelt sich das Wort deylzhl in der chinesischen Sprache, das fur „tugendhaften Willen" steht und anschlieRend in deguo MB [„Land der Tugenden"] umgewandelt wird (Vgl. Lackner 2003:365). Der Respekt vor dem militarischen Sieg Deutschlands im Deutsch-Franzosischen Krieg, einem Erfolg, welcher China zehn Jahre zuvor im Opium-Krieg nicht vergonnt ist, spiegelt sich in der Wahl der chinesischen Schriftzeichen fur „Deutschland" wider (Vgl. Tang 1993:15). Bismarck gilt durch die Deutsche Reichsgrundung im Jahr 1871 als Inbegriff der Nationenbildung durch Diplomatie und militarische Oberlegenheit (Vgl. Lackner 2003:367). Deutschland entwickelt sich zu einem Synonym fur eine Nation, die im Herzen von Europas gelegen ist und uber herausragenden Tugenden, wie Furchtlosigkeit, Gehorsamkeit, Patriotismus und FleiR verfugt (Vgl. Felber 2003:160). Seit Ende des 19. Jahrhunderts bauen die beiden Nationen ihre wirtschaftlichen Beziehungen weiter aus, sodass das Deutsche Reich bis 1885 zum zweitgroRten Handelspartner Chinas aufsteigt (Vgl. Gao 2012:27).

Die deutsche Chinapolitik andert sich mit dem Rucktritt Bismarcks im Jahr 1890 grundlegend. Im Zuge des Kolonialismus und Imperialismus sieht Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) die Vorzuge eines kolonialen Stutzpunktes in China als Kohlen- und Flottenstation. Die Ermordung zweier deutscher Missionare im Reich der Mitte nimmt das Deutsche Reich als Vorwand, die Bucht von Jiaozhou schlieRlich zu besetzen (Vgl. Muhlhahn, Leutner, Trampedach 2003:155). Mit der deutschen Besetzung der Bucht im Jahr 1897 und der Annexion der Stadt Qingdao als

Kolonie durch Kaiser Wilhelm II. erhalt das jung gewonnene positive Deutschlandbild erste Bruche (Vgl. Gao 2012:27).7 Der Tiefpunkt des chinesischen Deutschlandbilds wird mit der blutigen Niederschlagung der ylhetuan yunddng S ^ S ^ [„Boxeraufstand"] im Jahr 1900 erreicht. Der Boxeraufstand ist eine chinesische Volksbewegung zur Selbstverteidigung, dessen Anhanger sich gegen Auslander und Christen Chinas formieren und durch das Deutsche Reich sowie weiteren Nationen niedergeschlagen wird.8 Der chinesische Reformer Kang Youwei bezeichnet zu dieser Zeit das Deutsche Reich gar als den gefahrlichsten Feind Chinas (Vgl. Felber 2003:160). Nichtsdestotrotz gilt der deutsche Nationalstaat nach wie vor als Vorbild fur seine militarischen Leistungen und der patriotischen Erziehung. Insbesondere der Generalgouverneur der ehemaligen Provinz Zhili Li Hongzhang (1823­ 1901), bewundert das Deutsche Reich unter der Fuhrung Bismarcks und des „Kanonenkonigs" Alfred Krupp (1812-1887).9 10 So plant der Generalgouverneur gar die gesamte Armee nach deutschem Muster im Reich der Mitte zu kopieren (Vgl. Felber 2003:160). Da Deutschland beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs als eine unbesiegbare und starke Nation gilt, ist es nicht verwunderlich, dass Krafte aus den diversen politischen Lagern Chinas einen Kriegseintritt Chinas gegen Deutschland ablehnen (Vgl. ebenda, S.161f.). Wahrend sich die europaischen GroRmachte auf Europa als Kriegsschauplatz des Ersten Weltkriegs fokussieren, ergreift Japan die Gelegenheit das deutsche Pachtgebiet Qingdao im Jahre 1914 zu besetzen (Vgl. Tang 1993:53).

Mit dem Ersten Weltkrieg kommt es auch zu einer historischen Zasur in den deutschen-chinesischen Beziehungen: Nach 1919 gehort Deutschland zu den besiegten Nationen, zu welchen sich das „neue China" spontan verbunden fuhlt und dem es sich - neben der noch sehr jungen Sowjetunion - am starksten zuwendet (Vgl. Tang 1993:67). Mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland im Jahre 1917 findet die imperialistische Phase der deutsch-chinesischen Beziehungen ein endgultiges Ende. Allerdings sei die von China eingeleitete Kriegserklarung nicht durch eine Deutschlandfeindlichkeit motiviert, sondern eher durch seine Suche nach dem richtigen Platz in der internationalen Gesellschaft bedingt (Vgl. Steen 2006:37). Der Erste Weltkrieg sei eher als ein Mittel einzuschatzen, um das Nationalbewusstsein zu starken (Vgl. Tang 1993:55). Obwohl mit dem Ende des Ersten Weltkriegs, Vertrage zur Gleichberechtigung der beiden Staaten geschlossen werden, zeigt sich Deutschland in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts als dominierender Partner (Vgl. Muhlhahn, Leutner, Trampedach 2003:156). Die Versailler Friedenskonferenz, die den Ersten Weltkrieg beilegt, spricht Japan die Hafenstadt Qingdao zu und fuhrt im Reich der Mitte zur wusi yunddng [„Bewegung des 4. Mai"] (Vgl. ebenda).11

2.2 Das Deutschlandbild nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg gestaltet sich das Deutschlandbild aus chinesischer Sicht komplexer. Zum einen hat die neu gegrundete Republik China (1912-1949) nun die Moglichkeit durch Studentenaustausche einen erhohten Informationszugang uber Deutschland zu erlangen und zum anderen verbindet die beiden Staaten die Enttauschung uber den Ausgang des Versailler Vertrags (Vgl. Tang 1993:66). Die chinesischen Intellektuellen vergleichen die eigene Lage Chinas nach dem Ende des Ersten Weltkriegs mit der herrschenden Situation in Deutschland und beobachten infolgedessen grundlich, wie Deutschland trotz der hohen Reparationszahlungen den wirtschaftlichen Wiederaufbau bewaltigt. Die von 1918 bis 1933 reichende Epoche der „Weimarer Republik" dient somit den Intellektuellen der Republik China als ein Studienobjekt, um Ruckschlusse fur den Aufbau des eigenen Landes zu projizieren (Vgl. Steen 2006:504). In dieser Epoche lassen sich die chinesischen Intellektuellen wie Wissenschaftler, Schriftsteller und Kunstler von der deutschen Wissenschaft und der Kultur anziehen. Deutsche Philosophen wie Schopenhauer, Nietzsche, Paulsen, Eucken, Driesch, Fichte, Kant, Hegel und Marx sowie die literarischen Werke der Gebruder Grimm, Schillers, Heines und Goethes pragen das damalige Deutschlandbild chinesischer Intellektueller (Vgl. Felber 2003:161). Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts weiten die beiden Staaten ihre Beziehungen weiter aus: die Weimarer Republik liefert dem Reich der Mitte nicht nur Waffen und Rohstoffe, sondern auch u.a. das Wissen uber den Eisenbahnbau. Der Prasident der Republik China, Chiang Kaishek (1887-1975),12 findet Bewunderung an der NS-Ideologie und der autoritaren Fuhrung Hitlers (1889-1945), die von 1933 bis 1945 Deutschland beherrscht. China habe sich aufgrund der groRen geografischen Entfernung zu Deutschland nie durch Hitlers Macht bedroht fuhlen mussen (Vgl. Gao 2012:29).

In der Zeitspanne von 1937 bis 1949 sind die deutsch-chinesischen Beziehungen maRgeblich durch Kriegssituationen und die wechselnden internationalen Bundniskonstellationen bestimmt. Aufgrund der militarischen Oberlegenheit verbundet sich Deutschland schon im Jahr 1936 mit Japan durch den „Antikominternpakt". Auch der Widerstand deutscher und chinesischer Handler und Diplomaten konnen nicht Hitlers Kriegsstrategie variieren. Die Anerkennung Deutschlands des von Japan kontrollierten Marionettenstaates manzhouguo [„Mandschukuo"] fuhrt zur Unterbrechung von Kriegsmateriallieferungen, zur Ruckberufung deutscher Berater sowie des in China akkreditierten Botschafters. Japans zunehmenden Aggressionen gegenuber China fuhren 1937 zum Ausbruch des zweiten Sino-Japanischen Krieg, der letztendlich die in den vergangenen Jahrzehnten aufgebauten deutsch-chinesischen Beziehungen zu Nichte macht. Die Guomindang H (GMD) und die KPCh stutzen sich zunachst auf die Unterstutzung der Sowjetunion, bis Deutschland gemeinsam mit Japan und Italien dem „Dreimachtepakt" im Jahr 1940 beitritt und sich damit endgultig auf die japanische Seite stellt. Mit der Unterzeichnung des Pakts, erkennt Deutschland offiziell die Politik Japans in China an und tritt damit automatisch China als Gegner gegenuber. Dadurch werden die chinesischen Sympathien gegenuber Deutschlands beendet und Chiang Kaishek fuhlt sich von Deutschland im Stich gelassen und bezeichnete es gar als Feind (Vgl. Tang 1993:110). Allerdings sieht der chinesische Politiker Deutschland nach wie vor nicht als bedrohlich fur China an (Vgl. ebenda).

Im Jahr 1941 folgt nach der Kriegserklarung der USA an Deutschland mit dem Beitritt der Anti-Hitler-Koalition der Alliierten auch die Kriegserklarung der Republik China an Deutschland (Vgl. Muhlhahn, Leutner, Trampedach 2003:158). Allerdings habe sich die chinesische Kriegserklarung weniger gegen Deutschland gerichtet, sondern eher gegen den Erzfeind Japan (Vgl. Gao 2012:29).

2.3 Das Deutschlandbild nach dem Zweiten Weltkrieg

Das Jahr 1949 bildet sowohl fur das Reich der Mitte als auch fur Deutschland eine historische Zasur. Wahrend der Fuhrer der KPCh, Mao Zedong (1893-1976), nach dem Sieg uber die GMD am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China ausruft, findet in Deutschland die endgultige Teilung in Ost und West statt. Das chinesische Deutschlandbild nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs ist maRgeblich durch den Kalten Krieg gepragt. Bedingt durch die gemeinsame Ausgangslage, der Ideologie des Marxismus-Leninismus sowie der politischen Basis nehmen die Volksrepublik und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Jahr 1954 diplomatische Beziehungen auf. Wahrend die Volksrepublik China in der DDR einen „sozialistischen Bruder" gefunden hat, der historisch noch nicht vorbelastet ist, herrscht eine weitgehend ablehnende Haltung gegenuber der Bundesrepublik, die als reaktionarer imperialistischer Staat und als Komplize des amerikanischen Imperialismus interpretiert wird (Vgl. Felber 2003, Gao 2012).

Wahrend die Beziehungen zwischen den beiden jungen Staaten in den 1950er Jahren als durchaus positiv zu bezeichnen sind, verschlechtern sie sich im Verlauf der 1960er Jahre. Da sich die Chinapolitik der DDR in den kommenden Jahren an Moskaus Linie orientiert, wirken sich die Spannungen zwischen China und Russland schon bald auf die Beziehungen mit der DDR aus. Als Bruch der Beziehungen kann der VI. Parteitag der SED im Jahr 1963 gewertet werden, da bei diesem Zusammentreffen die KPCh zum letzten Mal teilnimmt (Tang 1993:241). Die politisch-ideologischen und strategischen Differenzen verscharfen sich zunehmend, sodass mit dem Beginn der Kulturrevolution (1966-1976) die Beziehungen zwischen den kommunistischen Staaten zum endgultigen Erliegen kommen (Vgl. Muhlhahn, Leutner, Trampedach 2003:158).

Schon kurz nach dem Bruch mit der DDR nahert sich die Volksrepublik der Bundesrepublik an und im Jahr 1972 erfolgt die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der VR China und der BRD. Mit der Reform- und Offnungspolitik, die Deng Xiaoping 1978 einleitet, offnet sich die Volksrepublik allmahlich gegenuber dem Westen und schafft durch diverse Sonderverwaltungszonen umfangreiche Investitionsmoglichkeiten fur auslandische Unternehmen. Auf diesem Weg gelangen sowohl wissenschaftlich-technologische als auch geistig-kulturelle Leistungen der Bundesrepublik in das Reich der Mitte.

Das Jahr 1989 bildet eine weitere gemeinsame Zasur fur die Bundesrepublik und die Volksrepublik China. Die blutige Niederschlagung der Studentenbewegung auf dem tian'anmen guangchang [„Platz (am Tor) des Himmlischen Friedens"] lasst die positive Haltung Chinas gegenuber Deutschland erneut schwinden (Vgl. Gao 2012:33). Die scharfe Kritik aus der BRD sowie die Verhangung wirtschaftlicher Sanktionen, lasst das Ansehen Deutschlands im Reich der Mitte sinken. Nach einer Phase der Isolation nahert sich China nach kurzerZeit erneut Deutschland an, wodurch ein Wiederaufleben der Beziehungen erreicht wird.

In den 1990er Jahren ist das chinesische Deutschlandbild immer noch bestimmt durch die anwachsende Fulle von neuen Informationen uber die Bundesrepublik. Das wiedervereinte Deutschland wird als eine hoch entwickelte Industrienation angesehen und als bedeutender Kooperationspartner geschatzt. Zahlreiche deutsch-chinesische Forschungsinstitutionen sowie Joint-Ventures sorgen fur eine neue Art der Wechselbeziehung zwischen den beiden Staaten. Aber auch deutsche Fernsehproduktionen finden in den 1990er Jahren im Reich der Mitte Anklang und formen das Deutschlandbild nachhaltig. Die Fernsehkrimiserie „Derrick" sowie die Deutsche Bundesliga popularisieren zu der Zeit in der Volksrepublik (Vgl. Lackner 2003:374).

2.4 Das Deutschlandbild im 21. Jahrhundert

Im 21. Jahrhundert ist das Deutschlandbild als sehr vielschichtig und umfangreich zu charakterisieren. Es ist gepragt von Traditionen, historischen Entwicklungen, Wirtschaft und aktuellen Entwicklungen. So genieftt das gegenwartige Deutschlandbild nach wie vor den positiven Ruf als Land der „Dichter und Denker". Fur die Mehrheit der chinesischen Bevolkerung sind die Dichter Goethe und Schiller sowie die Komponisten Beethoven und Bach personifizierte Sinnbilder Deutschlands. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben sich viele chinesische Studenten entschieden, Germanistik zu studieren oder ein Auslandssemester in Deutschland abzuhalten. Auch existiert bis heute noch die Vorstellung von den preuRischen Tugenden. So seien Deutsche nach wie vor fleiRig und tuchtig, strebsam und patriotisch. Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands ist als eine Konsequenz dieser alten Tugenden zu werten (Vgl. Dambmann 1986:6f). Aufgrund dessen sind Produkte „Made in Germany" in China besonders hoch angesehen. Das Gutesiegel hat sich zu einem Synonym fur zuverlassige und langlebige Produkte entwickelt. Daher sind Kraftfahrzeuge deutscher Fabrikationen wie Mercedes-Benz, BMW oder Volkswagen (VW) sind in der Volksrepublik China stark nachgefragt.

Daruber hinaus hat sich im Reich der Mitte ebenfalls das Bier als ein Inbegriff der deutschen Kultur entwickelt. Wahrend der Besetzung Qingdaos im 20. Jahrhundert grunden die Deutschen Imperialisten eine GroRbrauerei, die bis heute mit dem qingdao pijiu tWM [„Qingdao-Bier"] uber die Grenzen Chinas hinaus auRerst bekannt ist (Pohl 2008:38). Andere ebenfalls in der VR produzierten Biersorten wie Becks oder Paulaner tragen insbesondere dazu bei, das chinesische Deutschlandbild bayrisch „einzufarben" (Vgl. Klemm 2001).

Zudem wird das Deutschlandbild durch GroRereignisse und dessen Auswirkungen gepragt. So hat im Jahr 2006 die FuRball Weltmeisterschaft in Deutschland ein weitgehend positives Deutschlandbild nicht nur in der Volksrepublik sondern gar weltweit vermitteln konnen. Daruber hinaus hat auch das Wirken des deutschen Trainers der chinesischen Nationalmannschaft, Klaus Schlappners, - dem „Kaiser von China" -einen erheblichen Beitrag geleistet den deutschen FuRball in China zu verbreiten (Vgl. Klemm 2001).

Allerdings hat das positive Image der Deutschen in der Volksrepublik auch einige Risse einbuRen mussen. So gilt Deutschland auch als ein Musterland fur die Einhaltung von Menschenrechten und wird durch die Einmischung in interne Konflikte als „oberlehrerhaft" wahrgenommen (Vgl. Pohl 2008:39). So hat Beijing die negative Medienberichterstattung Deutschlands wahrend der Olympischen Spiele in Peking 2008 und auch im Zusammenhang mit den Entwicklungen in dem Autonomen Gebiet Tibet sehr kritisch begutachtet.13 14 In diesem Kontext, fuhrte Ma Canrong der ehemalige in Berlin akkreditierte chinesische Botschafter an, das die deutschen Medien verfalschte Gegebenheiten publiziert hatten:

„Die westlichen Medien, darunter auch einige deutsche Medien, haben bei Berichterstattungen uber Gewaltverbrechen der tibetischen Separatisten [...] viele Tatsachen entstellt. [...] Das alles hat bei der chinesischen Bevolkerung, einschlieRlich Auslandschinesen und chinesischen Studenten im Ausland, groRe Emporung hervorgerufen." (Klein 2008) Chinas Umgang mit der Einhaltung der Menschenrechte fuhrt regelmaRig zu Unstimmigkeiten zwischen beiden Nationen. Immer wieder spielen Chinas Menschrechtsdefizite einen wichtigen Tagesordnungspunkt bei bilateralen Treffen. Bei den ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen am 27./28. Juni 2011 spricht sich Angela Merkel gegen die Menschenrechtsdefizite Chinas und fur mehr Transparenz im Fall des Dissidenten Hu Jias und des Kunstlers Ai Weiweis aus. In dem Augenblick als die Bundeskanzlerin Kritik an dem chinesischen Regime auRert, weiRt zeitgleich Wen Jiabao auf technische Probleme an der Sprachubersetzung hin und kann Merkels Ausfuhrungen nicht folgen (Vgl. Tagesschau 2011). Deutschlands Medienberichterstattung uber China und die konstanten Anprangerung der Menschenrechtsdefizite veranschaulicht eine neue Ebene der deutsch-chinesischen Beziehungen, die sich auch auf das chinesische Deutschlandbild auswirkt. Trotz der vereinzelten Wahrnehmungen, dass Deutschland eine „oberlehrerhafte" Nation sei, wird das chinesische Deutschlandbild dennoch von positiven Aspekten dominiert.

2.5 Zusammenfassung

Anhand des historischen Abrisses ist darlegt, dass Deutschland zwar einen Platz in der Geschichte Chinas einnimmt, jedoch nie eine tragende Schlusselrolle spielt. In der Historie ist Chinas Blick stets zunachst zum Erzfeind Japan und den anderen europaischen GroRmachten gerichtet. Grund dafur konnte sein, dass Deutschland - im Vergleich zu den anderen europaischen GroRmachten - kolonial eher nur eine untergeordnete Rolle einnimmt. Die Bundesrepublik wird im Allgemeinen als ein friedliches Land betrachtet, das aus den Erfahrungen der zwei Weltkriege seine Lehren zieht und sich seiner Schuld bewusst ist. Obwohl die Historie einige Grunde fur ein negatives chinesisches Deutschlandbild liefern kann, existiert - dank der hochwertigen militarischen und wissenschaftlichen Produkte - ein konstant positives Deutschlandbild in China. Auch wenn China insgesamt drei Kriegserklarungen gegen Deutschland ausspricht, leidet das chinesische Deutschlandbild nur im geringen MaRe. Sogar der Abbruch der diplomatischen Beziehungen Mitte des 20. Jahrhunderts hindert die Volksrepublik und die BRD nicht, nur kurze Zeit spater sie erneut aufzunehmen.Die Vorstellung von der Existenz der sogenannten „preuRischen Tugenden", ist bis dato bei der chinesischen Bevolkerung weit verbreitet. Es scheint als wurde das heutige chinesische Deutschlandbild eine Fusion von Einflussen der vergangenen historischen Entwicklungen und der zeitgenossischen Umstanden darstellen.

3. Theoretische Grundlagen

Das Verhaltnis zu anderen Nationen, Volkern und Kulturen ist gepragt durch Stereotypen und Bilder. Obwohl die Definitionen Stereotype, Vorurteil und Bild nahe beisammen liegen, lassen sich die Begriffe voneinander abtrennen. Allerdings sind in der Literatur verschiedene Anstrengungen auffindbar, sodass ein klarer wissenschaftlicher Konsens nicht ersichtlich ist. Aus diesem Grund lasst sich in der vorliegende Arbeit keine eindeutige Definition der Terminologien erarbeiten. Nichtsdestotrotz wird - auf Grundlage der bereits existierenden Theorien und Interpretationen - der Versuch unternommen, die Lexeme Vorurteil, Stereotype und Bild voneinander abzugrenzen, einzuordnen sowie zu konkretisieren.

3.1 Vorurteil

3.1.1 Definition

Die Begriffe Vorurteil und Stereotyp sind eng miteinander verzahnt, sodass sich eine klare Abgrenzung zwischen den Begriffen schwierig gestaltet. Aus diesem Grunde wird in der Literatur des Ofteren das Vorurteil als Synonym fur den Stereotyp verwendet (Vgl. Schonwald 2012:81). Allerdings lasst sich im Allgemeinen festhalten, dass die Komponenten des Vorurteils starker ausgepragt sind als bei dem Stereotypen. In der wissenschaftlichen Diskussion wird das Vorurteil als eine eigensinnige, negative Einschatzung gegenuber Personen, Gruppen oder Gegenstanden beschrieben (Vgl. Nafroth 2002:23). Ein weiterer Unterschied zu dem Stereotypen und dem Bild ist, dass sich das Vorurteil nicht an realen Gegebenheiten orientiert. Vielmehr fugt sich das Vorurteil aus einer Verbindung von Gefuhlsurteilen zusammen, die bestimmte Eigenschaften beispielsweise auf eine Gruppe von Menschen projiziert (Vgl. Stierstorfer 2003:12). Ergo ist das Vor-Urteil ein vorgefasstes Urteil, das ohne vorheriger personlicher Erfahrung gefallt wird (Vgl. Friesenhahn). Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass in den meisten Fallen die gefallten Vorurteile sich im nachhinein als falsch herausstellen (Vgl. Peuckmann 2010:27). Es wird gemutmaGt, dass je grower die Defizite eines Menschen in seiner personlichen, beruflichen oder sozialen Identitat sind, desto starker wurden diese Menschen Vorurteile gegenuber anderen Gruppierungen hegen (Vgl. Nafroth 2002:25).

3.1.2 Freund- und Feindbilder

Freund- und Feindbilder teilen grundsatzlich die Welt in zwei Lager ein: sie klassifizieren sie in Freunde und Feinde. Bei der Verbreitung und Festigung von Freund- und Feindbildern nehmen die Massenmedien eine Schlusselrolle ein.

Das Feindbild lasst sich als ein Perzeptionsmuster der Realitat bewerten, jenes wir von einem Feind besitzen (Vgl. Nafroth 2002:26). Da es sich sowohl aus den einzelnen existierenden Vorurteilen, Images sowie Stereotypen zusammensetzt, vereint das Feindbild ausschlieRlich die negativen Eigenschaften. Aufgrund dessen sei eine differenzierte Betrachtung des „Feindes" nicht moglich (Vgl. ebenda). Prinzipiell setzt sich das Feindbild aus drei Gesichtspunkten zusammen: dem Selbstbild, dem Bild vom Gegner und dem Metabild.15 Allerdings wird hierbei stets das eigene Volk als hoherwertig eingeordnet und die fremde Nation meistens als minderwertig eingestuft (Vgl. Wagenlehner 1992:64).

Jedoch existieren verschiedene Auspragungsarten des Feindbildes, die in zweierlei Kategorien unterschieden werden: in das moderate sowie in das extreme Feindbild. Wahrend in der Regel gegenuber Nachbarlandern des gleichsprachigen Auslands oder Nationen mit gleichen politischen Strukturen ein moderates Feindbild existiert, herrscht gegenuber geografisch weit entfernten Nationen mit unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen meist ein extremes Feindbild (Vgl. Claussen 1989:77).

Als logische Konsequenz stellt das Freundbild die entgegengesetzte Vorstellung zum Feindbild dar. Das Freundbild ist ebenfalls ein stark emotional gepragtes Bild einer Gruppierung, Ethnie oder Nation. Eine ausfuhrliche Definition des Freundbildes konnte allerdings nicht ausfindig gemacht werden, da vermutlich sie nach Sichtung der Definition des Feindbildes vorausgesetzt werden kann.

3.2 Stereotyp

3.2.1 Definition

Der Ursprung des Terminus Stereotyp stammt aus der Drucktechnik und wurde erstmals gegen Ende des 18. Jahrhunderts von dem franzosischen Drucker Ambroise Firmin Didot verwendet (Vgl. Schonwald 2012:77). Der Begriff Stereotyp ist eine Verschmelzung der griechischen Wortern stereos (starr, hart, fest) und typos (Form, Gestalt, Modell) (Vgl. ebenda). Der amerikanische Publizist Walter Lippmann entlehnt erstmals das Lexem Stereotyp im Jahr 1922 der Drucktechnik, in dem der Stereotyp das Verfahren von fest miteinander verbundenden Druckplatten bezeichnet (Vgl. von Bassewitz 1990:17). Lippmann fuhrt das Lexem Stereotyp in den sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskurs ein und fasst es als „verzerrte Bilder in den Kopfen" zusammen (Lippmann 1964:61 ff.). In seiner Monographie „The Public Opinion" definiert Lippmann zudem den Stereotypen als ,,[...] eine Form der Wahrnehmung, pragt den Mitteilungen unserer Sinne einen bestimmten Charakter auf, bevor diese Mitteilungen unsere Vernunft erreichen." (Lippmann nach Schaff 1980:41). Zudem differenziert Lippmann zwischen der AuGenwelt („world outside") sowie den Bildern in unseren Kopfen („pictures in our head"). Da die AuGenwelt nach Lippmann zu komplex ist, um Reize aufzunehmen, werden Bilder benotigt mit der man sie vereinfacht wahrnehmen kann (Lippmann 1964:61 ff.).

Die Fachliteratur ist sich allerdings bis dato noch nicht vollkommen uber die Definition von Stereotypen einig. Jedoch existieren zahlreiche verschiedene Begriffserklarungen: Susanne von Bassewitz sieht den Stereotypen als ein „[...] emotional besetztes, entweder ganz oder teilweise tatsachenwidriges und auf soziale Objekte gerichtetes Werturteil oder ein Konglomerat aus Werturteilen, das ein Individuum im ProzeG [sic] der Sozialisation und Umwelterfahrung erwirbt, und das Veranderungen gegenuber weitgehend resistent ist. Es hat in jedem Fall ein sprachliches Korrelat, das ein Begriff sein kann, ohne daG [sic] es mit dem Begriff identisch ware." (von Bassewitz 1990:21). Daher erleichtert das Denken in Stereotypen „[...] den Umgang mit der enormen Komplexitat der auf einen Menschen einstromenden Eindrucke." (Stierstorfer 2003:11)

Ein zweifelloses Merkmal des Stereotyps ist die Bestandigkeit und Langlebigkeit. Wird beispielsweise ein Wort oder eine Gruppe stereotypisiert, so bleibt die Bedeutung langfristig erhalten (Vgl. Schonwald 2012:78).

Doch inwiefern konnen existierende Stereotypen der Realitat entsprechen? Triandis greift diese Frage mit der „Kornchen-Wahrheit-Theorie" auf. Nur wenn die Autostereotypen (wie sich eine Gruppe selbst sieht) mit den Heterostereotypen (wie eine Gruppe von anderen gesehen wird) ubereinstimmen, kann von einem „Kornchen Wahrheit" ausgegangen werden (Vgl. Triandis 1975:165f.).

3.2.2 Nationale Stereotypen

Nach der Erlauterung des Lexems Stereotyp, bezeichnet der nationale Stereotyp eine Vorstellung, die auf eine gesamte Nation beruht. Sie konnen verschiedene Gewohnheiten, Eigenschaften und auch Charakterzuge einer anderen Nation positiv oder negativ bewerten. Howard J. Ehrlich ist uberzeugt, dass nationale Stereotypen „[...] so wahr wie die Oberlieferung und so uberzeugend wie Marchen und Sagen" sind (Ehrlich 1979:47). Zudem sei es nach Ehrlich undenkbar in einer Gesellschaft aufzuwachsen und zu leben ohne jegliche Stereotypen erlernt zu haben (Vgl. ebenda). Da nationale Stereotypen sozial und politisch strukturiert sind, unterscheiden sie sich bezuglich der sozialen und politischen Eigenschaften der Stereotypen bildenden Person (Vgl. von Bassewitz 1990:23).

Die Entstehung von nationalen Stereotypen eines Staates gegenuber eines fremden Landes wird in erster Linie durch einen eklatanten Informationsmangel bestimmt (Vgl. Nafroth 2002:22). Bedingt durch das Fehlen von detailliertem Wissen und konkreten Erfahrungen gegenuber einer Nation, steigt dementsprechend auch die Wahrscheinlichkeit zur Bildung und Auspragung von Stereotypen (Vgl. von Bassewitz 1990:23). Aber auch innenpolitische Schwierigkeiten und Frustration aufgrund wirtschaftlicher sowie sozialer Bedingungen lassen nationale Stereotypen gegenuber anderen Nationen aufflammen (Vgl. ebenda). Da Nationen - aufgrund existierender Stereotypen - anderen Staaten gegenuber nicht feindlich gesinnt sind, sondern Stereotypen entstehen, da eine feindliche Gesinnung von vorne herein besteht, kann man in diesem Zusammenhang davon sprechen, dass nationale Stereotypen vielmehr ein Symptom als eine Ursache sind (Vgl. von Bassewitz 1990:23). Es ist zu vermuten, dass je feindseliger die Einstellung gegenuber einer fremden Nation ist, desto unwahrscheinlicher ist es, eine Abkehr der Einstellung wieder zu bewirken (Vgl. ebenda).

Zur Erforschung von nationalen Stereotypen existieren verschiedene Methoden. Nicht nur die Untersuchung von Literatur und Schulbuchern bietet Aufschluss uber bestehende Stereotypen gegenuber anderen Nationen, sondern auch die Analyse von Presseinhalten und Social Media konnen Nationale Stereotypen tiefgreifend entschlusseln (Vgl. Nafroth 2002:22).

3.3 Bilder

3.3.1 Definition

Der Begriff Image (Bild) entstammt von dem lateinischen Begriff imago. Im Vergleich zu der Definition des Begriffs Stereotyp, ist der Terminus Bild weitgehend neutraler und offener gefasst (Vgl. von Bassewitz 1990:21) und kann partiell sehr individuell gepragt sein (Vgl. Stierstorfer 2003:11). GemaR des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Kenneth Ewart Boulding erlauben Bilder dem Menschen Orientierung im Raum, Zeit, in den Umweltbeziehungen, im Wertesystem und in den Gefuhlen. Sie seien eine Fusion aus erzahlter Geschichte und Erinnerungen (Vgl. Boulding 1961:46ff). Existierende Bilder stellen in diesem Zusammenhang nicht die tatsachliche Realitat dar, sondern zeigen, was Menschen als Realitat erscheint (Vgl. Nafroth 2002:11).

Ursprunglich wurde das Lexem aus der Markt- und Werbepsychologie entlehnt, in welcher es beispielsweise die personliche Entscheidung im Handel zwischen Marken- und Billigprodukt beschreibt (Vgl. Denscheilmann 2012:73f.). Durch systematische WerbemaRnahmen ist es moglich den potenziellen Kaufer zu beeinflussen und das Image eines Produktes relativ schnell zu verandern (Vgl. Stierstorfer 2003:11). Dementsprechend kann das Bild - im Vergleich zum Stereotypen, der sich durch Beharrlichkeit und Allgemeingultigkeit auszeichnet - sehr variabel und zudem auRerst individuell gepragt sein (Vgl. Stierstorfer 2003:llf.). Da in einem Image diverse Stereotypen mit eingearbeitet sein konnen, ist das Bild als eine Summe aller einzelnen Vorstellungen zu verstehen (Vgl. ebenda). Da es den Bildern an Langlebigkeit fehlt, ist es moglich entstandene Bilder leicht zu verandern (Vgl. Nafroth 2002:10).

Bilder konnen durch verschiedene Kanale etabliert werden. So konnen sie sowohl durch Primar- als auch Sekundarerfahrungen entstehen. Selbstverstandlich tragen auch die Massenmedien einen signifikanten Teil zur Imagebildung bei. Insbesondere die Auslandsberichtserstattung verfugt uber eine imagebildende Wirkung (Vgl. ebenda, S. 13).

3.3.2 Nationenbild

Da sich die vorliegende Arbeit mit dem Deutschlandbild der VR China beschaftigt, interessieren in diesem Zusammenhang primar die Bilder, die fur die Beziehung zwischen Staaten ausschlaggebend sind.

Das Lexem Nationenbild stellt einen Oberbegriff dar, der Stereotypen, Images und Vorurteile miteinander verbindet. Es kann bewusst oder unbewusst entstehen und auf Emotionen, Informationen und Einstellungen basieren (Vgl. Denscheilmann 2012:74). Das Nationenbild lasst sich in zwei Untergruppen aufteilen: in das Selbstbild, das Bild, das Nationen von sich selbst haben sowie in das Fremdbild, das Bild, das andere Nationen von einer fremden Nation haben (Vgl. Kleinsteuber 1991:63).

Da die nationalen Geschafte abhangig von dem Image einer Nation sind, nimmt der Aufbau eines guten Images, fur die Staaten weltweit eine wichtige Rolle ein. Nach Kleinsteuber gehe es darum ,,[...] sich im internationalen Prestigewettbewerb moglichst gut zu verkaufen." (Kleinsteuber 1991:65) Um das Bild einer Nation im Ausland zu reprasentieren werden diverse Kanale und Mittlerinstanzen verwendet. Nach Buttlar entstehen Bilder von Nationen durch das soziale Milieu, Sekundar- sowie durch die Primarerfahrung des Einzelnen. Das soziale Milieu beschreibt das direkte Umfeld einer Person. Die Sekundarerfahrungen ergeben sich uber die Darstellungen in den Medien, der Literatur, im Film, in politischen Reden und Diskussionen. Nur die Primarerfahrungen entstehen durch personliche Erfahrungen auf Reisen (Vgl. Denscheilmann 2012:75f.). Aber auch Einrichtungen wie das Goethe-lnstitut, die Amerika-Hauser oder das Institut Frangais dienen zur Formung des Nationenbildes im Ausland: „Man konnte vereinfacht sagen, ihre Aufgabe ist es, aus eher negativen Stereotypen positive Images zu machen" (Kleinsteuber 1991:65). Diese Mittlerorganisationen ermoglichen den Staaten selbst aktiv an ihrer Darstellung im Ausland zu arbeiten. Allerdings stellt es sich als eine schwierige Aufgabe dar, die Wahrnehmungen eines Landes zu bearbeiten, da nicht jedes Element ermittelt werden kann und beeinflussbar ist (Vgl. Kleinsteuber 1991:64).

Zur Erforschung des Nationenbildes und der ihm zugehorigen Stereotypen und Vorurteile konnen verschiedene Methoden verwendet werden. So kann ein Nationenbild beispielsweise durch die Untersuchung von historischen Quellen oder Literatur analysiert werden. Aber auch die Auseinandersetzung von Schul- und Sachbuchern sowie von Presseinhalten konnen Auskunft uber ein existierendes Nationenbild geben (Vgl. von Bassewitz 1990:25). Eine weitere Moglichkeit die Entwicklung des Marktwertes eines Staates zu messen, stellt der „Nation Brand Index" von Simon Anholt dar. Anholt entwickelt ein System, dass jahrlich den Marktwert ausgesuchter Staaten untersucht und in unterschiedlichen Kategorien bewertet (Vgl. Denscheilmann 2012:78).

3.4 Zusammenfassung

Um die theoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit abschlieftend zusammenzufassen, dient Tabelle 1 als Obersicht der Lexeme Vorurteil, Stereotype und

Tabelle 1: Tabellarische Zusammenfassung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben den Definitionen der Termini, werden auch die Merkmale und die Funktion zusammenfassend dargestellt. Wahrend unterschiedliche Definitionen und Merkmale der einzelnen Begriffe existieren, zeigt die Tabelle, dass das Vorurteil, der Stereotyp sowie das Bild alle eine gemeinsame Funktion erfullen: Sie dienen allesamt dazu, die komplexe AuRenwelt vereinfacht darzustellen und helfen sie einzuordnen.

AbschlieRend hilft Abbildung 1 zur vereinfachten Darstellung der Beziehungen der Begriffe. Die hierarchische Einstellungspyramide nach Christina Ohde zeigt wie Feindbilder entstehen konnen und stellt den hierarchischen Zusammenhang zwischen den einzelnen Begriffen dar. Als Basis dient das Bild (Image), das gefolgt von Stereotypen und Vorurteilen, im Feindbild endet.

Analyse

4. Analyse

Vor dem Hintergrund historischer und theoretischer Rahmenbedingungen befasst sich das folgende Kapitel der vorliegenden Arbeit mit der Analyse des gegenwartigen Deutschlandbilds in den ausgewahlten Untersuchungsobjekten. In diesem Kapitel werden das Untersuchungsdesign und die Durchfuhrung der Untersuchung explizit dargelegt.

4.1 Untersuchungsobjekte

Gegenstand der Analyse sind die chinesische Tageszeitung Renmin Ribao sowie der chinesische Mikroblogging-Dienst Sina Weibo. Es galt, eine Auswahl zweier unterschiedlicher Medien zu treffen, die einen breiten Querschnitt des chinesischen Deutschlandbilds ermoglichen konnen.

4.1.1 Renmin Ribao

Die Renmin Ribao zahlt mit einer Auflage von ca. 2,5 Millionen Exemplaren zu den bekanntesten und groRten Printmedien der Volksrepublik (Vgl. online cri 2014). Neben der chinesischsprachigen Ausgabe, wird die Renmin Ribao auch auf 12 weiteren Sprachen veroffentlicht. Da die sowohl national als auch international aufgestellte Tageszeitung Renmin Ribao unter staatlicher Zensur steht und in erster Linie als Sprachrohr der Kommunistischen Partei dient, wurde die „Volkszeitung" als Untersuchungsobjekte der vorliegenden Arbeit ausgewahlt.

Die Renmin Ribao definiert sich selbst auf seiner offiziellen Webprasenz als eine Brucke zwischen der KPCh und dem chinesischen Volke:

[...]


1 Fur die Studie wurden 26.000 Burger in 25 Landern befragt und beantworteten Fragestellungen, welche Nationen eher positiv oder negativ zu bewerten sei. Siehe dazu: Kielinger, Thomas: Deutschland ist die beliebteste Nation. 23.05.2013. URL: http://www.welt.de/politik/ausland/article116444653/ Deutschland-ist-weltweit-das-beliebteste-Land.html, Abrufdatum: 17.06.2015.

2 In China lernen derzeit 117.00, in Brasilien 134.000 und in Indien 154.000 Menschen Deutsch.

3 Zwischen den Jahren 2004 und 2012 haben sich die Ubernachtungen chinesischer Deutschland- Touristen mehr als verdreifacht. Im Jahr 2012 sind demnach fast 1,6 Millionen Ubernachtungen chinesischer Gaste in Deutschland zu verzeichnen.

4 So lautet die Leitidee der „United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization" (UNESCO): Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden. Siehe dazu: URL: http://www.unesco.de/ueber-die-unesco/ueber-die-unesco.html, Abrufdatum: 10.06.2015.

5 Huawei-Studie 2012 - Wahrnehmung und Realitat. URL: http://www.huawei-studie.de/, Abrufdatum 13.02.2015. Huawei-Studie 2014 - Wahrnehmung und Realitat. URL: http://www.huawei-studie.de/, Abrufdatum 13.02.2015.

6 Die Folge „Fruhling und Herbst eines Imperialisten" ist im Internet komplett einsehbar. URL: http://v.youku.com/v_show/id_XNTY0NzkzMzY0.html?from=s1.8-1-1.2, Abrufdatum: 21.06.2015.

7 Das Deutsche Reich beabsichtigte die fur 99 Jahre gepachtete Bucht von Jiaozhou zu nutzen, um strategische Zwecke zu erfullen sowie seine Macht in der Welt zu beweisen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Bucht von Jiaozhou von Japan eingenommen. Siehe dazu: Matzat, Wilhelm (2003). Qingdao. Das groRe China-Lexikon. Geschichte, Geographie, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kultur. B. Staiger, S. Friedrich and H.-W. Schutte. Darmstadt, Primus Verlag: S. 598f.

8 Das Deutsche Reich zerschlug den Boxeraufstand gemeinsam mit Frankreich, GroR Britannien, Italien, Japan, Osterreich-Ungarn, Russland und den USA. Eine ausfuhrliche Darstellung des Boxeraufstands: Bastid-Bruguiere, Marianne (2003). Boxeraufstand. Das groRe China-Lexikon. Geschichte, Geographie, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kultur. B. Staiger, S. Friedrich and H.-W. Schutte. Darmstadt, Primus Verlag: S. 113-115.

9 Die Provinz Zhili wurde gegen Ende der Kaiserzeit aufgelost und umfasste zur Ming und Qing-Dynastie die heutige Provinz Hebei, Beijing und Tianjin.

10 Alfred Krupp war ein deutscher Industrieller und Erfinder, der als groRter Waffenproduzent seiner Zeit galt und ihm den Beinamen „Kanonenkonig" eingebracht hat.

11 Die Bewegung des Vierten Mai ist eine studentische Protestbewegung, die durch die Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages ausgelost wurde. Die Emporung zur Ubergabe des Pachtgebietes Jiaozhou an Japan entlud sich in der Bewegung, die am 4. Mai 1919 seinen Hohepunkt fanden. Ausfuhrliche Darstellung der Bewegung des 4. Mai: Staiger, Brunhild (2003). Bewegung des 4. Mai. Das groBe China-Lexikon. Geschichte, Geographie, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kultur. B. Staiger, S. Friedrich and H.-W. Schutte. Darmstadt, Primus Verlag: S. 89-92.

12 Chiang Kaishek war Prasident der Republik China von 1912 bis 1949. Nach dem Sieg der KPCh musste Chiang Kaishek mit seinen Anhangern der GMD nach Taiwan fliehen.

13 In diesem Zusammenhang werden z.B. auf der chinesischen Nachrichtenseite "news.163.com" Auszuge aus der deutschen Berichterstattung wahrend der Olympischen Spiele 2008 zusammen getragen und ubersetzt. URL: http://news.163.com/08/0405/13/48P3PBJG0001124J.html, Abrufdatum 10.06.2015.

14 Wen Jiabao war von 2003 bis 2013 Premierminister der Volksrepublik China.

15 Das Metabild beschreibt die eigene Annahme, welches Bild der Feind oder Fremde von der eigenen Gruppe hat.

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Beethoven, Beckenbauer und BMW. Das gegenwärtige Deutschlandbild in den chinesischen Printmedien und in den Social Media
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Geschichts- und Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Chinastudien
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
114
Katalognummer
V310628
ISBN (eBook)
9783668095236
ISBN (Buch)
9783668095243
Dateigröße
11256 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutschlandbild, China, Nationenbild, Nationenbildforschung, Stereotypen, Feindbilder, Freundbilder, Wahrnehmung, Renmin Ribao, Sina Weibo, Printmedien, Social Media, chinesisch
Arbeit zitieren
Iris Hartung (Autor:in), 2015, Beethoven, Beckenbauer und BMW. Das gegenwärtige Deutschlandbild in den chinesischen Printmedien und in den Social Media, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310628

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